Index
L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Marktgemeinde L, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 17. Juni 2002, Zl. I-2- 5/2002, betreffend Aufhebung der baubehördlichen Versagung der Errichtung eines Containers für die Unterbringung technischer Anlagen für den Betrieb einer Funkstelle (mitbeteiligte Partei:
M AG & Co KG in I, vertreten durch Dr. Wolfgang W. Richter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Neuer Markt 1/16), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Marktgemeinde Lauterach hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im gemeindebehördlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid der Berufungskommission der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 26. Februar 2002 wurde - soweit hier relevant - der Antrag der mitbeteiligten Partei vom 21. Dezember 1999 auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Containers für eine Mobiltelefon-Funkstelle gemäß § 31 Abs. 5 des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972, abgewiesen.
Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, es sei gesicherter technischer Erkenntnisstand, dass Mikrowellen ab einer gewissen Dosis für Lebewesen tödlich seien. Wenn eine Strahlung ihrer Art nach gefährlich sei und "durch Grenzwerte in Schach gehalten" werden müsse, dann müsse nach dem Vorsorgeprinzip nicht der wissenschaftlich fundierte Nachweis der Gesundheitsgefährdung erbracht werden, sondern es müsse die Mitbeteiligte den gegenteiligen Nachweis erbringen, nämlich den gesicherten Nachweis der Ungefährlichkeit. Ein früherer zuständiger Bundesminister habe geäußert, dass negative Auswirkungen von Mobilfunkstationen auf das genetische Material von Lebewesen nicht ausgeschlossen werden könnten. Noch schwerer wiege die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 26. April 2001, 6 Ob 69/01t, nach welcher das gesundheitliche Risiko von Mobilfunkstationen in Richtung Gefährdung der Erbinformationen und der Verursachung von Krebs und Missbildungen bei Neugeborenen derzeit Gegenstand eines "Schulenstreits" und damit umstritten sei. Solange es weder ausreichende gesetzliche Regelungen noch gesetzlich abgesicherte Grenzwerte noch behördliche Konsense nach dem Telekommunikationsgesetz gebe, die für die Baubehörde allgemein und im konkreten Fall eine Bindung bewirkten, bestehe die Verpflichtung der Baubehörde, jede Gefährdung der Nachbarn zu verhindern, die von der verwendungsgemäßen Benutzung eines Gebäudes ausgehe.
Die Existenz des Bundeskompetenztatbestandes Fernmeldewesen schließe für sich allein keineswegs jedes Tätigwerden der beschwerdeführenden Gemeinde als Baubehörde aus, weil Gemeinden auch in vielen Angelegenheiten in Vollziehung von Bundesrecht tätig seien. Den Gemeinden stehe auch die Kompetenz der unmittelbaren Gefahrenabwehr zu und es könne auch in Betracht kommen, dass mangels gesetzlicher Umsetzung des Art. 8 EMRK jede innerstaatliche Behörde zum Handeln verpflichtet sei, wo eine menschenrechtliche Verpflichtung zu unmittelbarer Gefahrenabwehr bestehe. (Die Behörde erster Instanz hatte in der Begründung ihres Bescheides in dieser Hinsicht einzelne Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte betreffend die Verletzung des Art. 8 EMRK durch schwer wiegende Umweltbeeinträchtigungen angeführt.)
§ 6 Abs. 10 des Vorarlberger Baugesetzes verlange keine konkrete Gesundheitsbeeinträchtigung, sondern es genüge für die Vorschreibung eines erhöhten Bauabstandes bereits eine nicht auszuschließende Gefährdung. Eine Beschränkung der Emissionen eines Bauwerks auf bestimmte Bereiche sei dabei im Baugesetz nicht vorgesehen. Jede Gefährdung der Nachbarn, die von der zweckentsprechenden verwendungsgemäßen Nutzung eines Bauwerks ausgehe, müsse zur Vorschreibung des erhöhten Bauabstandes führen, allenfalls im Ergebnis zur Versagung der Baubewilligung. Im vorliegenden Fall komme eine Vergrößerung des Bauabstandes nicht in Betracht, weshalb die Baubewilligung zu versagen gewesen sei.
§ 6 Abs. 10 des Vorarlberger Baugesetzes enthalte keine Beschränkung der von der Baubehörde zu beachtenden Gefährdungen bloß auf jene Gefährdungen, die nur in landesrechtlich zu regelnden Materienbereichen entstünden oder vorkämen.
Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der mitbeteiligten Partei wurde der Bescheid der Berufungskommission der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 26. Februar 2002 mit dem angefochtenen Bescheid vom 17. Juni 2002 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Marktgemeinde zurückverwiesen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Funkanlage der mitbeteiligten Partei völlig unabhängig von dem im gegenständlichen Verfahren beurteilten Container bestehe. Der Umstand, dass der Betrieb der Funkanlage in einem Zusammenhang mit dem Baucontainer stehe, reiche nicht aus, die Immissionen, die von der Funkanlage ausgingen, im gegenständlichen Bauverfahren mit zu berücksichtigen. Denn selbst wenn die Baubewilligung für den Container versagt würde, könnten der Erweiterung der Funkanlage wie auch bisher "Outdoorgehäuse", die nach dem BauG keiner Bewilligung bedürften, dienen. Schon aus diesem Grund sei die Versagung der Baubewilligung unzulässig gewesen.
Selbst wenn die Immissionen der Funkanlage mit dem Baucontainer in Verbindung gebracht werden könnten, habe die Berufungskommission der beschwerdeführenden Gemeinde unzulässigerweise in bundesrechtliche Kompetenzen eingegriffen. Gemäß § 3 lit. d des Vorarlberger Baugesetzes seien Bauwerke für elektrische Leitungsanlagen sowie Fernmelde-, Rundfunk- und Fernsehanlagen, soweit es sich nicht um Gebäude handle, von den Bestimmungen dieses Gesetzes ausgenommen. Nach Art. 10 Abs. 1 lit. d (gemeint: Z. 9) B-VG unterliege das Fernmeldewesen in Gesetzgebung und Vollziehung dem Bund. Eine baurechtliche Bewilligungspflicht für Fernmeldeanlagen komme aus kompetenzrechtlicher Sicht nur in Bezug auf solche in die Landeskompetenz fallende Gesichtspunkte in Betracht, die sich nicht mit einem von der Bundeskompetenz "Fernmeldewesen" erfassten Gesichtspunkt deckten. Dies seien jene für die Errichtung und den Betrieb einer Fernmeldeanlage typischen Regelungsaspekte, wie die Sicherung des ungestörten Betriebes anderer Fernmeldeanlagen und die Abwehr der von den Fernmeldeanlagen typischerweise ausgehenden Gefahren. Aspekte des Schutzes des Lebens und der Gesundheit (gegenüber den von einer Fernmeldeanlage typischerweise ausgehenden Gefahren) seien von der Bundeskompetenz "Fernmeldewesen" erfasst, und es handle sich bei diesem Gesichtspunkt nicht um einen solchen, welcher der Landeskompetenz "Baurecht" zugeordnet werden könne.
