TE Vwgh Erkenntnis 2006/4/28 2006/05/0074

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.04.2006
beobachten
merken

Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
BauO OÖ 1994 §31 Abs5 idF 1998/070;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde

1. der Edith Zehetner in Zell am Moos, und 2. der Elfriede Laganda in Lenzing, beide vertreten durch Dr. Johannes Schraffl, Rechtsanwalt in 4800 Attnang-Puchheim, Rathausplatz 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. Februar 2006, Zl. BauR-013636/2-2006-Ba/Gi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:

1.

Reinhold Weilguni, 4850 Timelkam, Linzerstraße 15, und

2.

Marktgemeinde Timelkam, Pollheimerstraße 5, 4850 Timelkam, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem angefochtenen Bescheid und der Darstellung in der Beschwerde ergibt sich übereinstimmend folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Der Erstmitbeteiligte beantragte die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit eingebauter Garage auf dem Grundstück Nr. 781/4 der KG Timelkam. Laut rechtswirksamem Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Timelkam ist das Baugrundstück als "Kerngebiet" gewidmet.

Die Beschwerdeführerinnen sind grundbücherliche Eigentümerinnen des Grundstückes Nr. 783/1 der KG Timelkam, welches im Nordwesten unmittelbar an das Baugrundstück anschließt. Auf dieser Liegenschaft wird eine gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage in Form einer Diskothek betrieben.

Anlässlich einer am 15. März 2005 stattfindenden Bauverhandlung wiesen die Beschwerdeführerinnen darauf hin, dass der Abstand ihrer sowohl gewerberechtlich als auch baubehördlich genehmigten Anlage zum Grundstück des Bauwerbers lediglich 1 bis 1,5 m betrage und es daher zu befürchten sei, dass es zu Beeinträchtigungen (Lärm, Schallübertragungen durch Erdreich, Belästigungen durch Personen außerhalb der Diskothek, Sachbeschädigungen) komme. Diesbezüglich sei auf die Bestimmung des § 31 Abs. 5 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) hinzuweisen. Mit Schriftsatz vom 14. April 2005 an die Baubehörde wurden diese Einwendungen nochmals konkretisiert.

Nach den Angaben der Beschwerdeführerinnen erstattete der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde im Verfahren eine Stellungnahme, wonach es durch die gewerbebehördlich genehmigte Diskothek "bekanntermaßen zu Beeinträchtigungen (Lärm, Zu- und Abfahrten, Sachbeschädigungen etc.)" komme.

Zum Nachweis des Ausmaßes zulässiger Lärmimmissionen legten die Beschwerdeführerinnen das schalltechnische Projekt "Diskothek Papageno" vom 1. Dezember 1993 vor, zu welchem der bautechnische Amtssachverständige Ing. K. in seiner Stellungnahme vom 3. Mai 2005 ausführte, dass auf Grund der großen Entfernung des Messpunktes 3 ein Einwirken von Immissionen auf das geplante Wohngebäude nicht ausgeschlossen werden könne. Es sei daher eine Hörprobe an der Grundgrenze zwischen den benachbarten Parzellen durchzuführen. Daraufhin wurden die Beschwerdeführerinnen mit Schreiben des Bürgermeisters vom 4. Mai 2005 aufgefordert, eine Hörprobe an der Grundstücksgrenze ihrer Liegenschaft zur Parzelle des Erstmitbeteiligten von einem befugten Gutachter vorzulegen.

Entsprechend dieser Aufforderung legten die Beschwerdeführerinnen einen schalltechnischen Prüfbericht der akkreditierten Prüfstelle für Immissionsmessungen und Bauakustik Dipl. Ing. Dr. Kr. vor. Aus der Stellungnahme des Amtssachverständigen ergibt sich, dass die Messung einen Dauerschallpegel von 46,6 dB ergeben habe. Gemäß § 2 der Oberösterreichischen Grenzwertverordnung sei für "Kerngebiet" der Geräuschpegel am Tag mit 60 dB und in der Nacht mit 50 dB festgelegt. Die Herstellung des Wohngebäudes auf der Parzelle Nr. 781/4 könne auf Grund des Ergebnisses der durchgeführten Messung mit dem Mindestschallschutz für Außenbauteile, auch im Hinblick auf § 4 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bautechnikverordnung, ausgeführt werden.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. Juli 2005 wurde dem Erstmitbeteiligten die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit eingebauter Garage auf der Parzelle Nr. 781/4 der EZ 462 KG Timelkam entsprechend dem eingereichten und als solchen gekennzeichneten Bauplan unter Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen erteilt (Spruchabschnitt I). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß der Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 21. Juli 2005 auf Grund der schalltechnischen Überprüfung des Dipl. Ing. Dr. Kr. das Wohngebäude mit dem Mindestschallschutz von Außenbauteilen gemäß § 4 Oö. BauTV ausgeführt werden könne. Zusätzliche Auflagen seien somit nicht erforderlich (Spruchabschnitt II).

Gegen diesen Bescheid beriefen die Beschwerdeführerinnen und begründeten dies damit, dass nicht nur die Lärmbeeinträchtigung aus der genehmigten Betriebsanlage problematisch sei, sondern auch die von den Besuchern ausgehende Lärmbelästigung, verursacht durch oft lautstarke Unterhaltung, durch das Starten von Autos und das Zuschlagen von Autotüren. Auch werde es zu Belästigungen dadurch kommen, dass andere Passanten, die aus verschiedenen Gründen nicht in die Diskothek eingelassen worden seien, im Nahebereich der Diskothek und natürlich auch im Nahebereich des beantragten Bauvorhabens lärmten und allerlei Belästigungen vornähmen. Es sei daher geradezu vorauszusehen, dass trotz der genehmigten Betriebsanlage ein ständiger Kampf mit dem Bauwerber bevorstehe, weil dieser die von den Passanten hervorgerufenen Beeinträchtigungen auf die genehmigte Betriebsanlage zurückführe. Sie beantragten daher im Sinne des § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 die Abweisung des Bauantrages.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde holte ein ergänzendes schalltechnisches Gutachten des Amtssachverständigen Ing. B. vom 21. Oktober 2005 ein. Demnach seien Messungen am 24. und 25. Juni 2005 im Zeitraum von 23.00 bis 0.30 Uhr durchgeführt worden. Dabei handle es sich um den Nachtzeitraum von Freitag auf Samstag. In dieser Zeit sei wohl von einer stark frequentierten Besucherzahl für derartige Lokale auszugehen. Bei diesen Messwerten sei auch der Verkehrslärm der nahen öffentlichen Gemeindestraße und Lärm von Fußgängern auf öffentlichen Straßen, der nicht der Betriebsanlage zuzuordnen sei, enthalten. Nach dem Stand der Technik werde zur Beurteilung von Schallimmissionen die ÖAL-Richtlinie Nr. 3 herangezogen. Nach Darstellung der Richtwerte des Grundgeräuschpegels im "Kerngebiet" für Tag und Nacht bzw. der entsprechenden Werte des äquivalenten Dauerschallpegels fuhr der Amtssachverständige fort, im Vergleich mit den Ist-Messungen zeige sich, dass die technischen Richtwerte für die Widmung "Kerngebiet" eingehalten würden. Die Erteilung der Baubewilligung für das beantragte Wohnhaus könne daher aus schalltechnischer Sicht vertreten werden.

Zu dieser Stellungnahme äußerten sich die Beschwerdeführerinnen am 10. November 2005 und gaben zu bedenken, dass die Messungen wenig aussagekräftig seien, weil auf Grund ihrer Erkennbarkeit kein realistischer Wert angenommen werden könne. Die Passanten hätten sich mit Sicherheit eher zurückhaltend gezeigt. Zusätzlich sei zu erwähnen, dass an den beiden Messtagen auf Grund der Wettersituation (schönes und heißes Wetter) der Besuch in der Diskothek eher gering gewesen sei, weil das Wetter zu Veranstaltungen im Freien am Attersee oder dgl. gelockt habe.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. November 2005 wurde die Berufung der Beschwerdeführerinnen als unbegründet abgewiesen und damit begründet, dass der äquivalente Dauerschallpegel unter Berücksichtigung aller Faktoren (Straßen- und Bahnlärm, Besucher der Gastronomie im Freien und Diskothekenbetrieb) an der Grundgrenze zwischen den Grundstücken der Beschwerdeführerinnen und des Erstmitbeteiligten bei 46,6 dB und somit unter dem für das "Kerngebiet" geltenden Grenzwert von 50 dB in der Nachtzeit liege. Zusammengefasst komme der Gemeinderat zur Ansicht, dass es den Beschwerdeführerinnen nicht gelungen sei, nachzuweisen, dass von der bestehenden Betriebsanlage (Diskothek), den zu- und abfahrenden und den abgewiesenen Besuchern unzulässige Immissionen auf das beantragte Bauvorhaben einwirkten.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführerinnen Vorstellung an die belangte Behörde, der mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 16. Februar 2006 keine Folge gegeben wurde. Die belangte Behörde stellte fest, dass die Beschwerdeführerinnen durch den genannten Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt würden.

Dies wurde nach Wiedergabe des Wortlautes des § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 damit begründet, dass nach Maßgabe des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. April 1994 im vorliegenden Fall Schallimmissionen von Bedeutung seien. Da Nachbarn für die von ihnen erhobenen Einwendungen die entsprechenden Nachweise zu bringen hätten, habe die Erstbeschwerdeführerin die Erstellung eines schalltechnischen Prüfberichtes durch Dipl. Ing. Dr. Ulf Kr. in Auftrag gegeben. Aus diesem gehe hervor, dass der äquivalente Dauerschallpegel unter Berücksichtigung aller Faktoren an der Grundgrenze zwischen den betroffenen Grundstücken bei 46,6 dB und somit unter dem für das "Kerngebiet" geltenden Grenzwert von 50 dB in der Nachtzeit liege. Diese Feststellung sei von dem beigezogenen Amtssachverständigen bestätigt worden.

Mangels einer gegenteiligen fachlichen Stellungnahme habe daher der Gemeinderat die vorliegenden Ermittlungsergebnisse seiner Entscheidung zu Grunde legen dürfen. Dass diese Erhebungen nachvollziehbar seien, werde selbst in der Vorstellung nicht in Abrede gestellt. Kritisiert werde allerdings der Zeitraum der Messungen von nur 90 Minuten. Bekanntermaßen würden die Beeinträchtigungsspitzen eher vor 23.00 Uhr, wenn die Gäste zuführen, und dann wieder etwa nach 2.00 Uhr früh, wenn sie das Lokal verließen, auftreten. Gerade im Messzeitraum sei es eher ruhig, weil dann die Gäste mit Ausnahme der nicht Eingelassenen im Lokal wären. Gerade Lärmspitzen nach Mitternacht würden allerdings sicherlich als besonders unangenehm empfunden werden und es sei daher davon auszugehen, dass der Grenzwert von 50 dB für die Zeit nach Mitternacht sicherlich erreicht, wenn nicht sogar überschritten werde.

Dazu meinte die belangte Behörde, mit diesem Einwand werde keine Rechtswidrigkeit aufgezeigt, weil es zur Begründung dieses Vorbringens erforderlich gewesen wäre, ein eigenes Gutachten eines lärmtechnischen Sachverständigen vorzulegen, was allerdings verabsäumt worden sei. Im Übrigen sei es für die Vorstellungsbehörde nicht erkennbar, dass ein Zeitraum für Messungen von 90 Minuten nicht repräsentativ sein solle. Letztlich habe sich aber gezeigt, dass trotz der Messungen nach Mitternacht der hier maßgebliche Grenzwert von 50 dB weder erreicht noch überschritten worden sei.

Einen Mangel würden die Beschwerdeführerinnen auch darin sehen, dass sich die Diskobesucher auf Grund der erkennbaren Messungen eher zurückhaltend gezeigt hätten, sodass kein realistischer Messwert habe erzielt werden können. Dieser Argumentation sei entgegenzuhalten, dass sonst überhaupt nie eine Messung durchgeführt werden könne. Dass aber die Prüfung der hier maßgeblichen Immissionen nur über eine Messung erfolgen könne, stehe wohl außer Zweifel.

Ein Fehler im Verfahren liege nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen auch darin, dass die Behörde das bekannte Problem der Körperschallübertragung nicht berücksichtigt habe, das erst dann auftrete, wenn das geplante Gebäude als Baukomplex bestehe und sich dann die Vibrationen von ihrem Gebäude auf das Nachbarobjekt ausdehnen würden. Diesem Einwand komme aber insofern keine rechtliche Bedeutung zu, als das Baubewilligungsverfahren ein Projektsgenehmigungsverfahren sei, in welchem über die zu erwartenden Beeinträchtigungen der Nachbarn eine Prognoseentscheidung zu treffen sei. Nur in dem Fall einer nachträglichen Bewilligung, wenn also das Bauvorhaben bereits ausgeführt sei, sei als Beurteilungsgrundlage für die festzustellenden Beeinträchtigungen der bereits bestehende tatsächliche Zustand heranzuziehen. Da aber im vorliegenden Fall das Bauvorhaben noch nicht ausgeführt sei, habe die erforderliche Prüfung der Beeinträchtigung der Nachbarn anhand einer Prognoseentscheidung zu erfolgen gehabt, die auf Grund ausreichender Sachverhaltsermittlungen und Gutachten über die zu erwartenden Beeinträchtigungen zu erfolgen habe.

Da die Vorstellungsbehörde keine Rechtsverletzung einfachgesetzlicher Grundlagen habe feststellen können, erweise sich das Rechtsmittel als unbegründet und es sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde; die Beschwerdeführerinnen erachten sich in dem ihnen gemäß § 31 Abs. 5 der Oö. BauO 1994 zustehenden Recht auf Schutz vor heranrückender Bebauung auf bisher unbebauten Grundstücken verletzt. Sie brachten vor, dass viele Immissionen nur indirekt von der eigentlichen Betriebsanlage ausgingen, aber trotzdem mit der Betriebsanlage zusammenhingen, weil ohne diese die wesentlichen Beeinträchtigungen, wie Lärm, Sachbeschädigung etc. nicht vorkämen. Ohne Diskothek gebe es keine nächtlichen Menschenansammlungen an diesem Ort. Die belangte Behörde nehme auf das Vertrauen der Beschwerdeführerinnen als Inhaberinnen einer Betriebsanlage keine Rücksicht, stütze sich lediglich auf die Messung der Lärmimmissionen und komme zur Annahme, die Baubewilligung für das beantragte Wohnhaus könne aus schalltechnischer Sicht vertreten werden. Es stehe allerdings auch fest, und hätten dies die Beschwerdeführerinnen auch im gesamten Verfahren vorgetragen, dass Beeinträchtigungen auch von den Menschenansammlungen im Bereich der Diskothek ausgingen; diese zusätzlichen Beeinträchtigungen ließen sich allerdings durch eine punktuelle Messung im Zeitraum von 90 Minuten nicht nachweisen. Im vorliegenden Fall sei sogar aus einer Stellungnahme des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde als amtsbekannt vorauszusetzen, dass es zu gravierenden Beeinträchtigungen der Nachbarliegenschaft komme; es wäre daher geradezu absurd, von den Beschwerdeführerinnen für amtsbekannte Tatsachen weitere Nachweise zu fordern. Ebenso sei wohl allgemein bekannt und müsse nicht extra unter Beweis gestellt werden, dass im Nahebereich gastgewerblicher Unternehmungen mit Nachtbetrieb gravierende Ruhestörungen und Belästigungen vorkämen, welche auch durch Kontrollen kaum zu unterbinden seien. Solche amtsbekannten Störungen und Beeinträchtigungen könnten daher von der Behörde nicht negiert werden. Nachdem sogar der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde davon spreche, dass es durch die Diskothek bekanntermaßen zu Beeinträchtigungen der Nachbarliegenschaften komme, müsse man wohl davon ausgehen, dass auch die Baubehörde davon Kenntnis gehabt habe. Auch zum Problem der Körperschallübertragung bzw. Vibration durch die Musikanlage seien die Ausführungen der belangten Behörde unlogisch und realitätsfern. Wenn das Gebäude einmal bestehe und fertig gestellt sei, werde der Bauwerber auf den bereits dann bestehenden tatsächlichen Zustand hinweisen und darauf dringen, dass die Beeinträchtigungen durch verschiedene Maßnahmen (Lärmschutz, Einbauten oder Kontrollen) abgestellt würden, dies könne bis zur Schließung der Diskothek führen. Gerade zur Abwehr derartiger Ansinnen bei heranrückender Bebauung diene eben § 31 Abs. 5 der Oö. BauO 1994.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 31 Abs. 5 der Oö. BauO 1994, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 70/1998, hat folgenden Wortlaut:

"(5) Beim Neubau von Wohngebäuden auf bisher unbebauten Grundstücken (heranrückende Bebauung) sind auch Einwendungen zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer bestehenden benachbarten Betriebsanlage ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken. Dies gilt jedoch nur für Immissionen, die auf Grund rechtskräftiger Bescheide zulässig sind. In diesem Fall hat der Nachbar die entsprechenden Beweise beizubringen."

Die Beschwerdeführerinnen haben Einwendungen im Sinne des § 31 Abs. 5 leg. cit. erhoben und diese auf die Immissionen durch Lärm und auf die Gefahr sonstiger Belästigungen (zB. Sachbeschädigungen) gestützt. Die Baubehörden haben sich mit den schalltechnischen Emissionen der Diskothek (durch den Musikbetrieb), aber auch der Umgebung (Zu- und Abfahrten, Passanten, sonstiger Umgebungslärm) auseinander gesetzt und sind auf Grundlage der übereinstimmenden Gutachten (Gutachten der beiden beigezogenen Amtssachverständigen auf Basis der von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten Werte des Prüfberichtes Dris. Kr.) zur Auffassung gelangt, dass angesichts des durch die gemessenen Immissionen nicht erreichten Grenzwertes für das "Kerngebiet" von 50 dB in der Nachtzeit keine Beeinträchtigung durch den gewerbebehördlich und baubehördlich genehmigten Betrieb der Diskothek der Beschwerdeführer vorliege (zur Zulässigkeit der Heranziehung der den Stand der Technik wiedergebenden OÖ Grenzwertverordnung 1995, LGBl. Nr. 22, und der dort festgelegten Grenzwerte im Rahmen eines Sachverständigengutachtens vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. November 1999, Zl. 98/05/0049, und vom 24. März 1998, Zl. 97/05/0301).

Die Beschwerdeführerinnen meinen nun in der Beschwerde, es stehe allerdings auch fest und hätten sie dies auch immer vorgetragen, dass die Beeinträchtigungen nicht nur von der behördlich genehmigten Musikanlage, sondern auch von den Menschenansammlungen im Bereich der Diskothek ausgingen. Diese zusätzlichen Beeinträchtigungen ließen sich aber nicht messen. In diesem Zusammenhang meinen sie, es komme "zu gravierenden Beeinträchtigungen der Nachbarliegenschaft", "zu gravierenden Ruhestörungen und Belästigungen", und "bekanntermaßen zu Beeinträchtigungen (Lärm, Zu- und Abfahrten, Sachbeschädigungen etc)." Weiters nennen sie Beeinträchtigungen der Umgebung durch "nächtliche Menschenansammlungen." Dabei beziehen sich die Beschwerdeführerinnen mehrfach auf die auch vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde "bekannt gegebenen vorhandenen Beeinträchtigungen".

