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27/04 Sonstige Rechtspflege;Norm
BAO §236;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des L in K, vertreten durch Huber Ebmer und Partner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Schillerstraße 12, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 13. April 2004, Zl. Jv 51567-33a/03, betreffend Nachlass von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Beschwerdeführer wurden im Verfahren 32 Cg 37/00k des Landesgerichtes Linz Pauschalgebühren in Höhe von EUR 57.649,91 vorgeschrieben. Nach teilweiser Entrichtung im Rahmen einer Ratenzahlung hafteten zum 30. September 2003 restliche Pauschalgebühren in Höhe von EUR 33.667,92 unberichtigt aus.
Mit Schreiben vom 23. Oktober 2003 ersuchte der Beschwerdeführer, diesen Betrag nachzulassen und führte dazu im Wesentlichen aus, das Verfahren 32 Cg 37/00k sei mittlerweile aus Kostengründen eingestellt und mit der Gegenseite ewiges Ruhen vereinbart worden. Die Eintreibung der restlich aushaftenden Pauschalgebühr würde zu unzumutbaren Härten für den mittlerweile 57 Jahre alten und in Kürze in Pension gehenden Beschwerdeführer führen. Das Finanzamt Freistadt habe entsprechende Nachlässe gewährt und dem ursprünglich auch für die Pauschalgebühren angebotenen 17 %igen Ausgleich zugestimmt. Auch alle anderen Gläubiger hätten sich zu einem Nachlass bereit erklärt, um eine unnotwendige und existenzzerstörende Insolvenz des Beschwerdeführers zu vermeiden. Die in einer eidesstättigen Erklärung vom 24. Juni 2001 angeführten Verbindlichkeiten hätten durch die Leistung der vereinbarten Abschlagszahlung zurückgeführt werden können. Die grundbücherlich sichergestellten Bankkredite müssten jedoch zur Gänze zurückbezahlt werden. Insgesamt habe sich die Einkommenssituation des Beschwerdeführers nicht verändert.
Mit Schreiben vom 4. November 2003 forderte die Behörde den Beschwerdeführer auf, Angaben über seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse zu machen sowie die erforderlichen Bescheinigungsmittel anzuschließen.
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2003 gab der Beschwerdeführer sein monatliches Nettoeinkommen mit EUR 6.399,03 (14 mal jährlich) an. Weiters ergab sich aus dem vom Beschwerdeführer abgegebenen Vermögensverzeichnis sowie den angeschlossenen Bescheinigungsmitteln, dass der Beschwerdeführer jeweils Hälfteeigentümer einer Liegenschaft in K (Einheitswert S 604.000,--) sowie einer Liegenschaft in M (Einheitswert S 110.000,--), beide belastet, war. Das Vermögensbekenntnis wies ein Bankguthaben in Höhe von EUR 336,11 sowie ein Sparbuch mit EUR 40,-- aus. Weiters führte der Beschwerdeführer die Unterhaltspflicht für zwei Kinder und eine monatliche Familienbeihilfe in Höhe von insgesamt EUR 409,10 an. Seine Ehefrau beziehe ein monatliches Einkommen in Höhe netto von EUR 911,-- (14 mal jährlich). Als monatliche Ausgaben wurden ausgewiesen:
"Bausparkasse BSPK:
Euro
622,00
Bausparkasse Raiba:
Euro
183,00
Kreditrückzahlung Raiba:
Euro
1.453,00
Zahlung Allg. Sparkasse:
Euro
5.096,00
(Gesamtobligo von Euro 117.207,00 umgerechnet auf monatliche Zahlungen bis 31.10.2005)
Ausbildung (Tochter) Johanna:
Euro
1.150,00
Ausbildung (Sohn) Wolfgang:
Euro
500,00
(entfällt ab Juli 2004)
Lebensversicherungen
(Sicherheiten für Banken):
Euro
1.905,00
Euro
9.199,00
..."
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Nachlassansuchen keine Folge. In Anbetracht der gegebenen Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers sei in der Einbringung eines Betrages von EUR 33.667,92 keine besondere Härte zu sehen. Daran würden auch die im Zuge des Nachlassverfahrens mitgeteilten Kosten für die Ausbildung der unterhaltspflichtigen Kinder und die Zahlungen für die Lebensversicherungen nichts ändern. Das Vorliegen von "dauernden besonderen Härtegründen" sei auch deswegen zu verneinen, weil der Beschwerdeführer über einen "Vermögensbestandteil" (Liegenschaftsbesitz in K und M) verfüge und ihm die Zahlung von Geldbeträgen allenfalls daraus zugemutet werden müsse. Die monatliche Belastung durch die Tilgung von Darlehen sei im Nachlassverfahren nicht zu berücksichtigen. Wenn der Beschwerdeführer Kreditwürdigkeit für Darlehen mit Tilgungsraten in Höhe von EUR 7.354,-- monatlich aufweise, dann müsse sein wirtschaftlicher Dispositionsrahmen es auch erlauben, eine einmalige Leistung von EUR 33.667,92 zu erfüllen, ohne dass dadurch die Existenz gefährdet werde. Freiwillig eingegangene Verpflichtungen, denen offenbar entsprechende Sicherheiten gegenüberstünden, hätten im Allgemeinen bei der Beurteilung einer Existenzgefährdung als Voraussetzung einer Nachlassgewährung außer Betracht zu bleiben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Gewährung des Nachlasses der Pauschalgebühr im Betrag von EUR 33.667,92 gemäß § 9 Abs. 2 GEG 1962 verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass die zweite genannte Alternativvoraussetzung des öffentlichen Interesses für einen Nachlass gegeben wäre.
Nach ständiger hg. Judikatur ist es in einem Verfahren über den Nachlass von Gerichtsgebühren (ebenso wie in einem Verfahren betreffend Abgabennachsicht gemäß § 236 BAO) Sache des Antragstellers, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzutun, auf die der Nachlass gestützt werden kann. Im Nachsichtverfahren trifft den Antragsteller somit eine erhöhte Mitwirkungspflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2005, Zl. 2004/16/0276, mwN). Zu den für eine verlässliche Beurteilung der Frage des allfälligen Vorliegens der vom § 9 Abs. 1 und Abs. 2 GEG geforderten besonderen Härte unerlässlichen Umständen gehört naturgemäß die Frage, ob der Nachlasswerber über Vermögen verfügt und gegebenenfalls in welchem Ausmaß bzw. in welcher Art (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2005, Zl. 2003/16/0486, mwN).
Der Beschwerdeführer behauptet das Vorliegen besonderer Härte und begründet dies damit, dass durch die Einbringung des aushaftenden Betrages der notwendige Unterhalt für ihn und seine Familie gefährdet sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass für die Gewährung eines Nachlasses vorausgesetzt wird, dass sowohl die Entrichtung zu einem späteren Zeitpunkt als auch die Entrichtung in - allenfalls sehr kleinen - Monatsraten noch immer eine besondere Härte darstellen müsste, sodass nur mehr die endgültige Erlassung die Härte beseitigen könne. Wirtschaftliche Schwierigkeiten vorübergehender Natur rechtfertigen zwar eine Stundung (Ratengewährung), aber keinen Nachlass (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 96/16/0020, mwN).
Der Beschwerdeführer hat im Rahmen des im Verwaltungsverfahren abgegebenen Vermögensbekenntnisses selbst angegeben, dass die monatlichen Zahlungen für die Ausbildung des Sohnes in Höhe von EUR 500 ab Juli 2004 und jene an die Allgemeine Sparkasse in Höhe von EUR 5.096,-- mit 31. Oktober 2005 entfallen würden. Der von ihm vorgelegten Schulbestätigung betreffend seine Tochter Johanna ist auch zu entnehmen, dass deren Ausbildung voraussichtlich am 31. August 2005 enden werde. Damit würden aber spätestens ab einschließlich November 2005 die von ihm dargestellten monatlichen Belastungen zum weitaus überwiegenden Teil wegfallen.
Wenn der Beschwerdeführer weiters vorbringt, "dass ihm aufgrund seines hohen Alters nur mehr ein begrenzter Zeitraum bis zur Pension verbleibt und dass sich danach die Vermögenssituation des Beschwerdeführers nochmals drastisch verschlechtern" werde, so ist ihm entgegenzuhalten, dass bei rund 57 Lebensjahren von einem "hohen Alter" noch nicht gesprochen werden kann. Aus welchen Gründen es ihm nicht möglich sein sollte, bis zum Antritt seiner Pension - allenfalls unter Verwendung von Abfertigungszahlungen seines Arbeitgebers aus Anlass seiner Pensionierung - eine finanzielle Konsolidierung zu erreichen, ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen. Das Nachsichtsansuchen bzw. die damit in Zusammenhang gemachten Angaben im Vermögensbekenntnis enthielten auch keine konkreten Angaben darüber, dass die begehrte Nachsicht zur Abwendung einer drohenden Insolvenz erforderlich gewesen sei. Das Vorbringen, wonach durch - mit Ausnahme des Finanzamtes Freistadt - nicht näher genannte Gläubiger Nachlässe in nicht näher genannter Höhe gewährt worden seien, ist noch nicht geeignet, darzulegen, dass ohne den begehrten Nachlass der noch ausstehenden Gerichtsgebühren über das Vermögen des Beschwerdeführers der Konkurs hätte eröffnet werden müssen. Auch aus den vom Beschwerdeführer im Rahmen des Nachlassansuchens gemachten Angaben bzw. vorgelegten Bescheinigungsmitteln musste die belangte Behörde noch nicht auf die nun im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstmals ins Treffen geführte Überschuldung und die daraus resultierende Kreditunwürdigkeit des Beschwerdeführers schließen, zumal der Beschwerdeführer es im Vermögensbekenntnis unterlassen hat, die Höhe seiner Verbindlichkeiten zusammengefasst und konkret darzustellen. Bei der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Belastung der Liegenschaften handelt es sich im Übrigen nach den im Verwaltungsakt einliegenden Grundbuchsauszügen überwiegend um Höchstbetragshypotheken. Bei diesen lässt sich aus dem Grundbuchsstand nicht ersehen, ob und wieweit die Maximalhypothek tatsächlich "ausgenützt" ist (vgl Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 I, 395).
Dem Nachsichtsansuchen bzw. der Beschwerde ist auch nicht zu entnehmen, dass nicht schon durch Zahlungserleichterungen gemäß § 9 Abs. 1 GEG, insbesondere durch die Entrichtung in allenfalls auch kleinen Monatsraten, die behauptete besondere Härte hätte beseitigt werden können.
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich somit, dass der belangten Behörde kein fehlerhafter Gebrauch des Ermessens angelastet werden kann.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass - wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt und worauf auch in der Gegenschrift hingewiesen wurde - mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien vom 24. August 2004 dem Beschwerdeführer ohnehin eine Ratenzahlung bewilligt wurde.
Aus den dargestellten Erwägungen war die Beschwerde durch einen gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. April 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004160102.X00Im RIS seit
31.05.2006Zuletzt aktualisiert am
17.07.2014