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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des K in D, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 4. September 2002, Zl. 1-0458 bis 0460/97/E2, betreffend nachträgliche Herabsetzung der verhängten Geldstrafen (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen und Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 22. Juli 1998 wurde der Beschwerdeführer der Begehung von 21 Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz für schuldig erkannt und über ihn hiefür 21 Geldstrafen - unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG - in Höhe von jeweils S 10.000,-- (für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer) verhängt.
Die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat zunächst der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Oktober 1998, B 1707/98-4, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG und danach der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 16. Mai 2001, Zl. 98/09/0333, gemäß § 33a VwGG abgelehnt. Auf die Begründung des genannten Ablehnungsbeschlusses vom 16. Mai 2001 wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen.
Der Beschwerdeführer stellte mit einem Schriftsatz vom 5. Juli 2002 den Antrag, "die seinerzeitigen Geldstrafen (gemeint sind damit die genannten rechtskräftig verhängten 21 Geldstrafen wegen der unberechtigten Beschäftigung von 21 Ausländern) wegen geänderter persönlicher Verhältnisse angemessen, nämlich auf ein Zehntel des ursprünglichen Wertes, herabzusetzen, oder von ihrer Eintreibung ganz abzusehen." Diesen Antrag begründete er damit, dass er im Jahr 1999 einen schweren Unfall erlitten habe und seither querschnittgelähmt sei; er habe deshalb seine Erwerbstätigkeit (als selbständiger Unternehmer) aufgeben müssen und er beziehe nur mehr eine Erwerbsunfähigkeitspension. Er sei daher nicht in der Lage, auch nur einen Teil der verhängten Geldstrafen und Verfahrenskosten zu bezahlen.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde - nachdem die Bezirkshauptmannschaft Bregenz diesen Antrag abgelehnt und der Beschwerdeführer dagegen Berufung erhoben hatte - den Antrag des Beschwerdeführers vom 5. Juli 2002 auf nachträgliche Herabsetzung der Geldstrafen gemäß § 52a Abs. 1 VStG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde - zusammengefasst - aus, ein rechtskräftiger Bescheid durch den zum Nachteil des Bestraften das Gesetz offenkundig verletzt worden sei, könne nach § 52a VStG aufgehoben oder abgeändert werden. Die Ausübung dieser Ermächtigung stehe im Ermessen der Behörde. Bei der Erlassung des rechtskräftigen Bescheides vom 22. Juli 1998 (zu ergänzen: mit dem der Beschwerdeführer bestraft wurde) sei keine offenkundige Rechtsverletzung unterlaufen. Ob die nun beantragte nachträgliche Herabsetzung der Geldstrafen in einem Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen wäre, sei vorliegend nicht zu beurteilen.
Über die - mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. November 2002, B 1546/02-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetretene - Beschwerde (die der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 18. März 2003 und Urkundenvorlage vom 1. April 2003 ergänzte), zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer stellt in seiner Beschwerdeergänzung ausdrücklich klar, dass er sich in seinen Eingaben auf keinen bestimmten Tatbestand gestützt habe und die Rechtmäßigkeit der seinerzeitigen (gemeint: rechtskräftigen) Bestrafung von ihm nicht weiter in Frage gestellt werde. Er macht im Wesentlichen geltend, dass sich seit seiner Bestrafung "seine wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse entscheidend verschlechtert hätten".
Der Beschwerdeführer räumt ausdrücklich ein, dass die Bestimmung des § 52a VStG seinem Begehren (gerichtet auf nachträgliche Herabsetzung der rechtskräftig verhängten 21 Geldstrafen) nicht zum Erfolg verhelfen vermag.
Insoweit der Beschwerdeführer meint, sein Begehren auf § 14 Abs. 1 VStG stützen zu können, verkennt er, dass die Behörde mit dieser Regelung nicht zur nachträglichen Abänderung oder Neubemessung einer rechtskräftig verhängten Geldstrafe ermächtigt wird, sondern damit (beim Vollzug der Exekution zu beachtende) Grenzen für die Vollstreckung von Geldstrafen (zum Schutz des Unterhalts des Bestraften und jener Personen, zu deren Unterhalt er gesetzlich verpflichtet ist, und seiner Pflicht zur Erfüllung der Schadensgutmachung) bestimmt werden. Die Einhaltung der Vorschrift des § 14 Abs. 1 VStG hat die Behörde nicht bei der Strafbemessung, sondern erst im Zuge der Vollstreckung einer Geldstrafe zu beachten (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 12. Dezember 1995, Zl. 94/09/0147, und vom 7. Mai 1996, Zl. 94/09/0260). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ermächtigt § 14 VStG daher gerade nicht zur "Entscheidung auf nachträgliche Neubemessung der Strafe wegen geänderter Verhältnisse".
