Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1991 §7 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des F, vertreten durch Dr. Wolfgang Winkler, Rechtsanwalt in 2630 Ternitz, Hauptstrasse 6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 27. Februar 2004, Zl. Fr 530/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist ein aus dem Kosovo stammender Angehöriger der albanischen Volksgruppe und Staatsbürger von Serbien und Montenegro. Er reiste am 1. Juli 2002 zusammen mit seiner Ehefrau in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19. Dezember 2002 gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) abgewiesen wurde. Unter einem wurde gemäß § 8 AsylG (idF vor der AsylG-Novelle 2003) festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach "Serbien/Montenegro, Provinz Kosovo" zulässig sei. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen, weil der Beschwerdeführer dagegen erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist Berufung erhoben hat.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 27. Februar 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z 7 und 8 iVm Abs. 4 des Fremdengesetzes 1997 (FrG) ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 36 Abs. 1 FrG die auf bestimmte Tatsachen gegründete Prognose, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Als bestimmte Tatsache in diesem Sinn hat gemäß § 36 Abs. 2 Z 7 FrG - von einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme abgesehen - zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag. Gemäß § 36 Abs. 2 Z 8 FrG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 auch, wenn ein Fremder von einem Organ der Zollbehörde, der regionalen Geschäftsstellen oder der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nicht ausüben hätte dürfen. Einer Betretung gemäß § 36 Abs. 2 Z 8 FrG kommt nach Abs. 4 dieser Bestimmung die Mitteilung einer Zollbehörde oder einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Unzulässigkeit der Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gleich, sofern der Fremde bei dieser Beschäftigung von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten worden ist.
Die belangte Behörde stützte das in Beschwerde gezogene Aufenthaltsverbot auf die beiden genannten Tatbestände des § 36 Abs. 2 FrG, was im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen wie folgt näher begründet wurde:
Hinsichtlich der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers stellte die belangte Behörde einerseits fest, der Beschwerdeführer sei am 8. Jänner 2003 aus der Bundesbetreuung entlassen worden. Andererseits verwies sie auf eine Stellungnahme des Beschwerdeführers gegenüber der Erstbehörde vom 10. Oktober 2003, in der von ihm (zur Rechtfertigung seiner illegalen Arbeitsaufnahme) ausdrücklich zugestanden wurde, dass er mittellos sei. Das hätte der Beschwerdeführer - so ist die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Zitierung entsprechender Rechtssätze aus der Judikatur zu verstehen - nur durch den mit entsprechenden Bescheinigungsmitteln zu erbringenden Nachweis entkräften können, dass er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes verfüge. Von mittellosen Personen gehe eine "eminente" Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus, weil sie sich ihren Unterhalt durch "Schwarzarbeit oder sonstige unlautere Machenschaften" verdienen könnten.
Betreffend die unerlaubte Beschäftigung bezog sich die belangte Behörde einerseits auf eine Anzeige des Gendarmeriepostens Gerasdorf, wonach der Beschwerdeführer am 13. Mai 2003 in Gerasdorf/Wien von Beamten der Zollverwaltung als Beschäftigter eines näher bezeichneten Unternehmens bei Fassadenarbeiten angetroffen worden sei, und andererseits auf eine Anzeige des Zollamtes Wiener Neustadt, wonach der Beschwerdeführer am 5. September 2003 in Eggendorf wiederum von Beamten der Zollverwaltung bei Fassadenarbeiten für dasselbe Unternehmen betreten worden sei. In der am selben Tag aufgenommenen Niederschrift habe der Beschwerdeführer zugestanden, seit etwa zwei Monaten (Montag bis Donnerstag von 7.00 bis 16.00 Uhr und Freitag bis 14.00 Uhr mit jeweils 40 Minuten Mittagspause) bei dem genannten Bauunternehmen in Wiener Neustadt mit einem Stundenlohn von 4 EUR beschäftigt zu sein. Die belangte Behörde nahm daher "als erwiesen an", dass der Beschwerdeführer "zumindest" am 5. September 2003 einer Beschäftigung ohne erforderliche arbeitsmarktrechtliche Bewilligung nachgegangen sei, die im Hinblick auf die Einbindung in das Unternehmen und die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit des Beschwerdeführers von seinem Arbeitgeber als "Arbeitsverhältnis" im Sinn des § 2 Abs. 2 lit. a AuslBG zu qualifizieren sei. Es könne - so begründete die belangte Behörde weiter - "jedenfalls" davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer dieser unerlaubten Beschäftigung "über einen längeren Zeitraum" nachgegangen und auch nicht durch die für ihn vorerst ohne Folgen gebliebene Betretung am 13. Mai 2003 von der illegalen Arbeitsaufnahme abgehalten worden sei. Daher sei anzunehmen, dass der Beschwerdeführer diese Beschäftigung auch weiterhin durchgeführt hätte und somit "Wiederholungsgefahr" bestehe. Insbesondere könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer abermals nach Österreich kommen werde, um hier illegal zu arbeiten. In den weiteren Ausführungen begründete die belangte Behörde eingehend das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit.
Den wiedergegebenen Ausführungen zur Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen nach der Z 7 und Z 8 des § 36 Abs. 2 FrG tritt die Beschwerde nicht substanziiert entgegen. Zu der daraus abgeleiteten Gefährdungsprognose nach Abs. 1 dieser Bestimmung wendet der Beschwerdeführer ein, ihm stehe eine soziale Unterstützung als Asylwerber nicht zu, sodass er "gleichsam" aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage "gezwungen" gewesen sei, Gelegenheitsarbeiten "aufzugreifen", um seine Familie zu ernähren. Diesem Argument ist zu erwidern, dass die aus der rechtskräftigen Abweisung von Asylanträgen resultierende Beendigung der Bundesbetreuung keine Rechtfertigung für die Aufnahme einer illegalen Beschäftigung darstellen kann. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung selbst auf Zuwendungen von Verwandten in den USA sowie auf die Unterstützung durch die katholische Pfarre in Ternitz und von "Landsleuten" verwiesen, ohne dass damit allerdings - anders als offenbar die Beschwerde meint - die Mittellosigkeit im Sinne der Z 7 des § 36 Abs. 2 FrG in Frage gestellt wäre (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 11. September 2001, Zl. 2001/21/0122). Dem weiteren Beschwerdeeinwand, der Beschwerdeführer habe darauf vertrauen dürfen, dass der Arbeitgeber entsprechend seiner Ankündigung um eine Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer ansuchen werde, ist einerseits die Dauer der Beschäftigung von etwa zwei Monaten entgegenzuhalten. Andererseits darf nach § 3 Abs. 2 AuslBG grundsätzlich auch ein Ausländer eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn (insbesondere) eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. Gegen die - auf die wiederholte und längere Zeit vorgenommene illegale Arbeitstätigkeit des Beschwerdeführers und seine Mittellosigkeit gestützte - Einschätzung im Sinne des § 36 Abs. 1 FrG vermag die Beschwerde somit keine ausreichenden Bedenken aufzuzeigen.
Die von der belangten Behörde unter dem Gesichtspunkt des § 37 FrG zu Lasten des Beschwerdeführers vorgenommene Interessenabwägung wird in der Beschwerde nur dahin bemängelt, dass die belangte Behörde außer Acht gelassen habe, dass am 9. Dezember 2003 sein Sohn Patrick geboren und über dessen Asylerstreckungsantrag noch keine Entscheidung getroffen worden sei. Letzteres habe die belangte Behörde auch festgestellt. Die "konsequente Befolgung" des Aufenthaltsverbotes führte aber zu dem Art. 8 EMRK widersprechenden Ergebnis, dass der Beschwerdeführer abgeschoben würde, während sein Sohn weiterhin in Österreich bleiben dürfe.
Zum Asylverfahren des Beschwerdeführers stellte die belangte Behörde - ergänzend zu dem eingangs wiedergegebenen Verfahrensstand - noch fest, der Beschwerdeführer habe die verspätete Berufung gegen den Bescheid des Bundesaylamtes zwar mit einem Wiedereinsetzungsantrag verbunden, der jedoch in erster Instanz abgewiesen worden sei; das Berufungsverfahren sei noch nicht beendet. Das könne aber nichts daran ändern, dass das den Beschwerdeführer betreffende Asylverfahren "mit Eintritt der Rechtskraft des negativen Asylbescheides" als abgeschlossen anzusehen sei. Zum "gegenwärtigen Zeitpunkt" komme daher dem Beschwerdeführer auch keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG zu, sodass § 21 Abs. 1 AsylG einem (unter anderem) auf § 36 Abs. 2 Z 7 FrG gestützten Aufenthaltverbot nicht entgegen stehe. Das Verfahren hinsichtlich des von seiner Ehefrau eingebrachten Asylerstreckungsantrages befinde sich "im gleichen Stadium" wie jenes des Beschwerdeführers.
