TE Vwgh Erkenntnis 2006/4/26 2003/08/0235

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Veröffentlicht am 26.04.2006
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §53a idF 1998/I/138;
B-VG Art140 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der M GmbH in K, vertreten durch Dr. Helmut Malek, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Dinstlstraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 17. Oktober 2003, Zl. GS8-SV-135-2003, betreffend Dienstgeberbeitrag gemäß § 53a ASVG (mitbeteiligte Partei:

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Dr. Karl-Renner-Promenade 14-16), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 22. Mai 2003 wurde die beschwerdeführende Partei verpflichtet, für alle bei ihr gemäß § 5 Abs. 2 ASVG geringfügig beschäftigten Personen für das Kalenderjahr 2002 einen Dienstgeberbeitrag von EUR 7.350,51 zu entrichten.

Dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges und Wiedergabe des Einspruchsvorbringens im Wesentlichen aus, dass die Verwaltungssache der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Vorschreibung eines pauschalierten Dienstgeberbeitrages gemäß § 53a ASVG für die Jahre 1998 bis 2001 ein Anlassfall im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, welches zur teilweisen Aufhebung des § 53a ASVG in der Fassung der 55. ASVG-Novelle, BGBl. I Nr. 138/1998, mit Ablauf des 31. März 2003 geführt habe, gewesen sei. Aus dem Einspruch gehe nicht hervor, aus welchem Grund sich die beschwerdeführende Partei betreffend die verfahrensgegenständliche Vorschreibung des pauschalierten Dienstgeberbeitrages gemäß § 53a ASVG für das Jahr 2002 in ihren Rechten verletzt erachte. Die Behauptung der Rechtsunrichtigkeit des erstinstanzlichen Bescheides wegen Widerspruchs mit der Bestimmung des Art. 140 Abs. 7 B-VG lasse jedoch erkennen, dass die beschwerdeführende Partei vermeine, die Anlassfallwirkung "im § 53a ASVG-Verfahren für die Jahre 1998 bis 2001 wirke sich auf das § 53a ASVG-Verfahren für das Jahr 2002 aus". Gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG trete die Aufhebung am Tage der Kundmachung in Kraft, wenn nicht der Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten eine Frist bestimmt habe. Nach Art. 140 Abs. 7 B-VG sei in dem Fall, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt habe, das (aufgehobene) Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des "Anlassfalles" anzuwenden. Ein unter Fristsetzung aufgehobenes Gesetz sei während dieses Zeitraums einem verfassungsrechtlich einwandfreien Bestandteil der Rechtsordnung gleichzuhalten und eine als verfassungswidrig erkannte Gesetzesstelle könne nicht - wie im gegenständlichen Verfahren offensichtlich beabsichtigt - neuerlich Gegenstand eines Gesetzesprüfungsverfahrens sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei macht geltend, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 7. März 2003 (richtig: 7. März 2002), G 219/01, die Bestimmung des § 53a ASVG in der Fassung der 55. ASVG-Novelle, BGBl. I Nr. 138/1998, zum Teil als verfassungswidrig aufgehoben habe. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren zu G 219/01 habe am 7. März 2002 begonnen. Die "seinerzeit" von der beschwerdeführenden Partei eingebrachte Beschwerde sei am 21. Februar 2002, sohin vor Beratungsbeginn, beim Verfassungsgerichtshof eingelangt und sei daher zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig gewesen. Diese Beschwerde stehe daher jedenfalls einem Anlassfall gleich. Dies habe der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11. Juni 2003 (richtig: 11. Juni 2002), B 258/02-6, auch ausdrücklich hervorgehoben. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. März 2003 (richtig: 7. März 2002, G 219/01, mit dem § 53a ASVG in der Fassung der 55. ASVG-Novelle (teilweise) aufgehoben wurde, habe insoferne rückwirkende Kraft, als es auf den Anlassfall nicht anzuwenden sei. Stütze sich ein beim Verwaltungsgerichtshof angefochtener Bescheid auf ein verfassungswidriges Gesetz, sei dieser wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass sich die von der beschwerdeführenden Partei beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde, über die der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11. Juni 2002 entschieden hat, auf die mit einem anderen Bescheid erfolgte Festsetzung der pauschalierten Dienstgeberbeiträge für die Jahre 1998 bis 2001 bezogen hat. Im vorliegenden Fall ist jedoch ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der pauschalierten Dienstgeberbeiträge gemäß § 53a ASVG für das Kalenderjahr 2002 zu beurteilen; eine Anlassfallwirkung im Sinne des Artikel 140 Abs. 7 B-VG kann schon insofern nicht in Betracht kommen, als der angefochtenen Bescheid mehr als eineinhalb Jahre nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ergangen ist.

Der angefochtene Bescheid stützt sich in materieller Hinsicht auf § 53a ASVG in der Fassung der 55. ASVG-Novelle und somit auf jene Rechtsnorm, die vom Verfassungsgerichtshof in seinem bereits mehrfach zitierten Erkenntnis vom 7. März 2002, VfSlg. 16.474, teilweise als verfassungswidrig aufgehoben wurde, wobei jedoch für das Inkrafttreten der Aufhebung eine Frist bis zum Ablauf des 31. März 2003 festgesetzt wurde. Auf den verfahrensgegenständlichen Zeitraum - das Kalenderjahr 2002 - war diese Bestimmung daher gemäß Artikel 140 Abs. 7 B-VG weiterhin anzuwenden.

Dass die Bemessung des Dienstgeberbeitrages gemäß § 53a ASVG unrichtig erfolgt wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Auch wird - obgleich die Aufhebung des angefochtenen Bescheides auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird - in der Beschwerde nicht dargelegt, welche Verfahrensmängel nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei vorliegen. Solche sind auch nicht erkennbar.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 26. April 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003080235.X00

Im RIS seit

05.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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