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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1152;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des G in K, vertreten durch Mag. Astrid Wutte-Lang, Rechtsanwältin in 9020 Klagenfurt, Pfarrhofgasse 2, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kärnten vom 29. April 2004, Zl. LGS/Abt. SfA/1218/2004, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für den Zeitraum vom 7. Jänner 2004 bis 17. Februar 2004 verloren habe. Der Beschwerdeführer sei seit 1. Mai 2003 als arbeitslos vorgemerkt. Am 7. November 2003 habe er bei der erstinstanzlichen Behörde den Anspruch auf Zuerkennung von Notstandshilfe geltend gemacht. Der Beschwerdeführer verfüge über keine abgeschlossene Berufsausbildung; auf Grund seiner fehlenden Qualifikation und mangels geeigneter offener Stellen habe sich die Arbeitssuche sehr schwierig gestaltet. Der Beschwerdeführer sei im Betreuungsverlauf mehrmals über die Zumutbarkeitsbestimmungen nach dem AlVG aufgeklärt worden und habe mit seiner Unterschrift zur Kenntnis genommen, dass er zur Aufnahme und Ausübung einer am Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden, zumutbaren, versicherungspflichtigen Beschäftigung bereit sein müsse, um seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe zu wahren. Am 25. November 2003 sei ihm von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Klagenfurt eine Beschäftigung als Werbegestalter bei einem namentlich genannten Dienstgeber mit möglichem Arbeitsantritt am 7. Jänner 2004 zugewiesen worden. Der Beschwerdeführer hätte Hilfstätigkeiten ausführen müssen; laut Stelleninserat sei nur ein Pflichtschulabschluss gefordert gewesen. Auf Grund der langen Abwesenheit des Beschwerdeführers vom Erwerbsleben und um sein Beschäftigungsproblem zu lösen, sei für den Dienstgeber seitens des Arbeitsmarktservice eine Einstellförderung in Aussicht gestellt worden. Diese Beschäftigung hätte den Zumutbarkeitskriterien des § 9 AlVG entsprochen. Das Dienstverhältnis sei jedoch nicht zu Stande gekommen. Der Beschwerdeführer habe die ihm unterbreitete "Dienstvereinbarung" am 18. Dezember 2003 unterschrieben und es sei vereinbart gewesen, dass er die Stelle am 7. Jänner 2004 antrete. Der Dienstgeber hätte den Beschwerdeführer u.a. für eine Werbeveranstaltung am 9. Jänner 2004 dringend benötigt. Dennoch sei der Beschwerdeführer letztendlich nicht bereit gewesen, die Stelle anzunehmen. Er habe einen namentlich genannten Mitarbeiter des Dienstgebers angerufen und mitgeteilt, dass er die Stelle nicht antreten werde. Laut Mitteilung dieses Mitarbeiters des Dienstgebers habe der Beschwerdeführer den Eindruck vermittelt, an der Stelle gar nicht interessiert zu sein.
Der Beschwerdeführer sei in der Folge am 24. Dezember 2003 nach Belehrung über die Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG niederschriftlich zum Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses befragt worden. Er habe dabei angegeben, dass er Einwendungen hinsichtlich der konkret angebotenen Entlohnung habe, da diese zu gering sei. Weiters habe er vorgebracht, dass er die Arbeit auch aus dem Grunde nicht angenommen habe, da er als Arbeiter und nicht als Angestellter angemeldet worden wäre und er nicht bereit sei, "die in der Dienstvereinbarung angeführte Konkurrenzklausel zu unterschreiben."
Der Beschwerdeführer habe in einer Stellungnahme gegenüber der belangten Behörde bestätigt, dass ihm die verfahrensgegenständliche Stelle zugewiesen worden sei. Er habe weiters bestätigt, dass er dem Dienstgeber zugesagt habe, die Beschäftigung aufzunehmen; ebenso sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer den Dienstvertrag am 18. Dezember 2003 unterschrieben habe. Der Beschwerdeführer habe jedoch eingewendet, dass er sich überrumpelt und unter Druck gefühlt hätte. Er habe daher Kontakt mit der Arbeiterkammer und dem ÖGB aufgenommen, um sich bezüglich seiner Rechte zu erkundigen. Dies sei allerdings von der "2. Teilhaberin" des Dienstgebers nicht goutiert worden. Zur Entlohnung habe der Beschwerdeführer insbesondere ausgeführt, dass ein 13. und 14. Monatsgehalt üblich sei. Er habe außerdem in dieser Stellungnahme "neuerlich die sich im Dienstvertrag befindliche 'Konkurrenzklausel' geltend" gemacht, die ihm auch den Wechsel des Arbeitgebers bei gleicher Tätigkeit aber besserer Bezahlung erschwert hätte.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass von der belangten Behörde die Zumutbarkeit der angebotenen Beschäftigung zu prüfen sei. Dies werde auf Grund der in § 9 Abs. 2 AlVG angeführten Bestimmungen vorgenommen und demnach sei die Zumutbarkeit unter anderem auch dann gegeben, wenn die zugewiesene Beschäftigung den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen sei, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährde und überdies angemessen entlohnt sei und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwere. Die letzte Voraussetzung bleibe bei der Beurteilung, ob die Beschäftigung zumutbar sei, außer Betracht, wenn der Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft sei und keine Aussicht bestehe, dass der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung finde. Diese Voraussetzungen seien im Beschwerdefall gegeben.
