TE Vwgh Erkenntnis 2006/5/17 2005/08/0103

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Veröffentlicht am 17.05.2006
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ASVG §35;
BSVG §2 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des G in B, vertreten durch Dr. Klaus Herunter, Rechtsanwalt in 8580 Köflach, Herunterplatz 1, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 2. Mai 2005, Zl. BMSG-222591/0001-II/A/4/2005, betreffend Versicherungspflicht in der Unfallversicherung nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Bei den vorgelegten Verwaltungsakten befinden sich die Statuten des Jagdvereins V. vom 29. März 1993. Gemäß § 2 dieser Statuten bezweckt der Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn gerichtet ist, den weidgerechten Betrieb der gepachteten Gemeindejagd in seinem Bereich zu fördern und seine Mitglieder mit Rat und Tat zu unterstützen und zu vertreten. Der Vereinszweck soll gemäß § 3 der Statuten ("Einkünfte des Vereines") durch Beitrittsgebühren und Mitgliedsbeiträge sowie durch Erträgnisse aus Veranstaltungen erreicht werden. § 13 der Statuten sieht vor, dass dem Obmann die Vertretung des Vereines obliegt, insbesondere nach außen, gegenüber Behörden und dritten Personen. Der beeidetete Aufsichtsjäger wird gemäß § 15 von der Generalversammlung alle drei Jahre gewählt und der Behörde zur Vereidigung vorgeschlagen. Ihm obliegt die Aufgabe, die Einhaltung des Jagdgesetzes und den weidgerechten Betrieb des Vereines zu überwachen. Er ist berechtigt, nach dem Landesjagdgesetz und den Vereinsbestimmungen seine Tätigkeit auszuüben.

In einer "Erklärung" vom 15. April 1993 ist festgehalten, dass die nachfolgend unterzeichneten ordentlichen Mitglieder des Jagdvereines V. ident mit den in der laufenden Jagdperiode im Gemeindejagdgebiet V. Jagdberechtigten sind. Am 31. März 1993 sei bei der Stadtgemeinde V. ein Pächtervorschlag der kammerzugehörigen Grundeigentümer eingelangt. Die Unterzeichneten erklärten sich mit den darin angeführten Verpachtbedingungen bzw. mit dem Pächtervorschlag für die Jagdperiode ab 1995 einverstanden. Unterfertigt ist diese Erklärung von zehn Personen, darunter dem Beschwerdeführer.

Mit "Bestellungsurkunde gemäß § 15 Abs. 7 Jagdgesetz" vom 15. April 1993 wurde der Obmann T. (der Beschwerdeführer) vom Jagdverein V. als "Jagdverwalter (§ 23 Jagdgesetz) für die zu pachtende Gemeindejagd" bestellt. Unterzeichnet ist diese Urkunde von neun ordentlichen Vereinsmitgliedern, nicht aber vom Beschwerdeführer.

Mit Schreiben des Jagdvereins V. vom 16. April 1993 an die Stadtgemeinde V., unterzeichnet vom Beschwerdeführer als Obmann, wurde mitgeteilt, dass die Bildung des Jagdvereines V. von der Sicherheitsdirektion für die Steiermark genehmigt worden sei. Die konstituierende Sitzung sei am 15. April 1993 abgehalten worden. Es seien zehn (namentlich genannte, darunter der Beschwerdeführer) ordentliche Mitglieder aufgenommen worden. Die angeführten Personen seien ident mit den bisher Jagdausübenden in der Gemeindejagd V. und seien im Pächtervorschlag der kammerzugehörigen Grundbesitzer für die Pachtperiode ab 1995 vorgeschlagen worden. Als Obmann und Jagdverwalter sei der Beschwerdeführer gewählt bzw. bestellt worden. "Die Pachtwerber" erklärten sich mit den von den Grundeigentümern auf dem Pächtervorschlag angeführten Verpachtbedingungen einverstanden. Es werde daher nochmals um freihändige Vergabe der Gemeindejagd V. an die "in der neuen Rechtsform eines Vereines organisierten Pachtwerber" gebeten.

Laut Protokoll über die Gemeinderatssitzung vom 25. Oktober 1993 wurde die freihändige Verpachtung der Gemeindejagd für die Jagdperiode vom 1. April 1995 bis 31. März 2004 gemäß § 24 iVm § 9 des Steiermärkischen Jagdgesetzes, aufgeteilt in vier Jagdgebiete, an die Jagdgesellschaften A., K. und L. sowie an den Jagdverein V., Obmann und Jagdverwalter T. (der Beschwerdeführer), beschlossen.

