TE Vwgh Erkenntnis 2006/5/23 2005/02/0198

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.05.2006
beobachten
merken

Index

60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

ASchG 1994 §10 Abs9;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/02/0258

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerden des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, I.) vom 3. Juni 2005, Zl. Senat-MD-03- 1178 (protokolliert zu Zl. 2005/02/0198), und II.) vom 6. September 2005, Zl. Senat-MD-03-1177 (protokolliert zu Zl. 2005/02/0258), jeweils betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen (Mitbeteiligter: MD in W, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Elisabethstraße 22), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.982,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Anträge der belangten Behörde auf Zuerkennung von Kostenersatz werden zurückgewiesen.

Begründung

Die Behörde erster Instanz verhängte gegen den Mitbeteiligten in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied und damit als zur Vertretung nach außen Berufenem der M AG wegen der Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften mit Straferkenntnis vom 4. April 2003 Geldstrafen. Die belangte Behörde gab der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Berufung Folge, behob den Bescheid der Behörde erster Instanz in dessen Spruchpunkt 1) mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof erstangefochtenen Bescheid, in Spruchpunkt 2) mit dem zweitangefochtenen Bescheid und stellte die Verfahren jeweils nach § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG ein.

Die belangte Behörde stellte jeweils fest, dass Herbert F mit Bestellungsurkunde vom 4. März 1995 dem zuständigen Arbeitsinspektorat für den 13. Aufsichtsbezirk als verantwortlicher Beauftragter für gegenständlichen Bereich gemeldet worden sei. Die Bestellung sei am 10. Mai 1995 dort eingelangt und bis zum Tatzeitpunkt 22. November 2002 nicht widerrufen worden. Mit Schreiben vom 16. September 1998 sei seitens des Arbeitgebers dem zuständigen Arbeitsinspektorat mitgeteilt worden, dass F an einem Seminar für Sicherheitsvertrauenspersonen teilgenommen habe. Die diesbezügliche Bestätigung sei mit einem "Formular für die Meldung von Sicherheitsvertrauenspersonen nach § 10 ASchG am 16. September 1998 an das zuständige Arbeitsinspektorat für den

13. Aufsichtsbezirk abgegangen".

Die belangte Behörde beurteilte dies in rechtlicher Sicht dahin, dass (mit Datum 10. Mai 1995) eine rechtswirksame Bestellung des F zum verantwortlichen Beauftragten nach § 9 VStG i. V.m. § 23 Arbeitsinspektionsgesetz (ArbIG) erfolgt, diese Bestellung aber durch seine nachträgliche Bestellung zur Sicherheitsvertrauensperson nicht unwirksam geworden sei.

Gegen diese beiden Bescheide richten sich die gemäß § 13 ArbIG erhobenen (Amts-)Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Beschwerden auf Grund ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 erster Satz ASchG haben Arbeitgeber Sicherheitsvertrauenspersonen zu bestellen.

Nach § 10 Abs. 9 erster und zweiter Satz ASchG berührt die Bestellung von Sicherheitsvertrauenspersonen nicht die Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften. Den Sicherheitsvertrauenspersonen kann die Verantwortlichkeit für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht rechtswirksam übertragen werden.

§ 10 Abs. 9 zweiter Satz ASchG regelt zwar ausdrücklich nur, dass (bereits bestellte) Sicherheitsvertrauenspersonen nicht rechtswirksam zu verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften bestellt werden können. Aus dieser vom Gesetzgeber normierten "Unvereinbarkeit" dieser beiden Funktionen ist allerdings der Schluss zu ziehen, dass umgekehrt auch die Bestellung eines solchen verantwortlichen Beauftragten zur Sicherheitsvertrauensperson nicht rechtswirksam erfolgen kann.

Daraus folgt in den vorliegenden Beschwerdefällen, dass die Funktion des Herbert F als verantwortlicher Beauftragter durch seine "Bestellung" zur Sicherheitsvertrauensperson nicht berührt wurde, weil diese - wie gesagt - nicht rechtswirksam war.

Zur Klarstellung sei zu dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, Zl. 2004/11/0066, gesagt, dass es dort um einen anders gelagerten Fall, nämlich um die "Zurücklegung der Funktion" durch den verantwortlichen Beauftragten ging.

Konnte aber die belangte Behörde im Ergebnis davon ausgehen, dass zur Tatzeit ein verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften bestellt war, so war die Einstellung der Strafverfahren gegen den Mitbeteiligten als zur Vertretung nach außen berufenes Organ rechtmäßig.

Die vorliegenden Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Die Anträge der belangten Behörde auf Kostenersatz waren zurückzuweisen (vgl. § 47 Abs. 4 VwGG).

Wien, am 23. Mai 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005020198.X00

Im RIS seit

05.07.2006

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten