Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
EheG §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des L, geboren 1959, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 21. April 2005, Zl. 313.111/3- III/4/04, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 21. April 2005 hat die Bundesministerin für Inneres (die belangte Behörde) den am 11. Juli 2001 gestellten Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Serbien und Montenegro, auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei von Ende 1993 bis 1. Juli 1994 auf Grundlage einer Verpflichtungserklärung im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck "privater Aufenthalt" gewesen. In weiterer Folge habe er das Bundesgebiet freiwillig verlassen. Erst am 21. November 1996 sei er mit einem von
18. November 1996 bis 8. Dezember 1996 gültigen Touristensichtvermerk wieder nach Österreich eingereist. Am 6. Februar 1997 sei gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen worden. Am 2. Dezember 2000 habe er in seiner Heimat eine österreichische Staatsangehörige geheiratet. Zuletzt sei er mit einer von der österreichischen Botschaft in Belgrad ausgestellten Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Künstler" mit einer Gültigkeitsdauer von 25. April 2001 bis 28. Juli 2001 in das Bundesgebiet eingereist. Seitdem halte er sich in Österreich auf.
Am 23. September 2002 sei die Ehe des Beschwerdeführers für nichtig erklärt worden. Infolge dessen sei der gegenständliche Antrag von der Bundespolizeidirektion Wien an den Landeshauptmann abgetreten worden, weil der Beschwerdeführer kein begünstigter Drittstaatsangehöriger mehr sei.
Der Beschwerdeführer wäre gemäß § 14 Abs. 2 FrG verpflichtet gewesen, die Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung vom Ausland aus abzuwarten. Da er sich nach wie vor in Österreich aufhalte, stehe die genannte Bestimmung der Erteilung der begehrten Bewilligung entgegen.
Eine amtswegige Überprüfung habe ergeben, dass kein besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt im Sinn von § 10 Abs. 4 FrG vorliege. Eine Gefährdung oder Bedrohung im Sinn von § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG sei nicht gegeben.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des FrG haben folgenden
Wortlaut:
"§ 7. ...
(4) Drittstaatsangehörige brauchen eine Aufenthaltserlaubnis, wenn
1. ihr Aufenthalt ausschließlich dem Zweck einer Schulausbildung oder eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums (Ausbildung) dient und der Besuch von Universitätslehrgängen nicht ausschließlich der Vermittlung der deutschen Sprache dient;
2. sie unselbständig erwerbstätig sind und ihr Arbeitsvertrag mit ihrem international tätigen Dienstgeber sie entweder
a) als leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind, oder
b) als der Unternehmensleitung zugeteilte qualifizierte Mitarbeiter, die zur innerbetrieblichen Aus- oder Weiterbildung (Führungskräftenachwuchs) verpflichtet sind,
oder
c) als Vertreter repräsentativer ausländischer Interessenvertretungen ausweist
und Rotationen im Hinblick auf den Dienstort vorsieht;
3. sie Ehegatten oder minderjährige unverheiratete Kinder der in Z 1 und 2 genannten Fremden sind, sofern sie nicht erwerbstätig sein wollen;
4. sie in Österreich erwerbstätig sind, ohne an einem Wohnsitz niedergelassen zu sein.
...
§ 14. ...
(2c) Verfügt der Antragsteller über eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 90 Abs. 4, ist der Antrag auf Erteilung einer weiteren Aufenthaltserlaubnis im Inland nur für denselben Zweck und nur dann zulässig, wenn die sonstigen fremdenrechtlichen und ausländerbeschäftigungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind. Die maximale Gültigkeitsdauer der jeweils erteilten Aufenthaltserlaubnis darf sechs Monate nicht überschreiten.
...
§ 90. ...
(4) Bei Anträgen gemäß Abs. 3 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne Niederlassungsabsicht ist die Berufsvertretungsbehörde ermächtigt, eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer von höchstens sechs Monaten zu erteilen, wenn am Vorliegen sämtlicher hiefür erforderlichen Voraussetzungen kein Zweifel besteht; für kurzfristig Kunstausübende bedarf es jedenfalls einer Sicherungsbescheinigung oder einer Beschäftigungsbewilligung oder eines sich auf eine entsprechende inländische Veranstaltung beziehenden Vertrages.
..."
2. Der Beschwerdeführer verfügte unstrittig über eine von der österreichischen Botschaft in Belgrad ausgestellte Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Künstler" mit einer Geltungsdauer von 25. April 2001 bis 28. Juli 2001. Aus dem Akteninhalt ist nicht ersichtlich, ob und in welcher Weise der Beschwerdeführer tatsächlich als Künstler gearbeitet hat; im gegenständlichen Antrag hat er sich auf kein Einkommen aus irgendeiner künstlerischen Tätigkeit berufen. Noch vor Ablauf dieser Aufenthaltserlaubnis hat der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Gattin vom Inland aus gestellt. Diese Ehe ist unstrittig am 23. September 2002 - rechtskräftig - für nichtig erklärt worden.
Aus der Aktenlage ergibt sich, dass die Erstbehörde am 3. Februar 2003 den Beschwerdeführer aufgefordert hat, u. a. bekannt zu geben, für welchen Aufenthaltszweck er nunmehr nach Nichtigerklärung der Ehe die Niederlassungsbewilligung beantragt. Der Beschwerdeführer hat dies damit beantwortet, dass er eine Niederlassungsbewilligung für "jeglichen Aufenthaltszweck" anstrebe.