Die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg genehmigte mit Bescheid vom 27. Juli 1994 gemäß §§ 14 und 24 des Steiermärkischen Jagdgesetzes den Gemeinderatsbeschluss der Stadtgemeinde V. vom 25. Oktober 1993 auf freihändige Verpachtung des Gemeindejagdgebietes V. an den Jagdverein V. mit zehn namentlich genannten und mit Geburtsdatum und Anschrift bezeichneten Mitgliedern (darunter der Beschwerdeführer) auf die Dauer von neun Jahren (vom 1. April 1995 bis 31. März 2004) gegen einen jährlichen Pachtschilling von S 40,-- pro Hektar.

Im Akt befindet sich weiters ein "Jagdpachtvertrag" vom 16. März 1995, (zur Vergebührung angezeigt am 14. April 1995) welcher "auf Grund des vom Gemeinderat in V. am 25. Oktober 1993 gefaßten Beschlusses" zwischen der Gemeinde V. als Verpächter einerseits und zehn namentlich genannten Personen, darunter dem Beschwerdeführer, alle wohnhaft in V., als "Pächter" andererseits "unter Vorbehalt der im § 24 Abs. 6 des Steiermärkischen Jagdgesetzes vorgesehenen Genehmigung des Gemeinderatsbeschlusses durch die Bezirksverwaltungsbehörde" abgeschlossen wurde wie folgt:

Die Gemeinde V. verpachtet an zehn namentlich genannte Personen (darunter den Beschwerdeführer) die Ausübung des Jagdrechtes im Gemeindejagdgebiet V. im Ausmaß von 742,95 ha auf neun Jahre, vom 1. April 1995 bis einschließlich 31. März 2004, um einen jährlichen Pachtschilling von S 29.718,--. Unterfertigt ist dieser Vertrag von neun Personen, darunter dem Beschwerdeführer, als Pächter sowie vom Bürgermeister und zwei Gemeinderatsmitgliedern.

Mit Schreiben des Jagdvereins V. vom 17. Oktober 1995 an die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt, gefertigt "Der Vereinsobmann und ehemalige Obmann der Jagdgesellschaft" (der Beschwerdeführer), wurde unter Berufung auf ein Schreiben vom 13. Oktober 1994 mitgeteilt, dass sich die Jagdgesellschaft V. mit 31. März 1995 aufgelöst habe. Die Gemeindejagd sei ab diesem Zeitpunkt an den Jagdverein V. laut Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg verpachtet worden. Der Unterfertigte bitte daher, die Beitragsvorschreibungen für die ehemaligen Jagdgesellschaftsmitglieder zu stornieren, zumal auch der Meldepflicht mit dem Schreiben vom 13. Oktober 1994 nachgekommen worden sei.

Mit Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 19. November 2001 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer als Pächter bzw. Mitpächter des Jagdgebietes V. gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 BSVG vom 1. April 1995 bis laufend in der Unfallversicherung pflichtversichert ist. Darüber hinaus wurden Beiträge zur Unfallversicherung vorgeschrieben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit Jagdpachtvertrag vom 16. März 1995 habe die Stadtgemeinde V. die Gemeindejagd V. nicht an den Jagdverein, sondern an neun namentlich genannte Personen, darunter den Beschwerdeführer, verpachtet. Unterschrieben sei dieser Pachtvertrag von den Pächtern worden. Eine vereinsmäßige Fertigung durch jene Personen, die zivilrechtliche Verträge (gemeint: für den genannten Verein wirksam) abschließen könnten, sei nicht erfolgt. Dieser Pachtvertrag sei am 14. April 1995 beim Finanzamt Voitsberg zur Vergebührung angezeigt worden. Die Sicherheitsdirektion für die Steiermark habe mit Bescheid vom 7. April 1993 die angezeigte Bildung des Vereines "Jagdverein V." mit dem Sitz in V. nicht untersagt. Zum Zeitpunkt der Vereinsgründung sei die Jagdgesellschaft aus dem Jahre 1987 für die Zeit vom 1. April 1989 bis 31. März 1995 Pächterin der Gemeindejagd gewesen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 27. Juli 1994 sei die Verpachtung an den Jagdverein V. genehmigt worden. Ein Pachtvertrag mit dem Jagdverein sei bisher nicht abgeschlossen worden. Auch gebe es keine abgeänderte oder ergänzte Version des Pachtvertrages vom 16. März 1995. Ein Pachtvertrag mit dem Jagdverein V. sei rechtlich also nicht existent. Soweit daher der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 27. Juli 1994 intendiere, die Verpachtung der Gemeindejagd an den Jagdverein zur Kenntnis zu nehmen, verfehle er sein Ziel. Es fehle für eine wirksame Kenntnisnahme an einem entsprechenden Pachtvertrag, nach dem der Jagdverein möglicher Pächter sein könnte. Die bescheidmäßige Kenntnisnahme vermöge auch den fehlenden Pachtvertrag mit dem Jagdverein nicht zu substituieren.

