Index
E000 EU- Recht allgemein;Norm
32002L0049 Lärmschutz-RL Art1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Beschwerdesache der G GmbH in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und Dr. Josef W. Aichlreiter, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 16. September 2005, Zl BMVIT-820.034/0005- II/SCH2/2005, betreffend eisenbahnrechtliche Baugenehmigung (mitbeteiligte Partei: AG in W), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde im Spruchteil 1. ("Eisenbahnrechtliches Baugenehmigungsverfahren") unter Spruchpunkt I. der mitbeteiligten Partei nach Maßgabe des Ergebnisses der am 20. und 21. Dezember 2004 durchgeführten Ortsverhandlung und des abschließenden Gutachtens des Sachverständigen für Wasserbautechnik vom 8. August 2005 für den Abschnitt Haltestelle Taxham bis Salzburg Hauptbahnhof von km 85,545 bis km 87,760 der ÖBB-Strecke Salzburg-Rosenheim gemäß den §§ 35 und 36 Abs 1 und 2 des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl Nr 60/1957 "idgF" (EisbG), und gemäß § 127 Abs 1 lit b des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl Nr 214/1959, "idgF", unter Zugrundelegung der vorgelegten Entwurfsunterlagen sowie unter Einhaltung näher angeführter Vorschreibungen die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung und die wasserrechtliche Bewilligung erteilt.
Die eisenbahnrechtliche Genehmigung beziehe sich insbesondere auf näher genannte "projektgegenständliche Einzelbaumaßnahmen", "hochbauliche Anlagen" und "Kunstbauten".
Im Spruchpunkt VI. wurde über die in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2004 erhobenen Einwendungen, Anträge und weiteres Vorbringen entschieden. Einwendungen wurden - jeweils gestützt auf § 35 Abs 2 EisbG - als unbegründet abgewiesen bzw auf den Zivilrechtsweg verwiesen, weiteres (näher dargestelltes) Vorbringen gemäß § 43 Abs 3 AVG abgewiesen.
Im Spruchpunkt VII. wurde gemäß § 35 Abs 3 EisbG festgestellt, dass der durch die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer sei als der Nachteil, der den Parteien durch die Genehmigung des Bauvorhabens erwächst.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:
Mit Verordnung der Bundesregierung vom 19. Dezember 1989, BGBl Nr 675/1989, sei unter anderem der gegenständliche Abschnitt der ÖBB Strecke Attnang/Puchheim - Staatsgrenze bei Salzburg zur Hochleistungsstrecke erklärt worden. Das vom Antrag erfasste Projekt habe eine Länge von 2.215 Meter und umfasse im Wesentlichen die Zulegung eines Nahverkehrsgleises (dreigleisiger Ausbau) im Abschnitt Haltestelle Taxham - Salzburg Hauptbahnhof im Zuge der geplanten S-Bahn Salzburg und insbesondere die Errichtung der S-Bahn-Haltestellen Mülln und Aiglhof sowie die Neuerrichtung der Eisenbahnbrücken über die Salzach. Dieser Ausbau sei Voraussetzung für die Abwicklung des gewünschten Nahverkehrsangebotes. Für das Projekt sei eine Vielzahl von Einzelbaumaßnahmen erforderlich, von denen insbesondere die Errichtung von Lärmschutzwänden und erschütterungsmindernden Maßnahmen hervorzuheben seien.
Die von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Entwurfsunterlagen seien gemäß § 33 EisbG vom eisenbahnfachlichen Standpunkt geprüft und grundsätzlich als zur Ausführung geeignet befunden worden. Die sich aus § 36 Abs 4 EisbG ergebende Aufgabe der dem eisenbahnrechtlichen Genehmigungsverfahren beigezogenen eisenbahnspezifischen Sachverständigen sei insbesondere die Prüfung, ob der eingereichte Bauentwurf den Erfordernissen der Sicherheit und Ordnung des Eisenbahnbetriebs und -verkehrs entspreche, wobei neben den zum Begutachtungszeitpunkt geltenden Vorschriften auch der Stand der technischen Entwicklung zu berücksichtigen sei. Diese Voraussetzungen seien, wie die im Verfahren eingeholten Gutachten ergeben hätten, bei projektgemäßer Ausführung unter Einhaltung der getroffenen Vorschreibungen erfüllt.
Aus zu erwartenden Immissionen (Lärm, Staub, Erschütterungen) und Wertminderung abgeleitete Einwendungen hätten keine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte zum Inhalt und seien deshalb auf den Zivilrechtsweg zu verweisen gewesen. Dessen ungeachtet seien von der Behörde selbst im Sinne des § 19 Abs 2 EisbG von Amts wegen Ermittlungen anzustellen und Vorschreibungen zu treffen gewesen, die dem Schutz des Lebens und der Gesundheit von Personen dienten. Aus den eingeholten Fachgutachten, insbesondere dem Gutachten des Amtsachverständigen für Lärmschutz, ergebe sich, dass ein ausreichender Schutz durch die vorgesehenen bzw vorgeschriebenen Maßnahmen gewährleistet werde. Zwar sei im Gutachten des Amtsachverständigen für Lärmschutz die Forderung nach Schaffung eines über den im Projekt enthaltenen Schallschutz hinausgehenden, gegenüber Wohnnutzung erhöhten Schallschutzes in Bereichen, wo Patienten sich aufhielten oder behandelt würden, für die eine Schallbelastung einen zusätzlichen Risikofaktor darstelle, erhoben worden. Diesem - mit einer gegenüber Wohnbebauung erhöhten Schutzwürdigkeit von Krankenhäusern begründeten - Verlangen sei aber entgegen zu halten, dass in der auf das vorliegende Projekt anzuwendenden Schienenverkehrslärm-Immissionsschutzverordnung, BGBl Nr 415/1993 (SchIV), keine derartigen Maßnahmen enthalten seien. Die Planung der Lärmschutzmaßnahme sei auf der Grundlage der SchIV erfolgt und die Gebäude der Landeskliniken seien hinsichtlich der Dimensionierung der Schallschutzmaßnahmen den Wohngebäuden gleichgestellt worden.
Zum "Themenkreis Beeinträchtigung durch elektromagnetische Strahlung" verwies die belangte Behörde auf Ausführungen des Gutachtens des Amtsachverständigen für Elektrotechnik, wonach durch die geplante Umsetzung des Erdungskonzeptes und die Neuerrichtung einer Oberleitungsanlage mit Rückleiter feldmindernde Maßnahmen gegenüber der bestehenden Oberleitungsanlage gesetzt würden. Auf Grund der mit dem Projekt verbundenen Annäherung der Gleisachsen Richtung Landeskrankenhaus habe es der genannte Amtsachverständige ergänzend für erforderlich erachtet, in diesem Bereich die bestehenden elektrischen Felder zu ermitteln und die nach Fertigstellung des Projektes auftretenden elektrischen Felder festzustellen und der Behörde bekannt zu geben, was auch im Bescheid vorgeschrieben worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 28. Dezember 2005, B 3389/05, gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde. Den Beschwerdepunkt legte sie wie folgt fest: "Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Vorschreibung von Auflagen, die eine Gesundheitsgefährdung der von ihr gemäß dem gesetzlichen Auftrag des Salzburger Landeskrankenanstaltengesetzes zu betreuenden Patienten ausschließen, verletzt."
In ihrem gesamten Beschwerdevorbringen wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Nichtvorschreibung weiterer Lärmschutzmaßnahmen, die zur Verhinderung von Gesundheitsgefährdungen notwendig seien. Auch wenn die SchIV nicht zwischen Wohnbevölkerung und Menschen in Krankenhäusern unterscheide, seien Patienten in Krankenhäusern doch in einem höheren Ausmaß schutzbedürftig und von schädlichen Lärmeinwirkungen betroffen. Die Beschwerdeführerin selbst sei als juristische Person zwar von vornherein nicht durch Lärm, Erschütterungen oder sonstige Immissionen beeinträchtigt, doch dürfe nicht übersehen werden, dass sie als Krankenanstaltenerhalterin zur Sicherung der Qualität der Krankenbetreuung verpflichtet sei. Dem gesetzlichen Auftrag nach § 1 Abs 1 Z 3 des Salzburger KAG 2000 würde zuwider gehandelt werden, wenn durch bestimmte Immissionen der Aufenthalt in den von der Beschwerdeführerin betriebenen Einrichtungen - Klinikbauten, die unmittelbar neben dem künftigen dritten Gleis in einem Abstand von zehn Meter von der Gleisachse situiert seien - nicht zu einer Besserung und Heilung, sondern zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Kranken führe.
Die Beschwerdeführerin räumt ein, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die Vorschreibung von zur Vermeidung einer Gefährdung von Personen notwendigen Auflagen kein subjektiv öffentliches Nachbarrecht bestehe. Im Lichte der zu Art 8 EMRK ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR), wonach "ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes" Recht auf Schutz vor - noch dazu gesundheitsgefährdenden - Immissionen bestehe, sei diese Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr aufrecht zu halten.
Die Beschwerdeführerin verweist weiters auf die Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (RL 2002/49/EG), deren Ziel die Lärmminderung des Schienenverkehrs sei, und die - im Lichte der Rechtsprechung des EuGH zur Schutzwirkung von Richtlinien - ein subjektives Recht begründe. Auch gemäß dem Bundes-Umgebungslärmschutzgesetz, BGBl I Nr 60/2005, sei es Aufgabe der entsprechenden Verfahren, den schädlichen Auswirkungen von Umgebungslärm auf die menschliche Gesundheit sowie unzumutbaren Belästigungen durch Umgebungslärm vorzubeugen und entgegenzuwirken.
Die Beschwerde ist nicht zulässig:
Gemäß Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl den hg Beschluss vom 28. Februar 2006, Zl 2005/03/0244).
Gemäß § 34 Abs 4 des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl Nr 60/1957 idF BGBl I Nr 151/2004 (EisbG), sind Parteien im Sinne des § 8 AVG insbesondere der Bauwerber, die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften, die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten. Betroffene Liegenschaften sind außer den durch den Bau selbst in Anspruch genommenen Liegenschaften auch die, die in den Bauverbotsbereich (§ 38) oder in den Feuerbereich (§ 40) zu liegen kommen, sowie die, die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich (§ 39) Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssen.
Gemäß § 35 Abs 2 EisbG ist in der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung über alle gegen das Bauvorhaben erhobenen Einwendungen sowie über alle sonst vom Bauvorhaben berührten Interessen zu entscheiden, soweit es sich nicht um zivilrechtliche Ansprüche handelt; diese sind auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
Gemäß § 35 Abs 3 EisbG sind Einwendungen, die eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte zum Inhalt haben, als unbegründet abzuweisen, wenn der durch die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der der Partei durch die Genehmigung des Bauvorhaben erwächst.
Die maßgebenden Bestimmungen der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (RL 2002/49/EG) lauten:
"Artikel 1
Ziele
(1) Mit dieser Richtlinie soll ein gemeinsames Konzept festgelegt werden, um vorzugsweise schädliche Auswirkungen, einschließlich Belästigung, durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern. Hierzu werden schrittweise die folgenden Maßnahmen durchgeführt:
a) Ermittlung der Belastung durch Umgebungslärm anhand von Lärmkarten nach für die Mitgliedstaaten gemeinsamen Bewertungsmethoden;
b) Sicherstellung der Information der Öffentlichkeit über Umgebungslärm und seine Auswirkungen;
c) auf der Grundlage der Ergebnisse von Lärmkarten Annahme von Aktionsplänen durch die Mitgliedstaaten mit dem Ziel, den Umgebungslärm so weit erforderlich und insbesondere in Fällen, in denen das Ausmaß der Belastung gesundheitsschädliche Auswirkungen haben kann, zu verhindern und zu mindern und die Umweltqualität in den Fällen zu erhalten, in denen sie zufrieden stellend ist.
(2) Diese Richtlinie soll auch eine Grundlage für die Einführung von Gemeinschaftsmaßnahmen zur Lärmminderung bei den wichtigsten Lärmquellen darstellen; dies sind insbesondere Straßen- und Schienenfahrzeuge und -infrastruktureinrichtungen, Flugzeuge, Geräte, die für die Verwendung im Freien vorgesehen sind, Ausrüstung für die Industrie sowie ortsbewegliche Maschinen. Zu diesem Zweck legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens zum 18. Juli 2006 geeignete Vorschläge für Rechtsvorschriften vor. Dabei sollten die Ergebnisse des in Artikel 10 Absatz 1 genannten Berichts Berücksichtigung finden.
Artikel 2
Geltungsbereich
(1) Diese Richtlinie betrifft den Umgebungslärm, dem Menschen insbesondere in bebauten Gebieten, in öffentlichen Parks oder anderen ruhigen Gebieten eines Ballungsraums, in ruhigen Gebieten auf dem Land, in der Umgebung von Schulgebäuden, Krankenhäusern und anderen lärmempfindlichen Gebäuden und Gebieten ausgesetzt sind.
(2) Diese Richtlinie gilt weder für Lärm, der von der davon betroffenen Person selbst verursacht wird, noch für Lärm durch Tätigkeiten innerhalb von Wohnungen, Nachbarschaftslärm, Lärm am Arbeitsplatz, in Verkehrsmitteln oder Lärm, der auf militärische Tätigkeiten in militärischen Gebieten zurückzuführen ist.
...
Artikel 4
Anwendung und Zuständigkeit
(1) Die Mitgliedstaaten bestimmen auf der geeigneten Ebene die für die Anwendung dieser Richtlinie zuständigen Behörden und Stellen, insbesondere die zuständigen Behörden für
a) die Ausarbeitung und gegebenenfalls die Genehmigung von Lärmkarten und Aktionsplänen für Ballungsräume, Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken und Großflughäfen,
b) die Sammlung von Lärmkarten und Aktionsplänen.
(2) Die Mitgliedstaaten stellen der Kommission und der Öffentlichkeit die in Absatz 1 genannten Informationen bis zum 18. Juli 2005 zur Verfügung.
...
Artikel 8
Aktionspläne
(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass bis zum 18. Juli 2008 von den zuständigen Behörden Aktionspläne ausgearbeitet werden, mit denen in ihrem Hoheitsgebiet Lärmprobleme und Lärmauswirkungen, erforderlichenfalls einschließlich der Lärmminderung, geregelt werden für
a) Orte in der Nähe der Hauptverkehrsstraßen mit einem Verkehrsaufkommen von über sechs Millionen Kraftfahrzeugen pro Jahr, der Haupteisenbahnstrecken mit einem Verkehrsaufkommen von über 60000 Zügen pro Jahr und der Großflughäfen;
b) Ballungsräume mit mehr als 250000 Einwohnern. Ziel dieser Pläne soll es auch sein, ruhige Gebiete gegen eine Zunahme des Lärms zu schützen. Die in den Plänen genannten Maßnahmen sind in das Ermessen der zuständigen Behörden gestellt, sollten aber insbesondere auf die Prioritäten eingehen, die sich gegebenenfalls aus der Überschreitung relevanter Grenzwerte oder aufgrund anderer von den Mitgliedstaaten festgelegter Kriterien ergeben, und insbesondere für die wichtigsten Bereiche gelten, wie sie in den strategischen Lärmkarten ausgewiesen wurden.
(2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die zuständigen Behörden bis zum 18. Juli 2013 Aktionspläne, insbesondere zur Durchführung der vorrangigen Maßnahmen, die gegebenenfalls wegen des Überschreitens relevanter Grenzwerte oder aufgrund anderer von den Mitgliedstaaten festgelegter Kriterien ermittelt wurden, für die Ballungsräume sowie für die Hauptverkehrsstraßen und Haupteisenbahnstrecken in ihrem Hoheitsgebiet ausgearbeitet haben.
Artikel 14
Umsetzung
(1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 18. Juli 2004 nachzukommen. Sie setzen die Kommission davon in Kenntnis. Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahmen.
(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen."
Mit dem Bundesgesetz über die Erfassung von Umgebungslärm und über die Planung von Lärmminderungsmaßnahmen, BGBl I Nr 60/2005, wurde die genannte Richtlinie innerstaatlich umgesetzt. Die maßgebenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes lauten (auszugsweise) wie folgt:
"Ziel
§ 1. (1) Das Ziel dieses Bundesgesetzes ist es, schädlichen Auswirkungen von Umgebungslärm auf die menschliche Gesundheit sowie unzumutbaren Belästigungen durch Umgebungslärm vorzubeugen oder entgegenzuwirken.
(2) Zur Erreichung dieses Zieles sind insbesondere die folgenden Maßnahmen zu ergreifen:
1.Ermittlung der durch Umgebungslärm hervorgerufenen Belastungen mit Hilfe von strategischen Umgebungslärmkarten,
2.Sicherstellung der Information der Öffentlichkeit über Umgebungslärm und seine Auswirkungen und
3.Ausarbeitung von Aktionsplänen auf Grundlage der strategischen Umgebungslärmkarten mit dem Zweck, Lärmminderungsmaßnahmen durchzuführen, wenn das Ausmaß der Belastung durch Umgebungslärm zu gesundheitsschädlichen Auswirkungen oder unzumutbaren Belästigungen führen könnte, und die Umweltqualität in Bezug auf Umgebungslärm in jenen Fällen, in denen sie zufrieden stellend ist, zu erhalten.
Geltungsbereich
§ 2. Dieses Bundesgesetzes hat Maßnahmen zum Gegenstand, die sich auf den Umgebungslärm im Freien beziehen, dem Menschen durch
1.Verkehr auf Bundesstraßen, 2.Eisenbahnverkehr,
3.zivilen Flugverkehr oder
4.Aktivitäten auf Geländen für industrielle Tätigkeiten
ausgesetzt sind.
...
Aktionspläne
§ 7. (1) Bis spätestens 31. März 2008 hat der jeweils zuständige Landeshauptmann einen Aktionsplan für Gebiete an Straßenbahnstrecken für Ballungsräume mit mehr als 250 000 Einwohnern für alle in solchen Gebieten gelegenen Straßenbahnstrecken auszuarbeiten und einschließlich einer Kurzfassung dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zugänglich zu machen sowie als Bericht zu übermitteln.
...
(12) Durch Abs 1 bis 11 werden keine subjektiv-öffentlichen Rechte begründet."
Können durch die mit dem angefochtenen Bescheid erteilte eisenbahnrechtliche Baugenehmigung subjektiv öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt werden, vermag auch ihre Behandlung als Partei im Verwaltungsverfahren vor der belangten Behörde ihre Beschwerdelegitimation im Sinne des Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG nicht zu begründen.
Die Beschwerdeführerin bringt gar nicht vor, Eigentümerin von durch den Bau "betroffenen" Liegenschaften im Sinne des § 34 Abs 4 EisbG zu sein. Sie will ihre Betroffenheit durch das verfahrensgegenständliche Eisenbahnprojekt vielmehr daraus abgeleitet wissen, dass sie als Betreiberin einer Krankenanstalt, deren Patienten durch aus dem Projekt zu erwartende Immissionen in ihrer Gesundheit beeinträchtigt würden, zur Sicherung der Qualität der Krankenbetreuung verpflichtet sei. Würde der Aufenthalt von Patienten in von der Beschwerdeführerin betriebenen Krankenanstalten aber nicht zu einer Besserung und Heilung, sondern - wegen der mit dem Projekt verbundenen Immissionen - zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes führen, widerspreche dies Art 8 EMRK.
Gemäß Art 133 Z 1 B-VG sind von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes die Angelegenheiten ausgeschlossen, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören. Soweit in der Beschwerde also die Verletzung des Art 8 EMRK und damit eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes geltend gemacht wird, ist dem Verwaltungsgerichtshof ein Eingehen darauf verwehrt, weil für diese behauptete Rechtsverletzung nach Art 144 Abs 1 B-VG der Verfassungsgerichtshof und demnach gemäß Art 133 Z 1 B-VG nicht der Verwaltungsgerichtshof zuständig ist.
Dem weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin, die sich auf das Bundes-Umgebungslärmschutzgesetz und die diesem zu Grunde liegende Richtlinie RL 2002/49/EG beruft, ist entgegenzuhalten, dass diese Bestimmungen keine subjektiven öffentlichen Rechte in einem Baugenehmigungsverfahren nach dem EisbG begründen. So wird in § 7 Abs 12 des Bundes-Umgebungslärmschutzgesetzes für § 7 Abs 1 bis 11 ausdrücklich klargestellt, dass durch die Abs 1 bis 11 (Festlegung von Aktionsplänen) keine subjektiv-öffentlichen Rechte begründet werden. Umso weniger können aus den weiteren im Gesetz genannten, zur Erreichung der in § 1 Abs 1 gesteckten Ziele zu ergreifenden Maßnahmen, nämlich Ermittlung der durch Umgebungslärm hervorgerufenen Belastungen und Sicherstellung der Information der Öffentlichkeit, subjektive öffentliche Rechte im beschwerdegegenständlichen Verfahren abgeleitet werden.
Auch wenn im Falle einer bloß unzulänglichen innerstaatlichen Umsetzung von Gemeinschaftsrecht von dessen Vorrang ausgegangen werden kann, ist Voraussetzung für eine unmittelbare Wirksamkeit von Richtlinien, dass die konkrete Norm inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt ist (vgl das hg Erkenntnis vom 6. September 2001, Zl 99/03/0424). Eine derartige, inhaltlich unbedingte und hinreichend bestimmte Festlegung von - über Ermittlungs- und Informationsrechte hinausgehenden - Rechten Einzelner in einem eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren erfolgt in der Richtlinie 2002/49/EG, wie ihr oben dargestellter maßgeblicher Inhalt zeigt, aber nicht.
Zwar soll nach Art 1 Abs 2 der genannten Richtlinie diese auch "eine Grundlage für die Einführung von Gemeinschaftsmaßnahmen zur Lärmminderung bei den wichtigsten Lärmquellen darstellen". Auch damit werden aber - abgesehen davon, dass die für die Vorlage dafür "geeignete(r) Vorschläge" der Kommission gesetzte Frist erst am 18. Juli 2006 endet - keine unbedingten und hinreichend bestimmten Rechte Einzelner festgelegt.
Da es also schon an der Möglichkeit einer Verletzung eines subjektiv öffentlichen Rechtes der Beschwerdeführerin fehlt, war die Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs 1 VwGG in dem gemäß § 12 Abs 3 gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Wien, am 4. Mai 2006
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie Umsetzungspflicht EURallg4/2 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Gemeinschaftsrecht Richtlinie unmittelbare Anwendung EURallg4/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005030250.X00Im RIS seit
19.07.2006Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008