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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GewO 1994 §359c;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der Mag. K und des J, beide in G, beide vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 4. September 2001, Zl. 319.868/7- III/A/9/01, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: S GesmbH in G, vertreten durch Dr. Alfred Lind und Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 22), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 3. März 1999, Zl. 98/04/0114, und vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0107, verwiesen.
Der Spruch des (neuerlich) als Ersatzbescheid ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides, lautet wie folgt:
"Der Auflagenpunkt 1 des angefochtenen Bescheides wird behoben.
Die Betriebsbeschreibung wird folgendermaßen spezifiziert:
'Die Betriebszeiten haben zu lauten:
Montag bis Freitag von 6.00 bis 20.00 Uhr
Samstag von 6.00 Uhr bis 18.00 Uhr.
Der gesamte Bereich der für Kfz-Fahrten vorgesehenen Flächen wird asphaltiert. Die Asphaltierung wird - abgesehen von für das Ablaufen von Regenwasser erforderlichen geringfügigen Krümmungen - plan ausgeführt und auch nur mit schwachen Krümmungen und kantenfrei im Bereich der Zu- und Abfahrt an die Befestigung der Bezirksstraße angeschlossen.
Die Servicehalle verfügt in ihrer Gesamtheit über ein mittleres Schalldämmmaß von mindestens 24 dB. Die zwischen Lagerhalle und Servicehalle geplante Schutzmauer wird in sich dicht ausgeführt und dicht an die Lagerhalle und dicht an die Servicehalle angeschlossen. Diese Schutzmauer reicht mindestens bis zur Höhe der Traufe der Lagerhalle bzw. der Servicehalle d.h. mindestens bis zur Höhenkote 399,20 und weist ein mittleres Schalldämmmaß von mindestens 21 dB auf. Die in Richtung Liegenschaft Mag. Kraus weisenden Servicehallentore verfügen über ein mittleres Schalldämmmaß von mindestens 20 dB.
Waschvorgänge in der Servicehalle werden nur bei vollständig geschlossenen Ein- und Ausfahrtstoren durchgeführt. Die Tore werden auch während des Warmlaufens von Lkw und der Durchführung sonstiger mit Lärm verbundener Arbeiten geschlossen gehalten.
Das ursprünglich Richtung Nachbarliegenschaft Schmidt geplante Freilager wird nicht errichtet.
Die Betriebsanlage dient - unter anderem - dem Abstellen von 20 Lkw-Zügen und 10 Baumaschinen."
In der Begründung dieses Bescheides werden der Aktenvermerk der technischen Amtssachverständigen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 5. Dezember 1997, das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 12. Februar 1998, die gutächtliche Äußerung des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vom 22. Juni 1999, die gutächtliche Äußerung des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vom 1. Oktober 1999, das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen vom 12. Jänner 2000 und die gutächtliche Äußerung des technischen Amtssachverständigen vom 7. März 2001 wiedergegeben.
Nach Zitierung von Rechtsvorschriften wird von der belangten Behörde als Erwägungsteil ausgeführt:
"Der Bescheid gründet sich auf die eindeutigen, klaren und schlüssigen Aussagen sowohl des gewerbetechnischen als auch des medizinischen Amtssachverständigen. Daraus ergibt sich, dass eine Beeinträchtigung der Nachbarn in Folge der Abschirmwirkung der geplanten Schutzwand und der Asphaltierung der zum Befahren vorgesehenen Flächen nicht zu erwarten ist. Auch der medizinische Sachverständige stellte fest, dass sich die betriebskausalen Emissionen im Rahmen des ortsüblichen Umgebungsgeräuschniveaus bewegen.
Der medizinische Sachverständige stellte insbesondere auch fest, dass die frühere Aussage, wonach für die Liegenschaft Werinos keine Beeinträchtigung des Wohlbefindens eines gesunden normal empfindenden Erwachsenen oder Kindes bzw. Gefährdung der Gesundheit durch tagsüber (6-22 Uhr) gegebene betriebskausale Lärmemissionen zu warten ist, bestätigt werden kann.
Es ergibt sich daher, dass nunmehr mit der spruchgemäßen Einschränkung der Betriebszeiten (Betriebsbeginn 6.00 Uhr Früh) sowie durch den Umstand, dass das ursprünglich geplante Freilager nicht zur Ausführung gelangt, mit einer Beeinträchtigung der Nachbarn in keiner Weise zu rechnen ist. Das Warmlaufen von Lkw vor 6.00 Uhr Früh ist nicht gestattet. Die Lärmdämmung der Baulichkeiten und der Tore wurde nunmehr eindeutig festgelegt.
Weiters wird - insbesondere für die Unterbehörde und die Volksanwaltschaft - festgehalten, dass die Anlage erst zu betreiben ist, wenn die Anlage und somit auch die Asphaltierung projekts- und auflagengemäß fertig gestellt ist."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit die Beschwerdeführer in der weitwendigen und wenig strukturierten Beschwerde geltend machen, dass die Spezifizierung der Betriebsbeschreibung nicht ausreiche, sondern eine entsprechende Auflagenvorschreibung hätte erfolgen müssen, sind sie nicht im Recht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedarf es nämlich nicht der Vorschreibung von Auflagen im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1994, soweit die Errichtung und der Betrieb der Betriebsanlage bereits durch die Betriebsbeschreibung vorherbestimmt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. September 2002, Zl. 2000/04/0063). Insofern reicht eine - wie hier - entsprechende "Spezifizierung" der Betriebsbeschreibung für die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hin, ohne dass die entsprechenden Vorkehrungen zusätzlich in Form von Auflagen "abgesichert" werden müssten.
Aber auch das inhaltliche Vorbringen, aus der Spezifizierung der Betriebsbeschreibung, wonach das ursprünglich geplante Freilager nicht errichtet werde, sei nicht abzuleiten, dass dieses Freilager nicht errichtet werden dürfe bzw. ein Freilager an anderer Stelle errichtet werden könne, vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Wird doch durch die Spezifizierung der Betriebsbeschreibung, wonach das ursprünglich geplante Freilager nicht errichtet werde, hinlänglich klargestellt, dass (eben) kein Freilager, gleichgültig an welcher Stelle, errichtet werden darf. Bedeutet doch jeder Betrieb einer Betriebsanlage, der in seiner Gestaltung von den im Genehmigungsbescheid (Betriebsbeschreibung) umschriebenen Projekt abweicht, eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage, der unter den Voraussetzungen des § 81 GewO 1994 einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedürfte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. November 2005, Zl. 2003/04/0104).
Letzteres hat auch für den Beschwerdevorwurf zu gelten, es sei nicht nachvollziehbar, wie Waschvorgänge in der Servicehalle nur bei vollständig geschlossenen Ein- und Ausfahrtstoren durchgeführt werden bzw. die Tore auch während des Warmlaufens von LKW und der Durchführung sonstiger mit Lärm verbundener Arbeiten geschlossen gehalten werden könnten. Eine Verletzung der Rechte der Beschwerdeführer als Nachbarn der Betriebsanlage vermag insofern nicht erkannt zu werden.
In diesem Zusammenhang ist hinsichtlich des Beschwerdevorwurfes eines - bezogen auf den Ablauf der Frist des § 359c GewO 1994 - nicht konsensgemäßen Betriebes anzumerken, dass es darauf bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht ankommt.
Der Beschwerde kommt jedoch insofern Berechtigung zu, als sie geltend macht, die Beschwerdeführer hätten nach Vorlage der nunmehr neuerlich eingeholten gutachtlichen Äußerung des gewerbetechnischen Amtssachverständigen eine schalltechnische Stellungnahme des Zivilingenieurs für technische Physik, Dipl. Ing. Dr. K., eingeholt, um auf gleicher fachlicher Ebene zu den Äußerungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen Stellung nehmen zu können. Diese Stellungnahme von Dipl. Ing. Dr. K. vom 20. April 2001 sei mit der Stellungnahme vom 23. April 2001 unter einem der belangten Behörde vorgelegt worden. Auf diese auf gleicher fachlicher Ebene stehende Stellungnahme des Dipl. Ing. Dr. K. gehe die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid begründend überhaupt nicht ein, sodass der Eindruck entstehe, als hätten die Beschwerdeführer diese Stellungnahme der Behörde überhaupt nicht vorgelegt.
Nach Ausweis der vorgelegten Akten trifft das Beschwerdevorbringen zu, dass mit der Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 23. April 2001 (zur neuerlich eingeholten gutächtlichen Äußerung des gewerbetechnischen Amtssachverständigen) eine schalltechnische Stellungnahme des Zivilingenieurs für technische Physik, Dipl. Ing. Dr. K. vorgelegt wurde. Zu dieser Stellungnahme findet sich in den vorgelegten Akten auch eine gutächtliche Äußerung des gewerbetechnischen Amtssachverständigen, die soweit ersichtlich, nicht dem Parteiengehör unterzogen wurde.
Es trifft nun weiters zu, dass die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf diese Stellungnahme des Dipl. Ing. Dr. K. (aber auch auf die Äußerung des gewerbetechnischen Amtssachverständigen dazu) in keiner Weise eingegangen ist.
Diese Begründungslücke hindert aber die Nachprüfung des Bescheides auf die inhaltliche Gesetzmäßigkeit, und zwar insbesondere hinsichtlich der in der Beschwerde geltend gemachten unrichtigen Annahme der Gesamtlärmsituation (und dem darauf aufbauenden weiteren Beschwerdevorbringen).
Der angefochtene Bescheid musste daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - ohne Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen - aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Die Umrechnung beruht auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.
Wien, am 26. April 2006
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2001040207.X00Im RIS seit
26.05.2006