TE Vwgh Erkenntnis 2006/4/20 2005/18/0212

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Veröffentlicht am 20.04.2006
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des S, geboren 1971, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2/1, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 21. April 2005, Zl. 139.813/9- III/4/05, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 21. April 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines chinesischen Staatsangehörigen, vom 11. September 2003 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 13. Mai 1996 illegal nach Österreich eingereist und habe am 23. Mai desselben Jahres einen Asylantrag gestellt, der am 22. Februar 2000 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die Behandlung der dagegen gerichteten Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 12. Dezember 2002 abgelehnt worden. Der Beschwerdeführer sei von 5. März 1999 bis 12. Dezember 2002 im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 gewesen.

In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz FrG der Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland gestellt werden könne.

Die Berufung sei bereits mit Bescheid vom 2. September 2004 abgewiesen worden. Dieser Bescheid sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 2005, Zl. 2004/18/0308, aufgehoben worden. (Die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erfolgte, weil sich die belangte Behörde mit dem für das Vorliegen eines "besonders berücksichtigungswürdigen Falles" relevanten Vorbringen, der Beschwerdeführer habe wegen seiner illegalen Ausreise aus China eine lange Haftstrafe zu befürchten, nicht auseinandergesetzt hat.)

Im fortgesetzten Verfahren sei der Beschwerdeführer am 24. März 2005 aufgefordert worden, besonders berücksichtigungswürdige humanitäre Gründe bekannt zu geben, insbesondere alle Gründe darzustellen, weshalb in China eine Haftstrafe zu erwarten sei. Mit Eingabe vom 12. April 2005 habe der Beschwerdeführer vorgebracht, ohne Erlaubnis aus China ausgereist zu sein und deshalb zu befürchten, von der Polizei ohne richterliche Anordnung für lange Zeit in Haft genommen zu werden. Es würde ihm vorgeworfen, seine Heimat in der Welt herabgesetzt zu haben. Da er keine Verwandten in China hätte, welche sich für ihn verwenden könnten, würde die Haft extrem lang dauern.

Bei einer mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Bundesasylsenat am 22. Februar 2000 habe der Beschwerdeführer vorgebracht, wegen seines christlichen Glaubens, religiöser Handlungen, einer Flucht aus dem Polizeigewahrsam und weil er über den Kommunismus geschimpft habe, Angst vor einer neuerlichen Verhaftung zu haben. Überdies würde er befürchten, deshalb verhaftet zu werden, weil er in Österreich einen Asylantrag gestellt hätte.

Der Asylantrag sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenats vom 22. Februar 2000 abgewiesen worden. In der Begründung habe diese Behörde ausgeführt, dass die chinesische Verfassung und die Behördenpraxis ein Zulassungsverfahren für Religionsgemeinschaften vorsehen würde und zugelassene Gemeinschaften nicht behindert würden. Kontrolliert würden nur nicht registrierte Gemeinschaften, bei denen auch Verhaftungen durchgeführt würden.

Der Beschwerdeführer habe somit im Asylverfahren seine Furcht vor Verhaftung geschildert. Sein Vorbringen sei von den Asylbehörden ausreichend bewertet und überprüft worden. Eine neuerliche Befassung mit demselben Sachverhalt durch die belangte Behörde sei daher nicht erforderlich. Aus der Wortwahl der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 12. April 2005 ergebe sich überdies, dass es sich bei den Befürchtungen des Beschwerdeführers lediglich um Vermutungen handle. Zudem habe der Beschwerdeführer zwar angeführt, sich vor einer Inhaftierung in China zu fürchten, jedoch nicht auf die eigentlichen Hintergründe seiner Befürchtungen, nämlich seine religiösen und politischen Tätigkeiten, hingewiesen.

Im vorliegenden Fall sei der Aktenlage kein ausreichender besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt zu entnehmen, der nicht bereits im Asylverfahren einer Würdigung unterzogen worden sei. Die materiellen Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 FrG würden daher nicht vorliegen. Der Beschwerdeführer hätte den Antrag daher gemäß § 14 Abs. 2 FrG vom Ausland aus zu stellen gehabt. Der im Inland gestellte Antrag sei daher abzuweisen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zum bisherigen Verfahrensgang wird auf das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2004/18/0308, verwiesen. Wie dort ausgeführt, wäre eine Inlandsantragstellung vorliegend nur gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz FrG möglich, wenn der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach China die behauptete langjährige Freiheitsstrafe - oder eine andere Gefährdung im Sinn von § 57 Abs. 1 FrG - zu befürchten hätte.

2. Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer aufgefordert bekannt zu geben, weshalb er in China mit einer Haftstrafe zu rechnen habe, bzw. andere besonders berücksichtigungswürdige Gründe darzustellen.