Der Beschwerdeführer erhob Einspruch, zu dem die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt mit Schreiben vom 19. Dezember 2001 eine Stellungnahme abgab. Im Rahmen des dazu gewährten Parteiengehörs legte der Beschwerdeführer in seinem mit 14. Jänner 2001 (richtig wohl: 2002) datierten Schreiben im Wesentlichen dar, es sei der Vertrag, in der Überzeugung, dass die Stadtgemeinde V. bei der Ausstellung des Pachtvertrages formell richtig vorgehe, von allen Mitgliedern, auch den Vorstandmitgliedern des Jagdvereines, daher auch von ihm als Vereinsobmann und Jagdverwalter, unterzeichnet worden. Da sich nun ein Erklärungsirrtum im Pachtvertrag herausgestellt habe, sei dieser rückwirkend berichtigt und klargestellt worden, dass entsprechend des zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses übereinstimmenden Willens der Vertragsparteien als Pächter der Jagdverein zu gelten habe. Auf Grund der Schreiben des Jagdvereines vom 13. Oktober 1994 und vom 17. Oktober 1995 hätte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt schon im Jahr 1995 die Möglichkeit gehabt, Überprüfungen, wie sie sie jetzt nach sechs Jahren vornehme, durchzuführen. Eine Klarstellung bzw. Ergänzung im Pachtvertrag hätte also schon damals erfolgen können. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt habe auch nicht berücksichtigt, dass seit dem 1. April 1995, dem Gemeinderatsbeschluss entsprechend, allein der Jagdverein nach außen als Pächter der Gemeindejagd in Erscheinung getreten sei, den Pachtschilling bezahlt habe, "die Jagd ausgeübt" habe und allen Geschäften und Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Gemeindejagd V. nachgekommen sei. Die einzelnen Vereinsmitglieder, daher auch der Beschwerdeführer als natürliche Person, hätten seit 1. April 1995 keine Akte gesetzt, aus denen eine Pächterstellung der einzelnen Mitglieder bzw. dieser als Gruppe abgeleitet werden könne. Den Jagdbetrieb habe seit 1. April 1995 allein der Jagdverein V. geführt.

In einem weiteren Schreiben vom 30. Jänner 2002 legte der Beschwerdeführer dar, allen beteiligten Personen sowie den Behörden sei klar gewesen, dass Pächter der Gemeindejagd der Jagdverein V. sei, was sich auch im außenwirksamen Rechtsakt der bescheidmäßigen Genehmigung der Verpachtung durch die Bezirkshauptmannschaft zeige. Weiters spreche für die Außenwirksamkeit, dass der Beschwerdeführer immer gegenüber der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt sowie der Bezirkshauptmannschaft und der Stadtgemeinde V. als Obmann des Jagdvereines aufgetreten sei. Die Geschäfte des Jagdvereines habe er immer im Außenverhältnis als Obmann geführt und nicht auf eigenen Namen und eigene Rechnung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 16. September 2002 wurde dem Einspruch des Beschwerdeführers Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid zur Gänze behoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, anlässlich des Ermittlungsverfahrens sei seitens der Stadtgemeinde V. und seitens des Jagdvereins V. gleichlautend ausgeführt worden, dass irrtümlich nicht der Jagdverein V., sondern dessen Mitglieder namentlich im Vertrag angeführt worden seien. Im Zusammenhalt mit den übrigen vorgelegten Urkunden sei dies von Seiten der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg als glaubhaft beurteilt worden. Der Jagdpachtvertrag sei zwar auf die Namen der einzelnen Mitglieder der Pächter ausgestellt worden, jedoch bezugnehmend auf den Gemeinderatsbeschluss und die Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde. Ohne Gemeinderatsbeschluss und diesbezügliche Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde wäre der Pachtvertrag gar nicht zu Stande gekommen. Mit 7. Dezember 2001 sei eine Berichtung des Jagdpachtvertrages (sofort nach Erkennen des Schreibirrtums und unter Beifügung des Passus, dass beim Vertragsabschluss den Parteien übereinstimmend klar gewesen sei, dass der Jagdverein und nicht Einzelpersonen Pächter sei) erfolgt.

Pächter sei daher ab Beginn der Jagdverein V. gewesen.

     Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt erhob gegen

diesen Bescheid Berufung.

     Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dieser

Berufung Folge gegeben und festgestellt, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. April 1995 bis 6. Dezember 2001 gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 BSVG in der Unfallversicherung der Bauern pflichtversichert gewesen ist. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit Jagdpachtvertrag vom 16. März 1995 habe die Stadtgemeinde V. die Gemeindejagd an neun namentlich genannte natürliche Personen, darunter den Beschwerdeführer, verpachtet. Der Pachtvertrag sei von diesen Personen persönlich unterschrieben worden, und es sei keine vereinsmäßige Fertigung dieses Vertrages erfolgt. Mit 7. Dezember 2001 sei eine Version des Jagdpachtvertrages dahingehend erstellt worden, dass er nunmehr zwischen der Gemeinde V. und dem Jagdverein V. abgeschlossen worden sei. Dass ein rechtswirksamer Pachtvertrag zwischen der Gemeinde V. und dem Jagdverein V. nicht abgeschlossen worden sei, sondern mit einer Personengruppe, werde in einem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 15. November 2001 bestätigt. Aus dem Wortlaut des Pachtvertrages sei zu ersehen, dass die Personengruppe den Vertrag als Pächter unterfertigt habe und nicht namens des Vereines, vertreten durch den Obmann (den Beschwerdeführer). Eine abgeänderte Version des Jagdpachtvertrages mit dem Datum 7. Dezember 2001 sei der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt erst am 11. Dezember 2001 vorgelegt worden. Im Spruch des Einspruchsbescheides werde der erstinstanzliche Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt zur Gänze aufgehoben. Ziehe man jedoch die Begründung des Einspruchsbescheides zur Interpretation des Spruches heran, so ergebe sich eindeutig, dass die Einspruchsbehörde habe in der Sache entscheiden wollen bzw. entschieden habe. Der Spruch des Einspruchsbescheides könne nur dahin gedeutet werden, dass darüber entschieden worden sei, dass der Beschwerdeführer vom 1. April 1995 bis laufend als Pächter bzw. Mitpächter des Jagdgebietes in der Unfallversicherung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 BSVG nicht pflichtversichert sei. Die Berufung stelle die Zeit ab dem 7. Dezember 2001 außer Streit. Sache des Berufungsverfahrens sei daher die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers im Zeitraum vom 1. April 1995 bis 6. Dezember 2001. Die einvernehmliche Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses, dessen Abwicklung bereits begonnen habe, könne nicht ex tunc, sondern nur noch ex nunc erfolgen. Für eine Rechtswirksamkeit im Außenverhältnis mangle es an einem entsprechenden Jagdpachtvertrag, nach dem der Jagdverein ab 1. April 1995 Pächter dieser Jagd und Vertragspartner der Gemeinde gewesen sei. Die von der Bezirkshauptmannschaft erfolgte bescheidmäßige Genehmigung der Verpachtung an den Jagdverein könne den formellen Pachtvertrag nicht ersetzen. Es sei daher davon auszugehen, dass ein wirksamer Pachtvertrag zwischen der Gemeinde V. und dem Jagdverein V. mit 1. April 1995 (gemeint offenbar: nicht) abgeschlossen worden sei. Erst unter Berücksichtigung des neuen Pachtvertrages sei die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers ab 7. Dezember 2001 nicht mehr gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und begehrte Ersatz für den Vorlageaufwand, nahm aber von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 BSVG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG sind in der Unfallversicherung nach dem BSVG Personen pflichtversichert, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984 führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird.

Die Ausübung der Jagd ist eine forstwirtschaftliche Tätigkeit im technischen Sinn (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1993, Zl. 91/08/0034, mwN).

