TE Vwgh Erkenntnis 2006/3/28 2002/06/0123

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.03.2006
beobachten
merken

Index

L85005 Straßen Salzburg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
LStG Slbg 1972 §37 Abs1;
LStG Slbg 1972 §37 Abs2;
LStG Slbg 1972 §37 Abs3;
LStG Slbg 1972 §37;
LStG Slbg 1972 §38;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der AH in R, vertreten durch Dr. Jürgen Zwerger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Imbergstraße 6/2, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 13. Juni 2002, Zl. 1/04-36.845/13-2002, betreffend Anträge nach dem Salzburger Landesstraßengesetz 1972 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde R, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Spruchpunkt 2. des Bescheides der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde R vom 14. Juni 2000 abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des U auf der nördlichen Seite des E etwa 5 km östlich von R. Als Eigentümerin dieses Anwesens ist sie - ebenso wie fünf weitere benachbarte Grundstückseigentümer - Mitglied der Bringungsgemeinschaft Güterweg B, welche nach dem Salzburger Güter- und Seilwegegesetz 1970 eingerichtet ist. Das Anwesen der Beschwerdeführerin ist vom E her zunächst über den Unteren S-Weg zu erreichen, von welchem in der K nach Westen der B-Weg abzweigt, auf welchem man nach etwa 500 m zum U gelangt. Bevor man dieses erreicht, zweigt vom B-Weg nach Nordosten ein Weg zum O ab.

Am 18. Mai 1992 erließ der Bürgermeister der Stadtgemeinde R gemäß § 37 Abs. 1 des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972 (LStG) eine Verordnung, mit welcher der "U-Berg, beginnend bei der Abzweigung S-Straße bis S mit seinen Nebenästen, sowie das Straßenstück vom B-Weg bis O (B-Weg) ... zur öffentlichen Interessentenstraße erklärt" wurde.

Auf der Grundlage dieser Verordnung erging am 10. Juni 1992 der Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde R, mit welchem gemäß § 37 Abs. 3 LStG die Bildung der Interessentenweggenossenschaft "U-Berg mit Nebenästen" und die Bezeichnung der Mitglieder, darunter auch der Beschwerdeführerin, erfolgte.

Diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit Berufung bekämpft.

Am 11. Jänner 1993 erging die weitere Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde R als Straßenrechtsbehörde: "Der U-Berg, beginnend bei der Abzweigung S-Straße bis S mit seinen Nebenästen, ausgenommen Abzweigung U-Berg/B-Weg bis O, wird zur öffentlichen Interessentenstraße erklärt." Damit erfolgte die Abänderung der eingangs zitierten Verordnung.

Weiters erging am 11. Jänner 1993 der Berufungsbescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde über die Berufung der Beschwerdeführerin. In dieser Entscheidung wurde ihre Berufung als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig entsprechend der (abgeänderten) Verordnung der Spruch des bekämpften Bescheides insoferne abgeändert, als dieser nunmehr zu lauten habe: "Gemäß § 37 Abs. 3 des Salzburger Landesstraßengesetzes i.d.g.F., wird hiermit die öffentliche Interessentenweggenossenschaft 'U-Berg mit Nebenästen', ausgenommen das Wegstück von der Abzweigung U-Berg/B-Weg bis zum O, gebildet."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 29. März 1993 wurde der Interessentenweg "U-Berg" gemäß § 37 Abs. 1 LStG entsprechend der (ändernden) Verordnung vom 11. Jänner 1993 "beurkundet", gemäß § 37 Abs. 3 LStG die Interessentenweggenossenschaft gebildet und gemäß § 38 Abs. 2 leg. cit. die von der Genossenschaft beschlossenen Satzungen samt dem Interessentenanteilschlüssel genehmigt.

Auch diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit Berufung bekämpft, der mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 27. Mai 1993 insoferne stattgegeben wurde, als der festgesetzte Interessentenbeitrag von 63 auf 62 Punkte herabgesetzt, im Übrigen aber der Berufung keine Folge gegeben wurde. Der dagegen gerichteten Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 11. Oktober 1993 keine Folge gegeben.

Am 28. Juni 1999 fand eine Vollversammlung der öffentlichen Interessentenweggenossenschaft U-Berg statt. Dabei wurde - mit Mehrheit und gegen die Stimme der Beschwerdeführerin - der Beschluss gefasst, hinsichtlich der Weganlage den "Bauabschnitt II" zu errichten.