Wenn sich die Berufungsbehörde auf Grund eines "Vorsorgeprinzips" dazu berechtigt sehe, im vorliegenden Fall die Gefahr einer Gesundheitsgefährdung durch Elektrosmog zu bekämpfen, so sei sie dazu nicht berechtigt, weil ein solches Prinzip ihr auch nicht auf Grund von Urteilen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eine derartige Kompetenz einräume. Das Recht auf Leben (Art. 2 EMRK) und das Recht auf Achtung der Wohnung (Art. 8 EMRK) würden durch das Telekommunikationsgesetz ausreichend geschützt, näherhin dessen § 67 Abs. 2, wonach bei der Errichtung und beim Betrieb von Funkanlagen u.a. der Schutz und die Gesundheit von Menschen gewährleistet sein müssten. Im Übrigen komme eine ausführliche und nachvollziehbare Stellungnahme des Amtssachverständigen für Elektrotechnik vom 9. Oktober 2000 unter Berücksichtigung internationaler Empfehlungen der ICNIRP über gesundheitsbezogene Richtlinien zum Ergebnis, dass die Feldexposition von Bewohnern eines näher angeführten Objektes durch die gegenständliche Mobilfunkbasisstation unter Berücksichtigung aller am Strommasten befestigten Sendestationen weniger als 4 Promille der höchstzulässigen Exposition betrage. Bei einer Messung der Fernmeldebehörde für Tirol und Vorarlberg vom 31. Jänner 2001 habe laut einem Schreiben vom 28. Februar 2001 festgestellt werden können, dass die Grenzwerte der ÖNORM S 1120 weit unterschritten würden. Die Berufungskommission der beschwerdeführenden Gemeinde sei offenbar von der Gefährlichkeit von Mobilfunkstationen überzeugt, dies könne aber nicht dazu führen, dass sie sich über verfassungsrechtlich verankerte Kompetenzbestimmungen hinwegsetze.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem mit Beschluss vom 24. September 2002, B 1252/02-3, abgelehnte und mit weiterem Beschluss vom 7. November 2002, B 1252/02-5, dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie einen solchen Antrag stellte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Fall ist im Hinblick darauf, dass der dem gegenständlichen Bauvorhaben zu Grunde liegende Antrag vor Inkrafttreten des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 52/2001, gestellt wurde, gemäß § 56 Abs. 2 leg. cit. das Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972 (BauG), anzuwenden. Gemäß § 1 Abs. 2 BauG werden durch dieses Gesetz Angelegenheiten, die in der Gesetzgebung Bundessache sind, und Vorschriften, nach denen die Errichtung oder Erhaltung von Bauwerken einer sonstigen Bewilligung bedarf, nicht berührt.
Gemäß § 3 lit. d BauG sind Bauwerke für elektrische Leitungsanlagen sowie Fernmelde-, Rundfunk- und Fernsehanlagen, soweit es sich nicht um Gebäude handle, von den Bestimmungen dieses Gesetzes ausgenommen.
Gemäß § 6 Abs. 10 leg. cit. kann die Behörde bei der Erteilung einer Baubewilligung auch größere als die in den Abs. 2 bis 8 vorgeschriebenen Abstandsflächen und Abstände festsetzen, wenn der Verwendungszweck eines Bauwerkes eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten lässt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16. September 1997, Zl. 97/05/0194, Folgendes ausgeführt:
"Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 5. Oktober 1954, Slg. Nr. 2720, zum Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG ('Post- und Fernmeldewesen', im Zeitpunkt des Erkenntnisses noch 'Telegraphen- und Fernsprechwesen') ausgesprochen, dass der Inhalt des Begriffes 'Fernmeldeanlage' in § 1 Fernmeldegesetz (1949) die Grenzen des verfassungsrechtlichen Kompetenzbegriffes 'Telegraphen- und Fernsprechwesen' (seit der B-VG-Novelle, BGBl. Nr. 444/1974), wie er sich aus § 1 Telegraphengesetz, BGBl. Nr. 263/1924, ergeben hat, nicht überschreitet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 93/05/0244).
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinen Erkenntnissen vom 21. Jänner 1992, Slg. Nr. 13.563/A, vom 15. September 1992, Zl. 92/05/0055, vom 20. Juni 1995, Zl. 93/05/0244, und vom 7. November 1995, Zl. 94/05/0352, mit der Abgrenzung des Kompetenztatbestandes 'Fernmeldewesen' zu den von den Baubehörden zu vollziehenden Angelegenheiten befasst und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Bewilligungspflicht einer Fernmeldeanlage nach dem Fernmeldegesetz die Festsetzung einer zusätzlichen Bewilligungspflicht durch die Baubehörde betreffend die in deren Kompetenz fallenden Gesichtspunkte nicht entgegensteht. Im hg. Erkenntnis vom 19. September 1995, Zl. 94/05/0216, hat der Verwaltungsgerichtshof diese Aussage noch dahingehend verdeutlicht, dass eine zusätzliche Bewilligungspflicht durch die Baubehörde aus kompetenzrechtlicher Sicht in Bezug auf solche in die Landeskompetenz (u.a. Baurecht) fallenden Gesichtspunkte in Betracht kommt, die sich nicht mit einem von der Bundeskompetenz 'Fernmeldewesen' erfassten Gesichtspunkt decken. Soweit in baurechtlichen Bestimmungen etwa Gesichtspunkte des Ortsbildschutzes und der Ortsbildgestaltung maßgeblich sind, kommt dem Landesgesetzgeber die Zuständigkeit gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 94/05/0352, und die dort zitierte hg. Vorjudkatur).
Im bereits zitierten hg. Erkenntnis Zl. 93/05/0244 präzisierte der Verwaltungsgerichtshof die in die Bundeskompetenz 'Fernmeldewesen' fallenden Gesichtspunkte. Dies sind jene für die Errichtung und den Betrieb einer Fernmeldeanlage typischen Regelungsaspekte, wie die Sicherung des ungestörten Betriebes anderer Fernmeldeanlagen und die Abwehr der von den Fernmeldeanlagen typischerweise ausgehenden Gefahren. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch klargestellt, dass Aspekte des Schutzes des Lebens und der Gesundheit (gegenüber den von einer Fernmeldeanlage typischerweise ausgehenden Gefahren) - wie sie von den Beschwerdeführern eingewendet worden waren und nunmehr zum alleinigen Beschwerdegrund gemacht wurden - von der Bundeskompetenz 'Fernmeldewesen' erfasst sind und es sich bei diesen Gesichtspunkten nicht um der Landeskompetenz 'Baurecht' zuzuordnende Gesichtspunkte handelt. Soweit es um die Beachtung von in die Landeskompetenz 'Baurecht' fallenden Gesichtspunkten geht (wie etwa Ortsbildschutz), kommt eine Zuständigkeit der Baubehörden auch für Fernmeldeanlagen in Betracht (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis Zl. 93/05/0244). Die jeweils maßgeblichen baurechtlichen Bestimmungen müssen gegenüber Fernmeldeanlagen jeweils in diesem Sinne verfassungskonform ausgelegt werden. Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass § 63 Abs. 2 Bgld. Bauordnung, soweit er auf Aspekte des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Nachbarn verweist, im baurechtlichen Verfahren einer Fernmeldeanlage nicht herangezogen werden darf, weil dieser Aspekt im Falle einer Fernmeldeanlage von der beschriebenen Bundeskompetenz umfasst ist.
Wie sich aus den Ausführungen der hg. Judikatur ergibt, darf die Baubehörde gesundheitliche Belange im Zusammenhang mit einer Fernmeldeanlage nicht prüfen. Die Vorstellung der Beschwerdeführer, in der nur mehr gesundheitliche Aspekte releviert wurden, hätte daher aus diesem Grund abgewiesen werden müssen. Der Umstand, dass die belangte Behörde die Abweisung der Vorstellung aus einem anderen Grund vorgenommen hat, verletzt - da die Baubehörden, wie dargelegt, grundsätzlich auch für Fernmeldeanlagen, die unter einen der Bewilligungstatbestände der Bgld. Bauordnung fallen, zuständig sind - die Beschwerdeführer aber nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten."
Diese hinsichtlich einer Mobilfunkanlage getroffenen Ausführungen gelten auch im vorliegenden Fall vor dem Hintergrund der § 1 Abs. 2 und § 3 lit. d BauG hinsichtlich der Anwendung des § 6 Abs. 10 BauG. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie zu dem Ergebnis gelangte, dass der beschwerdeführenden Gemeinde im Rahmen des gegenständlichen Bauverfahrens die Zuständigkeit fehlte, den Aspekt einer möglichen Gefährdung der Gesundheit von Nachbarn des gegenständlichen Containers im Baubewilligungsverfahren wahrzunehmen. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass für diese Aspekte die Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes, BGBl. I Nr. 100/1997, gelten, insbesondere dessen §§ 67 ff.
Soweit die Beschwerdeführerin im "Wesen der Gemeindeautonomie" unter Hinweis auf Art. 118 Abs. 2 und 3 B-VG eine rechtliche Grundlage für das von ihr gewünschte Ergebnis der Versagung einer Baubewilligung im Grunde des § 6 Abs. 10 BauG erblickt, ist ihre Aufmerksamkeit darauf zu lenken, dass selbst dann, wenn man annähme, dass die Wahrnehmung der gegenständlichen fernmelderechtlichen Aspekte einer möglichen Gefährdung der Gesundheit durch die gegenständliche Sendeanlage bzw. den gegenständlichen Container in den in Art. 118 Abs. 2 B-VG umschriebenen eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fiele, nicht ersichtlich wäre, inwiefern der bloße Hinweis auf das "Wesen der Gemeindeautonomie" bewirken sollte, dass diese Angelegenheit - entgegen Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG - in Landesvollziehung zu besorgen wäre.
Die Argumentation der Beschwerdeführerin, der Gesetzgeber des Fernmeldegesetzes sei bisher im Hinblick auf den Immissionsschutz der Nachbarn und deren diesbezüglichen menschenrechtlichen Rechtsanspruch auf behördliche Entscheidung (insoferne verweist sie auf die Art. 2, 8, 6 und 13 EMRK) gänzlich untätig geblieben, weshalb die Gemeindeorgane "nachgerade verpflichtet (gewesen seien), zum Schutz der Nachbarn einzuschreiten", vermag das Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage für die Versagung der von der Mitbeteiligten beantragten Baubewilligung vor dem Hintergrund des Art. 18 Abs. 1 B-VG nicht zu ersetzen.
Auch mit ihrem Hinweis auf den "Kompetenztatbestand örtliche Gefahrenabwehr" vermag die beschwerdeführende Gemeinde, die auf "das Wesen menschenrechtsunmittelbarer Handlungsaufträge nach der Menschenrechtskonvention und die Gewährleistungspflichten der Gemeinden als zur unmittelbaren Gefahrenabwehr bürgernächste und unterste Gebietskörperschaft" verweist, keine rechtliche Basis für die von ihr gewünschte Versagung der Baubewilligung für den gegenständlichen Container darzulegen. Auch ihr Hinweis auf einen "Teleletter" des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr aus 1999 und auf den Umstand, dass der Oberste Gerichtshof in seinem Urteil die Auswirkungen der Handystrahlung als nicht wissenschaftlich geklärt erachtet habe (bei dem von der Beschwerdeführerin angeführten Beschluss des OGH vom 26. April 2001, 6 Ob 69/01t, handelt es sich um eine Entscheidung in einem Ehrenbeleidigungsprozess, die Frage der Zuständigkeit der Gemeindebehörden ist darin mit keinem Wort erwähnt), sowie darauf, dass beispielsweise das Düsseldorfer Verwaltungsgericht nach - nicht näher präzisierten - Medienberichten vom September 2001 den Weiterbau eines Mobilfunkmasts untersagt habe, und auch der Hinweis auf eine - nicht näher angeführte - Resolution des Vorarlberger Landtages, wonach im gegenständlichen Bereich Rechtsgrundlagen zu schaffen wären, und nicht zuletzt auch der Hinweis der Beschwerdeführerin darauf, dass eine naturschutzrechtliche Bewilligung für den verfahrensgegenständlichen Container noch nicht rechtskräftig sei, vermögen daran nichts zu ändern.
Im Übrigen hat sich die belangte Behörde auch inhaltlich mit den Bedenken der beschwerdeführenden Gemeinde hinsichtlich einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch den gegenständlichen Container befasst, um welchen die Mitbeteiligte bei der beschwerdeführende Gemeinde eingekommen war, und es wird auch daraus ersichtlich, dass für die Beschwerdeführerin keinerlei Anlass bestand, nach einer Art Notstandskompetenz für die von ihr getroffene Entscheidung zu suchen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Dies konnte ohne die von der Beschwerdeführerin begehrte öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG im Hinblick darauf erfolgen, dass die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem steht auch Art. 6 Abs. 1 EMRK im Hinblick darauf nicht entgegen, dass die beschwerdeführende Gemeinde mit Erhebung ihrer Beschwerde kein ziviles Recht im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK geltend gemacht hat.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. März 2006
Schlagworte
sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2002060165.X00Im RIS seit
28.04.2006