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L65000 Jagd Wild;Norm
AVG §64 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des W P in F, vertreten durch Mag. Hans Peter Puchleitner, Rechtsanwalt in 8350 Fehring, Taborstraße 3, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. Jänner 2003, Zl FA10A- 42 Pe25/1-03-03, betreffend Einziehung einer Jagdkarte und Auflösung der Jagdpacht, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde gemäß §§ 29 Abs 1, 41 Abs 1 lit f und 42 des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986, LGBl Nr 23/1986 idF LGBl Nr 58/2000 (Stmk JagdG), in Verbindung mit § 64 Abs 2 AVG dem Beschwerdeführer die Jagdkarte Nr 04-0 "auf die Dauer von fünf Jahren, das ist bis 21. Oktober 2007" entzogen (Spruchpunkt I) und die Jagdverpachtung für die Katastralgemeindejagd W hinsichtlich des Beschwerdeführers "mit sofortiger Wirkung" aufgelöst (Spruchpunkt II).
Dem lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 15. Oktober 2002 wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 360 Tagessätzen von jeweils EUR 40,--, insgesamt also EUR 14.400,--
(Ersatzfreiheitsstrafe 180 Tage) sowie einer - unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt wurde.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, auf Grund der genannten Verurteilung sei ein Ausschließungsgrund nach § 41 Stmk JagdG eingetreten, weshalb die Jagdkarte gemäß § 42 Stmk JagdG einzuziehen gewesen sei, was nach § 29 Stmk JagdG zwingend zur Auflösung der Jagdpacht hinsichtlich des Beschwerdeführers habe führen müssen. Die erstinstanzliche Behörde habe zu Recht gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid (der dem Beschwerdeführer am 11. Dezember 2002 zugestellt wurde) ausgeschlossen, weil ansonsten "die möglichst vollständige Einhaltung der gesetzlich normierten Entzugsdauer - fünf Jahre von dem Tag an, an dem die Strafe verbüßt oder nachgesehen worden ist -
nicht gewährleistet" gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten erwogen hat:
Die für den Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen lauten (auszugsweise) wie folgt:
Steiermärkisches Jagdgesetz 1986, LGBl Nr 23/1986 idF
LGBl Nr 58/2000 (Stmk JagdG):
"§ 29
Auflösung der Jagdverpachtung
(1) Jede nach diesem Gesetz vorgenommene Jagdverpachtung ist von der Bezirksverwaltungsbehörde hinsichtlich jener Personen aufzulösen, die die Fähigkeit zur Erlangung einer Jagdkarte (§§ 41 und 42) verloren haben.
...
§ 41
Verweigerung der Jagdkarte
(1) Die Ausstellung einer Jagdkarte ist zu verweigern:
...
f) Personen, die wegen eines Verbrechens unbedingt verurteilt worden sind, für die Dauer von 5 Jahren, gerechnet von dem Tage, an welchem die Strafe verbüßt oder nachgesehen worden ist, und Personen, die wegen eines Verbrechens bedingt verurteilt worden sind, für die Dauer von 3 Jahren, gerechnet von dem Tage, an welchem das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist;
...
§ 42
Einziehung der Jagdkarte
Die Jagdkarte ist ohne Rückstellung der hiefür erlegten Gebühr einzuziehen, wenn nach der Ausstellung bezüglich der Person des Inhabers einer der obigen Ausschließungsgründe (§ 41) eintritt oder bekannt wird."
Strafgesetzbuch (StGB):
"Einteilung der strafbaren Handlungen
§ 17. (1) Verbrechen sind vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind.
(2) Alle anderen strafbaren Handlungen sind Vergehen.
...
Betrug
§ 146. Wer mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, jemanden durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung Duldung oder Unterlassung verleitet, die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Schwerer Betrug
§ 147. (1) Wer einen Betrug begeht, indem er zur Täuschung
1. eine falsche oder verfälschte Urkunde, ein falsches, verfälschtes oder entfremdetes unbares Zahlungsmittel, falsche oder verfälschte Daten, ein anderes solches Beweismittel oder ein unrichtiges Meßgerät benützt,
... ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.
...
(3) Wer durch die Tat einen 40 000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.
Gewerbsmäßiger Betrug
§ 148. Wer einen Betrug gewerbsmäßig begeht, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, wer jedoch einen schweren Betrug in der Absicht begeht, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen."
Angelpunkt der Beschwerdeausführungen ist zunächst die Ansicht des Beschwerdeführers, das Stmk JagdG verweise unzulässig auf das "Strafgesetz", das nicht mehr bestehe. Vielmehr sei 1988 das Strafgesetzbuch (StGB) völlig reformiert neu erlassen worden. Der Landesgesetzgeber habe es unterlassen, die Regelungen des Stmk JagdG daraufhin anzupassen; eine "dynamische Verweisung" sei aber verfassungswidrig.
Diese Ausführungen sind nicht nachvollziehbar: Das Steiermärkische Jagdgesetz, LGBl Nr 23/1986, wurde bereits im zeitlichen Geltungsbereich des StGB (Bundesgesetz über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen, BGBl Nr 60/1974), das seit 1. Jänner 1975, und nicht wie der Beschwerdeführer vermeint, seit 1988 in Kraft steht, erlassen. § 17 StGB unterteilt - unverändert seit 1.1.1975 - die strafbaren Handlungen in Verbrechen (vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind) und Vergehen (alle anderen strafbaren Handlungen). Bei dem Delikt nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB, dessentwegen der Beschwerdeführer verurteilt wurde, handelt es sich nach der Systematik des StGB also um ein Verbrechen.
Die unbedingte Verurteilung wegen eines Verbrechens hat gemäß § 41 Abs 1 lit f Stmk JagdG zur Folge, dass die Ausstellung einer Jagdkarte "für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet von dem Tage, an welchem die Strafe verbüßt oder nachgesehen worden ist", zu verweigern ist. Das nachträgliche Eintreten oder Bekanntwerden eines Ausschließungsgrundes nach § 41 Stmk JagdG hat gemäß § 42 Stmk JagdG zur Einziehung der Jagdkarte zu führen. Während bei einer unbedingt ausgesprochenen Strafe der Tag, an dem "die Strafe verbüßt oder nachgesehen" worden ist, als Beginn der fünfjährigen Frist, festgelegt wird, ist bei bedingt ausgesprochenen Strafen der Tag, an dem das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist, der für den Beginn des Fristenlaufes maßgebende Zeitpunkt.
Der Beschwerdeführer wurde durch das genannte Strafurteil einerseits zu einer unbedingt ausgesprochenen Geldstrafe, andererseits zu einer bedingt (unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren) ausgesprochenen Freiheitsstrafe verurteilt.
Der Beschwerdeführer stößt sich an der Formulierung "verbüßt oder nachgesehen" in § 41 Abs 1 lit f Stmk JagdG; er meint, "verbüßt" werde eine Freiheitsstrafe, während eine Geldstrafe "bezahlt" werde. Seiner Ansicht nach sei also der Fall einer unbedingt verhängten Geldstrafe in § 41 Abs 1 lit f StmK JagdG nicht geregelt.
Dem vermag der Verwaltungsgerichthof nicht beizutreten. Der Bedeutungsinhalt von "Verbüßen" beschränkt sich nicht auf den Vollzug von Freiheitsstrafen (vgl etwa § 2 Abs 2 Tilgungsgesetz 1972). Auch eine Geldstrafe wird also "verbüßt" im Sinne des § 41 Abs 1 lit f Stmk JagdG, sei es, dass sie (freiwillig) bezahlt, sei es, dass sie im Sinne des § 409 Abs 1 StPO zwangsweise eingetrieben wird. Entgegen den Bedenken des Beschwerdeführers führt somit die Ermittlung des Normgehalts der von der belangten Behörde angewendeten Rechtsvorschrift zu einem eindeutigen Ergebnis: Eine Geldstrafe ist "verbüßt", wenn sie (vollständig) bezahlt wurde.
Der Verfassungsgerichtshof sieht es als verfassungsrechtlich unbedenklich an, wenn die eine Gesetzgebungsautorität an Rechtsinstitute anknüpft und auf Lebenssachverhalte Bedacht nimmt, die von der anderen Gesetzgebungsautorität zu regeln sind (was durch die Regelung des § 41 Abs 1 lit f Stmk JagdG geschieht), sofern das Anknüpfen und die Bedachtnahme sachlich gerechtfertigt sind (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1990, Slg Nr 12.384). Dass letztere Voraussetzungen hier erfüllt sind, begegnet angesichts des hohen Unrechtsgehalts einer als Verbrechen zu qualifizierenden Tat bei Anlegung des für einen Jagdkarteninhaber zu erfüllenden Verlässlichkeitsmaßstabes keinen Bedenken.
Auch die vom Beschwerdeführer geäußerten Bedenken hinsichtlich der Gleichheitswidrigkeit des § 41 Abs 1 lit f StmK JagdG ("Bevorzugung" von bloß zu bedingten Strafen verurteilten Tätern) werden vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt: Gemäß § 43 Abs 1 StGB ist Voraussetzung für die bedingte Nachsicht einer Freiheits- oder Geldstrafe - unter Bedachtnahme auf Belange der Generalprävention - die Annahme, dass der Rechtsbrecher schon durch die bloße Androhung der Vollziehung allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werde. Dass ein derartiger Täter auch vom Stmk JagdG "bevorzugt" wird (durch Festlegung des Beginns der Entzugsdauer schon mit Rechtskraft der Verurteilung), erscheint nicht unsachlich.
Die belangte Behörde hat die Jagdkarte des Beschwerdeführers "bis 21. 10. 2007" eingezogen, die fünfjährige Frist des § 41 Abs 1 lit f StmK JagdG also ab Rechtskraft der Verurteilung gerechnet. Dies entspricht zwar insoweit nicht dem Gesetz, als im Beschwerdefall diese Frist ab "Verbüßung" der Strafe zu rechnen wäre. Der Beschwerdeführer hat aber nicht einmal vorgebracht, die über ihn verhängte Geldstrafe schon vor Rechtskraft des diesbezüglichen Urteiles bezahlt zu haben, weshalb für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen ist, dass der Beschwerdeführer durch Entziehung der Jagdkarte bis 21. Oktober 2007 (fünf Jahre ab Rechtskraft des Strafurteiles) in Rechten verletzt wurde.
Da gemäß § 29 Abs 1 Stmk JagdG jede nach diesem Gesetz vorgenommene Jagdverpachtung hinsichtlich jener Personen aufzulösen ist, die die Fähigkeit zur Erlangung einer Jagdkarte (§§ 41 und 42) verloren haben, und dieser Umstand auf Seiten des Beschwerdeführers eingetreten ist (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides), entspricht die im Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides vorgenommene Auflösung des Jagdpachtverhältnisses dem Gesetz.
Auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs 2 AVG erweist sich als nicht rechtswidrig:
Die belangte Behörde hat die Bestätigung des diesbezüglichen Ausspruches der erstinstanzlichen Behörde damit begründet, dass ansonsten die möglichst vollständige Einhaltung der gesetzlich normierten Entzugsdauer nicht gewährleistet wäre. Diese Überlegung ist insofern zutreffend, als mit § 42 Stmk JagdG das öffentliche Interesse daran, dass unzuverlässige Personen von der Jagdausübung ferngehalten werden, gesichert wird. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung steht also im Einklang mit § 64 Abs 2 AVG.
Die angefochtene Entscheidung erweist sich daher nicht als rechtswidrig, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.
Wien, am 28. März 2006
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4 Jagdkarte Entzug Jagdkarte Entzug Verhältnis zum Strafrecht Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003030040.X00Im RIS seit
18.04.2006