TE Vwgh Erkenntnis 2006/3/28 2006/03/0026

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Veröffentlicht am 28.03.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

StGB §105 Abs1;
StGB §106 Abs1 Z1;
StGB §107 Abs1;
StGB §107 Abs2;
StGB §43a Abs1;
VwRallg;
WaffG 1996 §12 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des A S in F, vertreten durch Dr. Gerald Ruhri und Dr. Claudia Ruhri, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Roseggerkai 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 14. Dezember 2005, Zl WA 101/3-2005, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), ein Waffenverbot verhängt.

Dem lag im Wesentlichen zu Grunde, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 11. Mai 2004 wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB und des Verbrechens der Nötigung nach den §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB zu einer - unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt worden war, wobei das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht dieses Urteil in seinem Strafausspruch dahingehend abgeändert hatte, dass unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB eine Geldstrafe in Höhe von 360 Tagessätzen a EUR 10,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 180 Tagen) verhängt wurde, wobei gemäß § 43a Abs 1 StGB ein Teil der Geldstrafe im Ausmaß von 180 Tagessätzen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Nach dem Inhalt des Schuldspruches hatte der Beschwerdeführer am 12. Oktober 2003 dadurch, dass er mit einem aus dem Geländewagen des F S entnommenen Jagdgewehr einen Schuss in Richtung der von einer Hochwildankirrstelle auf einem Güterweg zu ihrem Fahrzeug zurückgehenden Ehegatten F und A S abgab, diese gefährlich mit dem Tode bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und den F S durch gefährliche Drohung mit dem Tod, nämlich dadurch, dass er mit angeschlagenem Jagdgewehr auf das Fahrzeug und seine Insassen zielend den Weg versperrte, an einer Handlung, nämlich seiner Weiterfahrt auf dem Güterweg, gehindert.

Die belangte Behörde folgerte, auf Grund dieser Verurteilungen erscheine die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer zu Aggression und Gewalttätigkeit neige und deshalb durch missbräuchliche Verwendung von Waffen in Zukunft besonders schutzwürdige Rechtsgüter wie insbesondere Leben und Gesundheit gefährden könnte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 12 Abs 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Hierbei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt lediglich voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde nach § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegenstünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl das hg Erkenntnis vom 8. Juni 2005, Zl 2005/03/0012).

Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde einen Vorfall, bei dem der Beschwerdeführer unter Verwendung einer Schusswaffe und Abgabe eines Schusses einen anderen gefährlich bedroht und genötigt hatte, was zu einer rechtskräftigen Verurteilung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1, 107 Abs 1 und 2 StGB geführt hat, zum Anlass für die Verhängung des Waffenverbotes genommen.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die genannte Verurteilung allein keine ausreichende Basis für die negative Prognose im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG sei. Gerade der Umstand, dass über ihn letztlich nur eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen - davon ein Teil im Ausmaß von 180 Tagessätzen unter Festsetzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen - verhängt worden sei, belege, dass von seiner künftigen Verlässlichkeit auszugehen sei: Nur die auf Grund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles - zufälliges Aufeinandertreffen der Kontrahenten im Revier des Beschwerdeführers, in dem sich sein Gegner rechtswidrig aufgehalten habe; Absicht des Beschwerdeführers, die im Fahrzeug des Kontrahenten ungesichert und in gefährlicher Nähe zu einem Kind aufbewahrte Waffe an sich zu bringen, um damit die bestehende Gefahrensituation zu entschärfen; konfliktgeladene Situation auf Grund der Streitigkeiten über ein Jagdpachtverhältnis - abzuleitenden günstigen spezial- und generalpräventiven Überlegungen hätten zu der positiven Einschätzung des Strafgerichtes, die in die Verurteilung lediglich zu einer teilbedingten Geldstrafe gemündet habe, geführt. Damit sei die Überzeugung des Gerichtes klargestellt, es genüge die bloße Androhung der Vollziehung der restlichen Geldstrafe, um den Beschwerdeführer von weiteren Straftaten abzuhalten. Ohne Einholung eines psychiatrischen Gutachtens über die Persönlichkeit des Beschwerdeführers und sein allfälliges Aggressionspotential hätte die belangte Behörde nicht zu ihrer gegenteiligen Einschätzung kommen dürfen.

