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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
EStG 1988 §6 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Trefil, über die Beschwerde der S KG in K, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 1. Dezember 2000, Zlen. RV- 040.96/1-7/1996, RV-081.96/1-7/1996, RV 250/1-7/1998, RV 351/1- 7/1999 und RV 657/1-7/2000, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1989 bis 1998 sowie Gewerbesteuer für die Jahre 1989 bis 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anlässlich einer bei der beschwerdeführenden KG, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb einer Apotheke ist, durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde unter anderem festgestellt, dass die bereits im Jahr 1983 (von den Gesellschaftern der KG, einem Ehepaar) gepachtete Apotheke im Jahr 1989 gekauft worden sei. Der Kaufpreis habe sich aus einer Einmalzahlung, monatlichen Leibrenten und der Zusicherung eines lebenslänglichen Wohnrechtes zusammengesetzt. Der insgesamt mit S 6,296.790,-- in Ansatz gebrachte Kaufpreis sei auf geringwertige Wirtschaftsgüter (S 5.000,--), Grund und Boden (S 975.228,--), (Gebäude S 1,038.145,--) und die Apothekengerechtigkeit (S 4,278.417,--) aufgeteilt worden. Hinsichtlich der Apothekengerechtigkeit wurde festgestellt, dass diese "ins Anlageverzeichnis aufgenommen und verteilt auf 15 Jahre abgeschrieben" worden sei. Nach Ansicht des Prüfers handle es sich hiebei um ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Apotheke von den Käufern bereits seit dem Jahr 1983 gepachtet gewesen sei, der Ruf, der Kundenstock und das Personal - Faktoren, die für einen Firmenwert in Betracht zu ziehen seien - seien durch die jetzigen Besitzer schon seit Jahren durch die Betriebsführung entstanden. Es könne sich also nur um einen selbst geschaffenen Firmenwert handeln, der nicht kaufbar sei. Laut Apothekengesetz könne die Konzession verkauft "(Zurücklegung zu Gunsten einer bestimmten Person)" oder auch verpachtet werden. Da sich der Wert des erworbenen Rechtes im Lauf der Zeit nicht ändere, stelle die Konzession ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut dar. Eine Teilwertabschreibung erscheine auf Grund der Tatsache, dass ein relativ niedriger Kaufpreis bezahlt worden sei, nicht gerechtfertigt.
Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers und erließ für die streitgegenständlichen Abgaben und Zeiträume entsprechende Bescheide.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden dagegen erhobene Berufungen abgewiesen. Begründend wies die belangte Behörde darauf hin, dass gemäß § 8 Abs. 3 EStG 1988 die Anschaffungskosten eines Firmenwertes bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben und bei Gewerbebetrieben gleichmäßig auf 15 Jahre verteilt abzusetzen seien. Es stelle sich die Frage, wie der Begriff "Firmenwert" zu definieren sei und ob er auch den Erwerb von Konzessionen umfasse. In der Literatur werde ausgeführt, dass vom Firmenwert die sogenannten firmenwertähnlichen Wirtschaftsgüter zu unterscheiden seien. Darunter fielen im betrieblichen Gefüge für den Unternehmenswert bedeutsame immaterielle Wirtschaftsgüter, die neben dem Firmenwert einer eigenständigen Bewertung zugänglich seien. Sie könnten auch durch Zahlungen für die Zurücklegung von Berechtigungen erworben werden. Als Beispiel würden unter anderem die Konzessionen genannt. Im konkreten Fall sei zu bedenken, dass die Beschwerdeführerin die gegenständliche Apotheke bereits seit dem Jahr 1983 als Pächter betreibe. Der Ruf, den die Apotheke habe, sei im Jahre des Ankaufes 1989 also auf eigenes Wirken in diesen sechs Jahren zurückzuführen. Ebenso sei es mit dem "vorhandenen Kundenstock und dem eigenen Kundenstock". All diese Faktoren, die die Beschwerdeführerin als Ausdruck des Firmenwertes ansehe, habe sie gar nicht kaufen können, da es sich dabei um den eigenen Firmenwert gehandelt habe, den sie in den Jahren ab 1983 selbst geschaffen habe. Außerdem habe die Beschwerdeführerin den Kaufpreis an jemanden gezahlt, der die Apotheke auch vor 1983 nicht selbst betrieben habe, also nicht an den ehemaligen Pächter. Es sei daher davon auszugehen gewesen, dass ein Großteil des Kaufpreises "- wie auch von der steuerlichen Vertretung bilanziert -" auf die Apothekengerechtigkeit bzw. die Konzession entfallen sei. Da die erworbene Konzession ihren Wert behalte, sei eine Abschreibung nicht möglich.
Bezugnehmend auf einen am 15. November 2000 bei der belangten Behörde eingelangten Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 14. November 2000, in welchem im Wesentlichen darauf hingewiesen worden war, dass nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juli 2000, 2000/14/0111, ein im Kaufpreis enthaltener Kundenstock abnutzbar sei, und ein zum Zeitpunkt des Pachtvertrages jedenfalls vorhandener Firmenwert (Kundenstock und geschützte "Apothekenspezialitäten") abschreibbar gewesen sei, weist die belangte Behörde auch darauf hin, dass es "fraglich" sei, warum die Behörde eine Schätzung des Kaufpreises in Kundenstock und "Apothekenspezialitäten" (dieser mache nach Ansicht der steuerlichen Vertretung etwa die Hälfte des Firmenwertes aus) vornehmen hätte sollen, wo doch eine "eindeutige Bilanzierung (Aufteilung des Kaufpreises in Grund und Boden, Gebäude sowie in Apothekenkonzession) vorgenommen" worden sei. Die (im erwähnten Schriftsatz enthaltenen) ergänzenden Ausführungen erschienen der belangten Behörde ausschließlich als Versuch, durch eine neue Aufteilung des Kaufpreises eine teilweise Stattgebung im konkreten Fall herbeizuführen. In seinem Erkenntnis vom 25. Jänner 2000, Zl. 94/14/0141, habe der Verwaltungsgerichtshof nämlich in einem vergleichbaren "Apothekenfall" ausgeführt, dass "diese Konzessionen ein firmenwertähnliches Wirtschaftsgut" darstellten, die keiner Abnutzung unterlägen. Auch dem Eventualantrag auf Anerkennung einer Teilwertabschreibung in den Folgejahren sei der Erfolg zu versagen. Umsatzeinbrüche hätten nach der Aktenlage nicht festgestellt werden können, im Gegenteil wäre es sogar zu Umsatzsteigerungen gekommen.
Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 25. September 2001 ablehnte und sie über nachträglichen Antrag der Beschwerdeführerin gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
In seinem Erkenntnis vom 26. Juli 2000, 2000/14/0111, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei einer Apothekenkonzession um ein vom Firmenwert verschiedenes Aktivum handelt, das keiner Abnutzung unterliegt.
Unter Berücksichtigung dieses Erkenntnisses, auf dessen Gründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, wird die Beschwerdeführerin in dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof als verletzt erachteten Recht auf Absetzung der Anschaffungskosten "von firmenwertähnlichen Wirtschaftsgütern" (Apothekenkonzession) nicht verletzt.
Nicht zu teilen vermag der Verwaltungsgerichtshof allerdings die Ansicht der belangten Behörde zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrem am 15. November 2000 bei der Behörde eingelangten Schriftsatz vom 14. November 2000, dass eine andere Aufteilung des Kaufpreises nicht erfolgen könne. Der Umstand der "eindeutigen Bilanzierung" steht einer allenfalls erforderlichen (anderen) Trennung des Kaufpreises nicht entgegen. Mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe nicht festgestellt, welchen (restlichen) Wert ein auch während des Pachtzeitraumes noch verbliebener Kundenstock sowie die "Spezialitäten" hätten, dieser liege aber "sicherlich bei mindestens der Hälfte des Firmenwertes," hat sich die belangte Behörde in keiner Weise auseinander gesetzt.
Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe zu Unrecht im Schätzungsweg eine den Verhältnissen des Einzelfalles gerecht werdende Aufteilung unterlassen, ist daher ebenso berechtigt wie die Rüge, die belangte Behörde habe sich unzureichend mit dem Vorbringen im Berufungsverfahren auseinandergesetzt.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. April 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2002140008.X00Im RIS seit
17.08.2006