TE Vwgh Erkenntnis 2006/4/28 2005/05/0091

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Veröffentlicht am 28.04.2006
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO Wr §124 Abs1;
BauO Wr §125 Abs1 lita;
BauO Wr §125 Abs4;
BauO Wr §135 Abs1;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauRallg;
VStG §7;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Dr. M P in W, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 31. Dezember 2004, Zl. UVS-04/A/30/8007/2002-8, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13. Dezember 2001 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der I. GmbH, die persönlich haftende Gesellschafterin der I. GmbH & CO KEG sei, zu verantworten zu haben, dass diese Gesellschaft als Bauherrin auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien 12 in der Zeit vom 3. September 2001 bis 6. September 2001 entgegen § 60 Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien (BO) näher umschriebene Arbeiten habe durchführen lassen, ohne hiefür die vorher erforderliche Baubewilligung erwirkt zu haben. Dies stelle eine Verwaltungsübertretung nach § 60 Abs. 1 lit. a iVm § 135 Abs. 1 BO dar.

In einer Stellungnahme vom 19. März 2002 legte der Beschwerdeführer im Wesentlichen dar, dass zwischen der I. GmbH & CO KEG und Architekt DI S. am 28. Dezember 2000 ein Planungsvertrag hinsichtlich der Generalsanierung und Aufstockung des gegenständlichen Gebäudes geschlossen worden sei. Mit Bescheid vom 17. April 2001 sei die Bewilligung zum Umbau erteilt worden. In Ausführung dieser Baubewilligung sei unter Aufsicht und Oberleitung des Architekten vom Bauführer, der A. GmbH & CO KG, mit dem Umbau begonnen worden. Dem Beschwerdeführer sei nicht bekannt gewesen, dass mit der Baubewilligung nicht das Auslangen für den gesamten geplanten Umbau gefunden werden könne.

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 19. August 2002 wurde dem Beschwerdeführer das oben genannte Delikt angelastet und über ihn eine Geldstrafe von EUR 735,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen und sechs Stunden) sowie ein Betrag von EUR 73,50 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verhängt. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die Verantwortung des Bauherrn gemäß § 125 Abs. 4 BO unberührt bleibe, auch wenn ein Bauführer vorhanden sei.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers nicht stattgegeben. Der Tatvorwurf wurde allerdings um einige Baumaßnahmen reduziert und die Strafe auf EUR 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen) sowie der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf EUR 40,-- herabgesetzt. In der Bescheidbegründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die nicht mehr angelasteten Baumaßnahmen im Umfang der Baubewilligung Deckung gefunden hätten. Im Übrigen sei aber in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem es im Zuge der Bauführung zu einer Überschreitung des genehmigten Bauplanes gekommen sei, neben dem Bauführer auch der Bauherr verpflichtet, die Bautätigkeit hinsichtlich ihrer Konsensmäßigkeit ständig und unaufhörlich zu überwachen, um gegebenenfalls Abweichungen der Behörde unverzüglich melden zu können. Dies sei, auch nach der eigenen Verantwortung des Beschwerdeführers, nicht geschehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, begehrte Ersatz für den Vorlageaufwand und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer wiederholt in der Beschwerde sein bereits im Verwaltungsstrafverfahren erstattetes Vorbringen, dass er als Vertreter der Bauherrin nicht hätte bestraft werden dürfen, da ein Bauführer tätig gewesen sei.

Gemäß § 135 Abs. 1 BO sind Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen strafbar.

Soweit es sich nicht um bewilligungsfreie Baumaßnahmen handelt oder das Bauanzeige- bzw. vereinfachte Baubewilligungsverfahren zur Anwendung kommt, ist gemäß § 60 Abs. 1 BO vor Beginn u.a. für Umbauten und bauliche Änderungen die Bewilligung der Behörde zu erwirken.

Der Bauwerber hat sich gemäß § 124 Abs. 1 BO zur Ausführung aller bewilligungspflichtigen und anzeigepflichtigen Bauarbeiten eines Bauführers zu bedienen, der nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften zur erwerbsmäßigen Vornahme dieser Tätigkeit berechtigt ist.

Für die Einhaltung der Baupläne, die nach diesem Gesetz ausgeführt werden dürfen, sowie aller Auflagen der Baubewilligung, für die werkgerechte Bauausführung, für die Tauglichkeit der verwendeten Baustoffe und Konstruktionen sowie überhaupt für die Einhaltung aller auf die Bauführung bezughabenden Vorschriften dieses Gesetzes, seiner Nebengesetze und der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen ist gemäß § 125 Abs. 1 lit. a BO der Bauführer verantwortlich. Die Verpflichtungen des Bauwerbers und des Eigentümers (aller Miteigentümer) der Liegenschaft bleiben gemäß § 125 Abs. 4 BO davon unberührt.

Wenn entsprechend der BO ein Bauführer bestellt wurde und bei der Bauführung Abweichungen von einem bewilligten Plan vorkommen, ist dafür der Bauführer verantwortlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2001, Zl. 99/05/0024). Der bestellte Bauführer ist auch dann verantwortlich, wenn er mit dem Bau bereits beginnt, ohne dass die dafür erforderliche Bewilligung vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 97/05/0189). Im Sinne des § 125 Abs. 4 BO wäre etwa der Bauwerber daneben weiterhin für die Auswahl des Bauführers verantwortlich (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2001). Dies ändert aber nichts daran, dass für die Vornahme der Bautätigkeit ohne erforderliche Baubewilligung ein nach den Bestimmungen der BO bestellter Bauführer als unmittelbarer Täter heranzuziehen ist (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 28. September 1999, Zl. 99/05/0145).

Handelt es sich hingegen um die Durchführung von Baumaßnahmen, ohne dass zuvor ein Bauführer bestellt worden ist, liegt die Verantwortung beim Bauwerber bzw. beim Bauherrn (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Juni 1991, Zl. 91/05/0048, vom 29. August 1995, Zl. 94/05/0245, und vom 29. April 1997, Zl. 96/05/0282). Dieser haftet dann gegebenenfalls nicht nur wegen der Durchführung von Bauarbeiten ohne entsprechende Baubewilligung, sondern auch wegen Unterlassung der Bestellung eines verantwortlichen Bauführers (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2001, Zl. 99/05/0050; das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 96/05/0253, verweist zwar auf das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1991, doch waren die diesbezüglichen Ausführungen für die Behebung des dort angefochtenen Bescheides nicht tragend).

Die belangte Behörde verkannte somit, dass dann, wenn ein Bauführer gemäß den Bestimmungen der BO bestellt ist und bei der Baudurchführung von einer vorhandenen Baubewilligung abgewichen wird, dafür der Bauführer und nicht der Bauherr als unmittelbarer Täter zur Verantwortung zu ziehen ist. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. April 2006

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteBaubewilligung BauRallg6Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005050091.X00

Im RIS seit

22.05.2006

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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