TE Vwgh Erkenntnis 2006/5/30 2005/12/0098

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Veröffentlicht am 30.05.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

ABGB §1432;
AVG §63 Abs1;
PG 1965 §40 Abs1;
PG 1965 §40 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Dkfm. DDr. D in P, vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 14, gegen Punkt 2. des Bescheides des Bundesministers für Finanzen vom 19. Oktober 2004, Zl. 15 1311/124/-II/5/04, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheidpunkt wird wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Senatspräsident des Verwaltungsgerichtshofes in Ruhe seit 1. Oktober 1975 in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund.

Mit Entschließung vom 16. Jänner 1976 bewilligte der Bundespräsident dem Beschwerdeführer auf die Dauer des Anspruches auf Ruhegenuss eine (auch für eine allfällige nach den pensionsrechtlichen Bestimmungen gebührende Hinterbliebenenversorgung anrechenbare) außerordentliche Zulage zum Ruhegenuss im Ausmaß von 95 % des Unterschiedsbetrages zwischen dem jeweils gebührenden Ruhegenuss und jenem Ruhegenuss, der dem Genannten jeweils gebühren würde, wenn bei der Ruhegenussbemessung statt der Dienstzulage der Standesgruppe 6 die Dienstzulage der Standesgruppe 7 zu berücksichtigen wäre. In der Folge erfolgten jeweils Auszahlungen auf Grund dieser Entschließung.

Soweit hier von Interesse stellte der Beschwerdeführer am 10. März 2003 einen "Antrag auf Angleichung und Nachzahlung von Ruhegenussbezügen". Er brachte vor, Sinn und Zweck der Entschließung des Bundespräsidenten sei gewesen, ihm und seiner Ehefrau einen Ruhe-(Versorgungs-)genuss jeweils und auf Dauer des Anspruches in annähernder Höhe eines Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes zu gewähren. Mit Bundesgesetz BGBl. Nr. 136/1979 sei das Gehaltssystem unter anderem auch der aktiven Richter (und der Staatsanwälte) grundlegend geändert und das System der Standesgruppe durch die Einführung von Gehaltsgruppen abgelöst worden. Seither erhielten der Präsident und der Vizepräsident des Obersten Gerichtshofes einen festen Dienstbezug. Zufolge Art. I des Richterdienstgesetzes (RDG) seien die Bestimmungen dieses Gesetzes auch auf die Richter des Verwaltungsgerichtshofes mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Worte "des Obersten Gerichtshofes" durch die Worte "des Verwaltungsgerichtshofes" ersetzt würden. Nach Art. II Abs. 1 erster Satz der 7. Pensionsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 558/1980, seien die Ruhegenüsse der Richter und Staatsanwälte, die vor dem 1. Juli 1977 - wie der Beschwerdeführer - aus dem Dienststand ausgeschieden seien (und die Versorgungsgenüsse der Hinterbliebenen dieser Beamten) mit Wirkung vom 1. Jänner 1980 an neu zu bemessen. Dies sei auch in seinem Fall durch den Bescheid des (damaligen) Bundesrechenamtes vom 5. Februar 1981, Zl. 78- 0004/91, geschehen, mit dem nicht nur sein Pensionsbezug samt Zulagen neu bemessen, sondern auch unter Zugrundelegung des festen Bezuges des Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes die vom Bundespräsidenten gewährte außerordentliche Zulage neu berechnet worden sei. Es habe sich dabei für die außerordentliche Zulage ein Betrag von S 4.166,30 ergeben. Das Bundesrechenamt bzw. das Bundespensionsamt hätten die außerordentliche Zulage seither nicht mehr den Gehaltsansätzen eines Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes angepasst, vielmehr sei die Zulage "eingefroren worden". Dies widerspreche dem "Gnadenerlass" des Bundespräsidenten. Nach seiner Berechnung ergebe sich z.B. für den Monat November 2001 eine außerordentliche Zulage von S 24.820,20, ausbezahlt seien ihm jedoch nur S 7.674,-- worden. Der von ihm vertretene Rechtsstandpunkt finde auch eine Stütze im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1982, Zl. 81/09/0119, wonach die Bestimmungen des Art. II Abs. 1 erster Satz der 7. Pensionsgesetz-Novelle auf ihn uneingeschränkt anzuwenden seien und auch der jeweilige Ruhegenuss im Sinne der Entschließung eine Veränderung zu erfahren habe. Er beantrage daher, diese Veränderungen für die einzelnen Monate seit dem Jahr 1980 festzustellen, ihm die sich daraus ergebenden Differenzbeträge nach Abzug der gesetzlichen Lasten nachzuzahlen und auch in Zukunft die Ruhegenussbezüge unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Gehaltsbezüge eines Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes zu berechnen.

