Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des O in L und der V Versicherungs AG in G, beide vertreten durch Dr. Kurt Konopatsch und Dr. Sonja Jutta Sturm-Wedenig, Rechtsanwälte in 8700 Leoben, Franz Josef Straße 4, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Leoben vom 21. Dezember 2005, Zl. Jv 2741-33/05, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
In seiner Mahnklage vom 7. April 2000 begehrte der Erstbeschwerdeführer von den Beklagten Hans-Jürgen S. und A. Versicherungs AG die Zahlung von S 129.100,-- samt Nebengebühren aus dem Titel des Schadenersatzes. Die Beklagten bestritten diese Klagsforderung und wendeten ihrerseits eine Gegenforderung von insgesamt S 40.500,-- aufrechnungsweise ein.
Der Erstbeklagte Hans-Jürgen S. begehrte seinerseits in seiner Mahnklage vom 17. April 2000 von den Beschwerdeführern die Zahlung von S 40.500,-- aus dem Titel des Schadenersatzes, die ihrerseits diese Klagsforderung bestritten und die Schadenersatzforderung des Erstbeschwerdeführers in der Höhe von S 100.000,-- aufrechnungsweise einwendeten. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 14. Juni 2000 verband das Erstgericht u.a. diese beiden Verfahren (zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung).
Mit seinem Urteil vom 25. Juli 2001 sprach das Erstgericht über die verbundenen Verfahren u.a. dahingehend ab, dass das Klagebegehren des Erstbeschwerdeführers mit dem Betrag von S 74.550,--, die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung mit dem Betrag von S 10.125,-- zu Recht bestünden und die Beklagten Hans-Jürgen S. und A. Versicherungs AG daher zur ungeteilten Hand schuldig seien, dem Erstbeschwerdeführer den Betrag von S 64.425,--
samt Nebengebühren zu bezahlen; sein Mehrbegehren wurde abgewiesen. Das Erstgericht erkannte weiters das Klagebegehren des Hans-Jürgen S. mit dem Betrag von S 10.125,--, die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung zumindest bis zur Höhe dieses Klagebegehrens als zu Recht bestehend und wies das Klagebegehren von Hans-Jürgen S. kostenpflichtig ab.
In ihrem am 20. September 2001 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz erhoben die Beschwerdeführer gegen dieses Urteil Berufung. Sie erklärten, dieses insofern anzufechten, als dem Klagebegehren des Erstbeschwerdeführers "nicht zur Gänze Folge gegeben und das Klagebegehren des Hans-Jürgen S. nicht zur Gänze abgewiesen" worden war. Sie beantragten, das Berufungsgericht wolle der Berufung Folge geben und dem Erstbeschwerdeführer einen weiteren Betrag von S 24.850,-- samt Zinsen zuerkennen und das Klagebegehren von Hans-Jürgen S. zur Gänze abweisen. Im Rubrum dieses Schriftsatzes wurde der "Berufungsstreitwert" im führenden Verfahren mit S 34.975,-- s. A., im anderen Verfahren mit S 10.125,-- s. A. und in Summe mit dem Betrag von S 45.100,-- beziffert.
Mit Zahlungsauftrag vom 17. Oktober 2005 schrieb die Kostenbeamtin des Erstgerichtes den Beschwerdeführern restliche Gerichtsgebühren (Pauschalgebühren) von EUR 254,64 zuzüglich einer Einhebungsgebühr von EUR 7,-- vor, wogegen die Beschwerdeführer einen Berichtigungsantrag einbrachten: der Berufungsstreitwert im führenden Verfahren hätte anstatt mit dem Betrag von S 34.975,-- richtigerweise mit dem Betrag von S 24.850,-- angegeben werden müssen, der Berufungsstreitwert im anderen Verfahren sei mit dem Betrag von S 10.125,-- richtig angegeben worden. Der Berufungsstreitwert von S 24.850,-- ergebe sich eindeutig aus dem Berufungsantrag und auch aus der Entscheidung des Berufungsgerichtes. Unter Zugrundelegung der für den Streitwert maßgebenden Pauschalgebühr ergebe sich unter Hinzurechnung eines Streitgenossenzuschlages der Betrag von S 3.047,50, wogegen ein Betrag von S 3.212,--, sohin ein um S 164,50 überhöhter Betrag eingezogen worden sei. Es werde daher beantragt, den gegenständlichen Zahlungsauftrag vom 17. Oktober 2005 ersatzlos zu beheben und die zuviel eingehobene Pauschalgebühr von S 164,50 zurückzuerstatten.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag keine Folge. Aus der Anfechtungserklärung der Berufung der Beschwerdeführer folge - so die wesentliche Begründung des angefochtenen Bescheides -, dass die Anfechtung im führenden Verfahren hinsichtlich weiterer S 64.675,-- und im weiteren Verfahren hinsichtlich S 10.125,-- erfolgt sei. Das Rechtsmittelinteresse der Beschwerdeführer habe daher insgesamt S 74.800,-- betragen. Auf Basis dieses Betrages sei aber die Pauschalgebühr nach Tarifpost 2 GGG in der Höhe von S 5.840,-- (EUR 424,41) zuzüglich 15 % Streitgenossenzuschlag nach § 19a GGG in der Höhe von S 876,-- (EUR 63,66) beizubringen, sodass sich nach Abzug der bereits im Wege des Gebühreneinzuges beigebrachten Pauschalgebühren von S 3.212,-- (EUR 233,43) ein noch offener Restbetrag von EUR 254,64 errechne. Da der gegenständlichen Vorschreibung somit ein Mangel nicht anhafte, sei dem Berichtigungsantrag ein Erfolg zu versagen. Ergänzend sei noch anzumerken, dass der Rechtsmittelwerber nach § 18 Abs. 2 Z. 3 GGG eine Bewertung nur dann vorzunehmen habe, wenn der von der Anfechtung betroffene Teil nicht nur in einem Geldanspruch bestehe. Im vorliegenden Fall sei ausschließlich ein in einem Geldbetrag bestehender Wert angefochten worden, sodass eine Bewertung des Rechtsmittelinteresses gar nicht möglich und auch nicht zulässig gewesen sei. Insbesondere könne es nicht angehen, dass durch die Angabe eines "falschen" (niedrigeren) Rechtsmittelinteresses der Anspruch des Bundes auf die nach dem Gerichtsgebührengesetz zu entrichtenden Gebühren geschmälert werde.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Vorschreibung der Pauschalgebühr entsprechend dem tatsächlichen Berufungsstreitwert, sohin nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN, und in ihrem Recht auf Unterlassung der Einhebung einer höheren als dem tatsächlichen Berufungsinteresse entsprechenden Gebühr verletzt; sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 462 Abs. 1 ZPO überprüft das Berufungsgericht die Entscheidung des Gerichtes erster Instanz innerhalb der Grenzen der Berufungsanträge.
Nach § 467 Z 3 ZPO muss die Berufungsschrift nebst den allgemeinen Erfordernissen eines vorbereitenden Schriftsatzes die bestimmte Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird, die ebenso bestimmte kurze Bezeichnung der Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe), und die Erklärung, ob die Aufhebung oder eine Abänderung des Urteiles, und welche beantragt werde (Berufungsantrag), enthalten.
Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.
Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Hievon treten nach Abs. 2 Ausnahmen ein:
Betrifft das Rechtsmittelverfahren oder das Verfahren über eine Wiederaufnahms- oder Nichtigkeitsklage nur einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes, so ist nach Z. 3 leg. cit. in diesem Verfahren für die Berechnung nur der Wert dieses Teiles maßgebend. Bei wechselseitig erhobenen Rechtsmitteln sind die Pauschalgebühren nach Maßgabe der Anträge eines jeden der beiden Streitteile gesondert zu berechnen und vom jeweiligen Rechtsmittelwerber zu entrichten. Ist der von der Anfechtung betroffene Teil nicht nur ein Geldanspruch, so hat ihn der Rechtsmittelwerber in der Rechtsmittelschrift zu bewerten; unterlässt er dies, ist der Bemessung der Pauschalgebühr für das Rechtsmittelverfahren der ganze Wert des ursprünglichen Streitgegenstandes zu Grunde zu legen.
Tarifpost 2 GGG sah in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Justiz über die Neufestsetzung von Gerichtsgebühren und Bemessungsgrundlagen gemäß § 31a des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. II Nr. 213/2001, für das Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz bei einem Berufungsinteresse über S 30.000,-- bis S 50.000,-- Pauschalkosten von S 2.920,-- und bei einem Berufungsinteresse über S 50.000,-- bis S 100.000,-- solche von S 5.840,-- vor.
Die Beschwerdeführer vertreten zusammengefasst den Standpunkt, dass für das besagte Berufungsinteresse nach TP 2 GGG nicht die Anfechtungserklärung, sondern der Berufungsantrag maßgebend sei, wogegen die belangte Behörde die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung der Anfechtungserklärung bemisst.
Aus § 18 Abs. 2 Z. 3 erster Satz GGG folgt vorerst einmal, dass, wenn das Rechtsmittelverfahren nur einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes betrifft, in diesem Verfahren für die Berechnung nur der Wert dieses Teiles maßgebend ist. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung sind bei wechselseitig erhobenen Rechtsmitteln die Pauschalgebühren nach Maßgabe der Anträge eines jeden der beiden Streitteile gesondert zu berechnen und vom jeweiligen Rechtsmittelwerber zu entrichten.
Aus dem systematischen Zusammenhang der Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes zueinander ist davon auszugehen, dass der Begriff des "Berufungsinteresses" in Tarifpost 2 GGG mit jenem des Wertes des (Teiles des ursprünglichen) Streitgegenstandes im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 3 GGG (d.h. mit dem Wert des Streitgegenstandes im Rechtsmittelverfahren) gleichzusetzen ist.
In der zu Grunde liegenden Berufung haben die Beschwerdeführer - insofern widersprüchlich - angegeben, das Urteil insoweit anzufechten, als es dem Klagebegehren des Erstbeschwerdeführers im führenden Verfahren "nicht zur Gänze Folge gegeben und das Klagebegehren des Hans-Jürgen S. im weiteren Verfahren nicht zur Gänze abgewiesen hat", in ihrem Berufungsantrag im Sinn des § 467 Z. 3 ZPO jedoch die Abänderung des Ersturteils nur mehr im Sinne einer weiteren teilweisen Stattgebung des Klagebegehrens des Erstbeschwerdeführers und einer Abweisung des Klagebegehrens des Erstbeklagten Hans-Jürgen S. begehrt und schließlich - davon wiederum abweichend - einen "Berufungsstreitwert" mit S 34.975,-- und S 10.125,-- beziffert.
Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, erübrigte sich im vorliegenden Fall eine Bewertung der von der Anfechtung betroffenen Teile des Ersturteils nach § 18 Abs. 2 Z. 3 dritter Satz erster Halbsatz GGG, weil die Anfechtung nur Geldansprüche betraf, sodass der von den Beschwerdeführern bezifferte "Berufungsstreitwert" im vorliegenden Fall außer Betracht zu bleiben hatte.
Im Übrigen hatten die Beschwerdeführer ihr "Berufungsinteresse" im Sinn der Tarifpost 2 GGG ziffernmäßig und damit in einer für den Kostenbeamten äußerlich und formal leicht erkennbaren Art und Weise an Hand ihres Berufungsantrages klargestellt, der gemäß § 462 Abs. 1 ZPO die Grenzen absteckte, innerhalb derer das Berufungsgericht die Entscheidung des Gerichtes erster Instanz überprüfte. Der Anfechtungserklärung kam daher für die Berechnung des von der Berufung betroffenen Wertes des Streitgegenstandes keine Bedeutung zu.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Da der Ersatz einer Umsatzsteuer aus dem Schriftsatzaufwand gesetzlich nicht vorgesehen ist, war das diesbezügliche Mehrbegehren abzuweisen.
Wien, am 18. Mai 2006