TE Vwgh Erkenntnis 2006/3/30 2004/09/0128

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Veröffentlicht am 30.03.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs2;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §51g Abs3 Z1;
VStG §51i;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des S in Z, vertreten durch Dr. Candidus Cortolezis, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hauptplatz 14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 16. Juni 2004, Zl. UVS 303.15-1/2004-26, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: 1. Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit;

2. Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. Juni 2004 wurde der Beschwerdeführer (auf Grund der in diesem Umfang erfolgten Bestätigung des Schuldspruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) der Begehung von zwei Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für schuldig befunden, er habe am 20. Oktober 2001 an einem näher bezeichneten Tatort die polnischen Staatsangehörigen C und H ohne arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Strafhöhe - nach dem zweiten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils EUR 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils vier Tage) verhängt; gleichzeitig wurde der Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren entsprechend vermindert.

Hingegen wurde der Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich des Vorwurfes, er habe darüber hinaus auch die polnischen Staatsangehörigen W (im Sinne des Spruchpunktes 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) und M (im Sinne des Spruchpunktes 4. dieses Straferkenntnisses) ohne arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt, Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis in diesem Umfang behoben und das Verfahren insoweit gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

Begründend führte die belangte Behörde - soweit dies für die Behandlung der Beschwerde von Belang ist - aus, der Beschwerdeführer "betreibe" in Z die S Baugesellschaft mbH und sei seit 1992 dort "aufrecht gemeldet". Im Jahr 2001 habe er E geheiratet; sie sei Eigentümerin eines näher bezeichneten Anwesens in S. Im Jahr 2000 sei in S mit dem Neubau eines Einfamilienhauses begonnen worden; E habe seit August/September 2000 in S gewohnt. Wegen der (größeren) Entfernung des Hauses in S zum Firmensitz habe der Beschwerdeführer "während der Woche" in Z genächtigt und sei "nur über das Wochenende" nach S gekommen. C - ein polnischer Staatsangehöriger - sei dem Beschwerdeführer schon seit Jahren bekannt und habe immer wieder für ihn gearbeitet. Am 5. September 2001 sei C gemeinsam mit dem polnischen Staatsangehörigen H und zwei weiteren polnischen Staatsangehörigen nach Österreich gekommen und habe ab diesem Zeitpunkt im Auftrag des Beschwerdeführers in verschiedenen Privathäusern gearbeitet; die polnischen Staatsangehörigen seien dafür mit S 50,-- bis S 70,-

- pro Stunde entlohnt worden und hätten auch "freie Station" erhalten. Am 20. Oktober 2001 seien diese vier polnischen Staatsangehörigen damit beschäftigt gewesen, beim Anwesen der E in S den Estrich in der Garage zu betonieren; Material und Werkzeug seien an der Baustelle vorhanden gewesen. E und der Beschwerdeführer hätten ursprünglich diese Arbeit selbst vornehmen wollen, sie hätten dann aber doch nicht gearbeitet. Die vier polnischen Staatsangehörigen seien am 20. Oktober 2001 (dem Kontrolltag) vom Beschwerdeführer von Z nach S gebracht worden; er habe diesen Ausländern auch die Arbeitsanweisungen erteilt. Am Nachmittag des 20. Oktober 2001 hätten RI Y und VB/S R vom Grenzüberwachungsposten A im Rahmen ihrer Streifentätigkeit die vier polnischen Staatsangehörigen beim Anwesen S in S arbeitend (mit verschmutzter Arbeitskleidung) angetroffen. Die Identität von C und H sei überprüft worden; beide hätten die in polnischer Sprache abgefassten Erhebungsformulare ausgefüllt und darin in den Rubriken "Firma" bzw. "Vorgesetzter" jeweils den Beschwerdeführer angegeben. Die beiden anderen polnischen Staatsangehörigen seien während der Aufnahme der Niederschriften geflüchtet. Die Anzeigen der GREKO A vom 30. Oktober 2001 und des Arbeitsinspektorates Graz vom 15. Februar 2002 seien jeweils gegen den Beschwerdeführer gerichtet gewesen. Die Bezirkshauptmannschaft L habe jedoch mit einem Ladungsbescheid vom 20. März 2002 ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachtes der Übertretung des AuslBG gegen E eingeleitet. Nachdem das Hauptzollamt Graz am 11. Juli 2002 einen neuerlichen Strafantrag gegen den Beschwerdeführer gestellt habe, sei von der Bezirkshauptmannschaft L "per 17.9.2002 ein Ladungsbescheid" (zu ergänzen: gerichtet an den Beschwerdeführer) an die Adresse in S erlassen worden; dieser Ladungsbescheid sei am 19. September 2002 abgefertigt, aber mit dem Vermerk "nicht behoben" retourniert worden. Auf Grund einer telefonischen Mitteilung des Beschwerdeführers, er habe in S keinen Wohnsitz, sondern sei seit 1992 in Z gemeldet, sei das Verfahren danach an die Bezirkshauptmannschaft J abgetreten worden; diese habe am 21. Mai 2003 eine neuerliche Aufforderung zur Rechtfertigung (gegen den Beschwerdeführer) erlassen.

Der festgestellte Sachverhalt werde auf die Aussagen des Meldungslegers und die verlesenen niederschriftlichen Angaben von C und H gestützt; Ladungen an ihren Heimatadressen (in Polen) hätten C und H nicht Folge geleistet. Der Beschwerdeführer sei unkooperativ gewesen: er habe ihm aufgetragene Urkundenvorlagen unterlassen und sich leugnend verantwortet. Er habe sich dabei auch näher bezeichneter unglaubwürdiger Erklärungen bedient. Hinsichtlich der Ausländer C und H habe er versucht, die Verantwortung auf seine bereits rechtskräftig freigesprochene Gattin zu schieben; diese habe sich im vorliegenden Verfahren der Aussage entschlagen. Der Versuch, die Mithilfe des C als einen "Freundschaftsdienst" darzustellen, sei nicht überzeugend. Der Beschwerdeführer kenne von C nicht einmal den Wohnort, noch viel weniger seine Adresse oder Telefonnummer. Von einem spezifischen Naheverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und C könne daher keine Rede sein. Es sei vielmehr als erwiesen anzusehen, dass die von C und H vorgenommenen Eintragungen betreffend die Vorgesetztenfunktion des Beschwerdeführers für den Kontrolltag zu gelten hätten und diese beiden Ausländer vom Beschwerdeführer beschäftigt worden seien.

Über die gegen diesen Bescheid im Umfang seines Schuld- und Strafausspruches erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei Verfolgungsverjährung eingetreten, weil ihm der Ladungsbescheid vom 17. September 2002 nicht (wirksam) zugestellt worden sei; aus diesem Grund sei dieser Ladungsbescheid keine Verfolgungshandlung. Eine erste Verfolgungshandlung sei daher erst im Mai 2003 ergangen.

Diesen Beschwerdeausführungen ist zu erwidern, dass es - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht auf die Zustellung der Verfolgungshandlung an den Beschuldigten ankommt, ergibt sich doch aus dem eindeutigen Wortlaut des § 32 Abs. 2 VStG, dass eine Verfolgungshandlung unter anderem auch dann vorliegt, wenn der Beschuldigte von einer stattgefundenen Verfolgungshandlung keine Kenntnis erlangt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Jänner 1991, Zl. 90/09/0089, vom 28. Februar 1997, Zl. 97/02/0041, und vom 14. Juni 2005, Zl. 2005/02/0043) unterbricht eine Verfolgungshandlung die Frist der Verfolgungsverjährung in dem Zeitpunkt, zu dem sie nach außen zu tage getreten ist (hier: wenn sie innerhalb der Verjährungsfrist abgefertigt worden ist).

Auch der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass der Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft L vom 7. September 2002 am 19. September 2002 - und bezogen auf die Tatzeit des angefochtenen Bescheides 20. Oktober 2001 somit innerhalb der einjährigen Verjährungsfrist des § 28 Abs. 2 AuslBG - abgefertigt wurde.

Der Beschwerdeführer macht als Verfahrensmangel geltend, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Ausländer C und H zu befragen.

Diesem Beschwerdevorbringen ist zu erwidern, dass die belangte Behörde diese im Ausland aufhältigen Zeugen unter ihren Anschriften in Polen geladen hat; diese Ladungen konnten den Zeugen (laut den Postfehlberichten wegen Abwesenheit in den USA bzw. wegen "Empfänger unbekannt, Anschrift ungenügend") nicht zugestellt werden. Da diese Zeugen (weil die Ladungen in Polen nicht zustellbar waren) der Verhandlung am 31. März 2004 fernblieben, wurden die mit ihnen aufgenommenen Niederschriften von der belangten Behörde gemäß § 51g Abs. 3 Z 1 VStG verlesen. Der Beschwerdeführer hat durch seinen Vertreter dieser Verlesung widersprochen und "die zeugenschaftliche Einvernahme der vier Polen" beantragt. In der Verhandlung am 6. April 2004 erstattete der Beschwerdeführer zur Frage einer Einvernahme der Ausländer C und H, die er auch nicht stellig gemacht hat, kein Vorbringen.

Es trifft fallbezogen somit nicht zu, dass die belangte Behörde nicht versucht habe, mit den im Ausland aufhältigen Zeugen in Verbindung zu treten. Dieser Versuch ist jedoch gescheitert, und der Beschwerdeführer hat daraufhin nicht - etwa dadurch, dass er die Zeugen selbst stellig gemacht hätte - mitgewirkt, um den Entlastungsbeweis auf andere Weise zu erbringen. Der behauptete Verfahrensmangel liegt somit nicht vor. Die belangte Behörde war daher gemäß § 51g Abs. 3 Z 1 VStG berechtigt, die verlesenen (niederschriftlichen) Angaben der Zeugen in der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 2005, Zl. 2003/09/0185, und vom 6. April 2005, Zl. 2003/09/0098).

Insoweit der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung rügt und sie für unrichtig hält zeigt er allein damit keine relevanten, vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Mängel auf. Die "GREKO A" hat - ohne dass diesem Umstand besondere Bedeutung zukommen würde -

ihre Anzeige sehr wohl gegen den Beschwerdeführer erhoben. Die gegenteilige Behauptung des Beschwerdeführers ist daher aktenwidrig. Dass der Beschwerdeführer sich leugnend verantwortete macht für sich genommen die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht unschlüssig.

Nach den getroffenen Feststellungen kann der belangten Behörde in rechtlicher Hinsicht nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer habe C und H beschäftigt, ist danach doch davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer diesen Ausländern (die er mit seinem Privatpersonenkraftwagen nach S brachte und denen er Unterkunft bei seinen Eltern gewährte) Arbeitsanweisungen erteilte und für ihre Tätigkeit eine Entlohnung in Aussicht stellte wie für vorangegangene Arbeiten; C hatte nämlich für den Beschwerdeführer schon seit Jahren gearbeitet, insbesondere hatte er auch seit 5. September 2001 gemeinsam mit H in verschiedenen Privathäusern im Auftrag des Beschwerdeführers gearbeitet. Im Übrigen bezeichneten C und H anlässlich der Kontrolle ausdrücklich den Beschwerdeführer (und nicht E oder eine "Firma S", also die S Baugesellschaft mbH) als ihren Arbeitgeber.

Das Beschwerdevorbringen (unter Punkt 3.) betreffend die Unzulässigkeit der Anlastung eines Tatzeitraumes entfernt sich vom Spruch des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat nämlich - wie vom Beschwerdeführer begehrt wird - die Tatzeit ohnedies auf den 20. Oktober 2001 eingeschränkt. Auch die über den Beschwerdeführer verhängten Strafen wurden, wie die belangte Behörde im Rahmen ihrer Erwägungen zur Strafbemessung ausdrücklich darlegte, unter anderem auch wegen der Einschränkung der Tatzeit "erheblich herabgesetzt".

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 30. März 2006

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004090128.X00

Im RIS seit

08.05.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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