Daraufhin richtete das Bundespensionsamt das Schreiben vom 20. August 2003 an den Beschwerdeführer, das wie folgt lautete:

"Auf Ihr Schreiben vom 10. März 2003 wird darauf hingewiesen, dass nach § 40 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, der Anspruch auf rückständige Leistungen und das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen in 3 Jahren nach ihrer Entstehung verjähren. Im Hinblick darauf wird eine Aufstellung der Berechnungen der ao. Zulage mit sämtlichen Veränderungen ab 1980 nicht durchgeführt.

Zur Veranschaulichung wird Ihnen die Berechnung der ao. Zulage zum 1.1.1998 dargestellt:

Festes Gehalt eines Vizepräsidenten gemäß § 66 Abs. 2 letzter Satz, Z. 2 RDG

Verwendungszulage nach Art. VII Abs. 2 und 3, BGBl. Nr. 230/1988,

S 82.227,00

(§ 68a Abs. 1 Z. 4 RDG in der bis 31.12.1987 geltenden Fassung)

S 19.039,80

Dienstalterszulage gemäß § 67 Abs. 1 RDG

S 4.097,00

ergibt

S 105.363,80

hievon 80 v.H., das sind

S 84.291,00

 

 

Ruhegenuss ohne ao. Zulage

 

Gehaltsgruppe III, Gehaltsstufe 16 gemäß § 66 Abs. 2 RDG

S 75.139,00

Verwendungszulage nach Art. VII Abs. 2 und 3, BGBl. Nr. 230/1988,

 

(§ 68a Abs. 1 Z. 3 RDG in der bis 31.12.1987 geltenden Fassung)

S 16.316,90

Dienstalterszulage gemäß § 67 Abs. 1 RDG

S 4.097,00

ergibt

S 95.552,90

hievon 80 v.H., das sind

S 76.442,30

Differenzbetrag daher

S 7.848,70

Die ao. Zulage beträgt hievon 95 v.H.

S 7.456,30

Wie Sie aus der Darstellung ersehen, wurde Ihre Zulage basierend auf den Gehaltsansätzen für aktive Beamte berechnet. Dies erfolgte durchgehend seit Bewilligung der ao. Zulage mit Entschließung des Herrn Bundespräsidenten vom 31. Jänner 1976, Zl. 63598/1, auf Grund der 'Pensionsautomatik' des § 41 PG 1965 d. i. die Koppelung der Pensionserhöhung der Ruhestandsbeamten an die jeweilige Erhöhung der Gehälter vergleichbarer aktiver Bediensteter.

Mit Art. 4 Z. 17 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 138/97 wurde § 41 PG 1965 dahingehend geändert, dass der Abs. 2 und der Abs. 3 wie folgt zu lauten haben:

(2) Die nach diesem Bundesgesetz gebührenden Ruhe- und Versorgungsbezüge mit Ausnahme der Zulagen gemäß § 25 und 26 sowie zu Ruhe- oder Versorgungsgenüssen gebührende Nebengebührenzulagen sind mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit dem jeweils in Betracht kommenden Anpassungsfaktor nach Abs. 3 zu vervielfachen, wenn auf sie bereits

1. vor dem 1. Jänner des betreffenden Jahres ein Anspruch bestanden hat oder

2. sie von Ruhegenüssen abgeleitet werden, auf die vor dem 1. Jänner des betreffenden Jahres ein Anspruch bestanden hat.

(3) Der Anpassungsfaktor entspricht dem für das jeweilige Kalenderjahr gemäß § 108 Abs. 5 und § 108 f ASVG festgesetzten Anpassungsfaktor.

Diese Bestimmungen sollten nach § 58 Abs. 24 Z. 4 leg. cit. zunächst mit 1. Jänner 2000 in Kraft treten. Mit Art. III Z. 2 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 9/1999 wurde der Wirksamkeitsbeginn jedoch auf den 1. Jänner 1999 abgeändert. Dieses Gesetz wurde ordnungsgemäß kundgemacht.

Der im § 41 Abs. 3 PG 1965 in der zum 1. Jänner 1999 geltenden Fassung zitierte Anpassungsfaktor wurde durch die Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, BGBl. II Nr. 439/1998, für das Jahr 1999 mit 1,015 festgesetzt.