Dazu hat der Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 12. April 2005 durch seinen Rechtsvertreter Folgendes vorgebracht:

"Mein Mandant ist seinerzeit ohne Erlaubnis aus China ausgereist, um in Österreich einen Asylantrag zu stellen. Er ist nun also mit dem Vorwurf der illegalen Ausreise konfrontiert. Darüber hinaus aber muss er damit rechnen, dass er im Falle seiner Abschiebung nach China sofort in Haft genommen wird. Dabei handelt es sich nicht um ein gerichtlich strafbares Verhalten, sondern offenbar um eine Polizeimaßnahme, die der Disziplinierung dient. Die Abgeschobenen werden in China so betrachtet, als hätten sie das Ansehen von China in der Welt herabgesetzt, insbesondere dann, wenn sie Asylwerber waren und das führt dazu, dass eine Haft von unbestimmter Dauer durchgeführt wird.

Der Antragsteller berichtet von mehreren Einzelfällen, in denen folgendes passiert ist:

Chinesen wurden durch europäische Länder nach China abgeschoben, wobei noch am Flughaften die Verhaftung durchgeführt wurde. Erst als sich die Familien, die nicht von den Behörden informiert wurden, nach den Abgeschobenen erkundigt haben, haben die Polizeiorganisationen Garantien und wohl auch Geldzahlungen von den Familien verlangt und sohin eine Freilassung erreichen können.

Der Antragsteller ist ein Waisenkind, er hat keine Eltern, keine Verwandten und keine Kinder. Er befürchtet also, dass seine Haft extrem lange dauern wird, weil er in China niemanden hat, der sich für ihn einsetzen würde.

Auf die Frage, was die chinesische Botschaft tun würde, wenn er dort ein Heimreisezertifikat beantragen würde, antwortet er folgendermaßen:

Wenn die chinesische Botschaft weiß, dass er in Österreich Asylwerber war, wird sie auf seine Anfrage gar nicht reagierten. Wenn er weiterhin darauf drängen würde, ein Heimreisepapier zu erhalten, dann würde gleichzeitig mit der Ausfolgung solcher Papiere die Haft in China vorbereitet werden, eben wegen desselben Grundes, weil er das Ansehen Chinas in der Welt herabgesetzt hat.

Zum Beweis dieses Vorbringens wolle eine Stellungnahme des UNHCR Wien eingeholt werden."

3.1. Der Beschwerdeführer hat unstrittig bereits im Asylverfahren vorgebracht, auf Grund seiner Asylantragstellung in Österreich im Fall der Rückkehr nach China die Verhaftung zu befürchten. Sein Asylantrag wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenats vom 22. Februar 2000 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 rechtskräftig abgewiesen; der Verwaltungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt. Damit steht rechtskräftig fest, dass der Beschwerdeführer in China keine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen, also etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft oder wegen einer ihm auf Grund der Stellung eines Asylantrages unterstellten, gegen das Regime gerichteten politischen Gesinnung (Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention) zu befürchten hat. Dass insoweit seit der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages eine wesentliche Änderung eingetreten sei, wird mit dem oben 2. wiedergegebenen Vorbringen im Verwaltungsverfahren - und im Übrigen auch in der Beschwerde - nicht behauptet.

3.2. Soweit der Beschwerdeführer mit dem dargestellten Vorbringen eine Gefährdung aus nicht asylrelevanten Gründen geltend macht, ist er auf die insoweit auch hier maßgebliche ständige hg. Judikatur zu § 75 FrG zu verweisen, wonach der Fremde die behauptete aktuelle Bedrohungssituation glaubhaft zu machen und mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun hat (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Februar 2006, Zl. 2006/18/0018).

Diesen Anforderungen wird das dargestellte Vorbringen jedoch nicht gerecht. Der Beschwerdeführer hat sein Vorbringen, bei Rückkehr Gefahr zu laufen, sofort verhaftet und ohne Gerichtsverfahren zur Disziplinierung für längere Zeit in Haft genommen zu werden, mit in keiner Weise konkretisierten Hinweisen auf "mehrere Einzelfälle" zu untermauern versucht. Weiters hat er sich auf eine erst von der Behörde einzuholende Stellungnahme des UNHCR berufen, ohne diesbezüglich etwa einen Bericht einer internationalen Organisation über die allgemeine Lage von Rückkehrern in China vorzulegen oder auch nur konkret zu benennen.

4. Da der Beschwerdeführer somit das Vorliegen eines aus humanitären Gründen besonders berücksichtigungswürdigen Falles im Sinn von § 10 Abs. 4 FrG nicht dargetan hat, kann die Abweisung des gegenständlichen, vom Inland aus gestellten Antrages mangels Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz leg. cit. nicht als rechtswidrig erkannt werden.

5. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. April 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005180212.X00

Im RIS seit

07.06.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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