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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des LS in S, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 12. Mai 2005, Zl. RV/0047-S/05, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2003, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezieht eine Versehrtenrente (Unfallrente), für die er für das Streitjahr 2003 eine Steuerbefreiung bei der Einkommensteuer deshalb geltend machte, weil er seiner Ansicht nach (auch) für dieses Jahr Anlassfall des - aufhebenden - Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Dezember 2002, G 85/02, VfSlg. 16.754, gewesen sei.
Diese Beurteilung teilte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht, weil der Verfassungsgerichtshof in dem verschiedene Teile des § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 aufhebenden Erkenntnis einerseits für das Inkrafttreten der Aufhebung nach Art. 140 Abs. 5 B-VG eine Frist mit Ablauf des 31. Dezember 2003 bestimmt und andererseits im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG ausgesprochen habe, dass die aufgehobenen Teile der Gesetzesbestimmung für die Bemessung der Einkommensteuer der Jahre 2001 und 2002 nicht mehr anzuwenden seien. Für das Streitjahr 2003 sei der Beschwerdeführer kein Anlassfall der Gesetzesaufhebung gewesen, sodass er auch nicht in den Genuss der so genannten Ergreiferprämie kommen könne.
Die Behandlung der gegen den angefochtenen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde hat dieser mit Beschluss vom 27. September 2005, B 701/05, abgelehnt. Dazu wies der Verfassungsgerichtshof darauf hin, dass ein unter Fristsetzung aufgehobenes Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Sachverhalte mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden sei (Art. 140 Abs. 7 letzter Satz B-VG). Der Begriff des Anlassfalles könne nicht so verstanden werden, dass ein einmal erfolgreich gewesener Beschwerdeführer dem aufgehobenen Gesetz auch in einem anderen Verfahren (das - wie hier - einen nach Fällung der Entscheidung im Gesetzesprüfungsverfahren verwirklichten Sachverhalt betrifft) nicht mehr unterläge.
In der über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 2005 an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretenen - ergänzten - Beschwerde sieht sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtbesteuerung seiner Versehrtenrente im Jahr 2003 verletzt. Die aktenkundige Versehrtenrente hätte der Einkommensteuer nicht unterworfen werden dürfen. Für die Besteuerung seiner Versehrtenrente im Jahr 2003 fehle es unter Berücksichtigung des Art. 140 Abs. 7 B-VG an der Rechtsgrundlage. Mangels Rechtsgrundlage sei die belangte Behörde für die Festlegung der Steuerpflicht auch unzuständig gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 4 B-VG ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind nach Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.
In dem erwähnten Erkenntnis vom 7. Dezember 2002, G 85/02, hat der Verfassungsgerichtshof im Sinne des Art. 140 Abs. 7 letzter Satz B-VG eine Frist hinsichtlich der aufgehobenen Teile des § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 gesetzt. Damit war das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden. Dass der Beschwerdeführer hinsichtlich des Streitjahres 2003 (anders als im Jahr 2001, vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Dezember 2002, B 592/02) kein Anlassfall war, hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss vom 27. September 2005 unter Hinweis auch auf seine Judikatur (Erkenntnis vom 27. Februar 1967, B 4/67, VfSlg. 5466) ausgeführt.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag damit nicht zu erkennen, weshalb der angefochtene Bescheid unter Berücksichtigung des Art. 140 Abs. 7 B-VG inhaltlich rechtswidrig sein sollte oder der angefochtene Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet wäre. Die Beschwerde, die offensichtlich auch die normative, die Verwaltungsbehörden bindende Wirkung einer Fristsetzung nach Art. 140 Abs. 5 B-VG durch den Verfassungsgerichtshof übersieht, zeigt damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 29. März 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006140102.X00Im RIS seit
04.05.2006Zuletzt aktualisiert am
14.04.2017