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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des M U in F, vertreten durch Mag. Hans Peter Puchleitner, Rechtsanwalt in 8350 Fehring, Taborstraße 3, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. August 2005, Zl. FA13B-12.10 F 171 - 05/1, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. F M in F, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in Graz, Hartenaugasse 6, 2. Stadtgemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.
Begründung
Der Erstmitbeteiligte (kurz: Bauwerber) ist Eigentümer einer aus mehreren Grundstücken bestehenden Liegenschaft im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde, auf welcher sich ein landwirtschaftliches Anwesen befindet. Die Liegenschaft des Bauwerbers ist teils als Dorfgebiet und teils als Freiland gewidmet. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines benachbarten Grundstückes, auf welchem sich sein Wohnhaus befindet.
Mit dem am 10. März 2005 bei der Behörde eingebrachten Baugesuch vom selben Tag kam der Bauwerber um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den "Um- und Neubau eines Schweinestalles" (genauer, wie sich aus den Projektunterlagen ergibt: für die Nutzungsänderung bei bestehenden baulichen Anlagen, den Zu- und Umbau des bestehenden Stalles und den Neubau eines Mastschweinestalles mit Güllelager) auf seiner Liegenschaft ein.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde beraumte als Baubehörde erster Instanz mit Erledigung vom 14. März 2005 (Kundmachung/Ladung) die Bauverhandlung für den 31. März 2005 an.
In dieser Erledigung heißt es unter anderem:
"Gemäß § 42 Abs. 1 AVG 1991, BGBl. Nr. 51, in der Novelle BGBl. Nr. 117/2002, verliert eine Person ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt"
Der mit dieser Erledigung zur Bauverhandlung geladene Beschwerdeführer erhob in der Bauverhandlung folgende (schriftlich vorbereiteten und auch zum Akt genommenen) Einwendungen (festzuhalten ist, dass er in der Bauverhandlung nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter iS des § 13a AVG vertreten war):
"1.
Zum Bauvorhaben (...) erhebe ich vorsichtshalber nachstehende Einwendungen.
2.
Das Bauvorhaben beinhaltet unter anderem Änderung des Verwendungszweckes des bestehenden Stallgebäudes und Zubau eines Mast-Schweinestalles mit Güllelager.
3.
Entsprechend der Baubeschreibung sind wenigstens 600 Mastschweine vorgesehen bzw. nach bisherigem Bestand auch wenigstens 800 Mastschweine. Dies wäre eine Vervierfachung des bisherigen Bestandes.
Dies führt zu einer nicht ortsüblichen Geruchsbelästigung, insbesondere durch die Entsorgung der Gülle.
4.
Vorgesehen ist ein Güllelager mit Durchmesser 16,40 Meter. Dieses Güllelager führt zum einen zu einer nicht ortsüblichen Geruchsbelästigung. Das Güllelager ist nach derzeitigem Wissen nicht Stand der Technik, weil nicht abgedeckt und wäre es möglich, das Güllelager technisch in der Form auszuführen, dass die Geruchsbelästigung hintan gehalten werden kann.
Aufgrund der Baubeschreibung und dem bisherigen Verfahrensstand wird vorsichtshalber vorgebracht, dass eine Entsorgung der Gülle auf andere Art und Weise vorgeschrieben werden soll. Die nunmehr vorgesehene Entsorgung führt zu einer unangemessenen Immission auf mein Grundstück und wäre es ein leichtes, diese unangemessene Immission durch Veränderung des Projektes zu verhindern.
5.
Weiters wird vorgebracht, dass die Einbringung der Gülle in dieses Güllelager anders vorgeschrieben werden soll bzw. die Entsorgung der Gülle überhaupt außerhalb des Dorfgebietes (Wohngebiet) vorgenommen werden soll. Der Projektumfang mit vorgesehener Gülleentsorgung widerspricht der Widmungskategorie allgemeines Dorfgebiet und soll vor allem die Gülleentsorgung außerhalb dieses Dorfgebietes vorgeschrieben werden.
6.
Insgesamt bleibt daher festzuhalten, dass das Projekt wie im Akt beschrieben und vom Sachverständigen dargestellt zu einer unangemessenen Geruchsbelästigung führt.
7.
Die vorgesehene Bebauung widerspricht zum einen der Widmung
des Grundstückes ... , eine Überbauung über zwei oder gar drei
Parzellen ist im Baugesetz nicht vorgesehen, das Güllelager und
der Stall widersprechen der Widmung des Grundstückes ... .
Baubewilligung bedarf daher einer Widmungsänderung die nicht gegeben ist.
8.
So wie das Projekt vorgestellt wurde, würde das Bauvorhaben auch der Genehmigung durch die Bezirkshauptmannschaft bedürfen. Diese liegt nicht vor."
Einer der bei der Verhandlung anwesenden Sachverständigen (welcher, ergibt sich aus der Niederschrift nicht; zugezogen waren ein bautechnischer, ein feuerpolizeilicher und ein immissionstechnischer Sachverständiger; es lagen auch schon ein schriftliches immissionstechnisches und ein schriftliches medizinisches Gutachten vor) bezog Stellung zu den Einwendungen des Beschwerdeführers: hinsichtlich der behaupteten unangemessenen Geruchsbelästigung sei darauf hinzuweisen, dass die Angemessenheit gemäß dem Steiermärkischen Baugesetz an die Ortsüblichkeit gekoppelt und die Ortsüblichkeit gegeben sei. Es seien sowohl offene als auch geschlossene Güllegruben als Stand der Technik anzusehen. Die Art der Gülleentsorgung werde durch das Wasserrecht, durch das Aktionsprogramm und die EU-Nitratverordnung geregelt und sei nicht Gegenstand einer Bauverhandlung. Das Vorhaben sei sowohl in der Widmungskategorie Dorfgebiet als auch in der Widmungskategorie Freiland zulässig. Der Nachweis, dass das Bauvorhaben auf einem Grundstück errichtet werde, könne für den Bau von landwirtschaftlichen Bauten im Freiland entfallen. Die Zuständigkeit für die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung von landwirtschaftlichen Bauten liege nicht bei der Bezirkshauptmannschaft, sondern (das ist gemeint) beim Bürgermeister als Baubehörde 1. Instanz.
Im anschließenden Befund eines der Sachverständigen (von welchem, ist der Niederschrift ebenfalls nicht zu entnehmen) heißt es unter anderem, in Bezug auf die vom Vorhaben zu erwartenden Immissionen (Geruch und Lärm) liege ein positives Gutachten vom 2. März 2005 vor, sowie ebenfalls ein (positives) medizinisches Gutachten vom 29. März 2005. (Im Befund wird das Vorhaben weiters näher beschrieben). Abschließend kam dieser Sachverständige in seinem Gutachten zur Schlussfolgerung, es bestünden gegen die Erteilung der Baubewilligung durch den Bausachverständigen, den feuerpolizeilichen und den immissionstechnischen Sachverständigen sowie des medizinischen Sachverständigen keine Bedenken, wenn näher bezeichnete Auflagen und "Hinweise erfüllt bzw. eingehalten" würden.
Der Bürgermeister erteilte sodann mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 18. April 2005 die angestrebte Bewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen.
Dagegen erhob der nunmehr anwaltlich vertretene Beschwerdeführer Berufung, in der er unter anderem gegen die zu erwartenden Immissionen Stellung bezog und bestritt, dass diese als ortsüblich zu qualifzieren seien. Die vom immissionstechnischen Sachverständigen herangezogenen Vergleichsbetriebe lägen allesamt nicht im fraglichen Ortsteil.
Über Auftrag der Baubehörde erstattete der immissionstechnische Sachverständige ein ergänzendes Gutachten vom 16. Juni 2005.
Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. Juli 2005 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid mit bestimmten Maßgaben bestätigt. Begründend heißt es insbesondere, das Vorhaben entspreche dem rechtsgültigen Flächenwidmungsplan (Beschluss des Gemeinderates vom 16. Mai 2001). Die maßgeblichen Widmungskategorien Dorfgebiet und Freiland sähen keinen widmungsbezogenen Immissionsschutz vor. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei das Vorhaben für die weitere Existenz des landwirtschaftlichen Betriebes des Bauwerbers erforderlich und notwendig. Auch auf Grund des ergänzenden Gutachtens des immissionstechnischen Sachverständigen ergebe sich aus den ermittelten Geruchszahlen, dass der Neubau des Mastschweinestalles nicht zu ortsunüblichen und gesundheitsgefährdenden Immissionen führen werde. Es treffe auch nicht zu, dass die bewilligte Ausführung des Güllelagers nicht dem Stand der Technik entspräche. Zwar sei die Ausführung der Güllegrube in geschlossener Form technisch möglich, diese sei jedoch "wie aus der Ortsüblichkeitsbetrachtung und der medizinischen Beurteilung" hervorgehe, nicht unbedingt erforderlich. Die Ausführung der Güllegrube in unterirdischer Form sei infolge der Grundwasserverhältnisse im Baubereich nicht möglich. Nachdem mit einem hohen Grundwasserspiegel zu rechnen sei, bestehe die Gefahr des "Aufschwimmens" (im Original unter Anführungszeichen) der Güllegrube im leeren Zustand, was jedenfalls zu einer schweren Beeinträchtigung der Sicherheit der Dichtheit der Grube sowie allfälliger Zuleitungen führen würde. Wie anlässlich der örtlichen Bauverhandlung besprochen, sei geplant, die Gülle aus den Güllekellern bzw. Vorgruben durch Umpumpen in die gegenständliche offene Güllegrube mit Gülleleitung zu befüllen, deren Auslassöffnung nahezu an den Grubenboden reiche. Bei dieser gewählten Befüllungsform bleibe die sich bildende Schwimmdecke im normalen Jahresablauf geschlossen und es komme zu keiner direkten Luftkontamination.
Dem Einwand des Beschwerdeführers, es müssten Vergleichsbetriebe aus dem betroffenen Ortsteil zur Beurteilung herangezogen werden, sei nicht zu folgen, habe doch der Verwaltungsgerichtshof "in einigen Urteilen festgehalten", dass die Heranziehung von Vergleichsbetrieben zur Beurteilung der Ortsüblichkeit innerhalb eines Gemeindegebietes durchaus zulässig sei. Zur Unterstützung seien "die, zwar nicht im selben Gemeindegebiet, jedoch infolge der örtlichen Lage (kleinklimatologisch vergleichbar) vergleichbaren Betriebe in örtlicher Nähe heranzogen" worden.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Berufungsbescheid Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammengefasst führte die belangte Behörde begründend aus, der Beschwerdeführer habe mit seinen Einwendungen die Immissionsbelastung, die vom Vorhaben zu erwarten sei, geltend gemacht. Diesbezüglich komme es auf die Widmung des Baugrundstückes und nicht des Nachbargrundstückes an. Die zu bebauenden Grundstücke seien teils als Dorfgebiet und teils als Freiland gewidmet, beide Widmungskategorien sähen keinen Immissionsschutz vor.
Zwar räume § 13 Abs. 12 Stmk. BauG 1995 dem Nachbarn einen Immissionsschutz ein, der unabhängig von der Flächenwidmung sei, insofern sei aber der Beschwerdeführer präkludiert. Seinen Einwendungen könne nämlich "nichts entnommen werden, was eine Deutung dahingehend zuließe, dass er die Einhaltung größerer Abstände" gefordert habe. Dies habe er nicht einmal in seiner Berufung getan. Dass aber ein allgemeines Vorbringen in Richtung Geruchsbelästigung nicht als (Eventual-)Begehren auf Festsetzung größerer Abstände gemäß § 13 Abs. 12 Stmk. BauG auszulegen sei, gehe schon etwa aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1986, Zl. 85/06/0013, hervor. Auf dieses Vorbringen könne daher nicht eingegangen werden. Ebenso sei der Beschwerdeführer hinsichtlich der erstmals in der Vorstellung angesprochenen Lärmimmissionen präkludiert.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligten Parteien haben Gegenschriften erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Baugesuch wurde am 10. März 2005 eingebracht, es ist daher im Beschwerdefall das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 78/2003 anzuwenden.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten dadurch verletzt, dass die belangte Behörde zu Unrecht angenommen habe, es dürfe das gegenständliche Bauvorhaben im Freiland errichtet werden bzw. subjektiv-öffentliche Nachbarrechte "durch die Pflicht zur Einhaltung der Widmungskategorie Freiland durch den Bauwerber nicht begründet" würden, weiters dadurch, dass die Ortsüblichkeit der Geruchsimmission nicht geprüft worden sei und in rechtswidriger Anwendung des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG seine Einwendungen hinsichtlich der gesundheitsgefährdenden, jedenfalls aber unzumutbaren Geruchsimmissionen als präkludiert angesehen worden seien (weiters werden Verfahrensmängel geltend gemacht).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung seit der Novelle LGBl. Nr. 78/2003 die Parteistellung behalten hat.
Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
Gemäß § 13 Abs. 12 Stmk. BauG hat die Behörde größere Abstände (als sonst in diesem Paragraphen vorgesehen) vorzuschreiben, wenn der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten lässt oder dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich ist.
§ 27 Abs. 1 und 2 Stmk BauG lautet (die weiteren Absätze sind im Beschwerdefall nicht relevant):
"§ 27
Parteistellung
(1) Wurde eine Bauverhandlung gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz und zusätzlich in geeigneter Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass ein Nachbar seine Stellung als Partei verliert, soweit er nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 erhebt. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Nachbar von der Anberaumung der Bauverhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.
(2) Wurde eine Bauverhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge (Verlust der Parteistellung) nur auf jene Nachbarn, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Bauverhandlung erhalten haben."
§ 42 Abs. 1 und 2 AVG lautete in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998:
"§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.
(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben."
Gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 Stmk. BauG hat der Nachbar keinen Anspruch darauf, dass das Vorhaben schlechthin mit dem Flächenwidmungsplan übereinstimmt (das wird hier geltend gemacht), sondern nur, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist (siehe dazu beispielsweise die in Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht4, bei E 104 ff zu § 26 Stmk. BauG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Zutreffend hat die belangte Behörde hervorgehoben, dass weder die Widmungskategorie "Dorfgebiet" gemäß § 23 Abs. 5 lit. f des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBL. Nr 127 (ROG) einen Immissionsschutz vorsieht (vgl. dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2002, Zl. 2000/06/0081, ebenfalls zu einem Schweinestall) noch die Widmungskategorie "Freiland" gemäß § 25 ROG (siehe dazu die in Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht4, in E 15 zu dieser Bestimmung genannte hg. Judikatur), damit kommt dem Beschwerdeführer hier kein Mitspracherecht zur Frage zu, ob das Vorhaben im Hinblick auf die zu erwartenden Immissionen oder sonst aus anderen Gründen (etwa, wie behauptet, mangels Notwendigkeit des Vorhabens) mit den gegebenen Widmungskategorien übereinstimmt oder nicht.
Dem Beschwerdeführer kommt aber gemäß § 13 Abs. 12 Stmk. BauG - jedenfalls im Ergebnis - ein gewisser Immissionsschutz zu, der unabhängig von der Flächenwidmung ist. Die belangte Behörde hat allerdings angenommen, dass insoweit Präklusion eingetreten ist. Es ist daher zu prüfen, ob diese Annahme der belangten Behörde zutrifft.
