TE Vfgh Erkenntnis 2002/2/25 B721/01

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Veröffentlicht am 25.02.2002
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Index

50 Gewerberecht
50/03 Personen- und Güterbeförderung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Quasi-Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "und Z7 bis 9" im zweiten Satz des §23 Abs2 des GüterbeförderungsG 1995, BGBl 593, idF BGBl I 17/1998, mit E v 14.12.01, G181/01 ua.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 1.962,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck war gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer gemäß §23 Abs1 Z8 iVm Abs2 zweiter Satz Güterbeförderungsgesetz 1995, idF BGBl. I 17/1998, eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- verhängt worden, da er als Lenker eines Sattelzuges eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durchgeführt habe, ohne ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt zu haben. Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol wurde die dagegen erhobene Berufung gemäß §66 Abs4 AVG 1991 iVm §§24, 51, 51c und 51e VStG im wesentlichen deshalb als unbegründet abgewiesen, weil der Beschwerdeführer mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe und die Strafe angemessen sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie die Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof im Falle der Abweisung oder Ablehnung der Beschwerde beantragt wird.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat als belangte Behörde innerhalb der ihm gesetzten Frist die Verwaltungsakten und einen Schriftsatz vorgelegt, in dem er die Ablehnung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G181/01 u.a. Zlen., sprach der Verfassungsgerichtshof aus, daß die Wortfolge "und Z7 bis 9" im zweiten Satz des §23 Abs2 des Bundesgesetzes über die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Güterbeförderungsgesetz 1995), BGBl. 593/1995, idF BGBl. I 17/1998, verfassungswidrig war.

2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist ein vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkanntes Gesetz im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind dem im Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall jene Fälle gleichzuhalten, die - bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung - im Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung über eine in der Beschwerdesache präjudizielle Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 11.711/1988); dies gilt auch dann, wenn das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes auf Grund eines Antrages eines Unabhängigen Verwaltungssenates eingeleitet wurde (vgl. VfSlg. 10.139/1984 bezügl. eines Antrages des Verwaltungsgerichtshofes).

3. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren über die Wortfolge "und Z7 bis 9" im zweiten Satz des §23 Abs2 des Bundesgesetzes über die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Güterbeförderungsgesetz 1995), BGBl. 593/1995, idF BGBl. I 17/1998, fand am 14. Dezember 2001 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 23. August 2001 - also vor Beginn der nichtöffentlichen Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren - eingelangt; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.

4. Die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig erkannte Gesetzesbestimmung angewendet. Nach der Lage des Beschwerdefalles ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, daß die Anwendung der Wortfolge "und Z7 bis 9" im zweiten Satz des §23 Abs2 Güterbeförderungsgesetz 1995 für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer iHv € 327,-- enthalten.

IV. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B721.2001

Dokumentnummer

JFT_09979775_01B00721_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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