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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §19 Abs1 idF 2003/I/101;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der A, geboren 1977, vertreten durch Mag. Alexander Paleczek, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Schönbrunner Straße 112, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 12. Oktober 2005, Zl. SD 1453/05, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 12. Oktober 2005 wurde die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Die Beschwerdeführerin sei am 18. Mai 2001 illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt, welcher im Instanzenzug vom unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 21. Jänner 2005 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Einer dagegen eingebrachten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sei (mit Beschluss vom 7. Februar 2005, Zl. AW 2005/20/0040) aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Mittlerweile sei die Behandlung der Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof (mit Beschluss vom 21. April 2005, Zl. 2005/20/0056) abgelehnt worden. Am 29. Juni 2005 habe die Beschwerdeführerin einen weiteren Asylantrag gestellt. Dieser sei vom Bundesasylamt (mit Beschluss vom 14. Juli 2005, der Beschwerdeführerin am selben Tag zugestellt) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Über die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung habe der unabhängige Bundesasylsenat noch nicht entschieden. Die Beschwerdeführerin habe bis zum 21. Jänner 2005 über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt. Derzeit verfüge sie über keinen Aufenthaltstitel. Vorbehaltlich der Bestimmung des § 37 Abs. 1 FrG seien die Voraussetzungen für eine Ausweisung im Grund des § 33 Abs. 1 FrG gegeben.
Die Beschwerdeführerin sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre bzw. berufliche Bindungen zum Bundesgebiet würden nicht bestehen. Aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung bestehe an der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften ein großes öffentliches Interesse. Gegen dieses Interesse habe die Beschwerdeführerin durch den unrechtmäßigen Weiterverbleib im Bundesgebiet im Anschluss an die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz gravierend verstoßen. Auch in Anbetracht der aus der bisherigen Aufenthaltsdauer resultierenden privaten Interessen der Beschwerdeführerin sei ihre Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten.
Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie sei auf Grund eines Asylverfahrens derzeit zum Aufenthalt in Österreich berechtigt, ziele ins Leere. Der erste Asylantrag der Beschwerdeführerin sei vom unabhängigen Bundesasylsenat am 21. Jänner 2005 rechtskräftig abgewiesen worden. Der am 29. Juni 2005 gestellte zweite Asylantrag sei vom Bundesasylamt wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Der Berufung der Beschwerdeführerin gegen diese Entscheidung komme auf Grund des § 32 Abs. 8 AsylG keine aufschiebende Wirkung zu. Daher könne sie sich nicht auf das derzeit anhängige (zweite) Asylverfahren berufen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass ihr (erstes) Asylverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nach wie vor anhängig sei. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Februar 2005, mit dem ihrer Beschwerde gegen die Abweisung des (ersten) Asylantrages die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, sei aufrecht. Die Beschwerdeführerin halte sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
1.2. Dem steht entgegen, dass die Behandlung der zur hg. Zl. 2005/20/0056 protokollierten Beschwerde gegen die Abweisung des (ersten) Asylantrages der Beschwerdeführerin nach Ausweis des hg. Aktes mit Beschluss vom 21. April 2005, dem früheren Vertreter der Beschwerdeführerin zugestellt am 3. Mai 2005, abgelehnt worden ist. Die Beschwerdeführerin kann daher aus diesem Asylverfahren ab diesem Zeitpunkt keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung mehr ableiten.
2. Am 29. Juni 2005 hat die Beschwerdeführerin einen zweiten Asylantrag gestellt und gemäß § 19 Abs. 1 AsylG in der hier anzuwendenden Fassung der AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101, zunächst faktischen Abschiebeschutz genossen. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14. Juli 2005 (der Beschwerdeführerin am selben Tag zugestellt) ist dieser zweite Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Mit der Erlassung dieser - in Anbetracht des § 32 Abs. 8 AsylG - durchsetzbaren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 2004, Zl. 2004/18/0319) Entscheidung binnen 20 Tagen nach Einbringung des (zweiten) Asylantrages (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. 2005/18/0159), ist der faktischen Abschiebeschutz beendet.
Da die Beschwerdeführerin seit dem Abschluss des genannten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung mehr verfügt und auch der ihr auf Grund des zweiten Asylantrages zukommende faktische Abschiebungsschutz nicht gemäß § 19 Abs. 2 AsylG in der Fassung der AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101, in eine Aufenthaltsberechtigung übergegangen ist, ist die Voraussetzung des unrechtmäßigen Aufenthalts für eine Ausweisung gemäß § 33 Abs. 1 FrG erfüllt.
3.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid auch unter dem Blickwinkel des § 37 Abs. 1 FrG und bringt vor, dass sich die Beschwerdeführerin seit dem 18. Mai 2001 im Bundesgebiet aufhalte, nicht straffällig geworden sei und auch sonst keinen Grund für eine Ausweisung gesetzt habe. Die Ausweisung nach Nigeria wäre "mit einem unverhältnismäßig hohen Risiko für ihr Leben und Gesundheit verbunden, da ... die Beschwerdeführerin von ihren Stammesangehörigen als Opfer für eine Hinrichtung auserwählt wurde".
3.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Den aus der bisherigen Aufenthaltsdauer abzuleitenden persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass sie durch ihren seit Abschluss des genannten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Anfang Mai 2005 unrechtmäßigen Aufenthalt das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, gravierend beeinträchtigt hat. Die Auffassung der belangten Behörde, dass die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin nicht höher zu bewerten seien als das gegenläufige öffentliche Interesse an ihrer Ausreise und daher § 37 Abs. 1 FrG der Ausweisung nicht entgegenstehe, begegnet demnach keinem Einwand. Für die Frage der Rechtmäßigkeit des Ausweisungsbescheides ist es - ganz abgesehen von der bindenden Wirkung der rechtskräftigen Abweisung ihres Asylantrages - ohne Bedeutung, ob und gegebenenfalls in welchem Staat die Beschwerdeführerin im Sinn des § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht ist. Denn mit der Erlassung einer Ausweisung ist ausschließlich die Verpflichtung verbunden, unverzüglich auszureisen; es wird damit jedoch nicht (auch) ausgesprochen, in welchen Staat die Fremde auszureisen habe oder dass sie (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 2000/18/0149).
4. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 20. April 2006
Schlagworte
Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006180058.X00Im RIS seit
17.05.2006