Für die Beantwortung der Frage, auf wessen Gefahr und Rechnung ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb geführt wird, ist maßgeblich, ob jene Person, deren Versicherungspflicht zu beurteilen ist, aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird. Wer aus der Betriebsführung in diesem Sinn berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die nicht nach bloß tatsächlichen Gesichtspunkten, sondern letztlich nur auf Grund rechtlicher Gegebenheiten beantwortet werden kann. Eine sozialversicherungsrechtlich relevante Änderung der sich aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung setzt rechtswirksame (und rechtswirksam bleibende) dingliche (z.B. durch Einräumung eines Fruchtgenußrechtes) oder obligatorische Rechtsakte (z.B. durch Abschluß eines Pachtvertrages oder einer besonderen, einem Pachtvertrag nahekommenden Vereinbarung zwischen Miteigentümern) mit der Wirkung voraus, dass statt des Eigentümers (der Miteigentümer) ein Nichteigentümer (bzw. bei Vereinbarungen zwischen Miteigentümern einer der Miteigentümer allein) aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet wird (vgl. z.B. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1993 mwN).

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Betriebsführung auf Rechnung und Gefahr einer Person erfolgt, kommt es nicht auf den nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt, sondern auf die wirklichen rechtlichen Verhältnisse an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1991, Zl. 90/08/0197, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg.Nr. 12.325 A). Auch der wirksame Abschluss eines Pachtvertrages bewirkt ein obligatorisches Rechtsverhältnis, durch das eine Änderung der sich sonst aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung von Rechten und Pflichten im Außenverhältnis mit der Rechtsfolge eintritt, dass nicht mehr der Eigentümer, sondern der Pächter den land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auf seine Rechnung und Gefahr führt. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Vertrag seinem Inhalt nach ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Pachtverhältnis begründet (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1991).

Gemäß § 15 Abs. 1 des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986, LGBl. Nr. 23, dürfen zur Pachtung einer Eigen- oder Gemeindejagd nur Personen, die im Besitze einer gültigen Jagdkarte sind, zugelassen werden. Mitglieder einer Jagdgesellschaft dürfen nur physische Personen sein, die im Besitz einer gültigen Jagdkarte sind.

Gemeinden können gemäß § 15 Abs. 6 leg. cit. zur Pachtung von Eigenjagden, Agrargemeinschaften und andere juristische Personen zur Pachtung von Eigen- und Gemeindejagden zugelassen werden. Sie müssen für die gesamte Dauer des Pachtverhältnisses über einen Jagdverwalter verfügen.

§ 15 Abs. 7 leg. cit. sieht vor, dass eine Jagdgesellschaft zur Pachtung einer Jagd zugelassen werden kann mit Ausschluss jener Mitglieder, die nach Maßgabe des § 15 von der Pachtung ausgeschlossen sind. Der Obmann oder der durch eine schriftliche Vollmacht legitimierte Bevollmächtigte einer Jagdgesellschaft hat vor Beginn der Versteigerung bzw. bei der Bewerbung um eine freihändige Jagdvergabe einen schriftlichen, zwischen den Mitgliedern der Jagdgesellschaft abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag vorzuweisen, in dem alle Mitglieder mit Namen, Beruf und Wohnsitz anzuführen sind. Bewirbt sich eine juristische Person um die Pachtung, so hat der von ihr bestimmte Jagdverwalter seine Bestellungsurkunde vorzulegen. Bei der Pachtung einer Gemeindejagd haften alle Jagdgesellschafter solidarisch für die Erfüllung der mit der Pachtung übernommenen Verpflichtungen.

Eine Gemeindejagd kann gemäß § 24 Abs. 1 leg. cit. durch Beschluss des Gemeinderates auch unter Abstandnahme von der Verpachtung mittels öffentlichen Aufrufes (§ 16 leg. cit.) im Wege des freien Übereinkommens (freihändig) an eine Person oder an eine Jagdgesellschaft, die nicht gemäß § 15 leg. cit. von der Pachtung ausgeschlossen sind, dann verpachtet werden, wenn eine derartige Verpachtung im Interesse der vertretenen Grundbesitzer (§ 13 Abs. 1 leg. cit.) gelegen ist.

Gemäß § 24 Abs. 2 leg. cit. hat der Beschluss des Gemeinderates den Namen des Pächters sowie die Höhe des Pachtschillings zu enthalten.

Der Bürgermeister hat gemäß § 24 Abs. 6 leg. cit. den Gemeinderatsbeschluss samt Begründung und allfälligen Einwendungen der Bezirksverwaltungsbehörde vorzulegen, die dem Gemeinderatsbeschluss die Genehmigung zu versagen hat, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für diese Art der Jagdverpachtung nicht gegeben sind oder die geltend gemachten Gründe nicht dem Interesse der vertretenen Grundbesitzer entsprechen.

