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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §67g;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des HS in I, vertreten durch Dr. Michael Kramer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Südtiroler Platz 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 2. März 2004, Zl. uvs-2003/23/240-6, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. März 2004 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 21. September 2003 in der Zeit von 01.55 bis 02.05 Uhr an einem näher umschriebenen Ort trotz Aufforderung durch ein ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan den "Alkotest" verweigert, obwohl vermutet habe werden können, dass er beim Lenken eines dem Kennzeichen nach bestimmten PKWs an diesem Tag um 01.30 Uhr (an einem gleichfalls näher umschriebenen Ort) durch Alkohol beeinträchtigt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 StVO begangen; es wurde ein Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof; dieser lehnte mit Beschluss vom 28. September 2004, B 602/04, deren Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Dieser hat erwogen:
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er habe nicht erkennen können, was mit der Umschreibung "Alkotest" im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gemeint gewesen sei, so genügt der Hinweis, dass sich aus der Bezugnahme in der Begründung dieses Straferkenntnisses auf die Anzeige im Verwaltungsakt (in diesen Einsicht zu nehmen wäre dem Beschwerdeführer bei allfälliger Unklarheit freigestanden - vgl. § 17 AVG) entnehmen lässt, der Beschwerdeführer habe den "Alkomattest" (also die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt) verweigert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2005, Zl. 2003/02/0186). Im Übrigen war dem Beschwerdeführer im weiteren Verwaltungsverfahren zweifellos bewusst, um welchen Sachverhalt es ging; eine diesbezügliche Verletzung seiner Verteidigungsrechte ist sohin nicht erkennbar.
Auch war die belangte Behörde nicht verpflichtet, im Spruch die im Straferkenntnis der Erstbehörde gemäß § 44a Z. 2 VStG als übertreten angegebene Verwaltungsvorschrift - nämlich "§ 99 Abs. 1 lit. b StVO" - auf § 5 Abs. 2 StVO abzuändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 2003, Zl. 2001/03/0043), wobei durch diese Abänderung keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers bewirkt wurde, da auch die (bloße) Zitierung des § 5 Abs. 2 StVO dem § 44a Z. 2 VStG entspricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 97/02/0050); von einer dieser Abänderung entgegen stehenden "Verfolgungsverjährung" - so der Beschwerdeführer - kann keine Rede sein.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, die belangte Behörde habe am Schluss der am 11. Februar 2004 durchgeführten mündlichen Verhandlung diese vertagt, jedoch in der Folge - ohne eine neuerliche Verhandlung anzuberaumen - "überraschend" den angefochtenen Bescheid zugestellt. Dies führt im Ergebnis zum Erfolg der Beschwerde.
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 28. Juni 2001, Zl. 2001/02/0052) belastet die rechtswidrige Unterlassung der im § 51h Abs. 4 zweiter Satz VStG vorgeschriebenen Verkündung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat dessen (bloß) schriftlich erlassenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Ein solcher Fall liegt hier vor, zumal sich aus dem Umstand, dass die belangte Behörde - so die diesbezügliche Verhandlungsschrift vom 11. Februar 2004 - die öffentliche mündliche Verhandlung "vertagt" hat, ergibt, dass die belangte Behörde keinen Grund für den Entfall einer solchen Verkündung (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 7. August 2003, Zl. 2000/02/0035) im Auge hatte.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Mehrbegehren betreffend Ersatz von Umsatzsteuer für Schriftsatzaufwand war im Hinblick auf die diesbezügliche Pauschalierung abzuweisen.
Wien, am 31. März 2006
Schlagworte
Allgemein Berufungsbescheid Berufungsverfahren Mängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten VerwaltungsvorschriftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004020344.X00Im RIS seit
23.05.2006