TE Vwgh Erkenntnis 2006/5/18 2005/18/0711

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Veröffentlicht am 18.05.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §21;
FrG 1997 §28 Abs2 idF 2000/I/034;
FrG 1997 §28 Abs2;
MRK Art14;
MRK Art8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des S, geboren 2004, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 28. November 2005, Zl. 143.884/2- III/4/05, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 28. November 2005 wurde der am 22. November 2004 gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seinem Vater gemäß § 14 Abs. 2 und § 28 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 2. August 2004 in Österreich geboren worden und halte sich seit seiner Geburt im Bundesgebiet auf. Die Mutter des Beschwerdeführers habe bisher über keinen Aufenthaltstitel verfügt. Gemäß § 28 Abs. 2 FrG seien Kinder, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, während der ersten sechs Lebensmonate von der Sichtvermerkspflicht befreit, sofern die Mutter oder ein anderer Fremder, dem Pflege und Erziehung des Kindes allein zukomme, rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen sei. Dies gelte jedoch nur, solange der Betreffende rechtmäßig niedergelassen bleibe, bei Ableitung vom Vater überdies nur, wenn diesem aus anderem Grund als wegen Verzichts der Mutter allein das Recht zur Pflege und Erziehung zukomme. Von seiner Mutter könne der Beschwerdeführer eine Befreiung von der Sichtvermerkspflicht nicht ableiten, weil sie nicht rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen sei. Der Vater des Beschwerdeführers sei zwar im Besitz eines Niederlassungsnachweises für die Republik Österreich, ihm komme jedoch nicht das alleinige Recht zur Pflege und Erziehung des Beschwerdeführers zu. Der Antrag des Beschwerdeführers sei daher gemäß § 14 Abs. 2 FrG abzuweisen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist § 14 Abs. 2 erster Satz FrG auf in Österreich geborene und hier seit der Geburt aufhältige Fremde nicht unmittelbar anwendbar. Die Regelungslücke ist in Ansehung solcher Fremder, die nicht gemäß § 28 Abs. 2 FrG von der Sichtvermerkspflicht befreit sind, in Analogie zum ersten Satz des § 14 Abs. 2 FrG zu schließen. Grundsätzlich ist von solchen Fremden daher zu verlangen, dass sie durch Ausreise aus dem Bundesgebiet den rechtmäßigen Zustand herstellen und vor einer Einreise nach Österreich ihre Niederlassungsbewilligung vom Ausland aus beantragen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. September 1999, Zl. 99/19/0122, mwN, und vom 16. Dezember 2003, Zl. 2003/18/0288).

1.2. Dem Beschwerdeführer hätte gemäß § 23 Abs. 6 FrG eine weitere Niederlassungsbewilligung (auf Grund einer Antragstellung im Inland) erteilt werden können, wenn er als in Österreich geborenes Kind gemäß § 28 Abs. 2 FrG keinen Aufenthaltstitel benötigt hätte. Dies wäre vorliegend dann der Fall gewesen, wenn seine Mutter rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen wäre. Der Feststellung, wonach seine Mutter noch nie über einen Aufenthaltstitel verfügt habe, tritt der Beschwerdeführer nicht entgegen. Er wendet sich auch nicht gegen die Feststellung, dass seinem Vater nicht das alleinige Recht zur Pflege und Erziehung zukommt. Daher kann er keine Befreiung von der Sichtvermerkspflicht gemäß § 28 Abs. 2 FrG für sich in Anspruch nehmen.

1.3. Die belangte Behörde hat somit den Antrag des Beschwerdeführers zutreffend als Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung (Erstantrag) gewertet, für den im Weg der Analogie § 14 Abs. 2 erster Satz FrG maßgebend ist. Diese Bestimmung ist eine Anordnung an die belangte Behörde, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten ist. Da der Beschwerdeführer der Voraussetzung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG nicht Genüge getan hat, war sein Antrag abzuweisen, wobei eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. unter Bedachtnahme auf die in Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien nicht in Betracht kam (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2002, Zl. 2002/18/0136, mwN).

2. Soweit der Beschwerdeführer eine Verfassungswidrigkeit des § 28 Abs. 2 FrG mit dem Hinweis geltend macht, der Gesetzgeber hätte "eine vom Geschlecht abzuleitende verschiedene rechtliche Beurteilung ein und desselben Sachverhalts" vorgenommen, ist er auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. März 2000, VfSlg. 15.755, zu verweisen. Darin wurde der Grundsatz, die befristete Sichtvermerksfreiheit des Kindes an die fremdenrechtliche Stellung der Mutter zu knüpfen, aus verfassungsrechtlicher Sicht für unbedenklich erachtet. Den in diesem Erkenntnis geäußerten gleichbehandlungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Ausnahmslosigkeit des § 28 Abs. 2 FrG in der Stammfassung hat der Gesetzgeber mit dem im vorliegenden Fall anzuwendenden § 28 Abs. 2 FrG idF BGBl. I Nr. 34/2000 Rechnung getragen. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es die Art. 8 und Art. 14 EMRK nicht gebieten, den Familiennachzug zum Vater in jenen Fällen zu erleichtern, in denen sich die Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes bloß auf Grund einer vorübergehenden und kein Niederlassungsrecht umfassenden Berechtigung im Bundesgebiet aufhält (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 99/19/0122).

3. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Zuspruch von Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Mai 2006

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005180711.X00

Im RIS seit

19.06.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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