Insoweit der Beschwerdeführer meint, § 14 VStG müsse in Verbindung mit den Bestimmungen der §§ 31a StGB und 410 StPO gesehen werden, verlässt er damit die rechtlichen Grundlagen des Verwaltungsstrafverfahrens. In einem Verwaltungsstrafverfahren wegen "Verwaltungsübertretungen" (hier: nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz) sind die Bestimmungen der StPO und auch der § 31a StGB nicht anzuwenden, sondern das VStG (vgl. § 23 VStG; sowie den hg. Beschluss vom 24. November 1997, Zl. 97/09/0098). § 19 Abs. 2 VStG bestimmt (ua) für die Strafbemessung, dass die "§§ 32 bis 35 StGB unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes" sinngemäß anzuwenden sind.
Insoweit der Beschwerdeführer meint, es müsste wegen seiner finanziellen Situation die "Verhältnismäßigkeit" der verhängten Geldstrafen nachträglich wieder hergestellt werden, ist ihm fallbezogen zu erwidern: Selbst ein - ohnehin nicht gebotener - Blick auf die verhängten Strafen würde zeigen, dass in dem rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren ohnedies jeweils "die geringst mögliche Strafe (die Hälfte der Mindeststrafe) verhängt wurde" und - abgesehen von der Anwendung des § 21 VStG, dessen Anwendung unabhängig von der finanziellen Situation des Beschwerdeführers nicht in Betracht kam, - eine Herabsetzung der verhängten Strafe ausgeschlossen erschien (vgl. insoweit den hg. Ablehnungsbeschluss zur Zl. 98/09/0333). Die ins Treffen geführte nachträgliche Änderung der finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers hätte daher - wäre sie im (für die Strafbemessung) maßgeblichen Zeitpunkt der Bescheiderlassung bekannt gewesen und berücksichtigt worden - nicht zu einer milderen Bemessung der Strafen geführt, weil sie auf die Höhe der Strafen im Ergebnis keinen Einfluss haben hätte können. Dabei wäre zu berücksichtigen, dass selbst über einen Gemeinschuldner (also eine zahlungsunfähige Person) Geldstrafen verhängt werden dürfen (vgl. insoweit etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. November 1990, Zlen. 90/18/0148 bis 0151, vom 28. Juni 1991, Zl. 90/18/0194, und vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0017). Da die Bemessung der rechtskräftig verhängten Strafen nicht nach Tagsätzen erfolgte, können die auf einem "Tagessatzsystem" aufbauenden Überlegungen des Beschwerdeführers schon deshalb nicht zum Tragen kommen, weil Tagessätze nicht vorhanden sind und daher nachträglich nicht "neu bemessen" werden könnten.
Die Ansicht des Beschwerdeführers, sein Fall - wobei er selbst einräumt, dass für seine Antragstellung bisher kein Präzedenzfall bestehe - sei "von der Strafhöhe" besonders krass, ist fallbezogen gerade nicht nachvollziehbar.
Das Erfordernis einer "Lückenfüllung" - wie der Beschwerdeführer dies annimmt - liegt schon deshalb nicht vor, weil das VStG für nachträgliche Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Bestraften die Regelung des § 54b Abs. 3 VStG vorsieht. Ob der Antrag des Beschwerdeführers zumindest als Antrag im Sinne des § 54b Abs. 3 VStG zu deuten gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben, weil die belangte Behörde für die Gewährung von Zahlungserleichterungen im Sinne der genannten Gesetzesstelle nicht zuständig ist. Ein solcher Antrag wäre an die Vollstreckungsbehörde zu richten.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 30. März 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003090014.X00Im RIS seit
08.05.2006Zuletzt aktualisiert am
09.09.2010