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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §225 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Mag. Huberta Gheneff-Fürst, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Favoritenstraße 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 5. Oktober 2004, Zl. BMSG-226780/0003-II/A/3/2004, betreffend Anerkennung von Beiträgen als wirksam entrichtet gemäß § 225 Abs. 3 ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 29. April 2004 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Beschäftigung als Russischlehrer beim Dienstgeber K. in der Zeit vom 7. Jänner 1986 bis 30. Juni 1986 der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegt.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2004 stellte der Beschwerdeführer an die belangte Behörde den Antrag, die Beiträge für seine Pensionsversicherung für die Zeit vom 7. Jänner 1986 bis 30. Juni 1986 beim Dienstgeber K. als wirksam entrichtet anzuerkennen.
In einer Stellungnahme der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt vom 22. September 2004 an die belangte Behörde ist festgehalten, dass der Beschwerdeführer am 12. Februar 2003 einen Antrag auf Alterspension gestellt habe. Infolge einer bis Mai 2003 ausgeübten Beschäftigung sei es auf Wunsch des Beschwerdeführers zur Verschiebung des Stichtages auf den 1. Juni 2003 gekommen. Zu diesem Stichtag stelle sich der Versicherungslauf wie folgt dar: 15 Beitragsmonate einer Pflichtversicherung nach dem ASVG, 32 anspruchsbegründende Ersatzmonate einer Studienzeit gemäß § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG und 144 in Israel erworbene Versicherungsmonate, somit insgesamt 191 Versicherungsmonate. Auf Grund der bisher erworbenen Versicherungszeiten könne die Wartezeit gemäß § 236 Abs. 1 Z. 2 lit. a ASVG auch ohne eine Maßnahme gemäß § 225 Abs. 3 ASVG erfüllt werden.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Anerkennung der Wirksamkeit verspätet entrichteter Pensionsversicherungsbeiträge gemäß § 225 Abs. 3 ASVG keine Folge gegeben. Begründend wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, wie aus dem Bericht der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt vom 22. September 2004 hervorgehe, erfülle der Beschwerdeführer bereits derzeit die Wartezeit für eine Alters- bzw. Berufsunfähigkeitspension. Der Sinn des § 225 Abs. 3 ASVG sei nur darin zu sehen, Lücken im Versicherungsverlauf zu schließen, um Versicherten die Erfüllung der Wartezeit für eine Leistung aus der Pensionsversicherung zu ermöglichen, soweit es sich nicht um eine vorzeitige Alterspension handle. Im Hinblick darauf könne nicht von dem nach § 225 Abs. 3 ASVG eingeräumten Ermessen im Sinne des Antrages des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Zuerkennung von Aufwandersatz für den Vorlageaufwand. Von der Erstattung einer Gegenschrift nahm die belangte Behörde, ebenso wie die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt, ausdrücklich Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich von den vom Verwaltungsgerichtshof sonst entschiedenen Fällen. Der größte Teil der Versicherungsmonate des Beschwerdeführers sei nämlich in Israel erworben worden. Diesbezüglich sei auf Art. 11 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über soziale Sicherheit, BGBl. Nr. 6/1975 idF BGBl. III Nr. 30/2002, zu verweisen. Gemäß Art. 13 Abs. 2 des genannten Abkommens habe der zuständige österreichische Träger die Leistung ausschließlich auf Grund der nach den österreichischen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten festzustellen, wenn nur unter Anwendung des Art. 11 ein Leistungsanspruch bestehe. Daraus folge, dass in Israel erworbene Versicherungszeiten zwar nach Maßgabe israelischer Rechtsvorschriften bei der Prüfung der Frage, ob die Wartezeit erfüllt sei, angerechnet würden. Bei der Ermittlung der Pensionshöhe des Beschwerdeführers würden hingegen lediglich 15 Beitragsmonate einer Pflichtversicherung nach dem ASVG berücksichtigt. Dadurch, dass ein großer Teil der Versicherungsmonate nur im Hinblick auf die Erfüllung der Wartezeit, nicht jedoch bei der Bemessung der Höhe der Pension zu berücksichtigen sei, unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt wesentlich von Fällen, in denen nur in Österreich erworbene Versicherungszeiten zu berücksichtigen seien. Durch die Nichtberücksichtigung der in Israel zurückgelegten Versicherungszeiten bei der Bemessung der Pension verringere sich der Pensionsanspruch des Beschwerdeführers auf einen geringfügigen Betrag (vorläufige Leistung laut Schreiben der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt vom 11. Oktober 2004:
EUR 9,25 monatlich). Im Hinblick auf diesen niedrigen Betrag sei jede (auch nur geringe) Erhöhung der Pension für den Beschwerdeführer besonders wichtig. Durch die Versagung der Anerkennung der Wirksamkeit verspätet entrichteter Pensionsversicherungsbeiträge erwachse ihm daher ein Nachteil in seinen versicherungsrechtlichen Verhältnissen von wesentlicher Bedeutung. Somit liege ein Fall besonderer Härte im Sinne des § 225 Abs. 3 ASVG vor. Im Übrigen hätte sich die belangte Behörde nicht auf die Feststellung beschränken dürfen, der Beschwerdeführer erfülle die Wartezeit für eine Alters- bzw. Berufsunfähigkeitspension. Sie hätte vielmehr unter Berücksichtigung der israelischen Bestimmungen Feststellungen zum Versicherungsverlauf in Israel treffen müssen. Auf Grund dieser Feststellungen wäre zu beurteilen gewesen, ob der Beschwerdeführer nach israelischem Recht ausreichend Versicherungszeiten zur Erfüllung der Wartezeit für eine Alters- bzw. Berufsunfähigkeitspension erworben hat. Der Beurteilung der Erfüllung der Wartezeit lägen keine festgestellten Tatsachen zu Grunde. Die belangte Behörde hätte Feststellungen zu den im Bericht der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt vom 22. September 2004 genannten Versicherungsmonaten treffen müssen. Auch hinsichtlich der übrigen zur Erfüllung der Wartezeit führenden Versicherungszeiten hätte sich die belangte Behörde nicht auf die Wiedergabe der Ausführungen der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt beschränken dürfen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer bereits jetzt die Wartezeit erfülle. Unmöglich sei es, zu beurteilen, ob bzw. weshalb die 144 in Israel erworbenen Versicherungsmonate zur Gänze zu berücksichtigen seien. Durch die Unterlassung von Feststellungen zum Versicherungsverlauf sei eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf Grund des von der Behörde angenommenen Sachverhaltes nicht möglich.
Gemäß § 225 Abs. 3 ASVG kann der zuständige Bundesminister in Fällen besonderer Härte auch Beiträge als wirksam entrichtet anerkennen, die für Zeiten nach § 225 Abs. 1 Z. 1 oder 2 nach Ablauf von fünf Jahren seit ihrer Fälligkeit entrichtet werden. Ein Fall besonderer Härte ist insbesondere dann anzunehmen, wenn dem Versicherten ansonst ein Nachteil in seinen versicherungsrechtlichen Verhältnissen erwächst, der unter Berücksichtigung seiner Familien- und Einkommensverhältnisse von wesentlicher Bedeutung ist, und der Versicherte die Unterlassung der Anmeldung zur Versicherung nicht vorsätzlich herbeigeführt hat.
Der Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung wird in der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darin erblickt, in Fällen einer besonderen Härte durch die Anerkennung der Wirksamkeit des Erwerbes von Beitragszeiten solchen Versicherten die Möglichkeit zu verschaffen, bei Erreichung des Anfallsalters bzw. bei Invalidität in den Genuss einer Leistung aus der Pensionsversicherung zu gelangen, die sonst eine solche Leistung deshalb nicht erlangen könnten, weil ihnen trotz des Vorliegens eines nahezu bis an den Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles heranreichenden Versicherungsverlaufes voraussichtlich bei Eintritt des Versicherungsfalles eine im Verhältnis zur Gesamtzahl der für die Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen eines Leistungsanspruches erforderlichen Versicherungsmonate nur ganz geringfügige Zeit fehlen würde (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2000, Zl. 2000/08/0008, mwN). § 225 Abs. 3 ASVG dient demnach lediglich dazu, Lücken im Versicherungsverlauf zwecks Erlangung einer Leistung aus der Pensionsversicherung zu schließen, nicht aber dazu, die Bestimmungen über die Wartezeit und die Deckung schlechthin illusorisch zu machen oder die Höhe der Leistung aus der Pensionsversicherung zu verbessern (vgl. das bereits genannte hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2000 mwN sowie zur vergleichbaren Bestimmung des § 115 Abs. 3 GSVG aus jüngerer Zeit z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. November 2005, Zl. 2004/08/0113).
Im Hinblick auf die Erfüllung der Wartezeit für eine Alters- bzw. Berufsunfähigkeitspension hat die belangte Behörde die Frage, ob ein Fall besonderer Härte vorliegt, zutreffend verneint und den Antrag des Beschwerdeführers zu Recht abgewiesen. Wie sich aus den Ausführungen in der Beschwerde selbst ergibt, hätte die Anerkennung der Wirksamkeit einer verspäteten Beitragsentrichtung im vorliegenden Fall nur als Voraussetzung für eine höhere Leistung aus der Pensionsversicherung gedient. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass dem Beschwerdeführer Zeiten seiner Beschäftigung in Israel für die Erfüllung der Wartezeit angerechnet worden sind. Dadurch, dass eine Anerkennung dieser Zeiten erfolgt ist, ist es nicht mehr erforderlich, dass die belangte Behörde von dem ihr nach § 225 Abs. 3 ASVG eingeräumten Ermessen Gebrauch macht. Es ist daher auch nicht von Relevanz, ob die belangte Behörde Ermittlungen und Feststellungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Anerkennung von Zeiten als Versicherungszeiten durchgeführt bzw. vorgenommen hat. Im Hinblick darauf, dass die Wartezeit von der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt als erfüllt betrachtet wird und auch, vom Beschwerdeführer unbestritten, ein Pensionsanspruch besteht, scheidet es von vorneherein aus, dass eine Ermessensentscheidung nach § 225 Abs. 3 ASVG notwendig ist, um Lücken im Versicherungsverlauf zwecks Erlangung einer Leistung aus der Pensionsversicherung zu schließen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 29. März 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005080011.X00Im RIS seit
27.04.2006