TE Vfgh Beschluss 2002/2/25 V53/01

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Veröffentlicht am 25.02.2002
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Allg
UVP-G §24 Abs1
VfGG §20 Abs3

Leitsatz

Gewährung von Akteneinsicht in den ganzen Akt betreffend die Festlegung des Straßenverlaufs der B 301 Wiener Südrand Straße

Spruch

Die Einsicht in den auf die Verordnung BGBl. II 352/2000 bezughabenden Akt wird zur Gänze gewährt.

Begründung

Begründung:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist ein auf §24 Abs11 UVP-G 2000 und auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG gestützter Antrag von zehn sogenannten Bürgerinitiativen sowie von fünf Eigentümern von im Geltungsbereich der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der B 301 Wiener Südrand Straße im Bereich der Gemeinden Vösendorf, Hennersdorf, Lanzendorf, Leopoldsdorf, Schwechat und Wien, BGBl. II 352/2000, gelegenen Grundstücken auf Aufhebung dieser Verordnung anhängig.

2. a) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie als zur Verteidigung der angefochtenen Verordnung berufene Behörde legte die auf die Verordnung bezughabenden Akten mit dem Ersuchen vor,

"jene Aktenteile, welche die internen Überlegungen und Auseinandersetzungen der Behörde zum Inhalt haben, von der Akteneinsicht auszunehmen. Dies deshalb, weil aus diesen mit geringen Aufwand Argumente für weitere Verfassungsgerichtshofsbeschwerden konstruiert werden könnten. Nach Ansicht der belangten Behörde erscheint dieses Argument ausreichend, eine Ausnahme von der sonst den Beteiligten zustehenden Akteneinsicht zu rechtfertigen".

b) Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes wurde dieses Ersuchen dahingehend präzisiert, daß die Einlageblätter 1 bis 5 zu Z812.301/38-III/6/00, die Stellungnahme des Referates III/6b zu den Schreiben, die während der öffentlichen Erörterung übergeben wurden bzw. im Postweg eingegangen sind, und die Darlegung zu den Sachverständigenbestellungen für das Bauvorhaben "Vösendorf-Schwechat" im Zuge der B 301 Wiener Südrand Straße (Beilage zu Z890.101/3-VI/14/99) von der Akteneinsicht auszunehmen seien.

3. a) Mit Eingabe vom 19. Dezember 2001 stellten die Antragsteller an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, ihnen auch in diese Aktenteile Einsicht zu gewähren, und begründeten dies damit, daß Ausnahmen vom Prinzip der Akteneinsicht nur insoweit zulässig seien, als ein besonders zu begründendes öffentliches Interesse daran bestehe, Akten oder Aktenteile von der Einsichtnahme durch Verfahrensbeteiligte auszuschließen. Die Begründung, daß Aktenteile deswegen von der Akteneinsicht auszunehmen seien, weil aus diesen mit geringem Aufwand Argumente für weitere Verfassungsgerichtshofsbeschwerden konstruiert werden könnten, lasse keineswegs auf ein besonderes öffentliches Interesse schließen. Bei der Stellungnahme des Referates III/6b könne es sich nicht um rein interne Überlegungen handeln und sei diese Stellungnahme ebenso wie die Darlegung zu den Sachverständigenbestellungen wesentlich für die Rechtmäßigkeit des der Verordnung zugrundeliegenden Verfahrens, zumal gerade die Mangelhaftigkeit der Sachverständigenbestellungen und der Sachverständigengutachten einen zentralen Punkt der Verordnungsanfechtung durch die Antragsteller darstelle.

b) Der Referent des Verfassungsgerichtshofes hat den Antrag der belangten Behörde übermittelt, dabei - gestützt auf §20 Abs3 VfGG - seiner Meinung Ausdruck gegeben, daß die Ausschließung der in Rede stehenden Aktenteile zu weit gehe, und die Behörde eingeladen, dazu schriftlich Stellung zu nehmen.

c) Von dieser Möglichkeit hat die belangte Behörde nicht Gebrauch gemacht.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß §20 Abs3 VfGG können die Behörden bei Vorlage von Akten an den Verfassungsgerichtshof bekanntgeben, ob und welche Akten oder Aktenteile im öffentlichen Interesse von der sonst den Beteiligten zustehenden Einsicht auszuschließen sind. Erachtet der Referent, daß die von der Behörde mitgeteilte Ausschließung von Akten oder Aktenteile zu weit gehe, so hat er die Behörde über seine Bedenken einzuvernehmen und kann allenfalls einen in nichtöffentlicher Sitzung zu fassenden Beschluß des Gerichtshofes darüber einholen.

2. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird ein dem Verfassungsgerichtshof vorgelegter Akt, soweit er die anhängige Rechtssache betrifft, zum Bestandteil der verfassungsgerichtlichen Prozeßakten (vgl. VfSlg. 8941/1980 und 14.307/1995).

Für den Ausschluß von der Akteneinsicht ist - wie aus §20 Abs3 VfGG abgeleitet werden muß - das öffentliche Interesse maßgebend.

b) Die belangte Behörde hat bei Vorlage der Akten und auch in der Folge in keiner Weise dargelegt, warum die von ihr bezeichneten Aktenteile im öffentlichen Interesse von der Einsicht durch die Antragsteller auszuschließen sind. Ihre für die Ausnahme der in Rede stehenden Aktenteile von der Akteneinsicht ins Treffen geführte Begründung ist nicht geeignet, ein derartiges öffentliches Interesse darzutun, zumal diese dem den Antragstellern gemäß §24 Abs1 UVP-G bzw. Art139 Abs1 B-VG eingeräumten Rechtsschutz zuwiderläuft.

Der Verfassungsgerichtshof kann nach Prüfung des Inhaltes der Aktenstücke der belangten Behörde nicht finden, daß ein öffentliches Interesse besteht, diese Aktenstücke von der sonst den Parteien zustehenden Einsicht auszuschließen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Dieser Beschluß konnte gemäß §20 Abs3 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Rechtsschutz, Umweltschutz, Umweltverträglichkeitsprüfung, VfGH / Akteneinsicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:V53.2001

Dokumentnummer

JFT_09979775_01V00053_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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