3.1. Der Beschwerdeführer meint zunächst, er sei auf Grund seiner Aufenthaltserlaubnis für "Künstler" zur Inlandsantragstellung berechtigt.
3.2. Bei der Aufenthaltserlaubnis des Beschwerdeführers handelt es sich um eine solche, die gemäß § 90 Abs. 4 FrG von der österreichischen Vertretungsbehörde ausgestellt worden ist. Gemäß § 14 Abs. 2c könnte der Beschwerdeführer daher - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen hiefür - einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Aufenthaltserlaubnis für denselben Zweck vom Inland aus stellen. Da es sich beim gegenständlichen Antrag jedoch nicht um einen solchen auf Erteilung einer weiteren Aufenthaltserlaubnis für den Zweck "Künstler" handelt, liegen diese Voraussetzungen nicht vor.
4.1. Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, im Zeitpunkt der Antragstellung mit einer Österreicherin verheiratet - und gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 3 Z. 1 FrG zur Inlandsantragstellung berechtigt - gewesen zu sein. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Inlandsantragstellung auf den Zeitpunkt der Antragseinbringung und nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.
4.2. Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht zielführend, weil die Ehe des Beschwerdeführers rechtskräftig für nichtig erklärt worden und demnach mit Wirkung ex tunc beseitigt worden ist. Dies hat zur Folge, dass der Beschwerdeführer als von Anfang an nicht verheiratet gilt (vgl. etwa Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts II10, 193).
5.1. Der Beschwerdeführer wäre daher nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 letzter Satz FrG zur Inlandsantragstellung berechtigt. Diese Bestimmung eröffnet der Niederlassungsbehörde die Möglichkeit, von Amts wegen in ganz bestimmten Ausnahmefällen (nämlich bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 10 Abs. 4 FrG) von einer Abweisung eines im Inland gestellten Antrages auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung Abstand zu nehmen. § 10 Abs. 4 FrG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG auch dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK abzuleitender Anspruch auf Familiennachzug besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. 2006/18/0020).
5.2. Mit dem in keiner Weise konkretisierten Hinweis auf die "allgemein schlechte Situation" in seiner Heimat, macht der Beschwerdeführer keine mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände geltend. Dieses Vorbringen ist daher auch nicht geeignet, die Relevanz der in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängel darzutun.
5.3. Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, mit seiner Mutter und seinen beiden Töchtern - die laut Aktenlage 1980 und 1985 geboren sind - im gemeinsamen Haushalt zu leben. Diese Verwandten würden über unbefristete Niederlassungsbewilligungen und Befreiungsscheine verfügen. Einer Tochter sei die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft bereits zugesichert worden. Mutter und Töchter würden über gesicherte Einkommen in Österreich verfügen und für den Unterhalt des Beschwerdeführers aufkommen.
Der Beschwerdeführer ist - nach einem Voraufenthalt von Ende 1993 bis 1. Juli 1994 - am 21. November 1996 mit einem nur bis 8. Dezember 1996 gültigen Touristenvisum nach Österreich eingereist. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits 37 Jahre alt. Im Februar 1997 wurde gegen ihn ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen. Zuletzt ist er mit einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Künstler" mit einer Gültigkeitsdauer von 25. April 2001 bis 28. Juli 2001 in das Bundesgebiet eingereist. Seine Mutter und seine erwachsenen Töchter leben nach dem Beschwerdevorbringen jedenfalls schon so lange in Österreich, dass sie bereits über unbefristete Aufenthaltstitel verfügen und einer Tochter die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zugesichert worden ist.
Bei diesem Sachverhalt besteht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - selbst wenn man das Beschwerdevorbringen berücksichtigt, wonach sich der Beschwerdeführer auch während der Geltungsdauer des Aufenthaltsverbots "immer wieder mit Unterbrechungen" im Bundesgebiet aufgehalten hat - kein aus Art. 8 EMRK abzuleitender Anspruch auf Familienzusammenführung in Österreich.
Es kommt daher auch den in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängeln keine Relevanz zu.
Der Ansicht der belangten Behörde, dass der gegenständliche Antrag vom Ausland hätte gestellt werden müssen, kann daher nicht entgegen getreten werden.
Entgegen der Beschwerdemeinung handelt es sich beim Fehlen der geforderten Antragstellung vom Ausland aus nicht um ein verbesserbares Formgebrechen.
6. Hinzugefügt sei, dass dem Beschwerdeführer § 31 Abs. 4 FrG nicht zugute kommt, stellt diese Regelung doch nach ihrer Zielsetzung darauf ab, dass sich Personen, denen die Inlandsantragstellung nach § 14 Abs. 2 FrG offen steht, dann, wenn sie den Antrag auf Ausstellung eines weiteren Aufenthaltstitels vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des ihnen zuletzt erteilten Aufenthaltstitels (oder vor Entstehen der Sichtvermerkspflicht) eingebracht haben, bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Für Fremde, denen - wie dem Beschwerdeführer - das Recht der Inlandsantragstellung nicht zusteht, kommt somit § 31 Abs. 4 FrG nicht zum Tragen, zumal nicht angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung die im § 14 Abs. 2 leg. cit. getroffene Regelung über die Inlandsantragstellung unterlaufen wollte. (Vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/18/0182.)
7. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
8. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. Mai 2006
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Auslegung Diverses VwRallg3/5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005180206.X00Im RIS seit
26.06.2006