Insofern dieses Vorbringen der Beschwerdeführerinnen auch den Aspekt der Lärmimmissionen umfasst, ist zum einen auf die von den Baubehörden eingeholten Gutachten zu verweisen, die sich maßgeblich auf die von den Beschwerdeführerinnen selbst vorgelegten Messungsergebnisse bezogen haben. Dem Prüfbericht lagen nicht nur Messungen (in der Nacht vom 24. auf 25. Juni 2005) der Lärmimmissionen der Betriebsanlage selbst zu Grunde, sondern auch der in der unmittelbaren Umgebung entstandene Lärm (ausdrücklich wird der Verkehrslärm der nahen öffentlichen Gemeindestraße und der Lärm von Fußgängern genannt). Zum anderen wäre es den Beschwerdeführerinnen oblegen, im Rahmen der gemäß § 31 Abs. 5 letzter Satz Oö. BauO 1994 ausnahmsweise ihnen zukommenden Beweislast (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. September 1998, Zl. 98/05/0046) entsprechende Nachweise vorzulegen, wonach die durch diese Faktoren entstehende Lärmbelästigung den genannten Grenzwert von 50 dB überschreite. Zur Vorlage eines solchen Nachweises (Vorlage einer "Hörprobe") waren die Beschwerdeführerinnen aufgefordert worden; ein solcher Nachweis kann aber nicht durch eine Äußerung des Bürgermeisters, wonach es bekanntermaßen zu "Beeinträchtigungen" komme, ersetzt werden.

Insofern der Hinweis der Beschwerdeführerinnen, wonach es zu "nächtlichen Menschenansammlungen" komme, ebenfalls mit Lärmimmissionen, die typischerweise von solchen Ansammlungen ausgehen, im Zusammenhang stehen, gilt das eben Gesagte. "Nächtliche Menschenansammlungen" können aber auch mit den von den Beschwerdeführerinnen wiederholt vorgebrachten Sachbeschädigungen oder sonstigen Belästigungen im Umfeld der Diskothek in Zusammenhang stehen. Allerdings können die Beschwerdeführerinnen auch auf diese Art der Immissionen keine Einwendungen stützen, die zur Versagung der Baubewilligung des Erstmitbeteiligten führen müsste.

§ 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 stellt auf Immissionen, die auf Grund rechtskräftiger Bescheide zulässig sind, ab; nur solche Immissionen sind beachtlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1996, Zl. 96/05/0149). Es ist aber auszuschließen, dass Sachbeschädigungen in der Umgebung der Diskothek auf Grund des rechtskräftigen gewerbebehördlichen Bewilligungsbescheides zulässig seien; solches wurde auch von den Beschwerdeführerinnen nicht vorgebracht. Auf diese Art der Beeinträchtigungen können sie daher keine zu beachtenden Einwendungen nach § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 stützen.

Was das Beschwerdevorbringen zu den Immissionen durch die Körperschallübertragung bzw. Vibrationen durch die Musikanlage betrifft, so meinen die Beschwerdeführerinnen, die Behörde habe in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Meinung vertreten, dass dieses Problem erst nach der Ausführung des Bauvorhabens zu überprüfen sei; dies sei aber realitätsfern. Damit missverstehen die Beschwerdeführerinnen den Inhalt der diesbezüglichen Begründung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat mit ihren diesbezüglichen Ausführungen vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass - angesichts des noch nicht errichteten Wohngebäudes am Nachbargrundstück - diesbezüglich eine Prognoseentscheidung zu treffen sei. Eine solche Prognose könne aber - zB. auf Grund von Sachverständigengutachten - auch bereits im Stadium vor Bauerrichtung ergeben, dass eine Beeinträchtigung dieser Art erfolgen werde.

Weil auch in diesem Fall der Nachweis für diese Art der Immission - ihre Zulässigkeit auf Grund des rechtskräftigen Betriebsanlagenbescheides der Diskothek vorausgesetzt - von den Beschwerdeführerinnen beizubringen gewesen wäre, zeigt die Beschwerde mit der Behauptung, wonach die Behörde das "Problem der Körperschallübertragung" von Amts wegen hätte überprüfen müssen, auch keine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerinnen auf.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von den beschwerdeführenden Parteien behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 28. April 2006

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete Baurecht Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006050074.X00

Im RIS seit

31.05.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten