TE Vwgh Erkenntnis 2006/4/28 2004/05/0234

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Veröffentlicht am 28.04.2006
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82054 Baustoff Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z19;
BauTG OÖ 1994 §2 Z31;
BauTG OÖ 1994 §6 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde

1. des Dr. Adolf Schürer und 2. der Brigitte Schürer, beide in Linz, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. April 2003, Zl. BauR-011411/17-2003-Pe/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Landeshauptstadt Linz, 2. Wolfgang Winetzhammer in Linz, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1A), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben insgesamt dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der zweitmitbeteiligten Partei EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Landeshauptstadt wird abgewiesen.

Begründung

Der Zweitmitbeteiligte beantragte mit Eingabe vom 3. April 2002 die Erteilung der Baubewilligung für die "Errichtung einer unterkellerten Doppelgarage mit Flachdach" auf seinem Grundstück Nr. 445/14, KG Katzbach.

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der im Osten unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke Nr. 447/9 und 737/5; an das letztgenannte Grundstück grenzt östlich ihr Grundstück Nr. 737/6.

Auf dem Baugrundstück des zweitmitbeteiligten Bauwerbers ist ein Wohnhaus errichtet, für welches eine Baubewilligung vorliegt. (Bezüglich der Lage dieses Wohnhauses und die Ausgestaltung des Baugrundstückes wird auf das hg. Vorerkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 97/05/0031, verwiesen).

Die beschwerdegegenständliche Garage ist unterkellert. Der 29,81 m2 große Kellerraum ist an das bestehende Wohnhaus angebaut und über dieses durch einen Vorraum bzw. einen Stiegenabgang vom Saunabereich erreichbar. Das Kellergeschoss grenzt nicht unmittelbar an das Nachbargrundstück Nr. 447/9 der Beschwerdeführer. Im südlichen Bereich führt es über eine 2,60 m x 2,20 m große Türöffnung ins Freie auf eine befahrbare Fläche mit Betonsteinen. Über dem Kellergeschoss ist die Garage in einer Größe von 30,29 m2 geplant. Die östliche Außenmauer dieser Garage grenzt an das Grundstück Nr. 447/9 der Beschwerdeführer. Die Zufahrt zur Garage erfolgt über die Nordseite. An der Südseite ist eine 170 m x 60 cm große Fensteröffnung vorgesehen. Die Garage ist auch über einen Vorraum vom Wohnhaus erreichbar.

Das Baugrundstück liegt im Wohngebiet. Auf Grund des nunmehr gültigen Bebauungsplanes ist an der östlichen Seite des Baugrundstückes außerhalb der vorgesehenen Baufluchtlinien in dem Bereich, in welchem das beschwerdegegenständliche Bauwerk errichtet werden soll, eine oberirdische Garage ausdrücklich für zulässig erklärt.

Die Beschwerdeführer wendeten ein, dass das Bauvorhaben schon auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Jänner 1999 den baurechtlichen Vorschriften widerspreche; der auf Initiative des mitbeteiligten Bauwerbers geänderte Bebauungsplan sei gesetzwidrig; der erforderliche Abstand zur Grundgrenze werde nicht eingehalten; das Bauwerk könne nicht als Garage bezeichnet werden, weil es unterkellert und mit einer Terrasse in das Wohnhaus integriert sei; seine Gebäudehöhe entspreche nicht dem Gesetz.

Der von der Baubehörde beigezogene Amtssachverständige führte aus, dass aus funktionellen Gründen der Garagenfußboden niveaumäßig etwas höher als die Zufahrt liegen müsse, damit die Oberflächenwässer abgeleitet werden könnten und eine optimale Benützung der Garage auf Grund der Hanglage gewährleistet sei. Wegen der bestehenden Hanglage werde auch der Unterbau der Garage räumlich genutzt.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 18. Juli 2002 wurde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt.

In der dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, von einer Garage unter der Erde könne nur gesprochen werden, wenn das Bauwerk unter der Erde tatsächlich als Abstellbereich für ein Kraftfahrzeug vorgesehen sei. Das Dach der Garage diene nicht bloß als Dach, sondern sei als Terrasse ausgebildet, welche in das bestehende Wohnhaus voll integriert sei. Die Garage sei auch zu hoch gebaut und beeinträchtige das Nachbargrundstück. Schon aus der Funktion des Gebäudes als Garage ergebe sich, dass dieses Gebäude nur in einer Höhe gebaut werden dürfe, die für das Einstellen eines Pkws notwendig und zweckmäßig sei.

Mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 13. Dezember 2002 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 2 Z. 19 O.ö. Bautechnikgesetz komme es für die Frage, ob ein Bauwerk als Garage im baurechtlichen Sinn zu qualifizieren sei, ausschließlich darauf an, dass dieses Gebäude bzw. der Gebäudeteil zum Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt sei. Die Größe, Höhe und Lage dieses Gebäudes sei für die Zweckbestimmung als Garage nicht von Bedeutung. Eine Unterkellerung einer Garage sei nicht ausgeschlossen; die Verwendung eines Raumes als Keller stelle keine spezifische Nutzung dar, die den Charakter eines Objektes verändern könnte. Die von den Beschwerdeführern kritisierte Unterkellerung stehe der Qualifizierung als Garage nicht entgegen, zumal sich die in § 2 Z. 31 O.ö. Bautechnikgesetz enthaltene Geschosslimitierung nur auf Geschosse über dem Erdboden beziehe. Da der Keller der Garage jedoch nicht allseits über dem Erdboden gelegen sei, sondern nordseitig in den Hang reiche, stelle diese Gebäudeebene kein Geschoss im baurechtlichen Sinne dar. Auch der bauliche Zusammenhang der Garage mit dem Hauptgebäude mache die Garage unter dem Blickwinkel des § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. Bautechnikgesetz noch nicht zu einem Zubau zum Hauptgebäude. Da unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Fläche des Kellers nicht in die Nutzfläche mit einzubeziehen sei, die Nutzfläche des Garagenobjektes weniger als 50 m2 betrage und die dem Nachbarn zugewandte Seite des Gebäudes weniger als 10 m lang sei, wäre das Bauwerk auch dann im Bauwich zulässig, wenn keine gesonderte Garagenausweisung im Bebauungsplan erfolgt wäre. Das Garagenobjekt sei auch nicht zu hoch. Es widerspreche der Aktenlage, dass das Dach der Garage als Terrasse ausgebildet sei.

In der dagegen erhobenen Vorstellung führten die Beschwerdeführer aus, das Bauwerk diene nicht nur als Garage, sondern sei voll in das Wohngebäude bautechnisch und funktionell integriert. Der Keller stelle eine Verlängerung des Wohngebäudes dar und diene nicht dem Abstellen von Kraftfahrzeugen. Das Dach diene als Terrasse und sei gleichfalls in den Wohnbereich integriert.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung der Beschwerdeführer mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt werden. § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. Bautechnikgesetz erkläre nicht nur die Unterkellerung einer im Bauwich gelegenen Garage ausdrücklich für zulässig, vielmehr sei auch eine bauliche Verbindung einer solchen Garage mit dem Hauptgebäude etwa durch Verbindungsöffnungen erlaubt. Die Nutzung des Garagendaches als Terrasse sei nicht Bestandteil des eingereichten Projekts. Der Verwaltungsgerichtshof habe die vorgesehene Unterkellerung und die bauliche Verbindung mit dem Hauptgebäude als unbedenklich angesehen.

Die Behandlung der dagegen erhobenen Verfassungsgerichtshofsbeschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 2004, B 835/03-11, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.

Der Verfassungsgerichtshof führte in diesem Beschluss u.a. aus:

"...

Soweit in der Beschwerde die Rechtswidrigkeit der den Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen, das nicht ausreichend berücksichtigt,

-

dass die Garage ursprünglich nicht konsenslos errichtet worden war, sondern dass der Baukonsens erst im Nachhinein weggefallen ist,

-

dass die ursprüngliche Planungsabsicht, für Garagen keine allgemeinen Festlegungen zu treffen, auf Grund der zeichnerischen Festlegung einiger Garagen im Bebauungsplan NO 100/9 Pferdebahnpromenade - Wolfauerstraße unmittelbar an der Grundstücksgrenze plausibel ist,

-

dass der Bebauungsplan Änderung N 34-24-01-01 nunmehr keine allgemeinen Festlegungen für Garagen enthält, sondern die Situierung von Garagen auf einigen Grundstücken unmittelbar an der Grundstücksgrenze in der zeichnerischen Darstellung vorsieht - auf den anderen Grundstücken gelten die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. Bautechnikgesetz, die die Errichtung von Garagen innerhalb des Bauwichs als Nebengebäude mit einer Nutzfläche bis zu insgesamt 50 m2 zulassen,

vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zur Sachlichkeit von Festlegungen eines Bebauungsplanes, trotz nachträglicher Sanierung eines - ursprünglich - im Widerspruch zum Bebauungsplan errichteten Gebäudes vgl. VfSlg. 16.004/2000; zu den Änderungsvoraussetzungen des § 23 Abs. 2 O.ö. ROG - öffentliche Interessen und Interessen Dritter - vgl. VfSlg. 13.374/1993) die behaupteten Rechtsverletzungen oder die Verletzung eines nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

..."

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Einhaltung der Bauvorschriften, insbesondere auf Einhaltung der Seitenabstände und der Garagenbestimmungen gemäß der O.ö. Bauordnung und dem O.ö. Bautechnikgesetz, verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und führen aus, das bewilligte Bauwerk sei keine "oberirdische" Garage im Sinne des Bebauungsplanes, weil sie aus einem Obergeschoss und einem Kellergeschoss bestehe. Die Festlegung "oberirdische" Garage schließe ein Kellergeschoss aus. Die Garage müsse nach dem Bebauungsplan an die Grundgrenze anschließen; im Beschwerdefall werde nur das Obergeschoss der Garage an der Grundgrenze errichtet, das Untergeschoss der Garage springe ca. 1 m zurück. Dadurch entstehe ein hässlicher Hohlraum, der zur Ablagerung von Gerümpel benützt werde. Die Garage habe insgesamt (Obergeschoss und Kellergeschoss zusammen) eine Nutzfläche von 60,10 m2. § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. Bautechnikgesetz erlaube jedoch nur eine Nutzfläche von maximal 50 m2. Dass die Nutzfläche von 50 m2 auch die Fläche des Kellergeschosses mit einbeziehe, ergebe sich unmittelbar aus dem Gesetzestext. Das bewilligte Gebäude sei keine Garage im Sinne des Gesetzes, weil es entgegen § 2 Z. 19 O.ö. Bautechnikgesetz nicht überwiegend zum Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt sei. Das Kellergeschoss diene nicht zum Abstellen von Kraftfahrzeugen. Es werde tatsächlich als Wohn- und Arbeitsraum verwendet. Es sei voll in das Wohnhaus integriert und könne nur vom Wohnhaus aus, nicht aber von der Garagenfläche im Obergeschoss betreten werden. Obergeschoss und Kellergeschoss seien gleich groß, sodass nicht von einer überwiegenden Bestimmung des Gebäudes zum Abstellen von Kraftfahrzeugen gesprochen werden könne. Das "Überwiegen" müsse darüber hinaus nicht nur nach der Fläche, sondern auch nach der funktionellen Bedeutung ("Bestimmung" des Gebäudes nach § 2 Z. 19 O.ö. Bautechnikgesetz) beurteilt werden. Die unterschiedlichen Funktionen "Kraftfahrzeug-Abstellfläche" des Obergeschosses und "Lager" des Kellergeschosses seien gleichwertig, von einem "Überwiegen" könne nicht gesprochen werden. Wohn- und Arbeitsräume dürften in einer Garage ohnedies nicht errichtet werden. Das bewilligte Gebäude diene darüber hinaus mit seinem Dach als Terrasse für das Wohnhaus; diese könne vom Wohnhaus durch eine große Glastüre betreten werden. Auch diese Funktion des Gebäudes widerspreche dem Garagenbegriff des Gesetzes. Sollte das Kellergeschoss des bewilligten Gebäudes nicht der Garage zugerechnet werden, dann sei es Teil des Wohnhauses und als solcher jedenfalls im Bauwich unzulässig. Der Bebauungsplan sei gesetzwidrig, weshalb angeregt werde, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des Bebauungsplanes zu beantragen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligten Parteien eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 3 O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994, in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 70/1998, (BO) können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen sind im Baubewilligungsverfahren öffentlich-rechtliche Einwendungen nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.

Die Beschwerdeführer haben in dem dem Beschwerdeverfahren zu Grunde liegenden Baubewilligungsverfahren rechtzeitig Einwendungen betreffend die Nichteinhaltung der hier anzuwendenden Abstandsvorschriften und der Gebäudehöhe erhoben. Sie vertreten auch die Auffassung, das bewilligte Bauwerk sei nicht als Garage zu qualifizieren.

Die maßgeblichen Bestimmungen des O.ö. Bautechnikgesetzes 1994 (O.ö. BauTG), LGBl. Nr. 67/1994, in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 103/1998, haben folgenden

Wortlaut:

"§ 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Landesgesetzes bedeutet:

...

              19.              Garage: Ein Gebäude (teil), das (der) überwiegend zum Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt ist;

...

              31.              Nebengebäude: Ein Gebäude mit höchstens einem Geschoss über dem Erdboden und einer Traufenhöhe bis zu 3 m über dem Erdgeschossfußboden, das im Vergleich zur gegebenen oder voraussehbaren Hauptbebauung nur untergeordnete Bedeutung hat und nicht Wohnzwecken dient; ob im Fall der Verbindung mit einem Hauptgebäude ein angebautes Nebengebäude vorliegt oder eine bauliche Einheit mit dem Hauptgebäude, also ein Zubau zu diesem, hängt von der baulichen Gestaltung und dem funktionalen Zusammenhang der als selbständige Gebäude oder als bloße Gebäudeteile zu qualifizierenden Baukörper ab;

...

§ 6

Ausnahmen von den Vorschriften betreffend Abstände und Vorgärten

(1) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gelten die Abstandsbestimmungen zu den seitlichen und zur inneren (hinteren) Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze(n) nicht für:

...

3. mit Schutzdächern versehene Abstellplätze und Garagen als Nebengebäude, auch wenn sie an das Hauptgebäude angebaut und unterkellert sind, mit einer Nutzfläche bis zu insgesamt 50 m2 und einer den Nachbarn zugewandten Seite bis zu 10 m Länge; im Sinn dieser Bestimmung liegt ein Zubau auch dann nicht vor, wenn die Garage bauliche Verbindungen mit dem Hauptgebäude (Deckenauflager in dessen Außenmauer, Einbindung des Garagendaches in das Hauptgebäudedach und dgl.) aufweist und über eine Verbindungsöffnung zum Hauptgebäude verfügt;

..."

Der im Beschwerdefall anzuwendende Bebauungsplan sieht vor, dass außerhalb der Baufluchtlinien zur Grundstücksgrenze der Beschwerdeführer eine Garage errichtet werden darf. Dies wird auch von den Beschwerdeführern nicht in Zweifel gezogen.

Der Bebauungsplan trifft keine näheren Bestimmungen betreffend die Ausgestaltung einer zulässigen Garage, weshalb von den zitierten Begriffsbestimmungen des O.ö. BauTG auszugehen ist (vgl. hiezu auch den Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 O.ö. BauTG "soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt"). Aus dem der Baubewilligung zu Grunde liegenden Einreichplan ergibt sich, dass das bewilligte Gebäude nur mit einem Geschoss über dem Erdboden liegt und die Traufenhöhe von 3 m über dem Erdgeschossfußboden nicht erreicht wird. Die bewilligte Garage erreicht auch nicht die in § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. BauTG normierten Ausmaße. Schon auf Grund der baulichen Gestaltung und des projektierten Verwendungszweckes des bewilligten Gebäudes aber auch aus der dem Einreichplan zu entnehmenden funktionalen Gestaltung dieses Bauwerkes ergibt sich zweifelsfrei, dass die bewilligte "Garage" keine bauliche Einheit mit dem Hauptgebäude im Sinne des § 2 Z. 31 O.ö. BauTG bildet. Im Hinblick auf die in § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. BauTG enthaltenen Tatbestandsvoraussetzungen ist jedenfalls davon auszugehen, dass die hier zu beurteilende Garage als Nebengebäude zu qualifizieren ist.

Als Garage ist nur der über dem Erdboden befindliche Teil des Gebäudes vorgesehen. Der darunter liegende Teil ist nicht für das Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt. Der als Keller ausgestaltete Unterbau zur Garage ist nicht nur flächenmäßig dem als Garage vorgesehenen Bauteil untergeordnet. Er bildet hier auf Grund der Hanglage des Baugrundstückes für die Errichtung der Garage ein bautechnisches Erfordernis. Eine Garage, die wie im Beschwerdefall unterkellert ist und deren Kellergeschoss nicht zum Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt ist, kann daher in dem zum Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmten Gebäudeteil im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 O.ö. BauTG bis zu 50 m2 groß sein. Der als Keller gewidmete Teil ist in die Nutzfläche nicht einzurechnen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 1991, Zl. 88/05/0230, zu der auch hier vergleichbaren Rechtslage vor dem O.ö. Bautechnikgesetz 1994). Inwiefern die Beschwerdeführer in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten dadurch verletzt sein sollen, dass das Kellergeschoss der Garage um ca. 1 m von der Grundstücksgrenze entfernt errichtet worden ist, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, zumal sich das Kellergeschoss zum überwiegenden Teil unter dem bestehenden Gelände befindet, und wird von den Beschwerdeführern auch nicht näher dargelegt. Insofern die Beschwerdeführer darauf verweisen, dass dadurch ein hässlicher Hohlraum entstünde, der zur Ablagerung von Gerümpel genützt werde, machen die Beschwerdeführer keinen Verstoß gegen ihnen zukommende, durch § 31 Abs. 4 BO gewährleistete subjektive-öffentliche Rechte geltend. Da die Garage zulässigerweise bis an die Grundstücksgrenze herangebaut werden darf, wäre auch die Errichtung des für die Garage erforderlichen Unterbaues bis an die Grundstücksgrenze zulässig.

Die Behauptung der Beschwerdeführer, die Dachfläche der Garage werde als Terrasse genutzt, ist durch die erteilte Bewilligung nicht gedeckt. Zutreffend haben die Baubehörden und die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass das Baubewilligungsverfahren ein Projektsgenehmigungsverfahren ist. Aus dem vorliegenden Projekt kann nicht entnommen werden, dass das errichtete Dach als Terrasse genutzt werden soll.

Schon im Hinblick auf die ausführliche Begründung im Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vermag der Verwaltungsgerichtshof eine Gesetzwidrigkeit des Bebauungsplanes nicht zu erkennen, zumal in der Beschwerde keine Argumente vorgetragen werden, die nicht auch schon vom Verfassungsgerichtshof im erwähnten Ablehnungsbeschluss berücksichtigt worden wären. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, die Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes vom Verfassungsgerichtshof neuerlich überprüfen zu lassen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Der mitbeteiligten Stadtgemeinde waren keine Kosten zuzusprechen, da diese nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war.

Wien, am 28. April 2006

Schlagworte

Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004050234.X00

Im RIS seit

08.06.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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