Im Anschluss an diese Sitzung der Vollversammlung der Interessentenweggenossenschaft richtete die Beschwerdeführerin an die mitbeteiligte Stadtgemeinde ein Schreiben vom 8. Juli 1999, in welchem sie u.a. - soweit für das gegenständliche Beschwerdeverfahren relevant - den Antrag stellte, die Straßenbehörde möge ihr Ausscheiden aus der öffentlichen Interessentenweggenossenschaft U-Berg verfügen. Es sei nicht einzusehen, dass sie sowohl Mitglied der Güterweggenossenschaft B als auch der öffentlichen Interessentenweggenossenschaft U-Berg sei. Dies sei nicht erforderlich und werde auch vom Referenten des Juristischen Dienstes der Agrarbehörde des Amtes der Salzburger Landesregierung nicht für erforderlich gehalten. Auch die übrigen Mitglieder der Bringungsgemeinschaft Güterweg B seien - zumindest teilweise - ehemalige Mitglieder der seinerzeitigen bäuerlichen Bringungsgemeinschaft U-Berg, auf deren Mitgliedschaft habe man aber bei Gründung der öffentlichen Interessentenweggenossenschaft U-Berg keinen Wert mehr gelegt, obwohl diese ebenfalls den Interessentenweg benützten.

Der Grund für die Doppelmitgliedschaft der Beschwerdeführerin liege auch in der ungeklärten Frage der Gültigkeit bzw. Rechtswirksamkeit eines wechselseitigen Fahrtrechtsübereinkommens (vom 4. September 1978) zwischen der bäuerlichen Bringungsgemeinschaften Güterweg B und der damals ebenfalls noch bäuerlichen Güterweggenossenschaft U-Berg.

Die Beschwerdeführerin richtete ein weiteres Schreiben vom 15. Juli 1999 an die mitbeteiligte Stadtgemeinde.

Mit Bescheid vom 29. Dezember 1999 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Nichtaufrechterhaltung ihrer Mitgliedschaft bei der Interessentenweggenossenschaft U-Berg "wegen bereits entschiedener Sache" abgewiesen. Mit demselben Bescheid wurde auch "(d)er Antrag der Beschwerdeführerin auf Aufhebung einer Vereinbarung zwischen dem Güterweg 'B' und der Interessentenweggenossenschaft 'U-Berg' mit der Begründung, dass der Interessentenweg 'U-Berg' als Nichtnachfolgegenossenschaft des Güterweges 'U-Berg' anzusehen ist, als unbegründet abgewiesen".

Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 14. Juni 2000 keine Folge gegeben.

Dies wurde hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft der Beschwerdeführerin zum öffentlichen Interessentenweg "U-Berg" damit begründet, dass bereits durch den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 29. März 1993 die Notwendigkeit dieser Mitgliedschaft festgehalten worden sei. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung sei mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 27. Mai 1993 abgewiesen und die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin von der Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 11. Oktober 1993 abgewiesen worden. Zwar sei richtig, dass ein erstinstanzlicher Bescheid vom 18. Mai 1992 dahingehend abgeändert worden sei, dass das Wegstück von der Abzweigung B-Weg bis zum O aus dem öffentlichen Interessentenweg U-Berg herausgenommen wurde. Es sei aber keine Mitgliedschaftsbefreiung für das O ausgesprochen worden und dieser Umstand sei auch der Beschwerdeführerin in den folgenden, vorhin angeführten Bescheiden bekannt gegeben worden. Die Beschwerdeführerin habe daher sehr wohl - ebenso wie der Eigentümer des O - Mitglied der Interessentenweggenossenschaft U-Berg zu sein. Über Mitgliedschaften in der - nach dem Salzburger Güter- und Seilwegegesetz 1970 errichteten - Bringungsgemeinschaft "B" könne die mitbeteiligte Stadtgemeinde mangels behördlicher Zuständigkeit nicht absprechen.

Hinsichtlich des Ausspruches der Behörde erster Instanz über die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Aufhebung einer Vereinbarung zwischen dem Güterweg "B" und der Interessentenweggenossenschaft "U-Berg" führte die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde begründend aus, dass die Interessentenweggenossenschaft sehr wohl eine Nachfolgegenossenschaft der früher bestehenden Güterweggenossenschaft "U-Berg" sei und daher auch in das zwischen dieser und der Bringungsgemeinschaft "B" geschlossene Übereinkommen eintrete.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. Juni 2002 als unbegründet abgewiesen wurde.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, dass in den Bezug nehmenden Paragraphen des LStG eine Beendigung der Mitgliedschaft zu öffentlichen Interessentenstraßen nicht vorgesehen sei. Für die Einbeziehung eines Grundstückseigentümers als Interessent genüge die Tatsache der Erschließung seines Grundstückes, das heiße, dass das betreffende Grundstück über den Interessentenweg erreicht werde und dadurch zumindest über die bisherige Aufschließung hinaus eine zusätzliche Erschließung eintrete. Das (unterschiedliche) Maß des Erschließungsinteresses im Verhältnis zu anderen Interessenten drücke sich lediglich im Beitragsanteil aus, berühre aber nicht die Interessentenstellung dem Grunde nach. Unbestritten benütze die Beschwerdeführerin die Interessentenstraße U-Berg für die Zufahrt zu ihrem Anwesen. Sie sei daher zu Recht Mitglied der öffentlichen Interessentenweggenossenschaft U-Berg und sei zu Recht durch den in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der Straßenrechtsbehörde bei Gründung der Genossenschaft als Genossenschaftsmitglied einbezogen worden. Ihr geänderter Wille, nun nicht mehr Mitglied der Interessentenweggenossenschaft U-Berg sein zu wollen, vermöge daran nichts zu ändern. Die Auffassung der Beschwerdeführerin treffe auch nicht zu, dass der Besitzer des O aus der Interessentenweggenossenschaft U-Berg ausgeschieden sei. Ein Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 11. Jänner 1993 des Inhaltes, dass seine Mitgliedschaft nicht erforderlich sei, sei nämlich von Amts wegen mit Bescheid vom 14. Jänner 1993 dahingehend berichtigt worden, dass eine solche Mitgliedschaft sehr wohl bestehe. Dieser Bescheid sei auch der Beschwerdeführerin zugestellt worden.

Hinsichtlich der Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Aufhebung der Vereinbarung vom 4. September 1978 zwischen der Güterweggemeinschaft "B" und der Interessentenweggenossenschaft U-Berg führte die belangte Behörde aus, dass es sich dabei um ein privatrechtliches Übereinkommen handle. Dessen Prüfung sei nicht der Straßenrechtsbehörde vorbehalten. (Der angefochtene Bescheid enthält noch Aussprüche über weitere Begehren der Beschwerdeführerin, die jedoch nicht Gegenstand der Beschwerde und daher hier nicht darzustellen sind.)

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof ist im vorliegenden Fall die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde am 14. Juni 2000 bestehende Rechtslage maßgeblich, weil die belangte Behörde als Vorstellungsbehörde diesen bei ihr bekämpften Bescheid bezogen auf diesen Zeitpunkt zu kontrollieren hatte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. August 1995, Zl. 94/05/0221, m.w.N). Die im Hinblick darauf maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972, LGBl. Nr. 119, lauten:

"VII. Abschnitt

Von den öffentlichen Interessentenstraßen

§ 37

(1) Die Interessentenstraßen vermitteln den öffentlichen Verkehr von Siedlungen mit den öffentlichen Straßen und erlangen und verlieren ihre Eigenschaft als öffentliche Interessentenstraßen durch Verordnung der Straßenrechtsbehörde.

(2) Der Bau einer Interessentenstraße oder die Übernahme einer bestehenden Straße als Interessentenstraße und die Erhaltung der Straße kommt einer Weggenossenschaft derjenigen zu, in deren Interesse die Straße errichtet wird oder besteht.

(3) Die Bildung und Auflassung der Genossenschaft und die Bezeichnung ihrer Mitglieder ist mit Bescheid der Straßenrechtsbehörde zu bewirken.

§ 38

     (1) Die Genossenschaft muss Satzungen haben. Sie haben

Vorschriften zu enthalten über

     a)        Name, Zweck und Sitz der Genossenschaft;

     b)        Einberufung der Vollversammlung und des

Ausschusses, Wirkungskreis dieser und des Obmannes

(Geschäftsführers);

     c)        die Mitgliedschaft zur Genossenschaft, darunter die

Rechte und Pflichten der Mitglieder und den Schlüssel der

Verteilung der Kosten des Baues und der Erhaltung der Straße;

     d)        die Erfordernisse gültiger Beschlussfassungen,

Ausfertigungen und Bekanntmachungen.

(2) Die Satzungen und ihre Änderungen sind von den Mitgliedern der Genossenschaft in einer Versammlung nach den Grundsätzen der für die Gemeindevertretung geltenden Beschlusserfordernisse zu beschließen und unterliegen der Genehmigung durch die Straßenrechtsbehörde. Die Einberufung und der Vorsitz dieser Versammlung obliegt der Straßenrechtsbehörde. Kommt innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Wirksamkeitsbeginn der im § 37 Abs. 1 angeführten Verordnung ein Beschluss der Mitglieder der Genossenschaft nicht zu Stande, so hat die Straßenrechtsbehörde die Satzungen durch Bescheid mit der Maßgabe zu erlassen, dass die Rechte und Pflichten der Mitglieder und der Schlüssel der Verteilung der Kosten des Baues und der Erhaltung der Straße nach dem durch die Zweckwidmung der erschlossenen Grundstücke gegebenen Interesse an der Straße zu bestimmen sind.

(3) Über Streitigkeiten aus der Mitgliedschaft zur Genossenschaft entscheidet die Straßenrechtsbehörde."

Gemäß § 37 Abs. 1 leg. cit. erlangt eine Verkehrsfläche ihre Eigenschaft als öffentliche Interessentenstraße durch Erlassung einer Verordnung der Straßenrechtsbehörde. Der Bau einer Interessentenstraße oder die Übernahme einer bestehenden Straße als Interessentenstraße und die Erhaltung einer solchen Straße kommt einer Weggenossenschaft derjenigen Personen zu, in deren Interesse die Straße errichtet wird oder besteht (§ 37 Abs. 2 leg. cit.). Die Bildung und die Bezeichnung der Mitglieder der Weggenossenschaft hat die Straßenrechtsbehörde gemäß § 37 Abs. 3 leg. cit. mittels Bescheides zu bewirken.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 94/06/0046, dargelegt hat, sind nicht nur jene Grundstückseigentümer als Interessenten anzusehen, deren Grundstücke bisher (straßenmäßig) überhaupt nicht oder nur unzureichend erschlossen sind. Es genügt vielmehr die Tatsache der "Erschließung" des Grundstückes, d.h., dass das betreffende Grundstück über den Interessentenweg erreicht wird und dadurch zumindest über die bisherige Aufschließung hinaus eine zusätzliche Erschließung eintritt. Das (unterschiedliche) Maß des Erschließungsinteresses im Verhältnis zu anderen Interessenten drückt sich lediglich im Beitragsanteil aus, berührt aber nicht die Interessentenstellung dem Grunde nach.

Ein Interesse im Sinne des § 37 Abs. 2 leg. cit. ist der Beschwerdeführerin daher schon deshalb zuzusprechen, weil der U-Weg unbestritten der Zufahrt zu ihrem Anwesen dient. Das Interesse der Beschwerdeführerin wäre auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil es ihr schon auf Grund von privatrechtlichen Vereinbarungen gestattet wäre, den Weg zu benutzen (vgl. dazu ebenfalls das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom 15. September 1994).

Die Frage, ob und in welchem Ausmaß die Liegenschaft der Beschwerdeführerin durch den U-Weg erschlossen wird, und ob und mit welchen Anteilen sie deshalb in den öffentlichen Interessentenweg miteinbezogen werden soll, hat die Straßenbehörde unbestritten bereits bei Erlassung ihrer Bescheide vom 18. Mai 1992 und vom 29. März 1993 geprüft und entschieden, indem sie die Beschwerdeführerin darin gemäß § 37 Abs. 3 LStG als Mitglied der öffentlichen Interessentenweggenossenschaft U-Berg bezeichnet und den für die Beschwerdeführerin geltenden Schlüssel der Verteilung der Kosten des Baues und Erhaltung der Straße festgelegt hat. Diese Bescheide sind unbestritten rechtskräftig geworden.

Zwar trifft nun die Auffassung der belangten Behörde, dass eine Beendigung der Mitgliedschaft zu öffentlichen Interessentenstraßen im LStG überhaupt nicht vorgesehen sei, wohl in dieser Allgemeinheit nicht zu. Sollten sich die für die Beurteilung der Einbeziehung in eine öffentliche Interessentenstraße wesentlichen Umstände nämlich nach einer gemäß § 37 Abs. 3 LStG erfolgten Bezeichnung eines Mitgliedes in maßgeblichen Punkten ändern, sollte also die Erschließung eines Grundstückes durch die Interessentenstraße im oben dargestellten Sinne überhaupt nicht mehr gegeben sein, so hätte man die Möglichkeit eines derartigen Ausscheidens auch im Grunde des § 37 Abs. 3 LStG nicht ohne Weiteres verneinen können.

Wenn die belangte Behörde im vorliegenden Fall aber zum Ausdruck gebracht hat, die Rechtskraft der angeführten Bescheide aus dem Jahr 1992 und 1993 stünde einem Ausscheiden der Beschwerdeführerin aus der Interessentenweggenossenschaft U-Berg entgegen, so hat sie damit im Ergebnis zutreffend dem Umstand Rechnung getragen, dass sich im vorliegenden Fall eben die für die Einbeziehung der Beschwerdeführerin in die Interessentenweggenossenschaft maßgeblichen Umstände vor dem Hintergrund des § 37 Abs. 3 LStG nicht geändert haben. Tatsächlich hat die Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch auch in ihrer Vorstellung zum Ausdruck gebracht, dass ihr Anwesen nicht mehr durch den U-Weg erschlossen würde. Die belangte Behörde hat daher hinsichtlich der Versagung des Ausscheidens der Beschwerdeführerin aus dieser Interessentenweggenossenschaft zutreffend eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin verneint.

Selbst wenn - wie die Beschwerdeführerin vorbringt - andere Mitglieder der Bringungsgemeinschaft Güterweg B, insbesondere der Ob, von der Benutzung des U-Weges profitierten, ohne Mitglieder der öffentlichen Interessentenweggenossenschaft U-Berg zu sein, würde dies nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erweisen. Die Beschwerdeführerin könnte nämlich auch aus einer allenfalls nicht dem Gesetz entsprechenden mangelnden Miteinbeziehung von anderen Interessenten nicht ein subjektives Recht darauf ableiten, ihrerseits aus der Genossenschaft auszuscheiden. Diesbezügliche Verfahrensrügen der Beschwerdeführerin sind daher nicht relevant.

Hinsichtlich der Auffassung der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin durch die Abweisung eines Antrages der Beschwerdeführerin auf Aufhebung einer Vereinbarung zwischen dem Güterweg "B" und der Interessentenweggenossenschaft "U-Berg" mit der Begründung, dass der Interessentenweg "U-Berg" als Nichtnachfolgegenossenschaft des Güterweges "U-Berg" anzusehen sei, nicht in ihren Rechten verletzt worden ist, ist Folgendes auszuführen:

Soweit den Schreiben der Beschwerdeführerin vom 8. Juli 1999 und 15. Juli 1999 überhaupt ein solcher Antrag entnommen werden kann, kann der Auffassung der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, dass der Straßenbehörde die Zuständigkeit fehlte, auf Antrag der Beschwerdeführerin in den rechtlichen Bestand dieser Vereinbarung einzugreifen oder diesbezügliche Feststellungen zu treffen. Die Anträge der Beschwerdeführerin können auch nicht derart verstanden werden, dass sie hinsichtlich des Bestandes der Vereinbarung vom 4. September 1978 eine Streitigkeit aus ihrer Mitgliedschaft zur Güterweggenossenschaft U-Berg hätte entschieden haben wollen, etwa insoferne, als sie sich hinsichtlich der Vornahme bestimmter Rechtsakte der Güterweggenossenschaft U-Berg mit anderen Mitgliedern dieser Genossenschaft in einer Streitigkeit befunden hätte.

Die belangte Behörde hätte aus ihrer zutreffenden Auffassung allerdings die rechtliche Schlussfolgerung ziehen müssen, dass der Gemeindevertretung eben die Zuständigkeit für den mit Spruchpunkt 2. des Berufungsbescheides getätigten Ausspruch fehlte, und die belangte Behörde hätte diese Unzuständigkeit durch die Aufhebung des vor ihr angefochtenen Bescheides in diesem Umfang aufgreifen müssen. Indem sie die rechtskräftige Abweisung eines diesbezüglichen Antrages der Beschwerdeführerin zu deren Lasten im Rechtsbestand beließ, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Daher war der angefochtene Bescheid im dargestellten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben und im Übrigen die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. März 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Verhältnis zu anderen Materien und Normen Aufsichtsbehördliches Verfahren (siehe auch Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen) Verhältnis zu anderen Materien und Normen Zivilrecht sachliche Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2002060123.X00

Im RIS seit

19.04.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten