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E1E;Norm
11997E010 EG Art10;Beachte
Vorabentscheidungsverfahren:* EU-Register: EU 2006/0001 8. November 2007 * EuGH-Zahl: C-221/06 Vorabentscheidungsverfahren:* Vorabentscheidungsantrag:EuGH 62006CJ0221 8. November 2007Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, in der Beschwerdesache 1. der Stadtgemeinde F und 2. der Gemeindebetriebe F-Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Eisenberger & Herzog, Rechtsanwaltssozietät in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 10. Jänner 2005, Zl. BMLFUW-UW.2.2.1/0086-VI/1/2004-Wa, betreffend Feststellung nach dem Altlastensanierungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt Graz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Stehen die Art. 10, 12, 23, 25, 49 oder 90 EG einer nationalen Abgabenvorschrift entgegen, welche die Ablagerung von Abfällen auf einer Deponie einer Abgabe (Altlastenbeitrag) unterwirft, aber eine Befreiung von dieser Abgabe für die Ablagerung von Abfällen vorsieht, die nachweislich im Zuge der Sicherung oder Sanierung von kontaminierten Flächen (Verdachtsflächen oder Altlasten) anfallen, wenn die Flächen (Verdachtsfläche oder Altlast) in im Gesetz vorgesehenen behördlichen Registern (Verdachtsflächenkataster oder Altlastenatlas) eingetragen sind, wobei in diese Register nur Flächen im Inland eingetragen werden können, sodass auch die Abgabenbefreiung nur für die Ablagerung von Abfällen möglich ist, die von im Inland gelegenen Verdachtsflächen oder Altlasten stammen?
Begründung
I. Sachverhalt:
Die Gemeindebetriebe F-Gesellschaft m.b.H. betreibt die Abfalldeponie F. Alleingesellschafterin der Gemeindebetriebe F-Gesellschaft m.b.H. ist die Stadtgemeinde F. Im vierten Quartal 2001 und im ersten Quartal 2002 wurden auf der Deponie
14.428 Tonnen aus Italien stammende Shredderabfälle abgelagert. Die Abfälle fielen im Zuge der Sanierung einer in der Gemeinde R in Italien gelegenen und im italienischen Regionalplan für die Sanierung von Altlasten (Gesetzesdekret 22/97, Art. 22, Dekret des Umweltministers 16/5/89) als sanierungsbedürftig ausgewiesenen Fläche an. Diese Fläche ist in Österreich nicht als Altlast im Altlastenatlas ausgewiesen. Die Verbringung der Abfälle nach Österreich wurde mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 27. Juni 2001 gemäß den Art. 3 - 5 der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (Verbringungsverordnung) sowie § 36 des österreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) genehmigt.
Mit Schreiben vom 30. August 2002, modifiziert mit Schreiben vom 10. April 2003, stellten die Stadtgemeinde F und die Gemeindebetriebe F-GesmbH (in der Folge: beschwerdeführende Parteien) bei der Bezirkshauptmannschaft G (im Folgenden: BH) den Antrag auf Feststellung, ob die auf der von der Gemeindebetriebe F-GesmbH betriebenen Deponie F im 4. Quartal 2001 und im
1. Quartal 2002 abgelagerten Abfälle, nämlich 14.428 Tonnen Shreddermaterial, die aus der Räumung einer in Italien gelegenen Altlast herrührten, dem Altlastenbeitrag nach dem österreichischen Altlastensanierungsgesetz unterliegen oder ob eine Altlastenbeitragsfreiheit nach § 3 Abs. 2 Z. 1 des Altlastensanierungsgesetzes gegeben sei.
Mit Bescheid der BH vom 11. Mai 2004 wurde festgestellt, dass die Abfälle nicht dem Altlastenbeitrag unterliegen.
Die BH vertrat die Auffassung, der Ausschluss der aus Italien eingeführten Abfälle von der Begünstigung (Entfall des Beitrages) nach § 3 Abs. 2 Z. 1 des Altlastensanierungsgesetzes stelle eine Diskriminierung nach Art. 90 EG dar; es müsse daher die Begünstigungsregelung auch auf Abfälle angewendet werden, die von einer italienischen Altlast stammten.
