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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BetriebsO 1994 §13 Abs1 idF 2003/II/337;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des MR in H, vertreten durch Dr. Robert Müller, Rechtsanwalt in 3170 Hainfeld, Hauptstraße 35, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 6. Dezember 2004, Zl Senat-AB-04-0131, betreffend Aufforderung zur Ablieferung des Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Bescheid wird, soweit damit die Verpflichtung zur Abgabe des Taxilenkerausweises ausgesprochen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 18. Mai 2004 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer seiner gesundheitlichen Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen entzogen. Zugleich wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer verpflichtet ist, seinen Führerschein und seinen Taxilenkerausweis bei der Behörde abzugeben. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs 2 AVG ausgeschlossen.
Im Hinblick auf die Verpflichtung zur Abgabe des Taxilenkerausweises stützte sich die Begründung dieses Bescheides auf § 13 Abs 1 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994), wonach der Taxilenkerausweis ungültig wird und bei der Behörde abgeliefert werden muss, wenn die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nach den führerscheinrechtlichen Vorschriften erlischt oder eine der sonstigen im § 6 BO 1994 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, über die, soweit sie sich gegen die Verpflichtung zur Abgabe des Taxilenkerausweises richtet, der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
1. § 6 Abs 1 und § 13 Abs 1 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994), BGBl Nr 951/1993 idF BGBl II Nr 337/2003, lauten:
"§ 6. (1) Der Ausweis ist auszustellen, wenn der Bewerber
1. eine Lenkberechtigung für die Klasse B besitzt, sich nicht mehr innerhalb der Probezeit nach § 4 FSG befindet und - bei erstmaliger Ausstellung eines Ausweises - nachweist, dass er mindestens das Jahr vor der Antragstellung regelmäßig Kraftwagen, ausgenommen Zugmaschinen, tatsächlich gelenkt hat,
2. körperlich so leistungsfähig ist, daß er den sich aus der Eigenart des Gewerbes für ihn allenfalls ergebenden Verpflichtungen (insbesondere Verladen von Gepäck und Unterstützung körperlich behinderter Fahrgäste) nachkommen kann,
3. vertrauenswürdig ist; die Vertrauenswürdigkeit muß zumindest in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein,
4.
das 20. Lebensjahr vollendet hat,
5.
durch ein Zeugnis nachweist:
a) Kenntnisse der Bestimmungen dieser Verordnung und der Betriebsordnung jenes Landes, in dem die Tätigkeit ausgeübt werden soll,
b) Kenntnisse anderer einschlägiger gewerberechtlicher Vorschriften,
c) Kenntnisse über die Verkehrssicherheit sowie den Straßenverkehr betreffende Rechtsvorschriften, insbesondere soweit sie sich auf das Taxi-Gewerbe beziehen,
d) Kenntnisse der einschlägigen arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften, insbesondere Arbeitszeitrecht,
e) Kenntnisse über Unfallverhütung, Arbeitshygiene und Umweltschutz, soweit sie sich auf das Taxi-Gewerbe beziehen,
f) entsprechende Ortskenntnisse, einschließlich der erforderlichen Verkehrsgeographie sowie für den Fremdenverkehr wichtige Kenntnisse,
g) Kenntnisse über die in dem betreffenden Bundesland geltenden verbindlichen Tarife und sonstigen für das Taxi-Gewerbe relevanten preisrechtlichen Bestimmungen und
h) Kenntnisse über die Grundzüge der fernmelderechtlichen Bestimmungen, soweit sie für den Taxilenker von Bedeutung sind und
6. den Nachweis über die Unterweisung in lebensrettenden Sofortmaßnahmen am Ort des Verkehrsunfalles im Ausmaß von mindestens sechs Stunden erbringt."
"§ 13. (1) Der Ausweis wird ungültig und muss bei der Behörde abgeliefert werden, wenn
1. die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nach den führerscheinrechtlichen Vorschriften erlischt oder
2. eine der sonstigen in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind.
Kommt der Inhaber dieser Verpflichtung nicht nach, so ist der Ausweis von der Behörde abzunehmen."
2. Gemäß § 14 Abs 1 BO 1994 in der bis zur Novelle BGBl II Nr 337/2003 geltenden Fassung wurde der Taxilenkerausweis ungültig und musste bei der Behörde abgeliefert werden, wenn dem Besitzer die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entzogen wurde.
Die nunmehr im § 13 Abs 1 Z 1 BO 1994 enthaltene Regelung stellt - anders als § 14 Abs 1 BO 1994 in der Fassung vor der Novelle BGBl II Nr 337/2003 - nicht mehr auf die Entziehung, sondern auf das Erlöschen der Lenkberechtigung ab. Ein derartiges Erlöschen der Lenkberechtigung tritt in den im § 27 Abs 1 Führerscheingesetz (FSG) genannten Fällen - darunter insbesondere gemäß § 27 Abs 1 Z 1 FSG nach Ablauf einer Entziehungsdauer von mehr als 18 Monaten - ein. Nicht bereits die Entziehung der Lenkberechtigung, sondern erst deren Erlöschen nach einer Entziehungsdauer von mehr als 18 Monaten führt damit zum Ungültigwerden des Taxilenkerausweises gemäß § 13 Abs 1 Z 1 BO 1994.
Nach § 13 Abs 1 Z 2 BO 1994 wird der Ausweis auch ungültig, wenn "eine der sonstigen in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist." Im Zusammenhalt mit § 13 Abs 1 Z 1 BO 1994, wonach das Erlöschen der Lenkberechtigung zum Ungültigwerden des Taxilenkerausweises führt, sind unter den "sonstigen in § 6 bezeichneten Voraussetzungen" jene zu verstehen, die sich nicht - wie § 6 Abs 1 Z 1 BO 1994 - auf den Besitz der Lenkberechtigung beziehen.
Die Entziehung der Lenkberechtigung führt daher erst nach einer Entziehungsdauer von 18 Monaten zum Ungültigwerden des Taxilenkerausweises, sodass sich der im Bescheid über die Entziehung der Lenkberechtigung enthaltene Ausspruch im angefochtenen Bescheid, der Beschwerdeführer habe seinen Taxilenkerausweis bei der Behörde abzuliefern, als rechtswidrig erweist.
Der angefochtene Bescheid war daher, soweit der Beschwerdeführer darin verpflichtet wurde, seinen Taxilenkerausweis abzuliefern, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, soweit er die Entziehung der Lenkberechtigung und die Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins betrifft, hat ein anderer Senat des Verwaltungsgerichtshofes zu entscheiden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 28. März 2006
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005030135.X00Im RIS seit
26.04.2006Zuletzt aktualisiert am
08.03.2017