TE Vwgh Erkenntnis 2006/3/28 2005/03/0124

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Veröffentlicht am 28.03.2006
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

AVG §39 Abs2;
AVG §66 Abs3;
B-VG Art129a;
B-VG Art129b;
B-VG Art78a;
B-VG Art78b;
VStG §23;
WaffG 1996 §12 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des JD in F, vertreten durch Mag. Eva Maierhofer, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch Platz 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 11. März 2005, Zl Wa-92-1/04, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) der Besitz von Waffen und Munition verboten.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass gegen den Beschwerdeführer am 7. September 2004 von Beamten des Gendarmeriepostens Bodensdorf ein Betretungsverbot nach dem Sicherheitspolizeigesetz für ein näher bezeichnetes Haus (Aufenthaltsort seiner Ehefrau) verfügt worden sei. Gleichzeitig mit dem Betretungsverbot sei wegen Gefahr im Verzug ein vorläufiges Waffenverbot ausgesprochen worden; die im Besitz des Beschwerdeführers befindlichen Schusswaffen (6 Gewehre und 2 Faustfeuerwaffen) seien sichergestellt worden. In dem daraufhin durchgeführten Verfahren zur Erlassung eines Waffenverbotes nach § 12 WaffG sei festgestellt worden, dass nach einem Bericht des Gendarmeriepostens Bodensdorf die Ehefrau des Beschwerdeführers am 7. September 2004 eine Anzeige gegen den Beschwerdeführer wegen Körperverletzung erstattet habe. Dabei sei im Zuge der Erhebungen festgestellt worden, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers von diesem seit mehreren Jahren tätlich angegriffen und psychisch unter Druck gesetzt worden sei. Es sei immer wieder zu verbalen tätlichen Auseinandersetzungen gekommen, bei denen der Beschwerdeführer ein unkontrolliertes und unberechenbares Verhalten an den Tag gelegt habe.

Bei der Befragung am Gendarmerieposten habe die Ehefrau des Beschwerdeführers angegeben, dass sie mit diesem seit 1993 verheiratet sei. Schon seit dem Anfang der Beziehung sei der Beschwerdeführer gewalttätig und extrem eifersüchtig gewesen. Die Ehefrau habe weiters ua ausgesagt, dass der Beschwerdeführer mehrere Schusswaffen besitze und ihr gegenüber mehrmals erwähnt habe, dass er - wenn sie einen Freund hätte bzw sich von ihm trennen sollte - beide erschießen würde. Der Grund für die nunmehr erfolgte Anzeige sei ein Vorfall vom 4. September 2004 gewesen, als der Beschwerdeführer auf dem Handy seiner Ehefrau eine Nachricht von einem anderen Mann entdeckt habe. Er sei daraufhin derart in Rage geraten, dass er seine Frau mehrmals an den Haaren gezogen, Haarbüschel ausgerissen, sie "gegen die Wand geschupft" und anschließend einen Wohnzimmertisch zerschlagen habe. Am selben Tag gegen 21.30 Uhr sei der Beschwerdeführer von einer Hochzeit nach Hause gekommen und hätte seine Ehefrau ohne Vorwarnung aus dem Bett herausgerissen und mehrmals gegen Türen und Wände in ein nebenliegendes Zimmer "geschupft". Dort sei der Beschwerdeführer mit seinem ganzen Gewicht auf seine Frau gekniet und hätte ihr mit beiden Händen den Hals zugedrückt.

Der Beschwerdeführer habe bei einer Befragung am 8. September 2004 beim Gendarmerieposten angegeben, er sei bei Auseinandersetzungen mit seiner Ehefrau öfters aggressiv und hätte sie auch manchmal "kräftig bzw grob angepackt". Zum Vorfall vom 4. September 2004 habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er wegen einer SMS auf dem Handy seiner Frau "wieder einmal eifersüchtig und aggressiv" gewesen sei und mit der Faust den Wohnzimmertisch zerschlagen habe. Auch habe er zugegeben, seine Frau in der Nacht am Leibchen aus dem Bett gezerrt zu haben, wobei das Leibchen zerrissen worden sei. Danach habe er sie ins Schlafzimmer im Erdgeschoß gezerrt, sie auf das Bett gedrückt und sich auf sie gekniet. Dabei habe der Beschwerdeführer seine Frau auch am Hals gepackt, um sie "niederzudrücken, damit sie nicht weggeht". Eine Verletzungsabsicht habe der Beschwerdeführer bestritten, ebenso wie die Drohung seiner Frau gegenüber, sie erschießen zu wollen.

"Auf Grund des gesamten Sachverhaltes, insbesondere des Vorfalls am 04.09. und der Aussage seiner Ehefrau über sein aggressives Verhalten und seine körperlichen Attacken sowie auch seine eigenen Angaben über seine Eifersucht und seine Aggressivität" sei die Erstbehörde zur Ansicht gelangt, dass das vorläufige Waffenverbot zu Recht ausgesprochen worden war und habe dem Beschwerdeführer die Absicht zur Kenntnis gebracht, ihm gemäß § 12 Abs 1 WaffG den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten. Innerhalb der dazu eingeräumten Frist sei eine Stellungnahme des Beschwerdeführers nicht eingelangt.

In der Folge gibt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Wortlaut der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der erstinstanzlichen Behörde wieder. Darin führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Ehefrau ihn am 7. September 2004 auf Grund einer Eifersuchtsszene, die er sehr bedauere, angezeigt habe. Er habe damals "aus dem Effekt heraus" gehandelt und Dinge getan, die man aus der Sicht seiner Ehefrau sicher nicht entschuldigen könne, er habe jedoch seine Frau niemals mit einer Waffe bedroht oder "eine Androhung ausgesprochen". Was den Umgang mit Waffen, aber auch deren Verwahrung, betreffe, sei er stets verlässlich gewesen und es habe bei den Überprüfungen durch die Gendarmerie noch nie eine Beanstandung gegeben. Für ihn als Jäger sei es wichtig, eine Waffe zu führen, um das Revier ordentlich betreuen zu können. Hinsichtlich der Abnahme seiner Jagdkarte habe er ebenso eine Berufung erstattet. Selbst seine Frau werde bestätigen können, dass der Beschwerdeführer im Umgang mit Waffen stets verlässlich gewesen sei. Das Schreiben vom 9. September 2004 (mit dem dem Beschwerdeführer von der Erstbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei) habe er nicht "beeinspruchen" können, da er im Krankenhaus unter Medikamenteneinfluss gestanden sei.

Nach Darlegung der Rechtsgrundlagen hält die belangte Behörde fest, dass Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbots die gerechtfertigte Annahme der Gefahr eines Missbrauches mit Waffen sei. Wörtlich führt die belangte Behörde sodann aus:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl. 2000/20/0047, unter Bezugnahme auf seine bisherige Judikatur zur Zulässigkeit des Waffenverbotes bei Situationen familiärer Gewalt mit Verletzungsfolgen darauf hingewiesen, dass auch die Bedrohung einer Person mit dem Erschießen eine 'konkrete Tatsache' (im Sinn des § 12 WaffG) darstellt, die durchaus ein für die Beurteilung der Voraussetzungen eines Waffenverbotes relevantes Bild von der Persönlichkeit eines Menschen vermitteln kann und wegen des damit zu Tage getretenen Aggressionspotentials ein Waffenverbot zu rechtfertigen vermag. Dieses Aggressionspotential hat die erkennende Behörde - ausgehend von den getroffenen Feststellungen -

zutreffend angenommen.

Der Berufungsbehörde ist auch bekannt, dass auf Grund der Anzeige des Gendarmeriepostens Bodensdorf vom 09.10.2004 wegen Verdacht der Körperverletzung bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt am 14.01.2005 unter Zahl: 77BAZ919/04 eine Diversion erfolgte und ist der Berufungswerber auch seit 10.02.2005 rechtskräftig von Frau S. geschieden.

Weiters ist aus der Strafanzeige des Gendarmeriepostens Bodensdorf vom 09.10.2004 ersichtlich, dass sich der Berufungswerber freiwillig in der Zeit vom 09.09.2004 bis 24.09.2004 zur psychischen Behandlung in das LKH Klagenfurt, Zentrum für seelische Gesundheit begab, da er sich auf Grund der gesamten Situation in einem äußerst labilen und schwankenden Gesamtgemütszustand befand.

Auch angesichts des festgestellten Sachverhaltes, wonach der Berufungswerber gegenüber Frau S. ein sehr unkontrolliertes Verhalten setzte, ist die Annahme der erkennenden Behörde durchaus begründet, dass dem Berufungswerber im Affekt eine Gefährdung der durch § 12 Abs. 1 WaffG geschützten Rechtsgüter durch missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 12 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Hierbei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Eine schon erfolgte missbräuchliche Verwendung von Waffen ist nicht Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes (vgl das hg Erkenntnis vom 12. September 2002, Zl 99/20/0209).

Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe bei dem Vorfall am 4. September 2004 nicht in Verletzungsabsicht gehandelt und habe zu keiner Zeit gegenüber seiner damaligen Ehefrau eine Drohung, insbesondere eine Drohung mit dem Erschießen, ausgesprochen. Er rügt in diesem Zusammenhang, die belangte Behörde sei in beweiswürdigender Hinsicht den Ausführungen seiner ehemaligen Ehefrau vor dem Gendarmerieposten Bodensdorf gefolgt, wonach der Beschwerdeführer ihr gegenüber mehrmals erwähnt hätte, dass er - wenn sie einen Freund hätte bzw sich von ihm trennen sollte - beide erschießen würde. Die belangte Behörde habe jedoch versäumt, die Frage zu klären, ob derartige Anlassfälle stattgefunden hätten.

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass der angefochtene Bescheid im Hinblick auf vom Beschwerdeführer gegenüber seiner (ehemaligen) Ehefrau ausgesprochenen Drohungen, insbesondere einer Drohung mit dem Erschießen, unschlüssig ist, da nicht nachvollzogen werden kann, ob die belangte Behörde tatsächlich davon ausgegangen ist, dass eine Bedrohung mit dem Erschießen erfolgte - wie dies aus der ausdrücklichen Bezugnahme auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, dem eine derartige festgestellte Drohung zu Grunde lag, angenommen werden könnte - und unklar bleibt, wie in diesem Fall das Vorbringen der ehemaligen Ehefrau des Beschwerdeführers einerseits und jenes des Beschwerdeführers, insbesondere auch in der Berufung, andererseits, gewürdigt wurde.

Dennoch erweist sich die Beschwerde im Ergebnis als unbegründet:

Auch der Beschwerdeführer bestreitet den Vorfall vom 4. September 2004 nicht, zu dem er selbst vor der Gendarmerie unter anderem ausgesagt hat, dass er auf Grund seiner Eifersucht aggressiv geworden sei, einen Wohnzimmertisch zerschlagen habe, seine Frau aus dem Bett gezogen habe, wobei das Leibchen zerrissen worden sei, sie auf das Bett gedrückt und sich auf sie gekniet und sie dabei auch am Hals gepackt habe. Auch hat der Beschwerdeführer eingestanden, dass er öfters gegenüber seiner Ehefrau aggressiv geworden sei und sie auch manchmal "kräftig bzw grob angepackt" habe.

Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie - auch unter Außerachtlassung der nicht ordnungsgemäß festgestellten Drohungen - aus dem Vorfall vom 4. September 2004 in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer schon öfters aggressiv geworden ist und dabei seine Ehefrau "grob angepackt" hat, zur Auffassung gelangt ist, dass dies die Annahme rechtfertigt, der Beschwerdeführer könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden, dies vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer über 6 Gewehre und 2 Faustfeuerwaffen verfügte.

Auch wenn - wie der Beschwerdeführer stets vorgebracht hat - bei den ehelichen Auseinandersetzungen wie auch insbesondere beim Vorfall vom 4. September 2004 weder eine Waffe verwendet noch deren Einsatz angedroht wurde, so stellt das aggressive und gewaltbereite Verhalten gerade auch im ehelichen Zusammenleben einen Umstand dar, der begründetermaßen die Annahme einer möglichen missbräuchlichen Verwendung im Haushalt verfügbarer Waffen rechtfertigt.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, dass ihm mit Ausnahme seiner Einvernahme vom 8. September 2004 kein Parteiengehör gewährt worden sei, ist dies schon insoferne nicht zutreffend, als dem Beschwerdeführer vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides ausdrücklich Gelegenheit eingeräumt worden ist, zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen und er auch in seiner Berufung Gelegenheit hatte, entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Den Ausführungen in der Beschwerde, die sich auf die mittlerweile erfolgte Scheidung sowie Aussagen seiner ehemaligen Ehefrau im Zuge eines Verfahrens betreffend die Entziehung der Jagdkarte beziehen, steht das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehende Neuerungsverbot entgegen.

Der Beschwerdeführer vermeint auch, dass die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen bzw dass "die Voraussetzungen für das Absehen von einer mündlichen Berufungsverhandlung" nicht vorgelegen seien. Der Beschwerdeführer verkennt damit offenbar, dass das Verfahren zur Erteilung eines Waffenverbots gemäß § 12 Abs 1 WaffG kein Verwaltungsstrafverfahren nach dem VStG darstellt bzw dass es sich bei der belangten Behörde nicht um einen unabhängigen Verwaltungssenat handelt. Weder nach § 39 Abs 2 AVG noch nach § 66 Abs 3 AVG bestand für die belangte Behörde eine Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 28. März 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005030124.X00

Im RIS seit

26.04.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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