TE Vwgh Erkenntnis 2006/4/26 2001/04/0125

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Veröffentlicht am 26.04.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/04 Berufsausbildung;

Norm

AusbildungsO Maschinenbautechnik 1999 §14 Abs4;
AVG §58 Abs2;
BAG 1969 §30 Abs1 idF 1997I/I067;
BAG 1969 §30 Abs2 idF 1997I/I067;
BAG 1969 §30 Abs3 idF 1997I/I067;
BAG 1969 §30 Abs5 idF 1997I/I067;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (Lehrwerkstätte für metallverarbeitende Berufe in Krumpendorf), vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Gustav Teicht / Dr. Gerhard Jöchl Partnerschaft in 1010 Wien, Ebendorferstraße 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 29. Mai 2001, GZ: 34.050/29-III/A/3/01, betreffend Berufsausbildungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"Über das Ansuchen des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Lehrwerkstätte für metallverarbeitende Berufe, Hauptstraße 159, 9201 Krumpendorf, im Rahmen der besonderen selbstständigen Ausbildungseinrichtung gemäß § 30 Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969 i.d.g.F., die Ausbildung vom Lehrberuf Maschinenschlosser auf den Lehrberuf Maschinenbautechnik umzustellen und unter Berücksichtigung der mit den Bescheiden vom 18. Juni 1970 (GZ: 141.476-II-11a/70), vom 31. Jänner 1977 (GZ: 34.042/1-III/1a/77), vom 3. Juli 1981 (GZ: 34.042/2- III/1a/91) und vom 9. Dezember 1999 (GZ: 34.050/69-III/A/3/99) erteilten Bewilligungen gemäß § 30 Berufsausbildungsgesetz, ergeht der folgende Bescheid:

Spruch:

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit erteilt gemäß § 30 Berufsausbildungsgesetz dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Lehrwerkstätte für metallverarbeitende Berufe, Hauptstraße 159, 9201 Krumpendorf, die Bewilligung zur Führung einer besonderen selbstständigen Ausbildungseinrichtung. Die Bewilligung bezieht sich auf die Ausbildung von insgesamt 75 Personen im Lehrberuf Maschinenbautechnik in sämtlichen Ausbildungsjahrgängen und wird bis zum Ablauf des 28. Februar 2005 erteilt.

Während der Ausbildung können die Auszubildenden im zweiten

Lehrjahr ein dreimonatiges Betriebspraktikum und im vierten

Lehrjahr ein sechsmonatiges Betriebspraktikum bei einem Partnerbetrieb absolvieren. Bei der Zuweisung der Auszubildenden an einen Partnerbetrieb ist das Prinzip der Zusätzlichkeit einzuhalten, das heißt, der Partnerbetrieb darf die Auswahl der bei ihm in Ausbildung stehenden Lehrlinge während der Ausbildung des Praktikanten nicht verringern.

Die Ausbildungsverhältnisse sind bei der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Kärnten in Form einer Liste unter Angabe sämtlicher in § 12 Abs. 3 Berufsausbildungsgesetz geforderter Angaben und unter Anschluss der einzelnen Ausbildungsverträge anzumelden. In den Ausbildungsverträgen ist der Hinweis aufzunehmen, dass die Übernahme in ein Lehrverhältnis bei einem Lehrberechtigten gemäß § 2 Berufsausbildungsgesetz angestrebt wird und der Auszubildende daran mitzuwirken hat. Die Auszubildenden sind nach Möglichkeit und mit Unterstützung der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Kärnten und des Arbeitsmarktservice Kärnten bei Lehrberechtigten gemäß § 2 Berufsausbildungsgesetz - vorzugsweise bei einem Partnerbetrieb - in reguläre Lehrverhältnisse unterzubringen. Gegebenenfalls kann dieser Lehrbetrieb mit der Lehrwerkstätte für metallverarbeitende Berufe einen Ausbildungsverbund gemäß § 2a Berufausbildungsgesetz eingehen. Falls in den Partnerbetrieben Ausbildungsinhalte vermittelt werden, die einen Ausbildungsverbund gemäß § 2a Berufsausbildungsgesetz bedingen, ist dies im jeweiligen Ausbildungsvertrag bzw. in der Liste, die gemäß § 30 Abs. 6 lit. a Berufsausbildungsgesetz an die Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Kärnten zu senden ist, zu vermerken.

