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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des S F in W, vertreten durch Dr. Franz-Martin Orou, Rechtsanwalt in 1170 Wien, Geblergasse 93/8, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 20. Jänner 2005, Zl. BMBWK-54.005/0002-VII/8/2005, betreffend Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Ein mit 15. Dezember 2003 datierter (formularmäßiger) Antrag des Beschwerdeführers auf Nachsicht von der Studienzeitüberschreitung wurde vom Leiter der Studienbeihilfenbehörde mit Bescheid vom 9. März 2004 gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG) abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 28. April 2004 gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid vor einem der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts wurde nicht erhoben.
Ein ebenfalls mit 15. Dezember 2003 datierter (formularmäßiger) Folgeantrag auf Gewährung von Studienbeihilfe für das Wintersemester 2003/2004 wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 20. Jänner 2005 abgewiesen. Als Rechtsgrundlagen waren § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 6 Z. 3, 16 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2, 18 Abs. 1 und Abs. 2, 19 Abs. 6 Z. 2 und 20 Abs. 2 StudFG genannt. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Wintersemester 1997/1998 an der Universität Wien das Studium der Betriebswirtschaft begonnen und durchgehend inskribiert. Die erste Diplomprüfung habe er nicht absolviert. Zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Studienbeihilfe am 15. Dezember 2003 habe der Beschwerdeführer den ersten Studienabschnitt seines Studiums nach mehr als dem Doppelten der vorgesehenen Studienzeit (zuzüglich eines weiteren Semesters) nicht absolviert. Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe sei ein günstiger Studienerfolg. Der Anspruch auf Studienbeihilfe bestehe nur dann, wenn für die Absolvierung einer Diplomprüfung die gesetzliche Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters (Anspruchsdauer) eingehalten werde. Die gesetzlich vorgesehene Studienzeit in der vom Beschwerdeführer gewählten Studienrichtung Betriebswirtschaftslehre (Kennzahl 151) umfasse vier Semester. Ein günstiger Studienerfolg würde somit vorliegen, wenn der Beschwerdeführer bis spätestens Ende des sechsten Semesters, somit mit Ende des Sommersemesters 2000, die erste Diplomprüfung absolviert hätte. Bei einer späteren Absolvierung würde ein Anspruch ab Absolvierung der ersten Diplomprüfung gegeben sein, es sei denn, die Studienzeitüberschreitung sei so erheblich, dass sie das Doppelte der vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters, somit insgesamt neun Semester, übersteige. Bei einer Absolvierung nach dem neunten Semester würde somit ein Anspruch erst dann wieder erfolgreich geltend gemacht werden können, wenn durch Bescheid des Leiters der Studienbeihilfenbehörde von dieser erheblichen Studienzeitüberschreitung nachgesehen wurde. Diese Gewährung einer Nachsicht setze jedoch voraus, dass die erste Diplomprüfung bereits absolviert wurde. Nur unter dieser Voraussetzung könnte das Ausmaß der unter Umständen gerechtfertigten Studienzeitüberschreitung im Verhältnis zur tatsächlich erfolgten Studienzeitüberschreitung ermittelt und somit eine Aussage darüber getroffen werden, ob die geltend gemachten Gründe für die Studienzeitüberschreitung ursächlich waren. Solange der Beschwerdeführer nicht die erste Diplomprüfung abgelegt habe und Nachsicht nicht erteilt worden sei, stehe dem weiteren Anspruch auf Studienbeihilfe ein absoluter Ausschlussgrund entgegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StudFG lauten (auszugsweise):
"Voraussetzungen
§ 6. Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist, daß der Studierende
...
3. einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25), und
...
4. Abschnitt
Günstiger Studienerfolg
Allgemeine Voraussetzungen
§ 16. (1) Ein günstiger Studienerfolg als Voraussetzung für den Anspruch auf Studienbeihilfe liegt vor, wenn der Studierende
...
2. die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet (§§ 18 und 19) und
3. Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlegt (§§ 20 bis 25).
(2) Der Nachweis des günstigen Studienerfolges muß spätestens bis zum Ende der Antragsfrist erworben werden, um einen Anspruch auf Studienbeihilfe für das jeweilige Semester zu begründen.
...
Anspruchsdauer
§ 18. (1) Die Anspruchsdauer umfasst grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Bakkalaureatsprüfungen, Magisterprüfungen, Rigorosen, Lehramtsprüfungen oder anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. ... . Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§ 19).
(2) Nach Überschreitung der Anspruchsdauer liegt ein günstiger Studienerfolg so lange nicht vor, bis die abschließende Prüfung abgelegt wird.
...
Verlängerung der Anspruchsdauer aus wichtigen Gründen
§ 19. (1) Die Anspruchsdauer ist zu verlängern, wenn der Studierende nachweist, daß die Studienzeitüberschreitung durch einen wichtigen Grund verursacht wurde.
(2) Wichtige Gründe im Sinne des Abs. 1 sind:
...
3. jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
...
(5) Das Vorliegen eines wichtigen Grundes bewirkt nur die Verlängerung der Anspruchsdauer, ohne von der Verpflichtung zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges im Sinne der §§ 20 bis 25 zu entheben.
(6) Der Leiter der Studienbeihilfenbehörde hat auf Antrag des Studierenden
...
2. bei Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne der Z 1 oder der Abs. 2, 3 und 4 die Überschreitung der zweifachen Studienzeit des ersten Studienabschnittes zuzüglich eines Semesters (§ 20 Abs. 2), die Überschreitung der Studienzeit des zweiten und dritten Studienabschnittes des Diplomstudiums, die Überschreitung der Studienzeit des Bakkalaureatsstudiums oder des Magisterstudiums oder des Fachhochschul-Studienganges um mehr als zwei Semester (§ 15 Abs. 3 und 4) nachzusehen,
wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und auf Grund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, dass der Studierende die Diplomprüfung, die Bakkalaureatsprüfung, die Magisterprüfung oder das Rigorosum innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird. ... .
...
(8) Ein mit rechtskräftigem Bescheid abgeschlossenes Verfahren über die Gewährung von Studienbeihilfe ist nach einer stattgebenden Entscheidung über einen Antrag gemäß Abs. 6 wiederaufzunehmen.
...
Studienerfolg an Universitäten
§ 20. ...
(2) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn ein Studierender die erste Diplomprüfung (das erste Rigorosum) des Studiums, für das Studienbeihilfe beantragt wird, oder eines Vorstudiums nicht innerhalb der zweifachen vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters absolviert hat.
..."
2. Die Beschwerde ist unbegründet.
Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass der Beschwerdeführer im Wintersemester 1997/1998 an der Universität Wien das Studium der Betriebswirtschaft begonnen und durchgehend inskribiert hat, ebenso unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer die erste Diplomprüfung nicht absolviert hat. Daraus ergibt sich, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Studienbeihilfe am 15. Dezember 2003 auch nach mehr als dem Doppelten der vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters (im Beschwerdefall: neun Semester) den ersten Studienabschnitt seines Studiums nicht absolviert hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/12/0401, klargestellt hat, ist, sofern die Voraussetzung des § 20 Abs. 2 StudFG erfüllt ist, ein weiterer Anspruch auf Studienbeihilfe davon abhängig, ob gegenüber dem Studierenden in einem eigenen Verfahren nach § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG wegen Vorliegens eines der im Gesetz genannten wichtigen Gründe die Nachsicht von der Überschreitung des in § 20 Abs. 2 StudFG genannten Zeitraumes bescheidmäßig ausgesprochen wird. Diesen rechtlichen Zusammenhang verkennt der Beschwerdeführer, wenn er die Auffassung vertritt, dass auch in dem mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossenen Verfahren auf Gewährung von Studienbeihilfe zu überprüfen gewesen wäre, ob die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Z. 3 StudFG vorliegen. Das von ihm zur Bekräftigung seiner Auffassung zitierte hg. Erkenntnis vom 19. September 2003, Zl. 2000/12/0009, ist schon deswegen ungeeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, da es sich auf einen Bescheid bezog, mit dem ein Antrag auf Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit nach § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG abgewiesen wurde. Der angefochtene Bescheid enthält jedoch keinen Abspruch über die Gewährung von Nachsicht, sondern spricht ausschließlich über die Gewährung von Studienbeihilfe ab.
Vor dem Hintergrund der dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde der Beschwerdeführer, dem unstrittig die Überschreitung der in § 20 Abs. 2 StudFG genannten Zeit nicht nachgesehen worden ist, durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinem Recht auf Gewährung von Studienbeihilfe verletzt.
Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 27. März 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005100083.X00Im RIS seit
28.04.2006