Zu den Einwendungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der seiner Ansicht nach zu geringen Entlohnung sowie der im Dienstvertrag enthaltenen Konkurrenzklausel hielt die belangte Behörde fest, dass es für Werbegestalter (in Kärnten) keinen Kollektivvertrag gebe und die Entlohnung somit auf freier Vereinbarung beruhe. Weiters sei es "gerade in der Werbebranche üblich mit Konkurrenzklauseln zu arbeiten". Der Verwaltungsgerichtshof habe in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass der Arbeitslose, der eine Beschäftigung mit der Begründung ablehne, dass sie eine künftige Verwendung in seinem Beruf wesentlich erschwere, konkret dartun müsse, inwieweit dies der Fall sei. Da der Beschwerdeführer über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge und sich überdies im Notstandshilfebezug befände, werde sein Einwand (gemeint offenbar: hinsichtlich der Konkurrenzklausel) "seitens der Berufungsbehörde zurückgewiesen". Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, dass es im konkreten Fall auch darum gegangen sei, den Beschwerdeführer nach langer Abwesenheit vom Erwerbsleben wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, weshalb seitens des Arbeitsmarktservice auch eine Einstellbeihilfe für den potenziellen Dienstgeber in Aussicht gestellt worden sei. Erfahrungsgemäß gelinge eine berufliche Veränderung aus einem bestehenden Dienstverhältnis heraus leichter als aus langer Arbeitslosigkeit. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Konkurrenzklausel hiebei hinderlich gewesen wäre, zumal diese auf Grund der vom Beschwerdeführer zu verrichtenden Tätigkeiten (Hilfstätigkeiten) ohnedies nicht zum Tragen gekommen wäre. Die belangte Behörde habe nur zu prüfen, ob die Zumutbarkeitsbestimmungen im Sinne des § 9 AlVG eingehalten seien; eine darüber hinausgehende Prüfung, wie im konkreten Fall hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Konkurrenzklausel, sei im AlVG nicht vorgesehen.
Der Beschwerdeführer habe somit die Annahme einer ihm von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung verweigert, sodass die in § 10 AlVG genannte Sanktion zu verhängen gewesen sei.
Berücksichtigungswürdige Gründe, die eine gänzliche oder teilweise Nachsicht vom Ausschluss des Bezuges der Notstandshilfe rechtfertigten, hätten nicht festgestellt werden können.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 10 AlVG in der im vorliegenden Fall maßgebenden Fassung BGBl. Nr. 201/1996, lautet wie folgt:
"§ 10. (1) Wenn der Arbeitslose
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sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder
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sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch sein Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder
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ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder
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auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung glaubhaft zu machen,
verliert er für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Liegt im Zeitraum eines Jahres vor dem Beginn eines Anspruchsverlustes bereits ein früherer Anspruchsverlust, so beträgt der im ersten Satz genannte Zeitraum acht Wochen. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
(2) Der Ausschluß vom Bezug des Arbeitslosengeldes ist in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie zB Aufnahme einer anderen Beschäftigung, ganz oder teilweise nachzusehen. Vor dieser Nachsicht sowie vor Erlassung einer Entscheidung gemäß Abs. 1 ist der Regionalbeirat anzuhören."
Gemäß § 38 AlVG sind auf die Notstandshilfe, soweit im Abschnitt 3 des AlVG nichts anderes bestimmt ist, die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.
Die belangte Behörde hatte daher zu prüfen, ob sich der Beschwerdeführer geweigert hat, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt hat. Zumutbar ist gemäß § 9 Abs. 2 AlVG in der im gegenständlichen Fall maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 103/2001 eine Beschäftigung, die den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Die letzte Voraussetzung bleibt bei der Beurteilung, ob die Beschäftigung zumutbar ist, außer Betracht, wenn der Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist und keine Aussicht besteht, dass der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung findet.
2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass ihm bei Kündigung durch den Arbeitgeber Pönalezahlungen in Höhe einer Halbjahresentlohnung angedroht worden seien und nicht kalkulierbare Kosten auf Grund weiterer in der Beschwerde einzeln dargelegter Vertragsbestimmungen auf ihn überwälzt würden. Auch wenn in concreto nicht die rechtswidrigen Vertragspunkte, sondern die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen zur Anwendung gelangt wären, könne vom Beschwerdeführer als juristischem Laien nicht erwartet werden, dass ihm dieser Umstand bekannt sei, und es sei daher seine Vorgangsweise berechtigt gewesen. Der Beschwerdeführer habe befürchtet, im Falle der Kündigung durch den Arbeitgeber entweder für ein Jahr keine Beschäftigung im Geschäftsbereich des Dienstgebers aufnehmen zu dürfen oder, sollte er sich nicht daran halten, einen Betrag von EUR 5.000,-- an seinen ehemaligen Arbeitgeber zahlen zu müssen. Dadurch habe er die Möglichkeit, auch in Zukunft in der Werbebranche tätig zu sein, eingeschränkt gesehen. Auch sei die vorgesehene Entlohnung unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer auszuübenden Tätigkeiten nicht angemessen gewesen. Schließlich habe die "Dienstvereinbarung" weitere, in der Beschwerde im Detail angeführte, für den Beschwerdeführer als Arbeitnehmer nicht zumutbare Bestimmungen enthalten.
3. Die belangte Behörde hat sich trotz der vom Beschwerdeführer in der Berufung sowie in einer weiteren Stellungnahme im Berufungsverfahren vorgebrachten Einwendungen hinsichtlich der Höhe der Entlohnung im angefochtenen Bescheid mit der Frage der angemessenen Entlohnung nur insoweit auseinander gesetzt, als sie darauf hingewiesen hat, dass es für die vom Beschwerdeführer auszuübende Tätigkeit keinen Kollektivvertrag gebe und die Entlohnung somit "auf freier Vereinbarung" beruhe. Dieser Hinweis vermag die von der Behörde vorzunehmende Beurteilung, ob es sich - mangels Vorliegens eines anwendbaren Kollektivvertrages - bei der angebotenen Entlohnung um ein angemessenes Entgelt für die konkrete Beschäftigung im Sinn des § 1152 ABGB handelt - also um ein Entgelt, das sich unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Bedachtnahme auf das, was unter ähnlichen Umständen geschieht oder geschehen ist, ergibt (vgl. dazu das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 24. November 1954, JBl 1955, 122) - nicht zu ersetzen.
Nach der im Verwaltungsakt erliegenden "Dienstvereinbarung" war eine Beschäftigung des Beschwerdeführers beim Dienstgeber "unter dem Gewerbe 'Freie Werbegestalter', als Arbeiter" vorgesehen. Punkt III. der Vereinbarung umschrieb die Tätigkeit in folgender Weise:
"Der Aufgabenbereich des Dienstnehmers umfaßt grundsätzlich alle Tätigkeiten, welche im Zuge der Geschäftstätigkeit des Unternehmens anfallen. Der Arbeitsbereich ist vorwiegend in Kärnten, nach Bedarf jedoch auch für die restlichen Bundesländer vorgesehen."
Der Beschwerdeführer hat in seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren sich nicht darauf berufen, dass Punkt III dieser Vereinbarung seine Arbeitsverpflichtung nicht hinreichend bestimmt festgelegt hat, sondern vielmehr näher ausgeführt, welche Tätigkeiten von ihm bei Annahme dieser Beschäftigung seiner Ansicht nach zu erbringen wären und dass diese Tätigkeiten als Angestelltentätigkeiten anzusehen wären, für welche eine höhere Entlohnung als die angebotene monatliche Entlohnung in der Höhe von EUR 848,82 (welche lediglich zwölfmal jährlich bezahlt werden sollte) angemessen sei.
Im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers wäre die belangte Behörde daher gehalten gewesen, sowohl nähere Feststellungen über die konkrete Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen der ihm zugewiesenen Beschäftigung sowie über jene Kriterien, die für die Beurteilung des angebotenen Entgelts als angemessen herangezogen wurden, in die Begründung des angefochtenen Bescheides aufzunehmen.
Da die belangte Behörde ungeachtet der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwendungen hinsichtlich der Entgelthöhe auf diese Umstände im angefochtenen Bescheid nicht näher eingegangen ist, hat sie diesen mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
4. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass der von ihm bereits unterfertigte Dienstvertrag mehrere rechtswidrige Klauseln - darunter insbesondere eine weitgehende Konkurrenzklausel - enthalten habe, ist er zunächst darauf zu verweisen, dass gemäß § 9 Abs. 2 AlVG im Hinblick auf die Zumutbarkeit einer Beschäftigung - neben den hier nicht strittigen Fragen, ob die Beschäftigung den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist und seine Gesundheit oder Sittlichkeit nicht gefährde - zu beurteilen ist, ob die Beschäftigung "angemessen entlohnt" ist (die Erschwerung der Verwendung des Arbeitslosen in seinem künftigen Beruf ist im verfahrensgegenständlichen Fall auf Grund der Erschöpfung des Arbeitslosengeldbezuges und da keine Aussicht bestand, dass der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung findet, nicht relevant).
Für die Beurteilung der Angemessenheit der angebotenen Entlohnung ist nicht nur das vereinbarte Monatsentgelt im engeren Sinne, sondern das Gesamtgefüge der vertraglichen Leistungsbeziehungen von Bedeutung, sodass insbesondere auch Ansprüche auf Sonderzahlungen, Prämien u. dgl. ebenso zu berücksichtigen sind wie beispielsweise Geldleistungen, die gegebenenfalls vom Dienstnehmer gegenüber dem Dienstgeber auf Grund des Dienstvertrages zu erbringen sind und seinen Entgeltanspruch de facto schmälern. Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob diese Ansprüche des Arbeitgebers auch rechtlich in jedem Fall durchsetzbar wären, da es dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden kann, zur Frage der Entgeltgestaltung ein arbeitsgerichtliches Verfahren zu führen (vgl. zur Möglichkeit, eine Beschäftigung abzulehnen, wenn die angebotene Entlohnung unter dem kollektivvertraglichen Mindestniveau liegt, das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 92/08/0053). Soweit sich die Prüfung der Zumutbarkeit nach § 9 Abs. 2 AlVG in der im vorliegenden Fall maßgebenden Fassung - neben den hier nicht relevanten Aspekten der Erschwerung der Verwendung im Beruf und der Hintanhaltung von Gefährdungen der Gesundheit und Sittlichkeit - auf die Angemessenheit der Entlohnung bezieht, ist die Frage, ob einzelne Klauseln des angebotenen Dienstvertrages den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen, jedenfalls insoweit von Bedeutung, als sich diese Klauseln auf die Angemessenheit der Entlohnung unmittelbar auswirken.
Vor diesem Hintergrund hätte sich die belangte Behörde angesichts des Vorbringens des Beschwerdeführers auch damit auseinander zu setzen gehabt, ob durch die Bestimmungen des vom Beschwerdeführer unterzeichneten Dienstvertrages (dessen Ausführung in der Folge auf Grund der Weigerung des Beschwerdeführers, den Dienstvertrag zu diesen Bedingungen in Vollzug zu setzen, unterblieben ist) die Angemessenheit der Entlohnung berührt wird, um eine gesamthafte Beurteilung der Angemessenheit des angebotenen Entgelts vornehmen zu können.
Schließlich setzt eine zumutbare Beschäftigung - über die in § 9 Abs. 2 AlVG ausdrücklich genannten Zumutbarkeitskriterien hinaus - voraus, dass der Dienstgeber für die Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeitslosen nicht die Annahme vertraglicher Bedingungen verlangt, die in wesentlichen Punkten wie z.B. der Arbeitszeitgestaltung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, Zl. 2002/08/0266) zwingenden Rechtsnormen widersprechen. Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde auch zu prüfen gehabt, ob das im vorliegenden Fall im Dienstvertrag enthaltene Konkurrenzverbot, das auf eine wesentliche Einschränkung der beruflichen Mobilität des Beschwerdeführers abzielt, sohin zur Unzumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung für den Beschwerdeführer führte (vgl. zur Unzulässigkeit eines Konkurrenzverbots bei unqualifizierten Tätigkeiten OGH 18. Dezember 1996, 9 Ob A 2259/96p sowie nunmehr - im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar - im Hinblick auf Arbeitsverhältnisse mit geringem Entgelt § 2c Abs. 2 AVRAG und § 36 Abs. 2 AngG).
Erst wenn festgestellt ist, dass die zugewiesene Beschäftigung zumutbar war, ist zu prüfen, ob gegebenenfalls durch das Verhalten des Dienstnehmers, der auf einer "Nachverhandlung" der bereits vereinbarten - seines Erachtens jedoch gesetzwidrigen -
Bedingungen bestanden hat, eine Vereitelung erfolgt ist.
5. Der angefochtene Bescheid war daher wegen der vorrangig aufzugreifenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz richtet sich nach den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das auf den Ersatz der Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen, da in den Pauschbeträgen der genannten Verordnung die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.
Wien, am 17. Mai 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004080177.X00Im RIS seit
04.07.2006Zuletzt aktualisiert am
14.06.2012