Der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Kärnten und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ist am Ende jedes Lehrjahres ein Bericht über den Stand und die Gestaltung der Ausbildung und über erfolgte Überführungen von Auszubildenden in reguläre Lehrverhältnisse bei Lehrbetrieben vorzulegen.

Die Verwaltungsabgabe beträgt gemäß Tarifpost 1 der Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl. Nr. 24, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 146/2000 ATS 90,-- (EUR 6,54).

Die Begründung entfällt gemäß § 58 AVG 1991 i.d.g.F.

..."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastete, weil sie rechtsirrig die Tatbestandsvoraussetzungen für den Entfall einer Begründung nach § 58 Abs. 2 AVG als gegeben erachtet hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich ein in der Hauptsache dem Antrag der Partei stattgebender Bescheid auch angesichts der Vorschrift des § 58 Abs. 2 AVG zu begründen, wenn dabei - wie hier - belastende Nebenbestimmungen beigefügt werden (vgl. das Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, Zl. 93/10/0109, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Abgesehen davon ist die beschwerdeführende Partei in der Sache im Recht, wenn sie sich gegen die nur befristet erteilte Bewilligung und gegen die im Bescheid enthaltene Auflagenvorschreibung wendet.

§ 30 des Berufsausbildungsgesetzes, BGBl. Nr. 142/1969 in der Fassung BGBl. I Nr. 67/1997, (im Folgenden: BAG) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Besondere selbständige Ausbildungseinrichtungen

§ 30. (1) Das Ausbilden von Personen in einem Lehrberuf in besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtungen, die weder von einem Lehrberechtigten geführt werden, noch Schulen oder im § 29 angeführte Anstalten sind, bedarf einer Bewilligung.

(2) Die Bewilligung gemäß Abs. 1 ist vom Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie zu erteilen, wenn

a) die Organisation und Ausstattung der Ausbildungseinrichtung die Vermittlung aller für die praktische Erlernung des betreffenden Lehrberufes nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse ermöglicht,

b) für die erforderliche Anzahl von Personen, die die persönlichen Voraussetzungen für das Ausbilden von Lehrlingen besitzen, vorgesorgt ist,

c) die Gestaltung der Ausbildung im wesentlichen dem Berufsbild des betreffenden Lehrberufes und das Ausbildungsziel den in der Prüfungsordnung dieses Lehrberufes gestellten Anforderungen entspricht und die Ausbildung mit der Ablegung der Lehrabschlussprüfung abgeschlossen wird,

d) glaubhaft gemacht wird, dass die Führung der Ausbildungseinrichtung für mehrere Jahre mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit sichergestellt ist, und

e) für die Wirtschaft und die Lehrstellenbewerber ein Bedarf nach einer selbständigen Ausbildungseinrichtung besteht und die Ausbildung von Lehrstellenbewerbern im betreffenden Lehrberuf in betrieblichen Lehrverhältnissen nicht gewährleistet ist.

(3) Die erstmalige Bewilligung ist unter Bedachtnahme auf die Lehrzeit der beantragten Lehrberufe auf die Dauer des längsten der beantragten Lehrberufe zu erteilen. Sodann ist die Bewilligung unbefristet zu erteilen."

Der § 14 Abs. 4 der Maschinenbautechnik-Ausbildungsordnung, BGBl. II Nr. 337/1999, bestimmt:

"(4) Die Lehrzeiten, die im Lehrberuf Maschinenschlosser entsprechend den in Abs. 1 angeführten Ausbildungsvorschriften zurückgelegt wurden, sind auf die Lehrzeit im Lehrberuf Maschinenbautechnik voll anzurechnen."

Hinsichtlich der nur befristet erteilten Bewilligung ist im Beschwerdefall auslegungsbedürftig, was unter "erstmalige Bewilligung" zu verstehen ist.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der beschwerdeführenden Partei (bereits) mit Bescheid vom 18. Juni 1970 die Bewilligung zur Ausbildung von jeweils durchschnittlich 55 Personen in sämtlichen Ausbildungsjahrgängen im Lehrberuf Maschinenschlosser in der besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtung in Krumpendorf erteilt wurde. Bezogen auf diese Bewilligung wurde zuletzt mit Bescheid vom 9. Dezember 1999 das Kontingent der Ausbildungsplätze von (früher) 66 auf insgesamt 75 erhöht.

Mit der Maschinenbautechnik-Ausbildungsordnung, BGBl. II Nr. 337/1999, wurden die Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf Maschinenschlosser, BGBl. Nr. 73/1972 in der Fassung der Verordnung BGBl. Nr. 291/1979, durch jene für "Maschinenbautechnik" ersetzt.

Zutreffend geht die beschwerdeführende Partei davon aus, dass es sich in ihrem Fall nicht um eine "erstmalige Bewilligung", sondern um eine "Weiterführung" einer besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtung handelt.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass es nicht auf die bloß neue Bezeichnung eines Lehrberufes ankommen kann, sondern auf eine inhaltliche Betrachtung; würde doch sonst durch eine bloße Umbenennung eines Lehrberufes durch den Verordnungsgeber (hinsichtlich der Ausbildungsordnung) in bestehende Rechte eingegriffen werden können, was dem Gesetzgeber bei der Regelung des § 30 Abs. 2 BAG nicht unterstellt werden kann. Ob nun die belangte Behörde von einer solchen inhaltlichen Betrachtungsweise ausgegangen ist, kann nicht nachgeprüft werden, weil sie, wie schon gesagt, rechtwidrig von einer Begründung Abstand genommen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof ist aber auch der Auffassung, dass es sich im Beschwerdefall (inhaltlich) nicht um einen "neuen" Lehrberuf handelt, der (jedenfalls) eine "erstmalige Bewilligung" bedinge, sondern um eine solche Weiterführung eines bisher bestandenen Lehrberufes durch dessen Neugestaltung, dass in der Konstellation des Beschwerdefalles nicht von einer "erstmaligen Bewilligung" gesprochen werden kann.

Die oben zitierte Übergangsvorschrift des § 14 Abs. 4 der Maschinenbautechnik-Ausbildungsordnung zeigt nämlich, dass der Lehrberuf Maschinenbautechnik insofern kein "neuer" Lehrberuf ist, sondern eine Weiterführung eines bisher bestehenden Lehrberufes darstellt, weil diese Übergangsvorschrift die volle Anrechnung der Lehrzeiten im Lehrberuf Maschinenschlosser vorsieht. In diesem Sinne spricht auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift von einer "modernisierten Ausbildung".

Für eine derartige Sicht sprechen auch die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 BAG. Ist es doch offenkundiger Zweck der mit BGBl. I Nr. 67/1997 eingeführten Befristung des § 30 Abs. 3 leg. cit., dass bei einer erstmaligen Bewilligung die Voraussetzungen des Abs. 2 noch nicht auf Dauer sichergestellt sind. Derartiges ist bei einer bloßen Umgestaltung (oder nach den Worten der belangten Behörde "Modernisierung") eines Lehrberufes - bei einer typisierenden Betrachtungsweise - nicht gegeben.

Der angefochtene Bescheid erweist sich aber auch hinsichtlich der Auflagenvorschreibung als rechtswidrig. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/04/0110, VwSlg. 15.015/A, ausgesprochen hat, ist für die Vorschreibung von Auflagen anlässlich der Erteilung der Bewilligung nach dem BAG kein Raum (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1999, Zl. 99/04/0012, mit dem der damals angefochtene Bescheid der auch nunmehr belangten Behörde deshalb aufgehoben werden musste, weil die im Erkenntnis vom 11. November 1998 unzweideutig geäußerte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes missachtet und wiederum die erteilte Bewilligung mit der Vorschreibung von Auflagen verbunden wurde).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Die Umrechnung beruht auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.

Wien, am 26. April 2006

Schlagworte

Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Allgemein Besondere Rechtsgebiete Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2 Verfahrensbestimmungen Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2001040125.X00

Im RIS seit

26.05.2006

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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