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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 litd;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des GH in M, Deutschland, vertreten durch Dr. Stefan Hornung, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 11. Mai 2001, Zl. VwSen-110142/24/Kon/Pr, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 16. Juli 1999 um 14.20 Uhr mit dem Sattelzugfahrzeug, Kz: K (D), mit dem Anhänger, Kz: K (D), auf der Innkreisautobahn A 8 aus Italien kommend in Fahrtrichtung Suben eine Güterbeförderung (Leerfahrt) durchgeführt und als Lenker bei der Kontrolle am Parkplatz Osternach km 61,980 Gemeinde Ort i.I., Bezirk Ried im Innkreis, keine Unterlagen entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 vorlegen können, aus denen hervorgegangen wäre, dass es sich bei der durchgeführten Fahrt um eine ökopunktebefreite Fahrt und nicht um eine Transitfahrt (ökopunktepflichtig) gehandelt habe, da der im Fahrzeug angebrachte Umweltdatenträger (Ecotag) auf bilateral gestellt gewesen sei, wodurch es zu keiner automatischen Entwertung der Ökopunkte gekommen sei. Der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs habe jedoch die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder
"a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als Umweltdatenträger (ecotag) bezeichnet wird; oder
c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist ..."
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 iVm Art. 1 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt.
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen davon aus, dass der Beschwerdeführer am 16. Juli 1999 mit dem verfahrensgegenständlichen Sattelzugfahrzeug aus Italien kommend über den Grenzübergang Arnoldstein im Zuge einer Leerfahrt in das Bundesgebiet eingefahren sei. Der Beschwerdeführer habe am selben Tag noch auf slowenischem Gebiet über Autotelefon von der Fa. Sch. den Auftrag erhalten, am 17. Juli 1999 vom Handelsstall dieser Firma in Tirol ca. 33 Rinder nach Italien zu transportieren. Diesem telefonischen Ladeauftrag sei noch am 16. Juli 1999 ein schriftlicher Ladeauftrag per Fax, adressiert an den Firmenstandort des Beschwerdeführers in M, gefolgt. Wegen der Sperre des Tauerntunnels sei der Beschwerdeführer über die A 8 (Innkreisautobahn) über den Grenzübergang Suben und Deutschland ausgewichen. Dies habe der Beschwerdeführer in der Absicht getan, an seinem Wohnort, der zugleich auch Firmenstandort sei, zu übernachten und das Sattelzugfahrzeug an der eigenen Betriebstankstelle aufzutanken. Am darauf folgenden Tag (17. Juli 1999) sei er sodann von dem in der Nähe von I gelegenen Firmenstandort wiederum nach Österreich zum Handelsstall der Fa. Sch. in Leerfahrt eingefahren, um dort die 33 Rinder zu laden und nach Italien zu verfrachten.
Unstrittig sei der im Sattelzugfahrzeug angebrachte Umweltdatenträger (Ecotag) bei der Leereinfahrt nach Österreich am 16. Juli 1999 aus Italien kommend auf bilaterale (nicht ökopunktepflichtige) Fahrt eingestellt gewesen. Unstrittig sei weiters, dass der Beschwerdeführer auch keine Unterlagen im Sinne der Artikel 1 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 mitgeführt habe, aus denen hervorgegangen wäre, dass es sich nicht um eine Transitfahrt gehandelt habe, und dass der Umweltdatenträger, mit dem das verfahrensgegenständliche Fahrzeug ausgestattet gewesen sei, nicht für diesen Zweck eingestellt gewesen sei. Der Ladeauftrag der Fa. Sch. vom 16. Juli 1999, adressiert an den Firmenstandort des Beschwerdeführers, sei erst im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt worden.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend, die Tatbestandsmäßigkeit des Art. 1 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission setze das Nichtmitführen und die Nichtvorlage der entsprechenden Unterlagen zur Prüfung voraus, wobei die Vorlage dieser Urkunden "auf Verlangen" der Aufsichtsbehörden erfolgen müsse. Die Vorlage entsprechender Unterlagen sei durch die Meldungsleger aber nicht verlangt worden.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handelt es sich nach der ständigen hg. Rechtsprechung bei den in Art. 1 Abs. 1 der angeführten Verordnung enthaltenen Tatbeständen des Nichtmitführens der genannten Unterlagen und des Nichtvorlegens derselben um selbstständig zu verwirklichende Tatbestände (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. September 2005, Zl. 2001/03/0249). Nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides, auf den es hier ankommt, wurde der Beschwerdeführer bestraft, weil er die Unterlagen nicht vorgelegt hat. Bei der Verwaltungsübertretung des Nicht-Vorlegens der in Art. 1 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission genannten Unterlagen stellt es ein wesentliches Tatbestandselement dar, dass diese Unterlagen auf Verlangen der Aufsichtsbehörden nicht vorgelegt wurden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. April 2002, Zl. 2000/03/0066, zu § 9 Abs. 1 GütbefG). Für die Strafbarkeit einer Übertretung der zitierten Bestimmung im Hinblick auf die Verwaltungsübertretung des Nicht-Vorlegens der Unterlagen ist es daher maßgeblich, ob auch dieses Tatbestandsmerkmal innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 2 VStG vorgeworfen wurde. Weiters hat der Spruch des Verwaltungsstrafbescheides, mit dem eine solche Übertretung zur Last gelegt wird, auch dieses wesentliche Tatbestandsmerkmal zu enthalten.
Die belangte Behörde führt hiezu in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, dass sich mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer geeignete Unterlagen iSd zitierten Verordnung bei der Kontrolle nicht habe vorlegen können, zwangsläufig deren Nichtmitführen verbinde. Zwischen den Tatbeständen des Nichtmitführens und des Nichtvorlegens der in Rede stehenden Unterlagen liege nach der hg. Rechtsprechung Konsumation vor, sodass es nicht schade, wenn im Spruch des Straferkenntnisses nicht angeführt sei, dass der Beschwerdeführer keine geeigneten Unterlagen mitgeführt habe. Aus dem Sachverhalt laut Schuldspruch ("... bei der Kontrolle ...") ergebe sich nach Ansicht der belangten Behörde auch eindeutig, dass die Vorlage dieser Unterlagen vom Beschwerdeführer verlangt worden sei. Diese Schlussfolgerung vermag der Verwaltungsgerichtshof zunächst schon deshalb nicht nachzuvollziehen, weil sie mit der Aussage des Meldungslegers in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 13. März 2001, dass er keinen "Ladeauftrag aus Tirol" verlangt habe, nicht in Einklang zu bringen ist. Es kann jedoch dahinstehen, dass es die belangte Behörde unterlassen hat, diesen Widerspruch aufzuklären, weil in Hinsicht auf die dem Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung in dem allein in Rechtskraft erwachsenden Spruch des angefochtenen Bescheides und nicht erst in der Bescheidbegründung eine Konkretisierung bezüglich aller maßgebenden Tatbestandselemente vorzunehmen ist und eine Umschreibung des Tatbildes allein in der Begründung der Bestimmung des § 44a Z. 1 VStG widerspricht (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II 2. Auflage, S. 761 ff, zu E. 43 ff angeführte hg. Rechtsprechung).
Da im vorliegenden Fall innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist kein entsprechender Vorhalt erfolgte, dass diese Unterlagen "auf Verlangen" der Aufsichtsbehörden nicht vorgelegt wurden, und auch der von der belangten Behörde bestätigte Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses dieses Tatbestandsmerkmal nicht enthält, erweist sich der Ausspruch über das Nichtvorlegen der in Art. 1 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission genannten Unterlagen für sich allein als rechtswidrig. Im Hinblick darauf erübrigt es sich, auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. März 2006
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Besondere Rechtsgebiete Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2 Mängel im Spruch Fehlen von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2001030205.X00Im RIS seit
18.04.2006