Nach Genehmigung der Verpachtung ist gemäß § 25 Abs. 1 leg. cit. durch den Gemeinderat ein schriftlicher Pachtvertrag zu errichten, der jedenfalls folgende Vertragspunkte zu enthalten hat:

a)

die datumsmäßig bestimmte Pachtzeit;

b)

die Größe des Jagdgebietes;

c)

die Vertragspartner mit Namen und Wohnort;

d)

bei Jagdgesellschaften sämtliche Gesellschafter, den Obmann sowie seinen Stellvertreter mit Namen und Wohnort;

e)

den jährlichen Pachtschilling;

f)

die Verpflichtung, das Jagdgebiet bei Ablauf des Pachtverhältnisses mit einem den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Wildbestand zu übergeben;

              g)       bestehende Jagd- und Reviereinrichtungen gegen angemessene Entschädigung zu übergeben.

Vertragspunkte, die den Zweck verfolgen, Bestimmungen dieses Gesetzes zu umgehen, gelten gemäß § 25 Abs. 2 leg. cit. als nicht beigesetzt.

Gemäß § 45 Abs. 1 erster Satz der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115, vertritt der Bürgermeister die Gemeinde nach außen.

Gemäß § 63 Abs. 1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115, sind Urkunden über Verbindlichkeiten der Gemeinde gegenüber Dritten, soweit es sich nicht um Angelegenheiten der laufenden Verwaltung handelt, vom Bürgermeister und einem weiteren Mitglied des Gemeindevorstandes zu fertigen und mit dem Gemeindesiegel zu versehen. Betrifft die Urkunde eine Angelegenheit, zu welcher der Beschluss des Gemeinderates oder die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich ist, so ist in der Urkunde überdies diese Genehmigung gemäß § 63 Abs. 2 leg. cit. ersichtlich zu machen, und zwar im ersten Fall durch Mitfertigung zweier Mitglieder des Gemeinderates, im zweiten Fall auch durch amtliche Fertigung der Aufsichtsbehörde.

Strittig ist im vorliegenden Fall ausschließlich, ob ein rechtswirksamer Pachtvertrag zwischen der Gemeinde und dem Beschwerdeführer vorgelegen ist. Nur dann könnte auf Grund der oben zitierten hg. Rechtsprechung die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers gegeben sein. Bemerkt wird, dass es nicht darauf ankommt, wer die tatsächliche Betriebsführung ausgeübt hat, da sich die rechtlichen Gegebenheiten dadurch nicht hätten ändern können, hätte doch der rechtmäßige Pächter gegen den insoweit unredlichen Bewirtschafter jedenfalls einen Anspruch auf Herausgabe der Erträge (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2002, Zl. 99/08/0171).

Festzuhalten ist ferner, dass die rechtliche Existenz des Jagdvereines V. als juristische Person und dessen vereinsmäßiger Zweck noch keine Schlussfolgerung darüber zulassen, mit wem ein wirksamer Jagdpachtvertrag abgeschlossen worden ist. Die rechtliche Existenz des Jagdvereines V. schließt insbesondere nicht aus, dass mit natürlichen Personen ein Jagdpachtvertrag zustande gekommen ist, die auch Mitglieder dieses Vereins sind. Dennoch erweist sich die Beschwerde aus folgenden Gründen als begründet:

Nicht nur nach § 24 Abs. 1 und 2 des Steiermärkischen Jagdgesetzes, sondern auch nach dessen § 25 Abs. 1, der die außenwirksame Vertragserrichtung nach den diversen Genehmigungen des Vertragswillens der Gemeinde betrifft, ist nämlich ein Tätigwerden des Gemeinderates notwendig. Ein sich auf eine Verpachtung an die in der vom Bürgermeister unterfertigten Urkunde genannten natürlichen Personen beziehender Gemeinderatsbeschluss wurde jedoch nicht gefasst. Auch wenn der Bürgermeister diese Urkunde unterschrieben hat, konnte angesichts des insofern eindeutigen Wortlautes der einschlägigen Bestimmungen des Steiermärkischen Jagdgesetzes wegen des Fehlens eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses dadurch also kein Pachtvertrag mit den Mitgliedern des Vereins wirksam zustande kommen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung bereits berücksichtigt ist und im Übrigen auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die sachliche Gebührenbefreiung (§ 44 BSVG) gilt.

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Von deren Durchführung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 17. Mai 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005080103.X00

Im RIS seit

05.07.2006

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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