TE Vwgh Erkenntnis 2006/5/30 2005/12/0204

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Veröffentlicht am 30.05.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;
64/03 Landeslehrer;

Norm

AVG §56;
GehG 1956 §61 Abs1;
LDG 1984 §45 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. August 2005, Zl. K4-L-1291/009-2005, betreffend Anrechnung von Wegzeiten auf die Lehrverpflichtung gemäß § 45 Abs. 1 LDG 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 19. März 2003, Zl. 2002/12/0288, verwiesen. In der Zwischenzeit steht der Beschwerdeführer in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Niederösterreich.

Mit dem zuletzt genannten Erkenntnis wurde ein im Instanzenzug ergangener Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juli 2002, mit welchem dem Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302 (im Folgenden: LDG 1984), im Schuljahr 1999/2000 eine Stunde auf die Lehrverpflichtung angerechnet worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Tragender Aufhebungsgrund war, dass der in erster Instanz eingeschrittene Bezirksschulrat Zwettl (im Folgenden: Z) zur Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers unzuständig war.

Zur Ermittlung der nach den örtlichen Verhältnissen erforderlichen Wegzeiten gemäß § 45 Abs. 1 LDG 1984 verwies der Verwaltungsgerichtshof auf die hg. Erkenntnisse vom 8. November 1995, Zl. 94/12/0290, und vom 25. März 1998, Zl. 96/12/0272.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2004 hob die belangte Behörde sodann den im ersten Rechtsgang ergangenen Berufungsbescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom 26. März 2002 ersatzlos auf.

Mit Note des Landesschulrates für Niederösterreich vom 24. September 2004 wurde daraufhin der Bezirksschulrat Z ersucht, im Wege der Bezirkshauptmannschaft Z Erhebungen über die im Antrag des Beschwerdeführers strittigen Wegzeiten durchzuführen. Dabei wurde empfohlen, einen Fahrer, der die örtlichen Verkehrssituationen zumindestens seit dem Jahr 1999 kenne, mit den Ermittlungen zu betrauen. Ermittelt werden sollte die nach den örtlichen Verhältnissen und unter Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeiten erforderliche Zeit (Geh-, Warte- und Fahrzeit) bei Verwendung eines Pkw zwischen dem Wohnsitz und dem Sitz der Stammschule sowie für die Hin-, Zwischen- und Rückwege zwischen dem Wohnsitz und den einzelnen Schulen. Weiters sollte eine Aussage über die Verbesserung oder Verschlechterung der Verkehrssituation gegenüber dem Jahr 1999/2000 gemacht werden.

In den Verwaltungsakten ist ein E-Mail der Bezirkshauptmannschaft Z vom 5. Oktober 2004 an den Bezirksschulrat Z enthalten, in welchem es heißt:

"Zum Ersuchen um Feststellung von Fahrzeiten teilen wir mit, dass über Auskunft des DKW-Lenkers ... für die angeführten Wegstrecken erfahrungsgemäß folgende Zeiten anzunehmen sind:

-

Brunn bei Waidhofen (im Folgenden: B) - Kirchschlag (im Folgenden: K), ca. 65 min

-

K - Allentsteig (im Folgenden: A), ca. 50 min

-

A - B, ca. 25 min

-

B - Drosendorf (im Folgenden: D), ca. 50 min

-

D - Irnfritz (im Folgenden: I), ca. 20 min

-

I - B, ca. 30 min

-

A - Martinsberg (im Folgenden: M), ca. 50 min

-

M - B, ca. 65 min"

Über Vorhalt durch die erstinstanzliche Behörde erstattete der Beschwerdeführer zu diesen Angaben am 29. Oktober 2004 eine Stellungnahme. Darin führte er aus, er halte die von ihm zu Grunde gelegten Fahrzeiten als die nach den örtlichen Verhältnissen erforderliche Zeit. Niemand könne verlangen, dass er auf der kurvenreichen und teilweise unfallträchtigen Strecke die Verkehrssicherheit und sein Leben aufs Spiel setze. Zudem sei die Fahrstrecke im Schuljahr 1999/2000 ab Ende September 1999 winterlich gewesen (stellenweise sehr neblig, Fahrbahn regennass bzw. angeeist sowie Schneefahrbahn ab Oktober). Der Winter habe sich bis Ostern gezogen. Ein Abfahren der Strecke Ende November und Ende Jänner in der Früh bei ähnlichen Witterungsverhältnissen wie sie 1999/2000 überwiegend geherrscht hätten, könnte ein realistisches Bild der Lage erzeugen.

Mit Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom 24. November 2004 wurde der im ersten Rechtsgang in erster Instanz ergangene Bescheid des Bezirksschulrates Z vom 26. Jänner 2001 gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben (erster Spruchabschnitt).

Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 1 LDG 1984 für das Schuljahr 1999/2000 eine Stunde auf die Erfüllung der Lehrverpflichtung angerechnet (zweiter Spruchabschnitt).

Begründend gab die erstinstanzliche Behörde den Antrag des Beschwerdeführers wie folgt wieder:

"Mit Schreiben vom 4.8.2000 stellten Sie den Antrag auf Anrechnung von Wegzeiten im Ausmaß von mindestens drei Jahreswochenstunden auf die Lehrverpflichtung für das Schuljahr 1999/2000 gemäß § 45 LDG. Ihre Stammschule war die SES A, darüber hinaus hatten Sie in diesem Schuljahr an den Volksschulen K, D und I sowie an der Hauptschule M Unterricht zu erteilen. Sie beantragten die Anrechnung von mindestens 3 Jahreswochenstunden, da Sie in der folgenden Aufstellung von den Sommerfahrzeiten ausgingen und die Fahrzeiten im Herbst und Winter darüber liegen würden.

montags

VS K

mittwochs

VS D, I

donnerstags

VS D, I

freitags

HS M

80 Min. für die Strecke Wohnort nach K

65 Min. für die Strecke Wohnort nach D und I

65 Min. für die Strecke Wohnort nach D und I

25 Min. vom Wohnort zur Stammschule in A

+60 Min. für die Strecke K zur Stammschule

+65 Min. für die Strecke retour

+65 Min. für die Strecke retour

+65 Min. von A nach M

+25 Min. von A zum Wohnort

-50 Min. vom Wohnort zur Stammschule nach A und retour

-50 Min. vom Wohnort zur Stammschule nach A und retour

+85 Min. von M zum Wohnort

-50 Min. vom Wohnort zur Stammschule nach A und retour

-60 Min. tägliche Reduktion

-60 Min. tägliche Reduktion

-50 Min. vom Wohnort zur Stammschule nach A und retour

-60 Min. tägliche Reduktion

---

---

-60 Min. tägliche Reduktion

55 Min. in LV einrechenbar

20 Min. in LV einrechenbar

20 Min. in LV einrechenbar

65 Min. in LV einrechenbar"

Sodann werden die vom Fahrer der Bezirkshauptmannschaft Z stammenden Fahrzeiten wiedergegeben.

Schließlich führte die erstinstanzliche Dienstbehörde Folgendes aus:

"§ 45 LDG Abs.1 lautete: Hat ein Landeslehrer an mehreren Schulen (Exposituren) zu unterrichten, so wird ihm die nach den örtlichen Verhältnissen erforderliche Zeit (Geh-, Warte- und Fahrzeit) für die Zurücklegung des Hin-, Zwischen- und Rückweges zwischen seinem Wohnsitz und den einzelnen Schulen (Exposituren) soweit auf die Erfüllung der Lehrverpflichtung angerechnet, als sie die jeweils an einem Tage erforderliche Zeit (Geh-, Warte- und Fahrzeit) für die Zurücklegung des Hin- und Rückweges zwischen seinem Wohnsitz und dem Sitz der Stammschule um mehr als eine Stunde überschreitet.

Im Folgenden werden die von Ihnen angegebenen Wegzeiten mit denen des Dienstkraftwagenfahrers und mit den Zeiten des vom Landesschulrat für Niederösterreich verwendeten 'Distanzanzeiger Österreich' gegenübergestellt. Zur Berechnung der Wegzeiten mit Hilfe dieses Distanzprogrammes wurde von einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h ausgegangen und somit die Witterungsbedingungen über das ganze Schuljahr berücksichtigt.

Bezüglich der Dauer der Wegstrecke vom Wohnort (B) zur Stammschule in A liegt Übereinstimmung vor. Die Dauer von 25 Minuten für diese Strecke steht somit außer Streit. Laut Distanzprogramm werden 19 Minuten benötigt.

Bei den restlichen Strecken variieren Ihre Angaben zu den Angaben des Dienstkraftwagenfahrers der Bezirkshauptmannschaft Z. Die Strecke B nach K wurde mit 65 Minuten von Seiten des Dienstkraftwagenfahrers angegeben. Sie beantragen dafür 80 Minuten. Laut Distanzprogramm werden 56 Minuten benötigt.

Die Wegstrecke K nach A wurde mit 50 Minuten von Seiten des Dienstkraftwagenfahrers angegeben. Sie beantragen dafür 60 Minuten. Laut Distanzprogramm werden 49 Minuten benötigt.

Die Strecke B nach D und D nach I wurde insgesamt mit 70 Minuten von Seiten des Dienstkraftwagenfahrers angegeben. Sie beantragen dafür 65 Minuten. Laut Distanzprogramm werden 55 Minuten benötigt.

In weiterer Folge geben Sie auch die Wegstrecke von I über D nach B mit 65 Minuten an. Hier wird angemerkt, dass der direkte Weg von I nach B zu wählen wäre, da Sie nach dem Unterricht in I keinen Unterricht mehr am selben Tag in D hatten. Diese Strecke wurde von Seiten des Dienstkraftwagenfahrers mit 30 Minuten angegeben. Laut Distanzprogramm werden 27 Minuten benötigt.

Die Wegstrecke A nach M wurde mit 50 Minuten von Seiten des Dienstkraftwagenfahrers angegeben. Sie beantragen dafür 65 Minuten. Laut Distanzprogramm werden 50 Minuten benötigt.

Die Strecke M nach B wurde mit 65 Minuten von Seiten des Dienstkraftwagenfahrers angegeben. Sie beantragen dafür 85 Minuten. Laut Distanzprogramm werden 57 Minuten benötigt.

Da es sich beim Dienstkraftwagenfahrer der Bezirkshauptmannschaft Z um einen erfahrenen Berufskraftfahrer handelt, der die örtlichen Verhältnisse kennt, seine Angaben auch den vom 'Distanzanzeiger Österreich' mit der verwendeten realistischen niedrigen Durchschnittsgeschwindigkeit berechneten Wegzeiten mehr entsprechen als die von Ihnen behaupteten, geht der Landesschulrat für Niederösterreich von der Richtigkeit der vom Dienstkraftwagenfahrer angegebenen Fahrzeiten aus.

Zu Ihren Einwendungen bezüglich der unterschiedlichen Witterungsbedingungen wird angemerkt, dass bei der Einrechnung von Wegzeiten in die Lehrverpflichtung von einem gesamten Schuljahr auszugehen ist, und daher ein Durchschnittswert zu errechnen ist. Des Weiteren wird festgehalten, dass die Strecke B nach K laut 'Distanzanzeiger Österreich' 56 km und die Strecke M nach B 57 km beträgt, also nicht wesentlich länger ist und daher die erforderliche Fahrzeit für beide Strecken sicher nicht um 5 Minuten variieren kann.

Geht man nun von den richtigen Wegzeiten des Dienstkraftwagenfahrers aus, auch wenn diese Ihre beantragten Zeiten bezüglich der Wegstrecke B nach D und D nach I übertreffen, ergibt sich folgende Aufstellung:

montags

VS K

mittwochs

VS D, I

donnerstags

VS D, I

freitags

HS M

65 Min. für die Strecke Wohnort nach K

70 Min. für die Strecke Wohnort nach D und I

70 Min. für die Strecke Wohnort nach D und I

25 Min. vom Wohnort zur Stammschule in A

+50 Min. für die Strecke K zur Stammschule

+30 Min. für die Strecke I zum Wohnort

+30 Min. für die Strecke I zum Wohnort

+50 Min. von A nach M

+25 Min. von A zum Wohnort

-50 Min. vom Wohnort zur Stammschule nach A und retour

-50 Min. vom Wohnort zur Stammschule nach A und retour

+65 Min. von M zum Wohnort

-50 Min. vom Wohnort zur Stammschule nach A und retour

-60 Min. tägliche Reduktion

-60 Min. tägliche Reduktion

-50 Min. vom Wohnort zur Stammschule nach A und retour

-60 Min. tägliche Reduktion

-10 Min. insges.

- 10 Min. insges.

-60 Min. tägliche Reduktion

30 Min. in LV einrechenbar

0 Min. in LV einrechenbar

0 Min. in LV einrechenbar

30 Min. in LV einrechenbar"

Erkennbar nur gegen die mit dem zweiten Spruchabschnitt dieses Bescheides erfolgte Anrechnung von Wegzeiten (vgl. den unten wiedergegebenen Berufungsantrag) erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin brachte er vor, im Schuljahr 1999/2000 habe ein strenger und langer Winter geherrscht. In der Zeit zwischen November 1999 und März 2000 hätten fünf Monate "Hochwinterzeit", im Oktober 1999 und im April 2000 zwei Monate "Randwinterzeit" geherrscht. Während sieben der 10 Schulmonate hätten winterliche Fahrverhältnisse vorgeherrscht. Dies entspreche einem Anteil von 70 %. Sommerliche Fahrverhältnisse hätten überhaupt nur in einem Zehntel des Beobachtungszeitraumes bestanden. Die erstinstanzliche Behörde habe auch die - nicht zu vernachlässigende - Gehzeit zwischen Wohnsitz bzw. Schule und Auto in Anschlag zu bringen verabsäumt.

Unerfindlich sei auch, weshalb der Fahrer der Bezirkshauptmannschaft für die deutlich längere Strecke von M nach B genauso lang gebraucht haben wolle wie von B nach K. Der direkte Weg von I nach B über den so genannten "Bründlberg" stelle eine sehr steile, rutschige und unfallträchtige Wegstrecke dar, welche bei winterlichen Fahrverhältnissen unzumutbar sei.

Bei dem von der erstinstanzlichen Behörde verwendeten Distanzprogramm handle es sich um einen "formal-fiktiven" Vergleich, welcher gerade nicht - wie dies nach dem Gesetz erforderlich sei - auf die örtlichen Verhältnisse abstelle. Der Beschwerdeführer beantrage daher, die Berufungsbehörde möge (in Abänderung des zweiten Spruchabschnittes des erstinstanzlichen Bescheides) an Wegzeiten drei Stunden in die Lehrverpflichtung einrechnen.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. August 2005 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Nach Schilderung des Verfahrensganges sowie der angewendeten Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, die erforderliche Fahrzeit bestimme sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles. Sodann folgt eine Wiedergabe eines Teils der Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 19. Oktober 1994, Zl. 93/12/0113, wie folgt:

Es habe ganz allgemein zu gelten, dass der Beamte verhalten sei, die ihm aufgetragenen Geschäfte ohne Saumseligkeit zu verrichten. Dies gelte auch für die Dauer einer Dienstreise. Freilich habe er den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung zu entsprechen. Die (offenbar gemeint: damals vor dem Verwaltungsgerichtshof) belangte Behörde habe die Plausibilität der vom (offenbar gemeint: damaligen) Beschwerdeführer angegebenen Zeitspannen nicht nur durch fiktive Berechnungen, sondern auch unter Bedachtnahme auf die Fahrpläne öffentlicher Autobuslinien, aber auch auf die Angaben anderer Beamter hinsichtlich vergleichbarer Strecken geprüft. Dies sei grundsätzlich eine taugliche Methode, die Schlüssigkeit der Angaben des (offenbar gemeint: damaligen) Beschwerdeführers zu prüfen. Allerdings sei bei dieser Plausibilitätsprüfung auch auf das Vorbringen des (offenbar gemeint: damaligen) Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen, er sei (wenngleich fahrtüchtig, so doch) sehbehindert, weil eine derartige Behinderung eine vorsichtigere und langsamere Fahrweise objektiv rechtfertigen könne.

Sodann heißt es, unter dem Blickwinkel dieser wiedergegebenen Rechtsprechung sei die Vorgehensweise der ersten Instanz korrekt gewesen. Es seien die fiktiven Zeitangaben des Distanzprogramms mit jenen Zeitangaben verglichen worden, die ein Berufskraftfahrer für die gegenständlichen Strecken benötige. Auch habe sich die erste Instanz mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinander gesetzt. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die "Realzeiten" des Berufskraftfahrers der Bezirkshauptmannschaft Z jeweils um einige Minuten die fiktiven Zeiten des Distanzprogramms überschritten hätten. Es seien daher diese "Realzeiten" der Berechnung zu Grunde gelegt worden, und zwar auch auf jener Strecke, für die der Beschwerdeführer selbst eine geringere Zeitangabe gemacht habe.

Im Hinblick darauf, dass auch der Beschwerdeführer die in Rede stehenden Strecken mehrmals wöchentlich zurückgelegt habe, sei ein Vergleich mit einem Berufsfahrer durchaus realistisch. Auf die individuellen Fahrweisen jedes Einzelnen könne demgegenüber nicht Rücksicht genommen werden. Es sei vielmehr von einem Durchschnittswert auszugehen. Der Einwand, dem Beschwerdeführer sei im Winter eine bestimmte Strecke nicht zuzumuten, sei unzutreffend, weil Straßenerhalter auch im Winter dafür Sorge zu tragen hätten, dass die Straßen sicher zu befahren seien.

Bei den vom Beschwerdeführer zu befahrenden Straßen handle es sich um Landstraßen, welche mit Ortsgebieten abwechselten. Die dem Distanzprogramm zu Grunde gelegte Annahme einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h sei daher realistisch. Die noch unter diesen Zeiten liegenden Angaben des Berufskraftfahrers seien herangezogen worden.

Es sei durchaus wahrscheinlich, dass im Winter die Fahrverhältnisse oft schlechter seien als im Sommer, wodurch höherer Fahrzeiten bedingt würden. Im Sommer würden im Gegenzug Strecken rascher zurückgelegt werden, zumal diese ja regelmäßig gefahren würden. Dem Beschwerdeführer könne nicht zugestimmt werden, dass die Fahrzeiten im Winter durchschnittlich 50 % höher gewesen seien. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es sei im Schuljahr 1999/2000 von 70 % Winterzeit auszugehen, gebe keinerlei Aufschluss über die tatsächlichen Fahrverhältnisse. Aus allgemeiner Erfahrung könne man durchaus davon ausgehen, dass an den meisten Tagen im Winter die Straßen in ungefähr der gleichen Zeit zurückgelegt werden könnten wie im Sommer. Auch gebe es nur wenige Tage mit schlechter Sicht.

Zu sonstigen Geh- und Wartezeiten habe der Beschwerdeführer keine konkreten Angaben gemacht. Es sei davon auszugehen, dass die Schulen zum Großteil Parkplätze hätten bzw. ein öffentlicher Parkplatz in unmittelbarer Nähe der Schule gelegen sei; beachtliche Gehzeiten seien also nicht entstanden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Durch den angefochtenen Bescheid sieht sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Anrechnung von Wegzeiten auf die Lehrverpflichtung nach § 45 LDG 1984 samt entsprechenden Bezügen (Mehrdienstleistungsvergütung) verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 45 Abs. 1 LDG 1984 in der im Schuljahr 1999/2000 in Kraft gestandenen Stammfassung dieses Absatzes nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 302 lautete:

"§ 45. (1) Hat ein Landeslehrer an mehreren Schulen (Exposituren) zu unterrichten (§ 19 Abs. 3), so wird ihm die nach den örtlichen Verhältnissen erforderliche Zeit (Geh-, Warte- und Fahrzeit) für die Zurücklegung des Hin-, Zwischen- und Rückweges zwischen seinem Wohnsitz und den einzelnen Schulen (Exposituren) soweit auf die Erfüllung der Lehrverpflichtung angerechnet, als sie die jeweils an einem Tage erforderliche Zeit (Geh-, Warte- und Fahrzeit) für die Zurücklegung des Hin- und Rückweges zwischen seinem Wohnsitz und dem Sitz der Stammschule um mehr als eine Stunde überschreitet. Die Vorschriften über Reisegebühren werden dadurch nicht berührt."

§ 45 Abs. 1 LDG 1984 regelt die Voraussetzungen, unter denen näher genannte Wegzeiten auf die Erfüllung der Lehrverpflichtung angerechnet werden. Der dort umschriebene Anrechnungsvorgang (oder sein Unterbleiben) führt entweder zum Ergebnis, dass der Landeslehrer seiner wöchentlichen Lehrverpflichtung entsprochen, dass er (was für ihn gleichfalls ohne nachteilige Rechtsfolgen wäre) diese unterschritten, oder aber, dass er sie (mit der Rechtsfolge des Entstehens eines Anspruches nach dem im hier strittigen Zeitraum auch für Landeslehrer geltenden § 61 Abs. 1 GehG) überschritten hat. Ein rechtliches Interesse des Beamten an der Klärung der Frage, ob derartige Wegzeiten auf die Erfüllung der Lehrverpflichtung angerechnet werden, besteht lediglich für den Fall, dass der Lehrer im Anrechnungsfall das Entstehen eines Anspruchs auf Vergütung für Mehrdienstleistung behauptet. Ob im Verständnis des § 45 Abs. 1 LDG 1984 "angerechnet wird", ist daher im Beschwerdefall ausschließlich im Verfahren zur Bemessung einer Mehrdienstleistungsvergütung im Verständnis des § 61 Abs. 1 GehG einer Klärung zuzuführen (vgl. in diesem Zusammenhang auch die entsprechenden Aussagen im hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2004, Zl. 2003/12/0066, in Ansehung der Berücksichtigung von so genannten "Absetzstunden" für Unterrichtstätigkeit in Schularbeitsfächern bei Bemessung der Vergütung nach § 61 GehG).

Die hier getroffene Form der Entscheidung erwies sich daher als unzulässig. Die Verwaltungsbehörden wären vielmehr gehalten gewesen, den Beschwerdeführer dahingehend zu befragen, ob er eine Modifikation seines Antrages im oben aufgezeigten Sinne (Feststellung der Höhe der Gebührlichkeit der Vergütung nach § 61 GehG) vornehmen möchte.

Aus der Unzulässigkeit der gewählten Entscheidungsform folgt, dass der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig ist.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt der Beschwerdeführer aus, die belangte Behörde habe sich in Wahrheit einzig und allein auf die vom Berufskraftfahrer der Bezirkshauptmannschaft Z gemachten Angaben gestützt. Inwieweit auch Fahrpläne von Bussen oder andere konkrete Beweismittel ausgewertet worden wären, sei nicht erkennbar. Das Heranziehen der von einem Berufskraftfahrer benötigten Fahrzeit erscheine schon deshalb nicht als sachgerecht, weil andere Lenker über eine unvergleichlich geringere Fahrpraxis verfügten. Dies gelte insbesondere für winterliche Fahrbedingungen. Die belangte Behörde habe sich auch nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinander gesetzt, wonach von Oktober bis Ostern auch winterliche Fahrverhältnisse (Schneefahrbahn) geherrscht hätten. Demgegenüber habe der Berufsfahrer die Strecken offenbar unter einwandfreien Fahrbahnverhältnissen abgefahren. Die belangte Behörde sei daher von Optimalwerten ausgegangen. Dass im Winter gleich lange Fahrzeiten wie im Sommer erzielbar seien, widerspreche der täglichen Lebenserfahrung.

Auch insoweit die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf die direkte Strecke I - B verweise, verkenne sie, dass es sich dabei um eine sehr kurvenreiche und steile Strecke handle, welche bei winterlichen Fahrverhältnissen nur sehr langsam befahren werden könne, sodass sie gegenüber der vom Beschwerdeführer seiner Berechnung zu Grunde gelegten Strecke (jedenfalls im Winter) keinen Zeitvorteil bringe, zumal sich sogar das Anlegen von Ketten als erforderlich herausstellen könne. Auch habe sich die belangte Behörde mit den erforderlichen Gehzeiten zwischen dem Verlassen des Fahrzeuges und der Schule nicht auseinander gesetzt. Diese betrügen selbst bei einer nahen Parkmöglichkeit jeweils etwa fünf Minuten. Schließlich hätte auch noch das beeinträchtigte Sehvermögen des Beschwerdeführers Berücksichtigung finden müssen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens auf, durch welche er auch in seinem als Beschwerdepunkt formulierten Recht verletzt wurde:

Wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, lässt der vorgelegte Verwaltungsakt ebenso wenig wie die Feststellungen in den Bescheiden der Verwaltungsbehörden erkennen, auf welche Straßen- und Sichtverhältnisse sich die Angaben des Berufskraftfahrers der Bezirkshauptmannschaft Z beziehen.

Sollten sich diese Angaben - was klarzustellen sein wird - auf normale Fahrbedingungen beziehen, würde weiters Folgendes gelten:

Für normale Straßen- bzw. Sichtverhältnisse kann der Auffassung der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, dass der Routineunterschied zwischen einem Berufskraftfahrer und einem Lenker, der - wie der Beschwerdeführer - die in Rede stehende Strecke häufig befährt, bei der Ermittlung der nach den örtlichen Verhältnissen erforderlichen Zeit keine entscheidende Rolle spielt.

Umgekehrt erschiene es aber auch nicht schlüssig anzunehmen, ein Beamter wie der Beschwerdeführer wäre bloß im Hinblick darauf, dass er die in Rede stehenden Strecken regelmäßig fahre, in der Lage, diese bei winterlichen Sicht- oder Fahrbahnverhältnissen genauso schnell wie bzw. im Sommer sogar schneller zu bewältigen als ein Berufskraftfahrer bei normalen Sicht- und Fahrbahnbedingungen. Insofern ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, wenn er eine allenfalls von der belangten Behörde getroffene Annahme, die vom Berufskraftfahrer der Bezirkshauptmannschaft Z bei normalen Fahrbahn- und Sichtverhältnissen benötigte Fahrzeit entspreche jener, die nach den örtlichen Verhältnissen auf Waldviertler Straßen von einem mit der Strecke vertrauten Fahrer im Winter benötigt wird, als unschlüssig rügt.

Dass aber im Schuljahr 1999/2000 nicht nur "70 % Winterzeit" geherrscht habe, sondern sich dies auch entsprechend auf Sicht- und Fahrbahnverhältnisse ausgewirkt habe, wurde vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ausdrücklich vorgebracht.

Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren zunächst klarzustellen haben, ob sich die vom Berufskraftfahrer der Bezirkshauptmannschaft Z getätigten Zeitangaben auf normale Sicht- und Fahrbahnverhältnisse bezogen haben. Bejahendenfalls wird dieser zu befragen sein, um wie viel länger sich die Fahrzeiten bei durchschnittlicher Betrachtung an Tagen gestalten, an denen Nebel, Schneefahrbahn oder Straßenglätte herrschen. In diesem Zusammenhang wird gleichfalls abzuklären sein, ob an solchen Tagen bei Durchschnittsbetrachtung die direkte Befahrung der Strecke I - B gegenüber der vom Beschwerdeführer gewählten Strecke einen Zeitvorteil bringt oder nicht. Ein konkreter Fahrversuch bei ungünstigen Bedingungen ist in diesem Zusammenhang nicht zwingend, weil in Ansehung der bei ungünstigen Witterungsverhältnissen benötigten zusätzlichen Fahrzeit ohnedies nur eine Pauschalbetrachtung angestellt werden kann, zumal ja derartige Witterungsverhältnisse je nach Lage der Dinge unterschiedliche Auswirkungen auf die benötigte Fahrzeit entfalten. In Ansehung der bei solchen Bedingungen erforderlichen Fahrzeiten wird - anders als bei regulären Bedingungen - zu den vom Berufskraftfahrer nach seiner Selbsteinschätzung benötigten Zeiten ein geringfügiger Zuschlag für Nichtberufsfahrer angebracht sein, auch wenn diese mit den örtlichen Verhältnissen vertraut sind.

Zwecks Gewichtung der Zeiten mit normalen oder im Sinne der obigen Ausführungen ungünstigen Witterungsverhältnissen wird eine Anfrage an die Straßenverwaltung zu richten sein, an wie vielen Schultagen des Schuljahres 1999/2000 die oben aufgezeigten Beeinträchtigungen der Sicht- und Fahrbahnverhältnisse geherrscht haben.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gehen sowohl der Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde (letztere in der Gegenschrift) davon aus, dass ersterer unter einer Beeinträchtigung des Sehvermögens leide. Sollte dies tatsächlich der Fall sein (von einer Sehbehinderung ist im angefochtenen Bescheid lediglich im Zusammenhang mit der Wiedergabe des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1994 die Rede), so wäre - diesem Erkenntnis entsprechend - sowohl bei zu Grunde liegenden normalen Verhältnissen als auch bei ungünstigen Witterungsverhältnissen ein entsprechender Zuschlag zu der vom Berufskraftfahrer benötigten Fahrzeit vorzunehmen.

Schließlich wird zu den reinen Fahrzeiten noch der Gehweg zum Fahrzeug, über dessen zeitliche Dauer der Beschwerdeführer zu befragen sein wird, hinzuzurechnen sein.

Auch mit dem Hinweis der belangten Behörde auf die Anwendung des so genannten Distanzprogrammes (unter Annahme einer jahresweit nach den örtlichen Verhältnissen erzielbaren Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h) ist nach dem Vorgesagten für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nichts zu gewinnen. Wären nämlich die Angaben des Berufskraftfahrers auf normale Witterungsverhältnisse bezogen und als solche glaubhaft, so wäre schon damit die Annahme der Behörden widerlegt, wonach die dem Distanzprogramm zugrundegelegte Geschwindigkeit von 60 km/h nach den örtlichen Verhältnissen im jahresweiten Durchschnitt erzielbar wäre.

Aus diesen Erwägungen ist der angefochtene Bescheid sowohl mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit als auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Da eine Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit jener wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 30. Mai 2006

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005120204.X00

Im RIS seit

02.08.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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