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41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des MA in K, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 12. März 2003, Zl. Ia 370-1002/2002, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der Türkei, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß §§ 10, 11a, 12, 13 und 14 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG)" ab.
Die belangte Behörde gründete dies auf das Fehlen eines seit mindestens zehn Jahren ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Österreich im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG (in dessen Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 37/2006) sowie darauf, dass ein Fall, in dem es auf diese Voraussetzung für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht ankomme, nicht vorliege. In eventu führte sie aus, bei Annahme eines seit mindestens zehn Jahren ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Österreich könnte sie das ihr eingeräumte Ermessen nicht zugunsten des Beschwerdeführers ausüben, weil dessen Integration trotz jahrelanger Berufstätigkeit in Österreich dadurch beeinträchtigt sei, dass er in sprachlicher Hinsicht nur knapp die Minimalerfordernisse des § 10a StBG erfülle, er keine Kontakte zu Österreichern unterhalte und seine Frau sowie die sechs Kinder in seinem Haus in der Türkei lebten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
1. In der Beschwerde wird geltend gemacht, es sei zu Unrecht davon ausgegangen worden, der Beschwerdeführer habe erst seit dem 23. März 1999 ohne Unterbrechung einen Hauptwohnsitz in Österreich. Hiezu wird ausgeführt, der Beschwerdeführer sei Bauarbeiter und bei seinen von der belangten Behörde festgestellten Aufenthalten in der Türkei habe es sich um saisonbedingte Abwesenheiten gehandelt. Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren "dargelegt, dass er seinen Niederlassungswillen in Österreich tatsächlich seit Dezember 1989 nie aufgegeben hat".
Die belangte Behörde hat - in der Beschwerde unbekämpft - festgestellt, der Beschwerdeführer habe sich vom 14. Dezember 1991 bis zum 23. März 1992, vom 15. Dezember 1992 bis zum 5. April 1993, vom 11. Dezember 1993 bis zum 28. März 1994, vom 8. Dezember 1994 bis zum 28. März 1995, vom 12. Dezember 1995 bis zum 22. März 1996, vom 15. Dezember 1996 bis zum 2. April 1997, vom 20. Dezember 1997 bis zum 23. März 1998 und vom 11. Dezember 1998 bis zum 22. März 1999 bei seiner - im dortigen Haus des Beschwerdeführers lebenden - Familie in der Türkei aufgehalten. Jeder einzelne dieser jährlichen Heimataufenthalte des Beschwerdeführers dauerte somit zwischen drei und vier Monate, wobei auch der Beschwerde nicht zu entnehmen ist, dass er während dieser Zeiten, in denen er in Österreich jeweils nirgends angemeldet war, hier dennoch eine Unterkunft beibehalten hätte.
In Bezug auf die Arbeitsverhältnisse des Beschwerdeführers geht die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer - der dem Ersuchen um Vorlage eines Auszuges der Gebietskrankenkasse über seine Versicherungszeiten nicht nachgekommen sei - während der "Fehlzeiten" jeweils "keinen Arbeitgeber" in Österreich gehabt habe. Die Beschwerde, der ein Versicherungsdatenauszug angeschlossen ist, tritt dem nur "beispielsweise" in Bezug auf den nunmehr geltend gemachten Umstand entgegen, dass das Arbeitsverhältnis im Winter 1992/1993 erst mit dem 20. Jänner 1993 und im Winter 1994/1995 erst mit dem 27. Dezember 1994 beendet worden sei. Aus der Urkunde selbst geht hervor, dass die Arbeitsverhältnisse während der Heimataufenthalte des Beschwerdeführers in den Wintern 1993/1994 bis 1997/1998 jeweils um mehr als zwei Monate unterbrochen gewesen seien. Die letzte Unterbrechung im Winter 1998/1999 hätte der Urkunde zufolge etwas weniger als zwei Monate gedauert. Aus der Urkunde geht auch hervor, dass der Arbeitgeber des Beschwerdeführers von August 1991 bis März 2001 stets derselbe war.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 21. März 2006, Zl. 2004/01/0266, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, mit den Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung eines "ununterbrochenen" Hauptwohnsitzes in Fällen dieser Art auseinandergesetzt und hervorgehoben, es bedürfe dazu - neben subjektiven Voraussetzungen - auch objektiver Anknüpfungspunkte im Sinne der Aufrechterhaltung von Beziehungen zum Inland, die bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensumstände den Schluss rechtfertigen, der Einbürgerungswerber habe seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in Österreich.
Davon ausgehend hat der Verwaltungsgerichtshof in dem erwähnten Erkenntnis die "Aufrechterhaltung einer Wohnmöglichkeit im Inland" als "ein bedeutsames Kriterium" der erforderlichen Gesamtbetrachtung erwähnt, in Bezug auf saisonal bedingte Auslandsaufenthalte der hier vorliegenden Art aber auch der Frage, ob der Einbürgerungswerber "trotz seiner 'Winterarbeitslosigkeit' - etwa auf Grund von Wiedereinstellungszusagen der österreichischen Arbeitgeber - über eine beruflich gesicherte Stellung im Bundesgebiet verfügte," rechtliche Bedeutung beigemessen.
Dem zuletzt erwähnten, nach dem zitierten Erkenntnis in einem Fall wie dem vorliegenden - auf Winterarbeitslosigkeit beruhende Heimataufenthalte eines langjährig in Österreich beschäftigten Arbeitnehmers - zu prüfenden Kriterium hat die belangte Behörde in der Primärbegründung ihrer Entscheidung bei der Verneinung eines mindestens zehn Jahre ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Österreich zu Unrecht keine Bedeutung beigemessen und darüber keine Feststellungen getroffen, wobei angesichts des mit der Beschwerde vorgelegten Versicherungsdatenauszuges auch nicht auszuschließen wäre, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieses sekundären Verfahrensmangels zu einer anderen Beurteilung der Dauer des ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Österreich gekommen wäre.
2. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid aber in eventu - ausgehend von der Annahme eines seit 1. Dezember 1989 ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Österreich - auf ausführlich dargelegte Ermessenserwägungen gestützt, denen die Beschwerde nur mit der Behauptung, der Beschwerdeführer verfüge "auch nach Auffassung der belangten Behörde" über die "erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache gemäß § 10a StbG", entgegentritt. Der Hinweis auf diese nicht strittige Tatsache wird schon in Bezug auf die Sprachbeherrschung des Beschwerdeführers der Argumentation der belangten Behörde nicht gerecht und lässt die auf Seite 5 der klar gegliederten Bescheidbegründung auf eine Kombination mehrerer Gesichtspunkte gestützte Ermessensentscheidung der belangten Behörde im Ergebnis unbekämpft.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 9. Mai 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003010252.X00Im RIS seit
14.06.2006