TE Vwgh Erkenntnis 2006/3/28 2005/06/0245

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Veröffentlicht am 28.03.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;
95/06 Ziviltechniker;

Norm

Statut Wohlfahrtseinrichtungen Architekten Ingenieurkonsulenten 2000 §14 Abs1 lita;
Statut Wohlfahrtseinrichtungen Architekten Ingenieurkonsulenten 2000 §14 Abs1 litb;
Statut Wohlfahrtseinrichtungen Architekten Ingenieurkonsulenten 2000 §14 Abs2;
Statut Wohlfahrtseinrichtungen Architekten Ingenieurkonsulenten 2000 §14;
Statut Wohlfahrtseinrichtungen Architekten Ingenieurkonsulenten 2004 §14 Abs1 lita;
Statut Wohlfahrtseinrichtungen Architekten Ingenieurkonsulenten 2004 §14 Abs1 litb;
Statut Wohlfahrtseinrichtungen Architekten Ingenieurkonsulenten 2004 §14 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ZivTG 1993 §32 Abs1;
ZivTG 1993 §4 Abs1;
ZTKG 1994 §29 Abs3 Z2 idF 2004/I/044;
ZTKG 1994 §29 idF 2000/I/056;
ZTKG 1994 §31 idF 2004/I/044;
ZTKG 1994 §31;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des DI J H in B, vertreten durch Dr. Armin Bammer, Rechtsanwalt in Wien 3, Esteplatz 4, gegen den Bescheid des Vorstandes der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten vom 27. Juni 2005, Zl. 316-2/04, betreffend die Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension (die belangte Behörde ist im Beschwerdeverfahren durch Dr. Herbert Hochegger, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 4/5, vertreten), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 15. April 2004 (bei der Behörde eingelangt am 20. April 2004) erklärte der Beschwerdeführer, er übersende in der Anlage die Meldung betreffend das Ruhen seiner Befugnis, und beantrage hiemit die Gewährung der Berufsunfähigkeitspension. Bei einer näher bezeichneten Untersuchung sei eine schwere Gefäßerkrankung festgestellt worden. Über Auftrag der Behörde legte der Beschwerdeführer einen ausgefüllten Fragebogen vor.

Das von der Behörde hierauf eingeholte ärztliche Gutachten des Sachverständigen Dr. G. F. vom 22. Juni 2004 kam zusammenfassend zum Ergebnis, der Beschwerdeführer leide an einer koronaren Herzkrankheit, die operativ soweit saniert worden sei, dass von dieser Seite eine altersentsprechende Leistungsfähigkeit erzielt worden sei. Die jetzt angegebenen Beschwerden seien auf die noch zu kurz zurückliegende Operation zurückzuführen und sollten im Rahmen des geplanten Rehabilitationsaufenthaltes so zu bessern sein, dass der Beschwerdeführer nach etwa sechs Monaten ab Operation seine bisherige berufliche Tätigkeit in vollem Umfang wieder aufnehmen könnte.

Die Behörde ersuchte sodann mit Erledigung vom 30. Juni 2004 Dr. E. S., ein "schriftliches Berufsbild zu erstellen".

In der hiezu ergangenen Erledigung des Dr. E. S. vom 4. August 2004 heißt es, der Beschwerdeführer habe seit dem Jahr 1988 bis 1. April 2004 die Befugnis eines Zivilingenieurs für Bauwesen in einem näher bezeichneten Büro ausgeübt, das in den Wohnungsverband integriert sei. Als Mitarbeiter beschäftige er seine Frau. Seine Ziviltechnikerkanzlei müsse daher als das typische "Ein-Mann-Büro" bezeichnet werden. Der Beschwerdeführer habe angegeben, derzeit keine Aufträge mehr zu haben, die im Fragebogen angeführten offenen Leistungen seien storniert worden, bzw. "derzeit nicht aktuell" und würden anderswo erledigt werden, sollten sie anfallen. Der Beschwerdeführer habe ihm zwei handschriftlich verfasste Blätter übergeben, die Angaben über seinen beruflichen Werdegang enthielten. Sie seien "diesem Berufsbild" angeschlossen. Sie enthielten keine Angaben, die der Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension entgegenstehen könnten. Der Beschwerdeführer sei auch bei der Sozialversicherung der Bauern versichert und habe dort im April 2004 nach seinen Angaben einen Antrag auf eine Berufsunfähigkeitspension gestellt, worauf zunächst ein Kuraufenthalt bewilligt worden sei, den er soeben absolviert habe. Die Kur scheine gewirkt zu haben, er fühle sich derzeit "ganz gut". Der Antrag (gemeint: bei der SVA der Bauern) selbst sei derzeit noch nicht erledigt worden. Der hier verfahrensgegenständliche Antrag, den es zu beurteilen gelte, scheine vorwiegend durch die vertrauensärztliche Stellungnahme bestimmt.

Erkennbar ohne hiezu Parteiengehör zu gewähren (Derartiges ist jedenfalls den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen) wurde mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen vom 10. September 2004 dem Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der Berufsunfähigkeitsleistung nicht stattgegeben, was im Wesentlichen unter Hinweis auf das vertrauensärztliche Gutachten und das "Berufsbild" vom 4. August 2004 begründet wurde.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 24. September 2004 Berufung, in der er darauf verwies, der Vertrauensarzt habe in seinem Gutachten über seinen Gesundheitszustand "die 100 % Invalidität festgestellt". Er habe ihm weiters verboten, je wieder ein Gerüst zu besteigen, und wegen der Verengungen der Halsschlagader nochmalige Operationen angekündigt.

Die belangte Behörde holte ein ergänzendes Gutachten des Sachverständigen Dr. G. F. (vom 14. April 2005) ein, der zusammenfassend zum Ergebnis kam, dass der Beschwerdeführer an arteriosklerotischen Gefäßveränderungen der Herzkranzgefäße und zuführenden Gehirnarterien leide, die teils operativ überbrückt, teils hämodynamisch nicht wirksam seien. Näher bezeichnete Risikofaktoren seien sowohl medikamentös als auch durch deutliche Reduktion des Körpergewichtes kontrolliert, sodass zu hoffen sei, dass es zu keinem weiteren Fortschreiten der arteriosklerotischen Veränderungen komme. Auf Grund der anamnestischen Angaben über Schwindel bzw. nicht auszuschließende Rythmusstörungen sei dem Beschwerdeführer die Ausübung seines Berufes weiterhin zuzumuten, sofern sie nicht mit der Begehung von Gerüsten oder anderen absturzgefährdeten Stellen verbunden sei.

Ohne hiezu Parteiengehör zu gewähren (jedenfalls ist auch hier Derartiges den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen) erging der angefochtene Bescheid, mit dem der Berufung keine Folge gegeben wurde. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, heißt es begründend nach einer zusammengefassten Darstellung des Verfahrensganges, für eine Leistung der Wohlfahrtseinrichtungen komme es darauf an, ob eine Berufsunfähigkeit im Sinne des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen WE 2004 vorliege. Gemäß § 14 dieses Statuts werde eine Berufsunfähigkeitspension gewährt, wenn der Ziviltechniker während aufrechter und tatsächlich ausgeübter Befugnis dauernd berufsunfähig werde und der Antrag auf Leistung unmittelbar danach gestellt werde. Dauernde Berufsunfähigkeit liege gemäß § 14 Abs. 2 dieses Statutes vor, wenn der Ziviltechniker infolge eines Leidens oder einer Krankheit außer Stande sei, seinen Beruf als Ziviltechniker weiter auszuüben und mit der Wiedererlangung der Berufsfähigkeit nicht zu rechnen sei. Für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit seien das Berufsbild und das ärztliche Gutachten maßgebend.

Nach zusammengefasster Wiedergabe der Gutachten des Sachverständigen Dr. G. F. heißt es weiter, aus dem Berufsbild, welches Dr. E. S. erstattet habe, ergebe sich, dass der Beschwerdeführer als Zivilingenieur für Bauwesen in einem typischen "Ein-Mann-Büro" tätig gewesen sei. Als Mitarbeiter sei seine Ehefrau beschäftigt gewesen.

Auf Grund eigener Angaben habe sich der Beschwerdeführer vorwiegend "mit diversen Gutachten" beschäftigt, insbesondere mit Nutzwertgutachten, Berechnungen bzw. Schätzungen. Er sei einerseits für die "SBN" tätig gewesen, andererseits habe er sich mit Bühnen, Transportkonstruktionen, Kühlhäusern und Fleischverarbeitungsanlagen befasst. Für diese Tätigkeiten sei das Besteigen von Gerüsten und absturzgefährdeter Stellen nicht erforderlich. Beim zuletzt stornierten Dachgeschossausbau wäre das Besteigen von Leitern unter Umständen notwendig gewesen.

Aus dem vertrauensärztlichen Gutachten in Verbindung mit dem "Berufsbild" des Beschwerdeführers ergebe sich, dass ihm die wesentlichen Bereiche seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit weiterhin zumutbar seien, in Teilbereichen werde die Beiziehung von Hilfspersonen allenfalls notwendig sein. Eine Beeinträchtigung der Berufsfähigkeit in Teilbereichen stelle noch keine Berufsunfähigkeit im Sinne des § 14 des Statuts dar, insbesondere wenn man das reguläre Pensionsalter von Ziviltechnikern bedenke (Vollendung des 70. Lebensjahres). Die Einschränkung, dass der Beschwerdeführer Gerüste und Leitern nicht begehen solle, hindere nicht die Ausübung der Tätigkeit eines Ziviltechnikers, insbesondere weil sich seine bisherige berufliche Tätigkeit nicht vorwiegend auf Baustellenbeaufsichtigungen und Baustellenleitungen erstreckt habe, und es auch für einen Zivilingenieur für Bauwesen viele Aufgabengebiete gäbe, welche das Begehen von absturzgefährdeten Stellen nicht erforderten. Grundsätzlich seien auf Baustellen absturzgefährdete Stellen entsprechend abzusichern. Die gegebene Einschränkung stelle für die vom Beschwerdeführer in erster Linie ausgeübten Tätigkeiten der Schätzung und Berechnung kein Hindernis dar.

Damit liege keine dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne des § 14 des Statuts WE 2004 vor.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die gesetzlichen Grundlagen für die Wohlfahrtseinrichtungen der Ziviltechniker waren zunächst im § 29 des Ziviltechnikerkammergesetzes 1993 (ZTKG), BGBl. Nr. 157, enthalten; dieser zuletzt durch BGBl. I Nr. 56/2000 geänderte Paragraph trat mit Ende Juni 2004 außer Kraft. Dieser § 29 wurde mit der Novelle BGBl. I Nr. 44/2004 ab 1. Juli 2004 gänzlich neu gefasst (der zugleich eingefügte § 29a leg. cit. enthält nähere Bestimmungen zu den entsprechenden Beiträgen, die von den Ziviltechnikern zu leisten sind).

§ 29 Abs. 3 Z. 2 ZTKG lautet seither:

"2. Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension haben Ziviltechniker, die während aufrechter und tatsächlich ausgeübter Befugnis infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen zur Berufsausübung dauernd unfähig werden. Der Anspruch besteht für die Dauer der Berufsunfähigkeit und bleibt auch im Fall des Erlöschens, der Aberkennung und des Ruhens der Befugnis aufrecht. Dauernd berufsunfähig sind Ziviltechniker, die infolge eines Leidens oder einer Krankheit außerstande sind, ihren Beruf als Ziviltechniker weiter auszuüben und mit der Wiedererlangung der Berufsfähigkeit nicht zu rechnen ist. Voraussetzung für die Gewährung der Berufsunfähigkeitspension ist die Erfüllung der im Statut festgesetzten Mindestbeitragszeit, sofern die Berufsunfähigkeit nicht Folge eines Unfalls ist. In diesem Fall entfällt die Voraussetzung der Erfüllung einer Mindestbeitragszeit. Das Statut kann zur Überprüfung der Berufsunfähigkeit die Durchführung von ärztlichen Untersuchungen verlangen."

§ 31 ZTKG trifft nähere Bestimmungen zum Statut der Wohlfahrtseinrichtungen; diese Bestimmung wurde mit BGBl I Nr. 44/2004 mit 1. Juli 2004 neu gefasst.

Der Beschwerdeführer strebt Leistungen aus dem Grunde der dauernden Berufsunfähigkeit an.

Für die Beurteilung eines Anspruches nach dem Statut der Wohlfahrtseinrichtungen ist die Rechtslage im anspruchsbegründenden Zeitpunkt maßgeblich (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 30. März 2005, Zl. 2003/06/0135).

Der § 14 des Statutes WE 2000 in der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 14 Leistung aus dem Grunde der dauernden Berufsunfähigkeit

(1) Leistungen aus dem Grunde der dauernden Berufsunfähigkeit werden einem Ziviltechniker gewährt, wenn

a) er während tatsächlich ausgeübter Befugnis dauernd berufsunfähig wird und

b) er keine der in ZTG erwähnten Tätigkeiten verrichtet und auch nicht als Sachverständiger oder in der Lehre (zB. HTL, FH, UNI) tätig ist und

c)

die Mindestbeitragszeit gemäß Abs. 3 abgelaufen ist.

d)

Bei Berufsanwärtern in der Praxiszeit ist lit. a sinngemäß anzuwenden.

(2) Dauernde Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Ziviltechniker infolge eines Leidens oder einer Krankheit außerstande ist, seinen Beruf als Ziviltechniker weiter auszuüben und mit der Wiedererlangung der Berufsfähigkeit nicht zu rechnen ist. Für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist das Berufsbild und das ärztliche Gutachten maßgebend.

(3) ..."

Das Statut WE 2000 wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Juni 2003, G 8/03, V 7/03-11 (kundgemacht in BGBl II Nr. 543/2003) als gesetzwidrig aufgehoben, wobei die Aufhebung mit Ablauf des 30. Juni 2004 in Kraft trat.

An die Stelle des Statutes WE 2000 ist mit 1. Juli 2004 das Statut WE 2004 getreten. § 14 ist nunmehr mit "Berufsunfähigkeitspension" überschrieben; Abs. 1 lit. a bis c und Abs. 2 dieses Paragraphen blieben gegenüber dem Statut WE 2000 unverändert (gewisse Änderungen und Ergänzungen in Abs. 1 in den Fassungen bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides sind im Beschwerdefall ohne Relevanz).

Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Beschwerdeführer "dauernd berufsunfähig" ist.

Berufsunfähigkeit im Sinne des § 29 Abs. 3 Z 2 ZTKG (idF seit 1. Juli 2004) bzw. des § 14 Abs. 2 dieser Statute ist schon dann anzunehmen, wenn eine wesentliche Fähigkeit, den Beruf als Ziviltechniker auszuüben, nicht mehr gegeben ist. Das ergibt sich schon aus § 14 Abs. 1 lit. b dieser Statute, der davon ausgeht, dass der Betroffene trotz der dauernden Berufsunfähigkeit eine der in dieser Bestimmung genannten Tätigkeiten tatsächlich ausübt (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2003, Zl. 2001/06/0069), die tatsächliche Ausübung einer dieser Tätigkeiten setzt aber naturgemäß auch eine entsprechende Fähigkeit voraus. Daraus folgt weiters, dass bei entsprechender Fähigkeit zur Ausübung einer dieser in § 14 Abs. 1 lit. b der Statute genannten Tätigkeiten eine "dauernde Berufsunfähigkeit" im Sinne des § 14 Abs. 2 iVm Abs. 1 lit. a der Statute gegeben sein kann, der Begriff der "dauernden Berufsunfähigkeit" in diesem Sinne daher gegenüber der Fähigkeit, eine der in § 14 Abs. 1 lit. b umschriebenen Tätigkeiten auszuüben, inhaltlich den größeren Umfang hat.

Vor dem Hintergrund der Argumentation der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid folgt daraus, dass die Fähigkeit, als Sachverständiger im Sinne des § 14 Abs. 1 lit. b der Statute tätig zu werden, die hier maßgebliche (und strittige) "dauernde Berufsunfähigkeit" nicht ausschließt.

Nach § 14 Abs. 2 der Statute ist für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit das Berufsbild und das ärztliche Gutachten maßgebend. Der Begriff "Berufsbild" wird in den Statuten nicht näher definiert, wird somit erkennbar als bekannt vorausgesetzt.

Der Tätigkeitsbereich eines Ziviltechnikers ist im Ziviltechnikergesetz 1993 (ZTG), BGBl. 156, umschrieben. Gemäß § 4 Abs. 1 ZTG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) sind Ziviltechniker, sofern bundesgesetzlich nicht eine besondere Berechtigung gefordert wird, auf dem gesamten, von ihrer Befugnis umfassten Fachgebiet zur Erbringung von planenden, prüfenden, überwachenden, beratenden, koordinierenden und treuhänderischen Leistungen, insbesondere zur Vornahme von Messungen, zur Erstellung von Gutachten, zur berufsmäßigen Vertretung vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechtes, ferner zur Übernahme von Gesamtplanungsaufträgen, sofern wichtige Teile der Arbeiten dem Fachgebiet des Ziviltechnikers zukommen, berechtigt. Gemäß § 32 Abs. 1 ZTG (Stammfassung) blieben die vor dem Inkrafttreten des ZTG (1. Jänner 1994) verliehenen Befugnisse (das wird wohl auf den Beschwerdeführer zutreffen) in dem zum Zeitpunkt der Verleihung bestandenen Berechtigungsumfang aufrecht.

Das "Berufsbild" im gegebenen Zusammenhang ist daher eine Beschreibung der typischen Betätigungen und Tätigkeitsbereiche eines solchen Zivilingenieurs für Bauwesen (wie der Beschwerdeführer) in Verbindung mit den dabei vorausgesetzten Fähigkeiten. Ausgehend von einem solchen Berufsbild kann dann auf Grund der Ergebnisse der medizinischen Begutachtung geprüft werden, ob und inwieweit der Ziviltechniker, der dauernde Berufsunfähigkeit behauptet, (noch) in der Lage ist, diesem Berufsbild zu entsprechen. Ein solches Berufsbild wurde aber im Beschwerdefall weder festgestellt noch erhoben; das (vermeintlich) durch Dr. E. S. erstellte "Berufsbild" entspricht diesen Anforderungen nicht, weil es sich dabei im Wesentlichen nur um eine Kurzbeschreibung des beruflichen Werdeganges des Beschwerdeführers und seiner konkret von ihm ausgeübten Tätigkeiten handelt.

Die belangte Behörde hat daher dem angefochtenen Bescheid in Verkennung der Rechtslage einen unzutreffenden Beurteilungsmaßstab zugrundegelegt.

Damit belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. März 2006

Schlagworte

Allgemein Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005060245.X00

Im RIS seit

26.04.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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