Gegenüber diesen Ausführungen ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof wiederholt aggressives Verhalten als für die Prognose nach § 12 Abs 1 WaffG relevant erachtet hat, selbst wenn dabei vom Betroffenen keine Waffen verwendet wurden (vgl die hg Erkenntnisse vom 8. Juni 2005, Zl 2005/03/0012, und vom 26. Februar 2002, Zl 2000/20/0076).

Wird nun, so wie im vorliegenden Beschwerdefall, vom Betroffenen eine Waffe tatsächlich schon missbräuchlich, nämlich als Mittel zur gefährlichen Drohung und Nötigung, verwendet und dabei sogar ein Schuss in Richtung des Gegners abgefeuert, kann der Beurteilung der belangten Behörde, ein solches Verhalten indiziere eine Gefährdungsprognose im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG, nicht entgegen getreten werden. Die Verurteilung des Beschwerdeführers entfaltet insofern Bindung, als davon auszugehen ist, dass er die im Spruch des Strafurteiles umschriebenen Handlungen begangen hat. Es besteht aber keine Bindung an die Überlegungen des Gerichtes im Rahmen der Strafbemessung, die zur Verhängung einer - teilweise bedingt nachgesehenen - Geldstrafe geführt haben. Vielmehr war von der belangten Behörde eigenständig zu prüfen, ob aufgrund der festgestellten Handlungen des Beschwerdeführers eine Annahme im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG gerechtfertigt sei. Gerade vor dem Hintergrund der öffentlichen Interessen dienenden Zielsetzung des § 12 Abs 1 WaffG, qualifiziert gefährliche Menschen vom Besitz von Waffen auszuschließen, ist eine eigenständige Beurteilung und Prognose durch die belangte Behörde, unabhängig von den für die Verhängung einer bedingten Strafe maßgeblichen Erwägungen, geboten. Wenn es im Beschwerdefall nicht nur "immer wieder zu Unstimmigkeiten und Auseinandersetzungen" zwischen dem Beschwerdeführer und seinem späteren Kontrahenten gekommen war, zwischen den beiden vielmehr weiterhin Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Jagdpacht bestehen - nach dem Beschwerdevorbringen sei ein Zivilprozess über im Zusammenhang mit der Jagdpacht angeblich zu Unrecht erbrachte Leistungen anhängig - die letztlich zum Vorfall vom 12. Oktober 2003 führende Konfliktsituation also nicht bereinigt ist, kann der Umstand, dass sich der zur Verhängung des Waffenverbotes führende Vorfall mehr als zwei Jahre vor Erlassung des angefochtenen Bescheides ereignete und nur mit einer - teilweise bedingt nachgesehenen - Geldstrafe geahndet wurde, nicht dazu führen, dass nunmehr eine Gefährlichkeit des Beschwerdeführers nicht mehr anzunehmen wäre. Vielmehr ist in derartigen Fällen ein länger andauerndes Wohlverhalten zu fordern.

Der Verfahrensrüge schließlich, die belangte Behörde hätte zur Einschätzung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers und dessen Aggressionspotentials ein psychiatrisches Gutachten einholen müssen, ist zu entgegnen, dass sich die belangte Behörde zu Recht bereits auf die festgestellten Vorfälle vom Oktober 2003 stützen konnte, die das hohe Aggressionspotential des Beschwerdeführers belegen; die Unterlassung der Einholung des genannten Gutachtens begründet daher keinen relevanten Verfahrensmangel.

Die Beschwerde war daher, da schon ihr Inhalt erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen (§ 35 Abs 1 VwGG).

Wien, am 28. März 2006

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006030026.X00

Im RIS seit

18.04.2006

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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