Die Berufung des Bundes (Zollamt Graz) gegen diesen Bescheid wurde vom Landeshauptmann von Steiermark (LH) mit Bescheid vom 30. November 2004 abgewiesen.
Auch der LH vertrat die Auffassung, für die aus Italien eingeführten, auf der Deponie in F abgelagerten Abfälle bestehe keine Beitragspflicht, weil sie im Zuge von rechtmäßigen Maßnahmen zur Sicherung oder Sanierung von in gefährlicher Weise kontaminierten Böden in Italien angefallen seien und eine Unterscheidung zwischen solchen Abfällen aus Österreich und solchen aus Italien dem Art. 90 EG widerspreche.
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (im Folgenden: belangte Behörde) hob mit Bescheid vom 10. Jänner 2005 den Bescheid des LH auf und stellte fest, dass die im 4. Quartal 2001 und im 1. Quartal 2002 auf der Abfalldeponie F abgelagerten 14.428 Tonnen Shredderabfälle dem Altlastenbeitrag unterliegen.
Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, beim Altlastenbeitrag handle es sich nicht um eine Besteuerung von Waren, sondern um eine tätigkeitsbezogene Abgabe, weshalb ein Verstoß gegen Art. 90 EG nicht in Frage komme. Ziel des Art. 90 EG sei es, die Wettbewerbsneutralität der inländischen Besteuerung für inländische und eingeführte Erzeugnisse sicher zustellen. Verboten sei es daher, auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar höhere inländische Abgaben, gleich welcher Art, zu erheben, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen hätten. Lege man das Tatbestandselement des Art. 90 EG, wonach die Mitgliedstaaten diskriminierende Abgaben nicht auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten erheben dürften, im Lichte dieses Normzweckes aus, gelange man zum Ergebnis, dass eine Abgabe wie der gegenständliche Altlastenbeitrag den erforderlichen Warenbezug nicht aufweise. Der Altlastenbeitrag belaste nicht eine verkehrsfähige Ware, die durch diskriminierende Steuern verteuert und beim Absatz im Inland benachteiligt werden könnte, sondern es handle sich hier um eine steuerliche Belastung jener Maßnahme, die den Lebenszyklus dieser Ware entgültig abschließe.
Gegen diesen Bescheid haben die beschwerdeführenden Parteien Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.
Darin regen sie auch die Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes an.
Die beschwerdeführenden Parteien teilen nicht die Auffassung der belangten Behörde, dass die im Altlastensanierungsgesetz vorgesehene Abgabe (Altlastenbeitrag) nicht den für eine Unterstellung unter Art. 90 EG erforderlichen Warenbezug aufweise. Sie meinen, die Formulierung "Abgaben gleich welcher Art" im Art. 90 EG lasse den Schluss zu, dass der von der Regelung erfasste Aufgabenkreis weit gezogen sein solle.
Eine Verletzung von Art. 90 EG liege vor, wenn die Steuer auf das eingeführte Erzeugnis und die Steuer auf das gleichartige inländische Erzeugnis in unterschiedlicher Weise und nach unterschiedlichen Modalitäten berechnet würden, sodass das eingeführte Erzeugnis höher belastet werde
Für das Vorliegen einer Diskriminierung des Art. 90 EG sei es nicht zwingend erforderlich, dass die inländische Abgabe inländische Abfälle und eingeführte Abfälle aus einer italienischen Altlast wörtlich ungleich behandle. Es genüge, wenn die Regelung im Ergebnis dazu führe, dass dadurch typischer Weise inländische Abfälle durch die Steuerbefreiung erheblich begünstigt und eingeführte Abfälle entsprechend benachteiligt würden.
Eine solche Diskriminierung liege vor. Italienische Altlasten könnten nicht in den österreichischen Altlastenatlas eingetragen werden; dadurch könnten sie auch nicht in den Genuss der Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 2 Z. 1 des Altlastensanierungsgesetzes kommen. Das verstoße gegen Art. 90 EG.
Die Besteuerung der gegenständlichen Abfälle verstoße auch gegen die Abfallverbringungsverordnung, weil diese einen abschließenden Katalog an Gründen für die Untersagung der Verbringung von Abfällen enthalte.
Der Bescheid der belangten Behörde verstoße nicht nur gegen Art. 90 EG, sondern auch gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 und die Treuepflicht des Art. 10 EG.
Hilfsweise behaupten die Beschwerdeführer auch eine Verletzung der Art. 23 und 25 sowie 49 EG.
Die Einzelheiten ihrer Argumentation, insbesondere auch die Urteile des EuGH, auf die sie sich berufen, sind der Beschwerde und deren Ergänzung zu entnehmen.
II. Die innerstaatliche Rechtslage:
Das Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989, bezweckt die Finanzierung der Sicherung und Sanierung von Altlasten (§ 1).
Was Altlasten sind, definiert § 2. Dieser lautet:
"Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Altlasten sind Altablagerungen und Altstandorte sowie durch diese kontaminierte Böden und Grundwasserkörper, von denen - nach den Ergebnissen einer Gefährdungsabschätzung - erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgehen. Kontaminationen, die durch Emissionen in die Luft verursacht werden, unterliegen nicht dem Geltungsbereich des Gesetzes.
(2) Altablagerungen sind Ablagerungen von Abfällen, die befugt oder unbefugt durchgeführt wurden.
(3) Altstandorte sind Standorte von Anlagen, in denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde."
Zur Finanzierung der Sicherung und Sanierung von Altlasten sieht der II. Abschnitt des Altlastensanierungsgesetzes einen Altlastenbeitrag vor. Die wesentlichen Bestimmungen dieses II. Abschnittes lauten:
"II. ABSCHNITT
Altlastenbeitrag
Gegenstand des Beitrags
§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen:
1. das langfristige Ablagern von Abfällen einschließlich des Einbringens von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind;
2. das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen, ausgenommen jene Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen (zB Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen);
3.
das Lagern von Abfällen;
4.
das Befördern von Abfällen zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes.
(2) Von der Beitragspflicht ausgenommen ist
1. das Ablagern, Lagern und Befördern von Abfällen, die nachweislich im Zuge der Sicherung oder Sanierung von
a) im Verdachtsflächenkataster eingetragenen Verdachtsflächen oder
b) im Altlastenatlas eingetragenen Altlasten anfallen, oder
2. das Umlagern von Abfällen, soweit bereits ein Altlastenbeitrag entrichtet wurde.
Der Nachweis gemäß Z 1 ist durch eine Bestätigung der zuständigen Behörde, dass Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen für die entsprechende Verdachtsfläche oder Altlast genehmigt oder beauftragt wurden, zu erbringen.
(3) Von der Beitragspflicht ausgenommen ist eine Rekultivierungsschicht von maximal 2 m Dicke für Deponien, für Verfüllungen oder im Rahmen von Geländeanpassungen, wenn der Nachweis der Einhaltung folgender Voraussetzungen erbracht wird:
1. Die Rekultivierungsschicht wird aus kulturfähiger Erde (§ 2 Abs. 15) hergestellt, wobei Hausmüll oder hausmüllähnliche Abfälle (einschließlich Abfälle aus der mechanisch-biologischen Behandlung) nicht als Ausgangsmaterial verwendet werden, und
2. die Herstellung erfolgt nach detaillierten Plänen eines konkreten Projekts, wobei die relevanten Bodenfunktionen (zB Lebensraum-, Filter-, Puffer- und Transformatorfunktion) gewährleistet und die Anforderungen der Anlage 1 eingehalten werden.
Beitragschuldner
§ 4. Beitragsschuldner ist
1.
der Betreiber einer Deponie oder eines Lagers,
2.
im Falle der Beförderung der Abfälle zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes der Inhaber der Bewilligung zur Ausfuhr aus Österreich gemäß Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990, in der jeweils geltenden Fassung,
3. derjenige, der mit Abfällen Geländeunebenheiten verfüllt oder Geländeanpassungen vornimmt oder Abfälle in geologische Strukturen einbringt oder
4. in allen übrigen Fällen derjenige, der die beitragspflichtige Tätigkeit veranlaßt oder duldet.
Bemessungsgrundlage
§ 5. Die Bemessungsgrundlage ist die Masse des Abfalls entsprechend dem Rohgewicht. Als Rohgewicht gilt das Gewicht des Abfalls mit seinen Verpackungen.
Höhe des Beitrags
§ 6. (1) Der Altlastenbeitrag beträgt für gemäß § 3 beitragspflichtige Tätigkeiten je angefangene Tonne für
1. a) Baurestmassen oder
b) Erdaushub, welcher im Rahmen von Aushub- oder Abraumtätigkeiten von Boden anfällt, den Kriterien der Baurestmassendeponie der Deponieverordnung (Anlage 1 Tabelle 3 und 4), BGBl. Nr. 164/1996, entspricht, aber den Anteil an bodenfremden Bestandteilen von fünf Volumsprozent überschreitet,
ab 1. Jänner 2001 ............................... 7,20 Euro,
2. Erdaushub, welcher im Rahmen von Aushub- oder Abraumtätigkeiten von Boden anfällt und nicht den Kriterien der Baurestmassendeponie der Deponieverordnung (Anlage 1 Tabelle 3 und 4), BGBl. Nr. 164/1996, entspricht,
ab 1. Jänner 2001 ............................... 14,50 Euro
ab 1. Jänner 2004 ............................... 21,80 Euro,
3. alle übrigen Abfälle
ab 1. Jänner 2001 ............................... 43,60 Euro
ab 1. Jänner 2004 ............................... 65,00 Euro
ab 1. Jänner 2006 ............................... 87,00 Euro.
(2) Werden Abfälle auf einer Deponie abgelagert und verfügt die Deponie weder über ein Deponiebasisdichtungssystem noch über eine vertikale Umschließung, erhöht sich der Beitrag je angefangene Tonne für
1.
Abfälle gemäß Abs. 1 Z 1 um 2,10 Euro,
2.
Abfälle gemäß Abs. 1 Z 2 um 14,50 Euro,
3.
Abfälle gemäß Abs. 1 Z 3 um 29,00 Euro.
Im Falle der Einbringung in geologische Strukturen (Untertagedeponien) ist der Zuschlag nicht abzuführen, wenn das anstehende Gestein einen Wassereintritt dauerhaft verhindert.
(3) Wird eine Deponie mit der Bewilligung zur Ablagerung von Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen ohne eine dem Stand der Technik entsprechende Deponiegaserfassung und -behandlung betrieben, erhöht sich der Beitrag je angefangene Tonne für alle übrigen Abfälle (Abs. 1 Z 3) zusätzlich um 29 Euro.
(4) Werden Abfälle auf einer Deponie abgelagert, die nach dem in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, festgelegten Stand der Technik genehmigt wurde (Neuanlage) oder deren Anpassung an den für den jeweiligen Deponietyp in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, festgelegten Stand der Technik, mit Ausnahme der Anforderungen an den Deponiestandort und das Deponiebasisdichtungssystem, abgeschlossen wurde (Altanlage), beträgt der Altlastenbeitrag je angefangene Tonne für
1. Baurestmassendeponien
ab 1. Jänner 2001 ................................ 5,80 Euro
ab 1. Jänner 2004 ................................ 7,20 Euro,
2. Reststoffdeponien
ab 1. Jänner 2001 ................................ 10,90 Euro
ab 1. Jänner 2004 ................................ 14,50 Euro,
3. Massenabfalldeponien
ab 1. Jänner 2001 ................................ 14,50 Euro
ab 1. Jänner 2004 ................................ 21,80 Euro.
Als Baurestmassen-, Reststoff- oder Massenabfalldeponien im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Altanlagen im Sinne des ersten Satzes nur, wenn sie zumindest über ein Deponiebasisdichtungssystem, welches jedenfalls den Anforderungen des § 2 Abs. 8a entspricht, oder über eine vertikale Umschließung, welche jedenfalls den Anforderungen des § 2 Abs. 10 entspricht, verfügen.
(5) (aufgehoben)
(6) Der Beitragsschuldner hat nachzuweisen, welche Beitragssätze gemäß Abs. 1 und 4 zur Anwendung kommen und dass die Zuschläge gemäß Abs. 2 und 3 nicht zur Anwendung kommen.
(7) Altlastenbeiträge, die vom Beitragsschuldner seinen Kunden gesondert ausgewiesen weiterverrechnet werden, sind in der Höhe des verrechneten Betrages abzuführen.
Beitragsschuld
§ 7. (1) Die Beitragsschuld entsteht im Falle
1. des langfristigen Ablagerns nach Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die Ablagerung vorgenommen wurde,
2. des Verfüllens von Geländeunebenheiten, des Vornehmens von Geländeanpassungen oder des Einbringens in geologische Strukturen nach Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen wurde,
3. des Lagerns mit Ablauf des Kalendervierteljahres, das auf die einjährige, nicht beitragspflichtige Frist für die Lagerung folgt,
4. der Beförderung der Abfälle zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes im Zeitpunkt des Beginns der Beförderung.
(2) Ein Antrag auf Feststellungsbescheid gemäß § 10 zieht für das Entstehen der Beitragsschuld keine aufschiebende Wirkung nach sich."
Der im § 3 Abs. 2 Z. 1 des Altlastensanierungsgesetzes erwähnte Verdachtsflächenkataster sowie der Altlastenatlas sind im § 13 des Altlastensanierungsgesetzes geregelt. Diese Bestimmung lautet:
"Aufsuchen von Altlasten
§ 13. (1) Der Landeshauptmann hat dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Verdachtsflächen bekanntzugeben. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat zur Erfassung von Altlasten die bundesweite Erfassung, Abschätzung und Bewertung von Verdachtsflächen im Zusammenwirken mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zu koordinieren und ergänzende Untersuchungen, soweit diese zur Erfassung, Abschätzung und Bewertung von Verdachtsflächen sowie zur Prioritätenklassifizierung erforderlich sind, nach Maßgabe der vorhandenen Mittel (§ 12 Abs. 2) durch den Landeshauptmann zu veranlassen. Die aus der Erfassung gewonnenen Daten und Kenntnisse sind an das Umweltbundesamt zu übermitteln, durch das Umweltbundesamt zu verwerten und in einem Verdachtsflächenkataster (§ 11 Abs. 2 Z 2) zu führen.
(2) Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat zur Erfassung von Altlasten alle Maßnahmen zur Abschätzung des Gefährdungspotentials der erfassten Verdachtsflächen zu koordinieren. Die auf Grund der Gefährdungsabschätzung festgestellten sicherungs- bzw. sanierungsbedürftigen Verdachtsflächen sind in einem Altlastenatlas (11 Abs. 2 Z 2) als Altlasten auszuweisen, der vom Umweltbundesamt zu führen ist. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat den Landeshauptmann von der beabsichtigten Eintragung der festgestellten Altlasten zu verständigen. Die Eintragung von Altlasten in den Altlastenatlas erfolgt durch das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie nach Ablauf einer Woche, gerechnet ab dem Genehmigungsdatum der Mitteilung. Der Landeshauptmann hat jene Eigentümer, die zum Zeitpunkt der Eintragung Eigentümer der betroffenen Liegenschaften sind, von der Eintragung in den Altlastenatlas zu verständigen. In den Altlastenatlas ist beim Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie und beim Amt der jeweiligen Landesregierung während der Amtsstunden öffentliche Einsicht zu gewähren."
Im österreichischen Verdachtsflächenkataster und im Altlastenatlas können naturgemäß nur in Österreich gelegene Flächen eingetragen werden, da diese Register der Erfassung im Inland gelegener Altlasten zwecks Vorbereitung ihrer Sicherung und Sanierung dienen. Aus diesem Grund kommt die Ausnahme von der Beitragspflicht im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 1 des Altlastensanierungsgesetzes nur für Abfälle in Betracht, die aus der Sicherung oder Sanierung einer inländischen Verdachtsfläche oder einer inländischen Altlast stammen.
III. Zur Frage:
Das Ablagern der Abfälle aus der italienischen Altlast auf der Deponie in F stellt ein langfristiges Ablagern von Abfällen dar. Dafür besteht grundsätzlich Beitragspflicht nach § 3 Abs. 1 Z. 1 des Altlastensanierungsgesetzes.
Die im § 3 Abs. 2 Z. 1 des Altlastensanierungsgesetzes enthaltene Befreiung vom Altlastenbeitrag kann für die Abfälle aus einer italienischen Altlast nicht zum Tragen kommen, weil diese Altlast nicht im österreichischen Verdachtsflächenkataster oder im Altlastenatlas eingetragen war bzw. gar nicht eingetragen sein konnte.
