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63 Allgemeines Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / BescheidLeitsatz
Zurückweisung einer Beschwerde einer Mitbewerberin gegen ein Schreiben der Präsidialsektion eines Ministeriums hinsichtlich der Betrauung eines anderen Bewerbers mit einer ausgeschriebenen Leitungsfunktion mangels Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung; keine Parteistellung der nicht zum Zug gekommenen BewerberSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Beschwerdeführerin steht als Beamtin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie bewarb sich - neben anderen Beamten - um die zur Besetzung ausgeschriebene Funktion der Leitung der Sektion V im Bundesministerium für Inneres.
Dazu wurde der Beschwerdeführerin mit einem vom Leiter der Präsidialsektion des Bundesministeriums für Inneres gefertigten Schreiben vom 30. November 2000 Folgendes mitgeteilt:
"Unter Bezugnahme auf Ihre Bewerbung vom 13. November 2000 wird Ihnen mitgeteilt, daß mit der Funktion 'Leitung der Sektion V im Bundesministerium für Inneres' ein anderer Bewerber betraut worden ist."
2. In der vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf gleiche Zugänglichkeit zu öffentlichen Ämtern durch die erwähnte - von der Beschwerdeführerin als Bescheid gewertete - Erledigung sowie die Verletzung in Rechten durch die Anwendung der behauptetermaßen verfassungswidrigen Bestimmung des §15 Abs1 AusschreibungsG behauptet.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde ist nicht zulässig.
1.1. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde nach Art144 Abs1 erster Satz B-VG ist unter anderem das Vorliegen eines Bescheides (s. etwa VfSlg. 4903/1965, 5731/1968, 6140/1970, 6252/1970, 6603/1971, 6821/1972, 7158/1973; vgl. etwa auch VfSlg. 7436/1974, 8861/1980, 10.892/1986, 11.077/1986).
Für den Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht nur die äußere Form, sondern auch der Inhalt maßgebend; eine Erledigung, die nicht die Form eines Bescheides aufweist, ist dann ein Bescheid, wenn sie nach ihrem deutlich erkennbaren objektiven Gehalt eine Verwaltungsangelegenheit normativ regelt, also für den Einzelfall Rechte oder Rechtsverhältnisse bindend gestaltet oder feststellt (s. etwa VfSlg. 5918/1969, 6187/1970, 9247/1981, 11.415/1987, 11.420/1987; s. etwa auch VwSlg. 9458 A/1977; VwGH 14.9.1981, 81/17/0133; 22.2.1991, 90/12/0277).
1.2. Diese Voraussetzungen sind bei der bekämpften Erledigung nicht gegeben (vgl. dazu allgemein die einen ähnlichen Fall betreffende Entscheidung VfSlg. 13.099/1992):
Sie weist nicht die äußere Form eines Bescheides auf, da sie weder als Bescheid bezeichnet noch in Spruch und Begründung gegliedert ist.
Damit die Erledigung dennoch als Bescheid gewertet werden könnte, müsste der Wille der Behörde, einen Bescheid zu erlassen, deutlich objektiv erkennbar sein (VfSlg. 6806/1972, 9444/1982, 9520/1982). Ob dies der Fall ist, kann sich allenfalls auch daraus ergeben, ob die Behörde verpflichtet ist, einen Bescheid zu erlassen (VfSlg. 9520/1982; vgl. etwa auch VfSlg. 9383/1982, 10.119/1984, 10.270/1984, 10.368/1985).
Dies trifft bei den angefochtenen Erledigungen nicht zu. §15 Abs1 AusG bestimmt ausdrücklich, dass der Bewerber keinen Rechtsanspruch auf Betrauung mit der ausgeschriebenen Funktion und keine Parteistellung hat. §15 Abs3 AusG ordnet an, dass die ausschreibende Stelle nach der Vergabe der Funktion alle Bewerber, die nicht berücksichtigt worden sind, hiervon formlos zu verständigen hat.
Wie der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Bestimmung des §7 des AusG BGBl. 700/1974 - sie ist mit dem §15 Abs1 AusG inhaltsgleich - ausgesprochen hat, hat der Betrauung mit einer Funktion kein mit einer Partei (oder mit mehreren Parteien) durchzuführendes Verwaltungsverfahren voranzugehen und es kommt daher (auch) einem nicht zum Zuge gekommenen Bewerber keine Parteistellung zu (VfSlg. 9294/1981).
Auch aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, der zu Folge Bewerbern um die Ernennung in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis ausnahmsweise dann Parteistellung zukommt, wenn die Auslegung der für die Ernennung maßgeblichen Vorschriften zum Ergebnis führt, dass im Ernennungsverfahren subjektive Rechte der Bewerber unmittelbar berührt werden (so zuletzt etwa VfSlg. 15.365/1998 mwH) lässt sich für den vorliegenden Fall nichts gewinnen: Weder geht es um die Ernennung in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis noch lässt §15 Abs1 AusG eine Auslegung im soeben bezeichneten Sinn zu!
Bei der im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtslage besteht auch kein Anhaltspunkt für die Annahme, dass die belangte Behörde die Absicht hatte - im Widerspruch zur geltenden Rechtslage - gegenüber der Beschwerdeführerin einen Bescheid zu erlassen (vgl. VfSlg. 13.099/1992).
Die bekämpfte Erledigung weist somit weder die äußere Form eines Bescheides auf noch stellt sie sich ihrem Inhalt nach als normativer Abspruch rechtsfeststellender oder rechtsgestaltender Art dar (vgl. etwa VfSlg. 8560/1979, 9125/1981, 11.415/1987). Sie ist somit kein Bescheid. Damit fehlt es aber an einem tauglichen Beschwerdegegenstand.
2. Die Beschwerde war daher wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen
3. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.
Schlagworte
Bescheidbegriff, Dienstrecht, Ausschreibung, Parteistellung Dienstrecht, VfGH / Mängelbehebung, MitteilungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B59.2001Dokumentnummer
JFT_09979774_01B00059_00