Da die ao. Zulage im Ausmaß von 95 v.H. des Unterschiedsbetrages zwischen dem jeweils gebührenden Ruhegenuss und jenem Ruhegenuss der jeweils gebühren würde, wenn der Berechnung statt der Standesgruppe 6 die Standesgruppe 7 zu berücksichtigen wäre, gebührt, stellt sich die Berechnung zum 1. Jänner 1999 wie folgt dar:

Ruhegenuss als Vizepräsident 1998 erhöht um 1,5 %

S 85.555,30

Ruhegenuss ohne ao. Zulage 1998 erhöht um 1,5 %

S 77.588,90

Differenzbetrag daher

S 7.966,40

die ao. Zulage beträgt hievon 95 v.H.

S 7.568,10

 

 

Der Anpassungsfaktor zum 1. Jänner 2000 beträgt 1,006, die ao. Zulage daher

S 7.613,50

zum 1. Jänner 2001 1,008, die ao. Zulage daher

S 7.674,40

zum 1. Jänner 2002, 1,011, die ao. Zulage daher

EUR 563,90

zum 1. Jänner 2003 1,005, die ao. Zulage daher

EUR 566,70."

Am 29. August 2003 richtete der Beschwerdeführer an das Bundespensionsamt ein Schreiben, in dem er den Erhalt der Mitteilung vom 20. August 2003 durch Zustellung am 26. August 2006 bestätigte. Er führte aus, es sei fraglich, ob dieser Mitteilung Bescheidcharakter im Sinne der §§ 56 ff AVG 1991 zukomme, weil sie keinen ordnungsgemäßen Spruch enthalte, nicht als Bescheid bezeichnet sei und auch keine Rechtsmittelbelehrung aufweise. Immerhin sei ihr aber der Wille der Behörde zu entnehmen, seinen am 10. März 2003 gestellten Antrag auf Angleichung und Nachzahlung von Ruhegenussbezügen unter Berücksichtigung sämtlicher Änderungen ab 1980 abzulehnen. Dies veranlasse ihn aus Gründen der Vorsicht, gegen diese Mitteilung vom 20. August 2006 innerhalb offener Frist Berufung zu erheben. Der Beschwerdeführer vertrat den Standpunkt, seine Ansprüche seien nicht verjährt. Gemäß § 40 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965 verjähre der Anspruch auf rückständige Leistungen in drei Jahren nach ihrer Entstehung. Die von ihm geltend gemachten Ansprüche seien aber nicht entstanden, weil dies jeweilige Neuberechnungen infolge der jeweiligen Änderungen der Gehaltsansätze des Vizepräsidenten und damit wegen der sachverhaltsmäßigen Veränderungen im Vergleich zum Pensionsneubemessungsbescheid des Bundesrechenamtes vom 5. Februar 1981 neuer Bescheide bedurft hätte, die nicht ergangen seien. Auch das Bundesministerium für Finanzen habe sich in seinem Rundschreiben vom 19. März 1966, 400.100-23/66 AÖF 78, dafür ausgesprochen, dass der Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss überhaupt nicht verjähren könne. Da er einen Teil seiner Ruhegenussbezüge geltend mache, könne dem Verjährung nicht entgegenstehen. Selbst wenn man aber der Ansicht des Bundespensionsamtes folgte, wären jedenfalls die von ihm für die letzten drei Jahre geltend gemachten Ansprüche ab 1. April 2000 keinesfalls verjährt. Im Weiteren vertrat der Beschwerdeführer wiederum den Standpunkt, durch die Neubemessung seiner ruhegenussfähigen Monatsbezüge habe die Entschließung des Bundespräsidenten einer jeweiligen Anpassung seiner Monatsbezüge an die jeweiligen Monatsbezüge eines Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes nicht verloren gehen können und dürfen. Durch den Erlass des Bundespräsidenten sei eigenes (singuläres) Recht geschaffen worden, das durch Gesetzesbestimmungen nicht habe verändert werden können.

Weiters richtete der Beschwerdeführer den Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG vom 13. September 2003 an die belangte Behörde. Er vertrat den Standpunkt, der Mitteilung vom 20. August 2003 komme Bescheidcharakter im Sinne der §§ 56 ff AVG 1991 nicht zu, weil sie keinen ordnungsgemäßen Spruch enthalte, nicht als Bescheid bezeichnet sei und keine Rechtsmittelbelehrung aufweise. Aus Gründen der Vorsicht habe er jedoch dagegen Berufung erhoben, über die noch nicht entschieden worden sei. Mangels Bescheidcharakter der Erledigung des Bundespensionsamtes vom 20. August 2003 sei daher über seinen Antrag vom 10. März 2003 trotz Ablaufes von sechs Monaten keine Entscheidung getroffen worden. Die Verzögerung sei ausschließlich auf das Verschulden des Bundespensionsamtes zurückzuführen, was im Hinblick auf sein hohes Alter besonders ins Gewicht falle. Er mache daher gestützt auf § 73 Abs. 2 AVG wegen Säumnis des Bundespensionsamtes geltend, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung über den in Rede stehenden Antrag vom 10. März 2006 auf das sachlich in Betracht kommende Bundesministerium für Finanzen als nunmehr zur Entscheidung berufene Oberbehörde übergegangen sei. Im Weiteren vertrat der Beschwerdeführer unter ausführlicher Darlegung seines Standpunktes weiterhin die Meinung, dass keine Verjährung von Ansprüchen eingetreten und der Bemessung der außerordentlichen Zulage monatlich der jeweilige Gehalt des Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes zu Grunde zu legen sei.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2004, Zl. 15 1311/124-II/5/04, wies die belangte Behörde den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers zurück (Punkt 1. des Spruches) und gab der Berufung des Beschwerdeführers nicht statt (Punkt 2. des Spruches). Es wurde begründend ausgeführt, die Erledigung des Bundespensionsamtes erfülle zweifellos nicht alle im AVG für einen Bescheid vorgesehenen Erzeugungsbedingungen. Dies sei nach der Rechtsprechung nicht notwendig, doch müssen bestimmte Mindestanforderungen erfüllt sein. Dazu gehörten nach mittlerweile gefestigter Auffassung:

-

der Akt müsse von einer Verwaltungsbehörde, d.h. einer mit imperium ausgestatten Verwaltungsstelle stammen;

-

der genehmigende Organwalter müsse ermächtigt sein, für diese Behörde zu handeln;

-

der Akt müsse einen normativen Inhalt aufweisen;

-

der Adressat müsse individuell bezeichnet sein;

-

der Akt müsse, wenn gesetzlich die Schriftform vorgesehen sei, schriftlich erlassen werden;

-

der Akt müsse bei schriftlicher Ausfertigung ordnungsgemäß gefertigt sein.

Da die in Rede stehende Erledigung alle Mindestanforderungen erfülle, sei diese als Bescheid zu qualifizieren.

§ 40 Abs. 1 PG 1965 beziehe sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur auf den Anspruch auf rückständige Leistungen und auf das Recht, rückständige Leistungen zu beziehen, nicht aber auf die Rechtsverjährung. Der Anspruch auf Ruhegenuss nach dem Pensionsgesetz 1965 bestehe bei Erfüllung der Voraussetzungen unmittelbar auf Grund des Gesetzes, ohne dass es des Dazwischentretens eines Bescheides bedürfe. Das Recht des Beschwerdeführers auf Ruhegenuss sei daher kraft Gesetzes mit 1. Oktober 1975 entstanden, da er zu diesem Zeitpunkt die dafür gesetzlich geforderten Voraussetzungen erfüllt habe. Für die Dauer dieses Anspruches habe er auch Anspruch auf die in Rede stehende außerordentliche Zulage, die ihm mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 31. Jänner 1976 bewilligt worden sei. Maßgebend für den einzelnen monatlichen Anspruch auf Ruhegenuss seien nach § 33 Abs. 1, 2 PG 1965 die Verhältnisse am jeweiligen Monatsersten. Dies gelte auch für die außerordentliche Zulage, die mit dem rechtlichen Schicksal des Ruhegenusses verbunden sei. Es treffe also nicht zu, dass die monatlichen Ansprüche auf außerordentliche Zulage erst dann entstanden seien, wenn entsprechende Bescheide erlassen worden wären. Diese seien vielmehr unmittelbar auf Grund des Pensionsgesetzes und der Entschließung des Bundespräsidenten entstanden. Der Anspruch auf Ruhegenuss schlechthin könne daher nicht verjähren, wohl aber der Anspruch auf Leistungen, die in einzelnen Monaten gebührten. Es seien daher vor dem März 2000 entstandene Ansprüche verjährt. Wenn trotz dieses Umstandes die monatliche außerordentliche Zulage, die vom 1. Jänner 1998 an gebührt habe, berechnet worden sei, so sei dies erfolgt, um dem Beschwerdeführer die Änderungen darzustellen, die durch die Neufassung des § 41 PG 1965, die mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1999 erfolgt sei, eingetreten seien. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung ändere sich die Höhe des ruhegenussfähigen Monatsbezuges der Beamten des Ruhestandes entsprechend, wenn durch gesetzliche Vorschriften die Höhe des Gehaltes oder der ruhegenussfähigen Zulagen der Beamten des Dienststandes geändert werde. Mit dem 1. Budgetbegleitgesetz 1997, BGBl. I Nr. 138, seien diese Bestimmungen durch neue Absätze 2 und 3 des § 41 PG 1965 ersetzt worden, wonach die nach diesem Bundesgesetz gebührenden Ruhe- und Versorgungsbezüge mit Ausnahme der Zulagen gemäß § 25 und § 26 sowie zu Ruhe- oder Versorgungsgenüssen gebührenden Nebengebührenzulagen mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit dem jeweils in Betracht kommenden Anpassungsfaktor nach Abs. 3 zu vervielfachen seien, wenn auf sie bereits 1. vor dem 1. Jänner des betreffenden Jahres ein Anspruch bestanden oder 2. sie von Ruhegenüssen abgeleitet werden, auf die vor dem 1. Jänner des betreffenden Jahres ein Anspruch bestanden habe. Der Anpassungsfaktor entspricht dem für das jeweilige Kalenderjahr gemäß § 108 Abs. 5 und § 108f ASVG festgesetzten Anpassungsfaktor. Diese Bestimmungen hätten nach § 58 Abs. 24 Z. 4 PG 1965 zunächst mit 1. Jänner 2000 in Kraft treten sollen. Mit Art. III Z. 2 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 9/1999 sei der Wirksamkeitsbeginn jedoch auf den 1. Jänner 1999 abgeändert worden. Wie vom Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 10. März 2003 selbst zweifellos zutreffend festgestellt worden sei, habe ihm durch die Entschließung des Bundespräsidenten ein Ruhegenuss in der etwaigen Höhe jenes eines Vizepräsidenten auf die Dauer seines Anspruches auf Ruhegenuss zugesichert werden sollen. Es könne aber nur ein solcher Ruhebezug gemeint gewesen sein, den der Beschwerdeführer beziehen würde, wenn er als Vizepräsident des Verwaltungsgerichtshofes in den Ruhestand getreten wäre. Daher sei die außerordentliche Zulage zu Recht so bemessen worden, dass der dem Beschwerdeführer gebührende Ruhegenuss demjenigen gegenüber gestellt worden sei, der ihm gebührte, wenn er als Vizepräsident des Verwaltungsgerichtshofes in den Ruhestand getreten wäre. Da sich seit dem 1. Budgetbegleitgesetz BGBl. I Nr. 138/1997 die Höhe der Ruhegenüsse getrennt von den Steigerungen der Aktivbezüge, nämlich nach dem jeweiligen Anpassungsfaktor nach dem ASVG richte, könne dem Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers nicht zugestimmt werden.

Gegen Punkt 2. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung jedoch mit Beschluss vom 1. März 2005, B 1472/04, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Beschwerdeführer ergänzte nach Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof seine Beschwerde. Er erachte sich in seinem Recht auf rechtsrichtige Auslegung und Anwendung der Entschließung des Bundespräsidenten vom 31. Jänner 1976 bei Ermittlung der Zulage zu seinem Ruhegenuss und in seinem Recht auf rechtsrichtige Anwendung des Art. II Abs. 1 der 7. Pensionsgesetz-Novelle BGBl. Nr. 558/1980 verletzt und beantrage, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zutreffend hat der Beschwerdeführer bereits darauf hingewiesen, dass es hier von Bedeutung ist, ob dem Schreiben des Bundespensionsamtes vom 20. August 2003 Bescheidqualität zukommt oder nicht. Sollte diesem Schreiben Bescheidcharakter nämlich nicht zukommen, wäre die Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen (vgl. hg. Erkenntnis vom 24. April 2003, Zl. 99/20/0182).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16. Mai 2001, Zlen 2001/08/0046, 0047 = Slg. Nr. 15.608/A, zur Frage des Bescheidcharakters einer Erledigung ausführlich Stellung genommen und Folgendes ausgeführt:

"Bescheide nach § 56 AVG sind individuelle, hoheitliche Erledigungen der Verwaltungsbehörde, durch die in bestimmten Verwaltungssachen in einer förmlichen Weise über Rechtsverhältnisse materiellrechtlicher oder formellrechtlicher Art abgesprochen wird, sei es, dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 1986, Zl. 86/08/0143 mwH). Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Die Rechtskraftfähigkeit der Erledigung ist kein neben der normativen Natur derselben selbstständig anzuführendes Merkmal eines Bescheides, weil die Rechtskraftfähigkeit nicht Ursache, sondern Folge der normativen Natur der Erledigung ist (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A). Für die Beurteilung als Bescheid sind jedenfalls die objektiven Merkmale eines Schriftstückes maßgebend und nicht die subjektive Absicht der Behörde, von der das Schriftstück ausgegangen ist (vgl. den Beschluss vom 21. Februar 2001, Zl. 2000/08/0158, sowie das Erkenntnis vom 27. November 1986, Zl. 86/08/0143 (trotz der Wendung, für den Fall der Erhebung eines Einspruchs 'messen wir diesem Schreiben Bescheidcharakter zu'))."

Wendet man die dargestellten Maßstäbe auf das gegenständliche Schreiben des Bundespensionsamtes vom 20. August 2003 an, dann ist diese Erledigung nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Bescheid zu qualifizieren. Es fehlt nicht nur eine Gliederung in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung, sondern vor allem die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid. Aber auch der Inhalt dieser Erledigung lässt nicht zweifelsfrei darauf schließen, die Erstbehörde habe einen normativen Abspruch im Sinne einer bindenden rechtlichen Regelung vornehmen wollen. Vielmehr werden lediglich Rechtsmeinungen dargelegt und zur Veranschaulichung die Berechnung der außerordentlichen Zulage zum 1. Jänner 1998 sowie Berechnungen zu fünf weiteren Stichtagen vorgenommen. Damit wurde aber nicht über den Antrag des Beschwerdeführers, eine Ruhegenussbemessung für die einzelnen Monate seit dem Jahr 1980 vorzunehmen (vgl. Schreiben vom 10. März 2003) abgesprochen, sondern lediglich eine Rechtsansicht über die richtige Art der Berechnung der außerordentlichen Zulage mitgeteilt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1995, Zl. 95/12/0110).

Zusammenfassend ergibt sich somit, dass es sich bei dem Schreiben des Bundespensionsamtes vom 20. August 2003 um keinen Bescheid handelt. Die dagegen erhobene Berufung wäre demnach von der belangten Behörde nicht inhaltlich zu erledigen, sondern zurückzuweisen gewesen. Mit der vorliegenden inhaltlichen Berufungsentscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers vom 10. März 2003 hat die belangte Behörde daher erstmals eine Sachentscheidung getroffen. Eine solche fällt aber nicht in die funktionelle Zuständigkeit der Berufungsbehörde. Da die belangte Behörde somit eine ihr nicht zukommende Kompetenz in Anspruch genommen hat, ist der angefochtene Bescheid mit einer von Amts wegen wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 2005, Zl. 2005/12/0115 und vom 5. April 2002, Zl. 2001/18/0159).

Der bekämpfte Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 40 Abs. 2 Pensionsgesetz 1965 trotz Verjährung erfolgte Leistungen nicht zurück gefordert werden können. Der Eintritt der Verjährung führt somit nicht zum Erlöschen eines Anspruches, sondern bewirkt lediglich, dass sich dieser in eine Naturalobligation verwandelt. Die Bemessung eines Ruhegenussanspruches darf daher nicht unter Hinweis auf Verjährung abgelehnt werden. Hingegen besteht kein Hindernis, neben der Bemessung auch festzustellen, dass in Ansehung bestimmter Ansprüche Verjährung eingetreten ist (siehe hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2005, Zl. 2005/12/0077).

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass mit Punkt 1. des angefochtenen Bescheides lediglich über die Zulässigkeit des Devolutionsantrages vom 13. September 2003 abgesprochen wurde. Die Rechtskraft dieser Entscheidung steht nicht der Stellung eines neuerlichen Devolutionsantrages durch den Beschwerdeführer entgegen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 30. Mai 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6 Voraussetzungen des Berufungsrechtes Bescheidcharakter der bekämpften Erledigung Vorhandensein eines bekämpfbaren Bescheides

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005120098.X00

Im RIS seit

11.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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