Ein Aufenthaltsverbot darf gemäß § 37 Abs. 2 FrG jedenfalls dann nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen (Z 1) und die Intensität der familiären und sonstigen Bindungen (Z 2) Bedacht zu nehmen.
Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt hat, im Hinblick auf die zitierte Bestimmung seien bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch Erhebungen zum Stand der Asylverfahren der Familienangehörigen des Fremden vorzunehmen, und es dürfe die Frage, ob diesen ein Aufenthaltsrecht zukomme, nicht zur Gänze ausgeblendet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2003, Zl. 2002/21/0070, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2001/21/0007). Hier handelt es sich (nach dem Beschwerdevorbringen) allerdings sowohl hinsichtlich der Ehefrau als auch betreffend das Kind des Beschwerdeführers nicht um (auf eigene Fluchtgründe) gestützte Asylanträge, sondern um (auf den Asylantrag des Beschwerdeführers bezogene) Asylerstreckungsanträge, deren Ergebnis zwingend von jenem im Hauptverfahren abhängig ist (vgl. §§ 10, 11 AsylG in der hier maßgeblichen Fassung vor der AsylG-Novelle 2003 und dazu allgemein etwa das hg. Erkenntnis vom 1. April 2004, Zlen. 2003/20/0196 bis 0202).
Die belangte Behörde ist aber auf Basis des von ihr wiedergegebenen und auch den Beschwerdeausführungen zugrundeliegenden Verfahrensstandes zu Recht davon ausgegangen, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Aufenthaltsverbotes rechtskräftig (im antragsabweisenden Sinn) beendet und dem Beschwerdeführer nicht mehr die Stellung eines Asylwerbers (mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung) zugekommen war. An diesen Rechtswirkungen ändert ein (im Berufungsstadium) offenes Verfahren über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist für sich genommen nichts (vgl. etwa hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2003, Zl. 2003/18/0253). Entgegen der Beschwerdemeinung bestand daher auch keine Verpflichtung, den Ausgang des Wiedereinsetzungsverfahrens abzuwarten und mit einer Verfahrensaussetzung nach § 38 AVG vorzugehen (vgl. etwa betreffend eine Ausweisung das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1998, Zl. 98/18/0300). Schon deshalb geht auch der darauf gestützte Beschwerdeeinwand der "Unzuständigkeit" ins Leere. Eine andere Beurteilung wäre nur dann geboten gewesen, wenn dem Wiedereinsetzungsantrag im Asylverfahren gemäß § 71 Abs. 6 AVG die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2003, Zl. 2002/20/0078, mit dem Hinweis auf den hg. Beschluss vom 11. Dezember 2001, Zl. AW 2001/20/0580), wofür aber nach der Aktenlage keine Anhaltspunkte bestehen. Auch in der Beschwerde wird dazu nichts vorgebracht.
Ausgehend von der rechtskräftigen negativen Beendigung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers (nach § 7 AsylG) ist somit die Annahme der belangten Behörde, auch die Asylerstreckungsanträge seiner Ehefrau und seines Kindes werden abgewiesen werden und sie müssten danach Österreich ebenfalls verlassen, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Es kann der belangten Behörde daher auch nicht entgegen getreten werden, wenn sie ausgehend von diesen Prämissen dem durch das Aufenthaltsverbot (allenfalls) bewirkten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, der sonst keine beachtlichen integrationsbegründenden Umstände ins Treffen zu führen vermochte, kein höheres Gewicht beigemessen hat als dem beträchtlichen öffentlichen Interesse an der Vermeidung des Aufenthalts von mittellosen Personen und der Verhinderung von unerlaubter Beschäftigung. Den vom Beschwerdeführer aufgezeigten Konsequenzen, dass es angesichts der noch nicht erfolgten Erledigung des Asylerstreckungsantrages seines Sohnes bei einem davor vorgenommenen Vollzug des Aufenthaltsverbotes zu einer zeitweiligen Trennung der Familienmitglieder kommen könnte, wäre durch einen Antrag, dem Wiedereinsetzungsantrag aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zu begegnen, führt aber unter dem Gesichtspunkt des § 37 FrG nicht zur Unzulässigkeit des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes. Gleiches gilt für das in der Beschwerde als "unhaltbar" bezeichnete Ergebnis, dass der Beschwerdeführer abgeschoben werde könnte, obwohl seinem Asylantrag (gemeint: nach Bewilligung der Wiedereinsetzung) stattgegeben werde.
Die unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 18. Mai 2006
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde VollzugEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004210121.X00Im RIS seit
16.06.2006