Index
E1E;Norm
11997E087 EG Art87;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der R GmbH in N, vertreten durch Dr. Josef Hofer und Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Ringstraße 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 18. Februar 2002, Zl. 17.450/36-I/7/02, betreffend Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen für die Schlachtung von Rindern, Kälbern und Schweinen, Lämmern und Schafen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria vom 8. März 2001 wurden der Beschwerdeführerin Agrarmarketingbeiträge für den Zeitraum Jänner 1996 bis Dezember 2000 vorgeschrieben.
1.2. Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit welchem unter Spruchpunkt 1. die Berufung und unter Spruchpunkt 2. auch der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen wurde.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften im AMA-Gesetz 1992 betreffend die Einhebung des Agrarmarketingbeitrages sowie des § 284 Abs. 1 BAO aus, dass es nach dem Urteil des EuGH vom 13. Dezember 1983, Rs 222/82, Apple and Pear Development Council, nicht unzulässig sei, im Rahmen der Werbetätigkeit einer nationalen Körperschaft besondere Qualitäten der im Mitgliedstaat erzeugten Waren herauszustellen. Es verstoße lediglich gegen Art. 28 EG, wenn eine solche Körperschaft Werbung mit dem Ziel betreibe, vom Kauf von Erzeugnissen anderer Mitgliedstaaten abzuraten, diese Erzeugnisse in den Augen der Verbraucher herabzusetzen oder ihnen zum Kauf einheimischer Erzeugnisse allein wegen des inländischen Ursprungs zu raten. Nach näherer Darstellung der Zielsetzung der Werbekampagnen wird unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission 86/C 272/03 und die Rahmenregelung 87/C 302/06 festgehalten, dass die Kampagnen nicht gegen EU-Recht verstießen. In der Folge wird auf das beihilfenrechtliche Vorbringen der Beschwerdeführerin eingegangen und dem insbesondere entgegen gehalten, dass auch die Beschwerdeführerin selbst eine Reihe von Marketingaktivitäten nenne, bei welchen kein Bezug zum Gütesiegel gegeben sei. Die Verwendung des AMA-Gütesiegels stünde allen offen, die sich auf die Einhaltung der entsprechenden Kriterien verpflichteten. Das AMA-Gütesiegel-Programm stünde darüber hinaus auch ausländischen Teilnehmern offen.
1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der ausschließlich die Verletzung im Recht auf vorrangige Anwendung des Gemeinschaftsrechts geltend gemacht wird (zu Spruchpunkt 2. enthält die Beschwerde keine Ausführungen). Die Beschwerdeführerin werde zur Finanzierung einer dem Gemeinschaftsrecht widersprechenden Werbekampagne herangezogen, deren Nutzen bestimmten Mitbewerbern und einzelnen Handelsbetrieben zu Gute komme, die mit der Beschwerdeführerin in einem Konkurrenzverhältnis stünden. Die Behörden hätten es unterlassen, die zur Beurteilung nach dem Gemeinschaftsrecht maßgeblichen Feststellungen zu treffen.
1.5. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Zu den beihilfenrechtlichen Bedenken und den Bedenken im Lichte des Art. 28 EG:
In der Beschwerde werden gemeinschaftsrechtliche Bedenken gegen die Erhebung der Agrarmarketingbeiträge insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Art. 28 EG und des Art. 86 EG sowie des Beihilfenrechts (Art. 87 und 88 EG) geäußert. Letzteres insbesondere mit dem Vorwurf, die von der AMA finanzierten Werbemaßnahmen seien insbesondere auf das AMA-Gütesiegel-Fleisch zugeschnitten.
Der Beschwerdefall gleicht insofern in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht jenem, über den mit Erkenntnis vom 20. März 2006, Zl. 2005/17/0230, entschieden wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis mit näherer Begründung dargetan, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des EuGH (vgl. das Urteil vom 27. Oktober 2005, Rs C-266/04, Nazairdis) ein Verwendungszusammenhang zwischen der Erhebung eines Beitrags und seiner (allfälligen beihilfenrechtlich unzulässigen) Verwendung, der zur Anwendung des Beihilfenrechts auch auf die Erhebung des Beitrags führt, nur besteht, wenn dieser Zusammenhang normativ begründet ist. Der Umstand, dass sich das zitierte hg. Erkenntnis auf die Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen für Zeiträume nach dem Juni 2004 bezog, ist für die Frage, ob ein nach der Rechtsprechung des EuGH maßgeblicher Verwendungszusammenhang zwischen den eingehobenen Beiträgen und der (gegebenenfalls gemeinschaftsrechtswidrigen) Verwendung der Beiträge besteht, nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Zur näheren Begründung dafür, dass im Beschwerdefall mangels des genannten Verwendungszusammenhanges die allfällige gemeinschaftsrechtswidrige Verwendung der Beiträge nicht entscheidungsrelevant ist, kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des zitierten Erkenntnisses verwiesen werden.
Aus den dort genannten Gründen bestehen auch im vorliegenden Verfahren keine Verfahrensmängel hinsichtlich der Sachverhaltserhebung oder Begründung des angefochtenen Bescheids im Hinblick auf das Vorliegen einer (unzulässigen bzw. nicht notifizierten) staatlichen Beihilfe. Auf das detaillierte Vorbringen betreffend die durchgeführten (aus den eingehobenen Agrarmarketingbeiträgen finanzierten) Werbemaßnahmen ist daher auch im vorliegenden Beschwerdefall nicht näher einzugehen.
Gleiches gilt für das Vorbringen hinsichtlich Art. 28 EG. Der Verwaltungsgerichtshof hat im genannten Erkenntnis mit näherer Begründung dargetan, dass das Tatsachenvorbringen zu den Werbekampagnen, auch soweit es sich um Werbung mit dem bzw. für das Gütesiegelprogramm handelt, nicht geeignet ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Dies gilt auch im hier vorliegenden Beschwerdefall und das konkret auf bestimmte Werbekampagnen in den Jahren 1996 bis 2000 abgestellte Vorbringen.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht auf Grund des Umstandes, dass die Kommission in dem beihilfenrechtlichen Verfahren NN 34/2000, in dem sie über die Zulässigkeit der in Rede stehenden Maßnahmen für den Zeitraum vor dem 26. September 2002 unter dem Gesichtspunkt des Beihilfenrechts entscheiden möchte, noch keine Entscheidung getroffen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 20. März 2006, Zl. 2005/17/0230, für den dort interessierenden Zeitraum darauf hingewiesen, dass die Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004, C(2004)2037fin, betreffend die angemeldeten Maßnahmen im Bereich des Gütesiegels und Biozeichens (NN 34A/2000) für den Zeitraum nach dem 26. September 2002, ausschließlich für die Frage Bedeutung habe, ob die Verwendung der Mittel entsprechend dem gemeinschaftsrechtlichen Beihilfenrecht erfolgt, und das Vorliegen einer allfälligen unzulässigen staatlichen Beihilfe für die Erhebungsseite nicht von Relevanz sei. Demnach sei auch der Ausgang des Verfahrens vor dem Gericht erster Instanz betreffend diese Entscheidung, auf welches die Beschwerdeführerin in jenem Verfahren hingewiesen hatte, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht präjudiziell. Analog ist auch die beihilfenrechtliche Beurteilung der Verwendung der Mittel durch die Kommission im vorliegenden Verfahren nicht von entscheidungsrelevanter Bedeutung für die Beurteilung der Erhebungsseite, also der Vorschreibung der hier gegenständlichen Agrarmarketingbeiträge.
Die Beschwerdeführerin wurde durch die Abweisung ihrer Berufung gegen die Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen insoweit nicht in ihren Rechten verletzt.
2.2. Zu den Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Art. 86 EG:
In der Beschwerde wird weiters vorgetragen, die AMA sei ein öffentliches und monopolartiges Unternehmen und insbesondere nach den Art. 10 und 86 EG nicht zulässig. Zu diesem Vorbringen genügt es, auf das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2005, Zl. 2003/17/0023, zu verweisen, in dem zu einem inhaltsgleichen Vorbringen betreffend die Rechtsstellung der AMA ausgeführt wurde, dass nicht ersichtlich ist, worin die ausschließlichen Rechte der AMA im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EG bestehen sollten.
2.3. Soweit sich die Beschwerde, ungeachtet des Umstandes, dass sie diesbezüglich keinerlei Ausführungen enthält, auch gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides richten sollte, genügt es, auf das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2005, Zlen. 2005/17/0070 bis 0073, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof dargelegt hat, dass § 284 BAO nicht für andere Berufungsbehörden als für den in Berufungssenaten oder durch einzelnes Mitglied entscheidenden unabhängigen Finanzsenat anwendbar sein soll.
2.4. Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 29. Mai 2006
Gerichtsentscheidung
EuGH 62004J0266 Nazairdis VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2002170054.X00Im RIS seit
11.08.2006Zuletzt aktualisiert am
24.10.2011