TE Vwgh Erkenntnis 2006/4/25 2003/06/0133

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Veröffentlicht am 25.04.2006
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Index

10/10 Datenschutz;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

DSG 2000 §27 Abs1 Z1;
DSG 2000 §31 Abs2;
FrG 1997 §99 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des DS in W, vertreten durch Dr. Ernst Grossmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 27, gegen den Bescheid der Datenschutzkommission vom 25. März 2003, Zl. K120.822/001- DSK/2003, betreffend Ansprüche nach dem Datenschutzgesetz 2000 (mitbeteiligte Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 27. Juni 2002 an die Datenschutzkommission betreffend "Verletzung des Datenschutzes durch das BMI, III/16, VISION-Daten" beantragte der Beschwerdeführer die Löschung der ihn und den von ihm vertretenen T. betreffenden, rechtswidrig gespeicherten VISION-Daten.

Diesem Antrag war ein Schreiben der Abteilung IV/8 der mitbeteiligten Partei vom 24. August 2001 angeschlossen, mit dem diese dem Beschwerdeführer gemäß § 26 DSG 2000 mitteilte, dass sie mit Stichtag 21. August 2001 in der Datenanwendung "VISION (VISA INQUIRY OPEN-BORDER NETWORK)" Daten zu seiner Person verarbeite. Rechtsgrundlage für diese Datenverarbeitung in der beim Datenverarbeitungsregister registrierten Datenanwendung "VISION" seien die Bestimmungen des Fremdengesetzes (iVm dem Schengener Durchführungsübereinkommen iVm mit dem Polizeikooperationsgesetz). Die Löschung der zu seiner Person gespeicherten Daten könne nicht vorgenommen werden, weil die Verarbeitung der Daten für Zwecke der Vollziehung des Fremdengesetzes erforderlich sei. Die Verarbeitung erfolge zu Recht; weder die Unrichtigkeit der Daten noch die Unzulässigkeit ihrer Verarbeitung seien der mitbeteiligten Partei bekannt geworden.

Über Aufforderung der belangten Behörde zur Stellungnahme brachte die mitbeteilige Partei mit Schreiben vom 21. August 2002 unter Anschluss mehrerer Beilagen vor, bei dem vom Beschwerdeführer beanstandeten Text "legte nachweislich gefälschte Unterlagen vor" handle es sich um inhaltlich richtige Daten. Die strafrechtliche Qualifikation des Verhaltens des Beschwerdeführers durch die Strafverfolgungsbehörden (Zurücklegung der Strafanzeige gemäß § 90 StPO) ändere nichts an dem Umstand, dass im fremdenrechtlichen Verfahren zur Erlangung eines Einreisetitels für T. "gefälschte Unterlagen" vorgelegt worden seien. Bei der auf Grundlage des Fremdengesetzes, des Schengener Durchführungsübereinkommens sowie des Polizeikooperationsgesetzes geführten Datenanwendung "VISION (VISA INQUIRY OPEN-BORDER NETWORK)" handle es sich um eine gemäß § 17 DSG 2000 gemeldete und registrierte Datenanwendung, wobei "der Zweck der Datenanwendung - ausschließlich - in der 'Evidenthaltung und Durchführung der fremdenrechtlichen Konsultationsverfahren im Rahmen des Schengener Durchführungsübereinkommens sowie der Automation der Arbeitsabläufe der (fremdenpolizeilichen) Abteilung III/16 des BMI' (und nicht in der Evidenthaltung von allfälligen Strafanzeigen und deren Qualifikation durch die Strafverfolgungsbehörden)" bestehe. Die Verwendung der (Verfahrens-)Daten des Beschwerdeführers und des T. in der genannten Datenanwendung sei zur Erfüllung der gesetzlich übertragenen fremdenpolizeilichen Aufgaben erforderlich.

Als Beilage 1 war folgender tabellarischer Auszug der über den Beschwerdeführer und über T. in der Datenanwendung "VISION" gespeicherten Daten angeschlossen (Anonymisierungen in eckigen Klammern und Hervorhebung durch Unterstreichung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Druckdatum: 13.08.2002

Empfänger: BMaA

Formulartyp: Formular A0

Nr.

Rubrik

Inhalt

001

AZ des Ersuchens

AUT00000000(...)

002

Name

T.

003

Anderer Name

+

004

Vorname

K.

005

Geburtsdatum

(...)

006

Geburtsort

(...)

007

Geschlecht

(...)

008

Urspr. Staatszugehörigkeit

THA

...

 

 

027

Hauptreiseziel

Wien

037

Dzt. Staatsangehörigkeit

THA

...

 

 

022

Hinweise der Mitgliedstaa-
ten

(Name des Beschwerdeführers, Adresse)

022

Hinweise der Mitgliedstaa-
ten

 

...

 

 

026

Visakategorie

C

 

 

 

918

Anschrift während des
Aufenthaltes

(Adresse des Beschwerdeführers)

...

 

 

917

Referenzen (Name, An-
schrift)

(Name des Beschwerdeführers)

920

Reiseziel nach dem
Aufenthalt

THA

921

Bestreitung des Lebensun-
terhaltes

KEINE

922

Frühere Aufenthalte in
Schengenraum

03

924

Transportmittel

FLUGZEUG

925

Sonstige Hinweise

 

...

 

 

942

Verpflichtungserklärung

1

943

Rückfragegrund

0

943

Rückfragegrund

3

943

Rückfragegrund

 

943

Rückfragegrund

 

944

Freitext Sonstiger
Rückfragegrund

EINLADENDER SEIT LAENGEREM ARBEITSLOS, LEGTE, AKTIENDEPOTAUSZUG VON 1997 VOR - HAT IN DER VERGANGENHEIT SELBEN VISAWERBER EINGELADEN, LEGTE NACHWEISLICH GEFAELSCHTE UNTERLAGEN VOR, DESHALB ZULETZT IMMER ABLEHNUNG - SIEHE VORHERGEGANGENEN SCHRIFTVERKEHR GZ 9

944

Freitext Sonstiger
Rückfragegrund

03 2/223/97 VOM 16/9/97, 903 2/88/98 VOM 21/7/98 UND 903 2/108/98 VOM 19/8/98

944

Freitext Sonstiger
Rückfragegrund"

 

Ein weiterer Auszug mit dem gleichen "Druckdatum" für den "Empfänger: BPD Wien FrB" mit der Bezeichnung "Formulartyp:

Formular A2" enthält eine ähnlich aufgebaute Auswahl der oben wiedergegebenen Elemente mit ebendiesen Inhalten. Als zusätzliche Felder sind (unter anderem) angeführt:

"Nr.

Rubrik

Inhalt

...

 

 

970

Name

(Name des Beschwerdeführers)

...

 

 

987

Bemerkung

Der SV- Werber war bereits dreimal in Österreich. Im April 1997 wurde er abgewiesen. Von weiteren Ablehnungen ist der Bezugsperson nicht(s) bekannt, ebenso von gefälschten Unterlagen. ...

..."

Als Beilage 2 war ein Schreiben der Abteilung III/16 der mitbeteiligten Partei vom 19. August 2002 mit (auszugsweise) folgendem Inhalt angeschlossen:

"Ausgangspunkt war der Antrag des T. auf Erteilung eines Visums vom 15.01.1999 bei der Österreichischen Botschaft Bangkok. Die Österreichische Botschaft übermittelte in Vision die Daten des T. mit Formular A0.

Die darin enthaltenen Angaben betreffend 'gefälschter Unterlagen' beziehen sich auf Tatsachen, die sich im Zuge der vorhergehenden Visaverfahren bei der Österreichischen Botschaft Bangkok ergeben haben. So hatte T. zuletzt am 4.4.1997 einen Antrag auf Erteilung eines Visums gestellt und dabei ein Einladungsschreiben des Präsidialbüros des Bürgermeisters ... vorgelegt. Ein Anruf der Österreichischen Botschaft beim Präsidialbüro ergab, dass ein solches Schreiben nie ausgestellt worden war. Daraufhin wurden die bei den vorhergehenden Anträgen 1994, 1995 und 1996 vorgelegten Einladungsschreiben der Firma Ö. ... AG durch die Österreichische Botschaft überprüft. Der Rechtsvertreter der Firma bestätigte in einem Schreiben an die Botschaft, dass diese Einladungen von der Firma nie ausgesprochen worden waren.

Mit dem Formular A2 wurde am 15.01.1999 die Bundespolizeidirektion zur Inlandserhebung aufgefordert. Das Erhebungsergebnis wurde am 26.01.1999 rückgemittelt. Mit Formular B0 wurde die negative Stellungnahme der Abteilung III/16 an die Österreichische Bangkok übermittelt."

Beilage 3 war ein Aktenvermerk vom 24. Juli 2002 über eine Besprechung des Beschwerdeführers mit einem Beamten derselben Abteilung an diesem Tag, der (im Wesentlichen) lautet:

"...

Zu dem 'gefälschten' Unterstützungsschreiben des Bgm. ... :

Dieses Unterstützungsschreiben wurde im guten Glauben auf eine diesbezügliche 'Verbindung mit dem Rathaus' von einem entfernten Verwandten von mir (Sohn der Halbschwester) besorgt. Mir wurde die Tatsache, dass das Schreiben nicht echt ist, erst durch die Vorladung zur Polizei bewusst.

Zu den Unterstützungsschreiben der Firma Ö. AG:

Die Visa in den Jahren 1995 und 1996 waren dazu gedacht, um meinem Bekannten bessere Berufsperspektiven zu eröffnen und ihm beispielsweise eine Beschäftigung bei einer internationalen Firma in Thailand zu ermöglichen. Die Bestätigung über das Interesse der Firma Ö. AG waren mündlich mit Vorstandsdirektor Dipl. Ing. F. abgesprochen. Bedingung war, dass der Firma keine Kosten entstünden und ich nur das FAX-Papier verwende. Diese Erklärungen habe ich jeweils selbst vom Büro der Firma Ö. AG an die ÖB Bangkok gefaxt. Zweck dieser Unterstützungserklärungen war, die beantragte längere Aufenthaltsdauer zu untermauern. Allerdings wurde dieser Zeitraum von meinem Bekannten bei seinen früheren Besuchen nie ausgeschöpft.

..."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. März 2003 wies die belangte Behörde - soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren von Bedeutung - das Begehren des Beschwerdeführers, die mitbeteiligte Partei zur Löschung der rechtswidrigerweise verarbeiteten, falschen Daten aus der "VISION (VISA INQUIRY OPEN-BORDER NETWORK)" Datenanwendung zu verpflichten, gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 2 Datenschutzgesetz (DSG) 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 136/2001 (DSG 2000), ab.

In der Begründung dieses Bescheides ging sie von folgendem Sachverhalt aus (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"T. ist thailändischer Staatsangehöriger.

Er hatte sich bereits in den Jahren 1994, 1995 und 1996 nach Erteilung eines Sichtvermerkes rechtmäßig in Österreich aufgehalten. Als (er) beabsichtigte, noch ein weiteres, viertes Mal nach Österreich einzureisen, stellte er am 15. Jänner 1999 an die Österreichische Botschaft in Bangkok einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes. Diesem Antrag schloss er ein Einladungsschreiben des Präsidialbüros des Bürgermeisters Dr. (...) an. Nachforschungen der Österreichischen Botschaft Bangkok beim Präsidialbüro Dr. (...) ergaben jedoch, dass ein solches Schreiben nie ausgestellt worden war. Daraufhin wurden auch die bei den vorhergegangenen Anträgen des T. aus den Jahren 1994, 1995 und 1996 vorgelegten Einladungsschreiben der Firma Ö. AG durch die Österreichische Botschaft einer näheren Prüfung unterzogen. Auch hier bestätigte der Rechtsvertreter dieser Firma in einem Schreiben an die Österreichische Botschaft, dass diese Einladungen von der Firma Ö. AG niemals ausgesprochen worden waren.

Die daraufhin (von der mitbeteiligten Partei) mit dem (Beschwerdeführer) am 24. Juli 2002 durchgeführte Einvernahme ergab, dass (er) das 'Einladungsschreiben des Herrn Bürgermeisters Dr. (...)' über einen mit ihm entfernt Verwandten, der über eine 'Verbindung mit dem Rathaus' verfüge, 'im guten Glauben' besorgt habe.

Bezüglich der 'Einladungsschreiben der Firma Ö. AG' gab der (Beschwerdeführer) zu, dass er diese - wenn auch angeblich nach Absprache mit dem Vorstandsdirektor - unter Verwendung des FAX-Papiers der Firma selbst verfasst habe (vgl. den über die Einvernahme mit dem (Beschwerdeführer) aufgenommenen Aktenvermerk (...) vom 24.7.2002).

Auf Grund dieses Sachverhaltes wurde in der VISION-Datenbank (der mitbeteiligten Partei) hinsichtlich beider (Personen) der Vermerk 'legte nachweislich gefälschte Unterlagen vor' angebracht.

Konkret waren (...) folgende Daten in der Datenanwendung VISION gespeichert:

Unter dem Namen des T. ist (bei Formular A0 und Formular A2) der (Beschwerdeführer) gleichsam als 'Zusatzinformation' ... unter der Eigenschaft 'Hinweise der Mitgliedstaaten' (Nr. 022) bzw. 'Referenzen' (Nr. 917 - 937) genannt. Unter 'Sonstiger Rückfragegrund' (Nr. 944) sind sodann für die Einreise- und Aufenthaltsberechtigung bedeutsame Daten enthalten, wie Angaben über den Einlader, wobei auch das Datum 'legte nachweislich gefälschte Unterlagen vor' in dieser Spalte aufscheint. Damit wird im Zusammenhang deutlich, dass sich dieses Datum sowohl (und in erster Linie) auf den (Beschwerdeführer) als Einlader als auch auf T. bezieht."

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach auszugsweiser Wiedergabe des § 99 Abs. 1 FrG 1997 sowie der Bestimmungen des DSG 2000 aus, entscheidend sei, ob der vom Beschwerdeführer angeführte Vermerk "legte nachweislich gefälschte Unterlagen vor" in der Datenanwendung "VISION" der belangten Behörde ein "richtiges" und damit der Wahrheit entsprechendes oder ein im Sinne des § 27 Abs. 2 DSG 2000 "unrichtiges" und somit "falsches" Datum sei. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers werde im (in der Begründung auszugsweise wiedergegebenen) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 2001, Zl. 99/21/0226, nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Beschwerdeführer oder T. keine gefälschten Unterlagen vorgelegt hätten.

Auch aus der Zurücklegung der Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer durch die Staatsanwaltschaft Wien gemäß § 90 StPO könne nicht abgeleitet werden, dass keine gefälschten Unterlagen eingebracht worden seien. Die Zurücklegung der Strafanzeige gebe lediglich an, dass die Staatsanwaltschaft keinen Grund zu einer weiteren Verfolgung sehe. So bedeute ein Einstellungsbeschluss nach § 90 StPO - wenn der Verdächtige noch nicht gemäß § 38 StPO vernommen worden sei - nur das Unterbleiben weiterer Vorerhebungen. Eine Verfahrenseinstellung gemäß § 90 StPO habe nur dann die Wirkung einer rechtskräftigen Beendigung eines Strafverfahrens, wenn während der Vorerhebungen eine bestimmte Person vom Gericht als einer strafbaren Handlung verdächtig vernommen oder zur Vernehmung geladen oder in Verwahrung oder Haft genommen worden sei.

Nach dem historischen Willen des Gesetzgebers sei für die Bestandteile des Personendatensatzes nach § 99 Abs. 1 Fremdengesetz (FrG) 1997, BGBl. I Nr. 75, entscheidend, dass diese "Bedeutung für die Einreise- oder Aufenthaltsberechtigung haben" (mit Hinweis auf die EB zur RV zu § 75 FrG 1992, welcher nach den EB zur RV zu § 99 FrG 1997 in seinen wesentlichen Bestandteilen durch die Novelle 1997 übernommen worden sei). Ob ein "richtiges" oder ein "falsches" Datum in der Datenanwendung Vision gespeichert sei, sei daher nach dieser von § 99 FrG 1997 vorausgesetzten Bedeutung für die Einreise- oder Aufenthaltsberechtigung zu prüfen. Bei dieser Prüfung komme die belangte Behörde auf Grund der schlüssigen und glaubwürdigen Stellungnahme der mitbeteiligten Partei im Verfahren zum Ergebnis, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden in der Tat um Fälschungen gehandelt habe. Zudem stelle § 99 FrG 1997 für die Berechtigung der Fremdenpolizeibehörden zur Verarbeitung der genannten Daten nicht auf die subjektive Vorwerfbarkeit, sondern lediglich auf das objektive Vorliegen einer Tatsache ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf "Löschung bzw. Richtigstellung der rechtswidrigerweise verarbeiteten, falschen Daten aus der 'VISION' Datenanwendung" verletzt.

Seinen Ausführungen zur Rechtswidrigkeit des Inhaltes stellt er zunächst auf Sachverhaltsebene voran, es sei nicht festgestellt worden, dass er als "Einlader" die als gefälscht angenommenen Einladungsschreiben der Behörde (gemeint: der Österreichischen Botschaft in Bangkok) "vorgelegt" habe. "Er hat sie bei genauer Analyse der Sachverhaltskonstatierungen lediglich an den thailändischen Staatsbürger T. weitergeleitet". Des Weiteren bringt er vor, gemäß § 99 FrG 1997 sei nur die Verarbeitung von personenbezogenen Daten gestattet, soweit sie sich auf den Fremden bezögen. Dies liege im konkreten Fall nicht vor, weil es sich bei dem Datum "Einlader legte nachweislich gefälschte Unterlagen vor" nicht um personenbezogene Daten des Fremden, sondern "ausschließlich" um den Beschwerdeführer betreffende Daten handle. Dafür gebe es keine rechtliche Deckung, sodass diese Art der Datenverarbeitung rechtswidrig und zu löschen sei. Überdies handle es sich um ein "falsches" Datum, weil die als gefälscht angenommenen Unterlagen nicht vom Beschwerdeführer, sondern von T. "als Verfahrenspartei" vorgelegt worden seien.

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt er ins Treffen, die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, er habe nachweislich gefälschte Unterlagen vorgelegt, sei nicht nachvollziehbar. Die belangte Behörde habe sich mit den angeblich gefälschten bzw. angeblich vorgelegten Schriftstücken selbst nicht befasst und sich diese nicht vorlegen lassen. Die Einstellung des Strafverfahrens gegen ihn gemäß § 90 StPO habe Indizwirkung dahingehend, Zweifel an der Richtigkeit der gegen ihn erhobenen Vorwürfe aufkommen zu lassen. Eine genaue Überprüfung durch Einsicht in die Akten der Staatsanwaltschaft Wien und der Bundespolizeidirektion Wien sei notwendig.

Weiters sei ihm nicht Parteiengehör zur (als schlüssig und glaubwürdig dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten) Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 21. August 2002 gewährt worden. Er habe daher die darin aufgestellten Behauptungen nicht widerlegen können.

Die maßgeblichen Bestimmungen des DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, lauten:

"Publizität der Datenanwendungen Datenverarbeitungsregister

§ 16. (1) Bei der Datenschutzkommission ist ein Register der Datenanwendungen zum Zweck der Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit und zum Zweck der Information der Betroffenen eingerichtet.

...

Meldepflicht des Auftraggebers

§ 17. (1) Jeder Auftraggeber hat, soweit in den Abs. 2 und 3 nicht anderes bestimmt ist, vor Aufnahme einer Datenanwendung eine Meldung an die Datenschutzkommission mit dem in § 19 festgelegten Inhalt zum Zweck der Registrierung im Datenverarbeitungsregister zu erstatten. ...

...

     Recht auf Richtigstellung oder Löschung

     § 27. (1) Jeder Auftraggeber hat unrichtige oder entgegen den

Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtig zu

stellen oder zu löschen, und zwar

     1.        aus eigenem, sobald ihm die Unrichtigkeit von Daten

oder die Unzulässigkeit ihrer Verarbeitung bekannt geworden ist, oder

     2.        auf begründeten Antrag des Betroffenen.

Der Pflicht zur Richtigstellung nach Z 1 unterliegen nur solche Daten, deren Richtigkeit für den Zweck der Datenanwendung von Bedeutung ist. Die Unvollständigkeit verwendeter Daten bewirkt nur dann einen Berichtigungsanspruch, wenn sich aus der Unvollständigkeit im Hinblick auf den Zweck der Datenanwendung die Unrichtigkeit der Gesamtinformation ergibt. Sobald Daten für den Zweck der Datenanwendung nicht mehr benötigt werden, gelten sie als unzulässig verarbeitete Daten und sind zu löschen, es sei denn, dass ihre Archivierung rechtlich zulässig ist und dass der Zugang zu diesen Daten besonders geschützt ist. Die Weiterverwendung von Daten für einen anderen Zweck ist nur zulässig, wenn eine Übermittlung der Daten für diesen Zweck zulässig ist; die Zulässigkeit der Weiterverwendung für wissenschaftliche oder statistische Zwecke ergibt sich aus den §§ 46 und 47.

(2) Der Beweis der Richtigkeit der Daten obliegt - sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist - dem Auftraggeber, soweit die Daten nicht ausschließlich auf Grund von Angaben des Betroffenen ermittelt wurden.

...

Beschwerde an die Datenschutzkommission

§ 31. (1) ...

(2) Zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen ... auf Löschung nach diesem Bundesgesetz ist die Datenschutzkommission dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist."

§ 99 FrG 1997 in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Kraft stehenden Stammfassung BGBl. I Nr. 75/1997 lautet auszugsweise:

"Zentrale Informationssammlung; Ermittlung,

Verarbeitung und Übermittlung

§ 99. (1) Die Fremdenpolizeibehörden dürfen Namen, Geschlecht, frühere Namen, Geburtsdatum, Geburtsort und Wohnanschrift, Staatsangehörigkeit, Namen der Eltern und Aliasdaten (Grunddatensatz) eines Fremden ermitteln und im Rahmen einer Zentralen Informationssammlung samt allenfalls vorhandenen Fahndungsdaten und erkennungsdienstlichen Daten sowie jene personenbezogenen Daten des Fremden verarbeiten, die für dessen Einreise- und Aufenthaltsberechtigung sowie für die Zulässigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft maßgeblich sind oder sein können (Personendatensatz). Personenbezogene Daten Dritter dürfen nur verarbeitet werden, wenn bei Fahndungsabfragen deren Auswählbarkeit aus der Gesamtmenge der gespeicherten Daten nicht vorgesehen ist.

(2) ...

(3) In Auskünften gemäß § 11 des Datenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 565/1978, die aus der Datenverarbeitung gemäß Abs. 1 verlangt werden, haben die Fremdenpolizeibehörden auch jede andere Behörde zu nennen, die gemäß Abs. 1 Daten des Antragstellers, auf die der Zugriff nicht gesperrt ist, in der Zentralen Informationssammlung verarbeitet. Davon kann Abstand genommen werden, wenn der Umstand dem Antragsteller bekannt ist."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, bei dem in der VISION-Datenanwendung gespeicherten Datum "legte nachweislich gefälschte Unterlagen vor" handle es sich um ein richtiges Datum, zu dessen Verarbeitung die mitbeteiligte Partei gemäß § 99 FrG 1997 berechtigt war.

Dem hält der Beschwerdeführer einerseits entgegen, dass dieses Datum falsch sei, weil ihm die Vorlage gefälschter Unterlagen nicht vorgeworfen werden könne, andererseits, dass die mitbeteiligte Partei gemäß § 99 FrG 1997 nur berechtigt sei, personenbezogene Daten Fremder zu verarbeiten. Er sei jedoch kein Fremder im Sinne des Fremdengesetzes.

Soweit der Beschwerdeführer zunächst eine Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, ist ihm zu entgegnen, dass die belangte Behörde ihm nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten nachweislich Gelegenheit zur Stellungnahme zum Schreiben der mitbeteiligten Partei eingeräumt (Zustellung dieses Schreibens am 27. September 2002 gemäß § 16 Abs. ZustG an einen Mitbewohner) und der Beschwerdeführer auch mit fernschriftlichem Schreiben vom selben Datum eine Replik erstattet hat.

Die belangte Behörde ist zur Frage der Richtigkeit der verarbeiteten Daten der von ihr als schlüssig und glaubwürdig erkannten Stellungnahme der mitbeteiligten Partei gefolgt. Diese Beurteilung begegnet auch aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes keinen Bedenken, hat doch der Beschwerdeführer nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten (Aktenvermerk vom 24. Juli 2002) jedenfalls die (nur auf deren Briefpapier verfassten) Unterstützungserklärungen der Ö. AG direkt an die Österreichische Botschaft Bangkok weitergeleitet, und nicht nur - wie er dies sachverhaltsbezogen in der Beschwerde vorbringt -

an T. zu dessen Verwendung weitergegeben. Ob diesem Verhalten aus strafrechtlicher Sicht Bedeutung derart zukommt, dass es auch tatsächlich zu einer strafgerichtlichen Verfolgung (und Verurteilung) führt, ist hingegen nicht von Bedeutung.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, § 99 FrG 1997 gestatte nur die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, soweit sie sich auf Fremde bezögen. Das Datum "Einlader legte nachweislich gefälschte Unterlagen vor" betreffe aber nicht die Daten eines Fremden, sondern beziehe sich "ausschließlich" auf den Beschwerdeführer.

Dazu ist festzuhalten, dass neben bestimmten Daten (dem sog. "Grund-" und "Personendatensatz") eines Fremden gemäß § 99 Abs. 1 erster Satz FrG 1997 nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung auch personenbezogene Daten "Dritter", d.h. aller von dem (in einem Datensatz genannten) Fremden verschiedenen Personen unter den dort genannten Voraussetzungen verarbeitet werden dürfen. Dass diese nicht vorlägen, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf.

Die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. April 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003060133.X00

Im RIS seit

19.05.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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