Ein Verlust der Parteistellung (Präklusion) kann jedenfalls dann nicht eintreten, wenn in der Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung nicht auf die entsprechenden Rechtsfolgen verwiesen wird, wobei die bloße Anführung von Paragraphenbezeichnungen nicht ausreicht (siehe dazu die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, bei E 58 zu § 42 AVG wiedergegebene Rechtsprechung). Nun war die Erledigung der Baubehörde erster Instanz vom 14. März 2005 (Kundmachung/Ladung zur Bauverhandlung) insofern rechtswidrig, als darin auf § 42 Abs. 1 AVG verwiesen wurde, im Hinblick auf den Zeitpunkt der Einbringung des Baugesuches aber § 27 Stmk. BauG in der (seit 1. Jänner 2004 geltenden) Fassung gemäß LGBl. Nr. 78/2003 maßgeblich war (nicht unbemerkt soll auch bleiben, dass § 42 Abs. 1 AVG im März 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2004 galt, also in einer anderen Fassung als gemäß der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998; diese war bis zur Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 maßgeblich). Da nun aber § 27 Abs. 1 Stmk. BauG und § 42 Abs. 1 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 (dieser Fassung entspricht auch die verbale Belehrung in der Kundmachung), soweit hier erheblich, inhaltlich übereinstimmen, war somit die verbale Belehrung in der Erledigung vom 14. März 2005 über die entsprechenden Rechtsfolgen (Verlust der Parteistellung) zutreffend. Da es, wie zuvor ausgeführt, auf den inhaltlichen richtigen Hinweis auf die Rechtsfolgen ankommt und nicht auf bloße Paragraphenbezeichnungen, kam im Beschwerdefall dem Umstand, dass irrig auf § 42 Abs. 1 AVG statt richtig auf § 27 Abs. 1 Stmk. BauG verwiesen wurde, keine entscheidende Bedeutung zu. Die dem Beschwerdeführer auch unbestritten zugekommene Ladung zur Bauverhandlung vom 14. März 2005 war daher geeignet, die im § 27 Abs. 1 Stmk. BauG umschriebenen Rechtsfolgen (Verlust der Parteistellung, Präklusion) herbeizuführen.
Zu prüfen ist daher weiter, ob der Beschwerdeführer hinsichtlich der sich aus § 13 Abs. 12 Stmk. BauG ergebenden nachbarschützenden Aspekte, wie von der belangten Behörde angenommen, präkludiert ist. Generell gilt, dass Einwendungen insbesondere von rechtskundig nicht vertretenen Parteien nicht selten auslegungsbedürftig sind und dann nicht nur nach ihrem Wortlaut sondern auch nach ihrem Sinn zu beurteilen sind (vgl. dazu die in Hauer/Leukauf, aaO, in E 48, insbesondere 48a zu § 42 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Das kann mitunter schwierig sein (siehe dazu Hauer, der Nachbar im Baurecht5, 99), wobei aber die Einwendung jedenfalls erkennen lassen muss, aus welchen Gründen sich der Nachbar gegen das Bauvorhaben wendet, ein bestimmtes Recht hingegen muss nicht genannt werden (Hauer, wie zuvor, 98f). Die belangte Behörde hat nun in diesem Zusammenhang auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach auch ein allgemeines Vorbringen betreffend eine unzulässige Geruchsbelästigung nicht als Einwendung gedeutet werden könne, mit der größere Abstände des Vorhabens im Sinne des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG verlangt werden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2004, Zl. 2001/06/0119 mwN, Hauer/Trippl, aaO, E 138 zu § 26 Stmk. BauG). Andererseits wurde das Vorbringen "Lärmbelästigungen sowie Geruchsbelästigungen sind massiv zu erwarten" (im Zusammenhang mit einem Tischlereibetrieb) als ausreichend bestimmte Einwendung (wenngleich damals im Sinne des § 26 Abs. 1 Z 1 und 3 Stmk. BauG) angesehen (hg. Erkenntnis vom 9. September 1999, Zl. 98/06/0132). Letztlich kommt es daher auf die Umstände des Einzelfalles an.
Der Beschwerdeführer hat geltend gemacht, dass das Vorhaben zu einer "nicht ortsüblichen Geruchsbelästigung" führen werde. Dass bei einem Schweinestall unangenehme Geruchsemissionen auftreten können, ist allgemein bekannt. Die belangte Behörde gibt nun den entsprechenden Einwendungen des Beschwerdeführers, die abstrakt (seien sie nun jetzt in concreto berechtigt oder nicht berechtigt) zielführend sein können, eine Deutung, wonach sie ins Leere gehen sollten, weil die Flächenwidmung keinen Immissionsschutz gewährt und der Beschwerdeführer ihrer Auffassung nach nicht ausreichend deutlich größere Abstände gefordert habe. Nun kann doch als allgemeiner Grundsatz gelten, dass Einwendungen im Zweifel nicht so zu verstehen sind, dass sie ins Leere gehen, wenn eine aus der Sicht des Nachbarn zielführende Auslegung nahe liegt. Der Begriff "das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigungen" ist ein Kriterium des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG, des § 71 Abs. 2 Stmk. BauG (betreffend Abstellplätze und Garagen) wie auch des § 23 Abs. 5 lit. d Stmk. ROG (Flächenwidmungskategorie Gewerbegebiet). Ein "Gewerbegebiet" ist hier nicht gegeben, es geht auch nicht um Abstellplätze und Garagen. Daher war es nahe liegend, die Einwendung der Ortsunüblichkeit der zu erwartenden Belästigungen schon von ihrem Wortlaut her dem § 13 Abs. 12 Stmk. BauG zu subsumieren. Meinte man aber, das sei nicht ausreichend klar gewesen, wäre die Behörde im Beschwerdefall verhalten gewesen, den Beschwerdeführer zu einer Präzisierung seines Vorbringens aufzufordern, zumal, wie schon zuvor gesagt, Parteienerklärungen im Zweifel nicht so auszulegen sind, dass die sie abgebende Partei um ihren Rechtsschutz gebracht wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1998, Zl. 97/04/0231, mwN). Zu einer solchen Klarstellung bestand, wie der Gang des Verwaltungsverfahrens zeigt, für die Gemeindebehörden beider Instanzen offensichtlich kein Bedarf, weil sie den Einwand der Geruchsbelästigung inhaltlich geprüft haben (womit schon deshalb für den Beschwerdeführer kein konkreter Anlass bestand, sich diesbezüglich auch auf eine Rechtsgrundlage festzulegen). Vor diesem Hintergrund wäre die belangte Behörde jedenfalls verhalten gewesen, dem Beschwerdeführer ihre - zuvor nicht thematisierte - Auffassung, er sei insofern präkludiert, vorzuhalten, was sie aber unterließ. Die Nachholung eines solchen Vorhaltes ist aber nicht mehr erforderlich, weil der Beschwerdeführer unterdessen (mit der Beschwerde) ohnedies unmissverständlich klar gestellt hat, mit seinen Einwendungen auch die nachbarschützende Bestimmung des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG angesprochen zu haben.
Schon dadurch, dass die belangte Behörde dies nicht prüfte bzw. davon ausging, nicht verhalten zu sein, für eine entsprechende Klarstellung zu sorgen, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil der pauschalierte Schriftsatzaufwand bereits die Umsatzsteuer enthält (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 697 angeführte hg. Judikatur).
Wien, am 28. März 2006
Schlagworte
Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2AllgemeinNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005060295.X00Im RIS seit
03.05.2006Zuletzt aktualisiert am
06.04.2016