Von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens werden nun entgegengesetzte Auffassungen dazu vertreten, ob diese Vorschrift mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist oder nicht.
Die beschwerdeführenden Parteien meinen, der Umstand, dass die Befreiung vom Altlastenbeitrag nach § 3 Abs. 2 Z. 1 des Altlastensanierungsgesetzes wegen der Anknüpfung an der Eintragung einer Verdachtsfläche im Verdachtsflächenkataster oder einer Altlast im Altlastenatlas nur für aus Österreich stammende Abfälle zum Tragen kommen könne, verstoße gegen Art. 90 EG, aber auch gegen die Art. 10, 12, allenfalls gegen die Art 23 und 25 sowie 49 EG.
Die mitbeteiligte Partei (der Bund) sowie die belangte Behörde sind gegenteiliger Auffassung. Ihre Argumentation ist im Einzelnen aus dem angefochtenen Bescheid und aus den von ihnen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Gegenschriften zu ersehen.
Zunächst stellt sich die Frage, ob der österreichische Altlastenbeitrag unter Art. 90 EG fällt, ob es sich also um eine "Abgabe auf Waren" handelt.
Für den Fall der Bejahung dieser Frage stellt sich die weitere Frage, ob der Umstand, dass die im § 3 Abs. 2 Z. 1 des Altlastensanierungsgesetzes vorgesehene Befreiung vom Altlastenbeitrag nur für Abfälle zum Tragen kommen kann, die aus Österreich stammen, Art 90 EG, allenfalls Art 10, 12, 23, 25 oder 49 EG verletzt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist dies zu verneinen.
Das Altlastensanierungsgesetz dient der Sicherung und Sanierung von Altlasten, also Zielen der Umweltschutzpolitik. Zur Verwirklichung dieser Ziele werden teils administrative Maßnahmen wie etwa die behördliche Anordnung, eine Altlast zu beseitigen, teils fiskalische Maßnahmen wie die verfahrensgegenständliche Abgabenbefreiung eingesetzt. Der Einsatz dieser Maßnahmen setzt voraus, dass bekannt ist, welche Flächen einer Sicherung oder Sanierung bedürfen. Zum Aufsuchen solcher Flächen (Altlasten) sieht das Altlastensanierungsgesetz Untersuchungen zur Erfassung von Altlasten und ihre Eintragung in spezielle Register (Verdachtsflächenkataster, Altlastenatlas) vor, die wiederum Grundlage für weitere Maßnahmen sind. In diese Register können daher zwangsläufig nur inländische Flächen eingetragen werden. Daraus kann aber nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Verpflichtung Österreichs abgeleitet werden, entweder von einer abgabenrechtliche Begünstigung für die Ablagerung von aus solchen Flächen stammenden Abfällen abzusehen oder für die Gewährung der Abgabenbefreiung auf die Anknüpfung an die Eintragung im Altlastenatlas oder im Verdachtsflächenkataster zu verzichten.
Aus der von den beschwerdeführenden Parteien ins Treffen geführten Rechtssprechung des EuGH lässt sich nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes kein Verstoß des Altlastenbeitrages bzw. der Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 2 Z. 1 des Altlastensanierungsgesetzes gegen Gemeinschaftsrecht ableiten.
IV. Der Verwaltungsgerichtshof, welcher ein Gericht im Sinne des Art. 234 EG ist, vertritt die Auffassung, dass sich bei der Entscheidung über den Beschwerdefall Fragen der Auslegung des Gemeinschaftsrechtes im Sinne des Art. 234 EG stellen.
Wenngleich der Verwaltungsgerichtshof vorläufig der Meinung ist, dass das Gemeinschaftsrecht der Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 2 Z. 1 des Altlastensanierungsgesetzes nicht entgegensteht, ist die gestellte Frage doch mangels einer genau auf den vorliegenden Fall übertragbaren Rechtsprechung des EuGH nicht von vornherein in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu beantworten.
Wien, am 27. April 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005070027.X00Im RIS seit
22.06.2006Zuletzt aktualisiert am
20.04.2012