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L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
BAO §80 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde des Ing. MP in W, vertreten durch Mag. Martin Dohnal, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 30. November 2005, Zl. ABK-254/05, betreffend Haftung gemäß §§ 7 und 54 WAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach den Ausführungen in dem zusammen mit der Beschwerde vorgelegten angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer der A. GmbH für Abgabenrückstände dieser Gesellschaft (Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für den Zeitraum Juni 2003 bis April 2004) im Gesamtbetrag von 1.984,98 EUR zur Haftung herangezogen.
Dass die Abgabenforderungen entstanden seien, stehe - so die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - nach der Aktenlage fest und werde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Die "ausständigen Beträge" seien dem Beschwerdeführer in der Begründung des erstinstanzlichen Haftungsbescheides aufgeschlüsselt nach Abgabenart und Nebengebühren zur Kenntnis gebracht worden. Unbestritten sei weiters, dass der Beschwerdeführer im Haftungszeitraum Geschäftsführer der A. GmbH gewesen sei und somit zu dem in § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehört habe. Über das Vermögen der Primärschuldnerin sei mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 30. Mai 2005 der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst worden. Daraus ergebe sich, dass die verfahrensgegenständlichen Abgabenrückstände bei dieser nicht oder zumindest nur erschwert einbringlich seien. Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers resultiere aus der Missachtung der Vorschriften über den Zeitpunkt der Entrichtung der angeführten Abgaben, die für jeden Monat spätestens bis zum 15. des darauf folgenden Monats zu entrichten gewesen wären.
Seien mehrere Geschäftsführer bestellt, könne der einzelne Geschäftsführer den ihm obliegenden Entlastungsbeweis dadurch erbringen, dass ihm die Besorgung der Abgabenangelegenheiten nicht oblegen sei und kein Anlass bestanden habe, die Tätigkeit des mit der Entrichtung der Abgaben betrauten anderen Geschäftsführers wegen Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit seiner Geschäftsgebarung zu überprüfen. Eine Aufteilung der Geschäftsführeragenden habe der Beschwerdeführer jedoch nicht behauptet. Er habe lediglich eingewandt, dass er seine Gewerbeberechtigung zur Verfügung gestellt habe und sämtliche diesbezüglichen Kompetenzen an den zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführer übertragen habe. Das zum Beweis vorgelegte Schreiben vom 21. Jänner 2002 habe lediglich die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 2 VStG betroffen. Eine Aufgabenteilung hinsichtlich der Geschäftsführung oder eine Übertragung der Abgabenangelegenheiten sei damit jedenfalls nicht begründet worden. Der Beschwerdeführer hätte daher ungeachtet der Existenz eines - gleichermaßen zur Abgabenentrichtung der Gesellschaft verpflichteten - weiteren Geschäftsführers dafür Sorge tragen müssen, dass die fälligen Abgaben aus den Mitteln der Gesellschaft entrichtet werden.
Für das Verschulden sei es überdies nicht maßgeblich, ob der Beschwerdeführer seine Funktion als Vertreter tatsächlich ausgeübt habe. Vielmehr komme es darauf an, ob er als Geschäftsführer zum Vertreter der Primärschuldnerin bestellt gewesen sei und er diese Funktion somit hätte ausfüllen müssen. Auch wenn er nur "formell" die Geschäftsführerfunktion übernommen und auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss genommen habe, hafte er in vollem Ausmaß für die Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin. Bei schuldhafter Pflichtverletzung sei davon auszugehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit sei. Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit. Bei Abstandnahme von der Haftung würde der Abgabengläubiger seines Anspruches verlustig gehen. Es spreche nichts dafür, dass es unbillig sei, einen Geschäftsführer, der seine abgabenrechtlichen Pflichten verletze, zur Haftung heranzuziehen, anderenfalls würden jene Abgabepflichtigen und ihre Vertreter, die ihre Pflichten erfüllen, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt. Bei der Ausübung des Auswahlermessens sei davon auszugehen gewesen, dass den Beschwerdeführer keineswegs eine geringere Verantwortung treffe als den zweiten Geschäftsführer, der ebenfalls zur Haftung herangezogen worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 WAO haften die in den §§ 54 ff. WAO bezeichneten Vertreter und sonstigen Verpflichteten neben den Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen Verpflichteten auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.
Nach § 54 Abs. 1 WAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die belangte Behörde weist im angefochtenen Bescheid u. a. zutreffend darauf hin, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Aufgabe des Geschäftsführers ist, darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf; den Vertreter trifft dabei eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 28. April 2004, 99/14/0120, und vom 19. Jänner 2005, 2004/13/0156).
Voraussetzung für die Geltendmachung einer Haftung nach § 7 Abs. 1 WAO ist, dass die Abgaben beim Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können. Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, die Behörde hätte im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 18. Jänner 2005 nicht vom Konkurs und somit der Zahlungsunfähigkeit der A. GmbH ausgehen können, da über diese Gesellschaft erst am 30. Mai 2005 der Konkurs eröffnet worden sei, zeigt sie schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil die belangte Behörde grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen hatte (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2000, 98/15/0129). Das Fehlen einer Erschwernis der Abgabeneinhebung wird auch noch nicht dadurch aufgezeigt, dass in der Berufung Adressen der A. GmbH genannt worden seien, an denen die belangte Behörde zur Exekution pfändbarer Gegenstände hätte "vorstellig" werden müssen. Mit dem unbestimmten Beschwerdehinweis auf teure Kopiermaschinen, welche "der Beschwerdeführer selbst" gesehen habe, wird noch in keiner Weise dargetan, inwieweit diese auch zur Befriedung der in Rede stehenden Abgabenforderungen zur Verfügung gestanden wären.
In dem ebenfalls an den Beschwerdeführer ergangenen Erkenntnis vom 10. August 2005, 2005/13/0089, auf dessen Entscheidungsgründe zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann, hat der Verwaltungsgerichtshof auf die Aufgaben eines zum Personenkreis des § 54 Abs. 1 WAO zugehörigen Vertreters in Hinblick auf die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten des Vertretenen hingewiesen, wobei schon die Unterlassung jeglicher diesbezüglicher Überwachungsmaßnahmen ein relevantes Verschulden im Sinne des § 7 Abs. 1 WAO begründe (vgl. z.B. auch das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2002, 2002/15/0152).
Wenn in der vorliegenden Beschwerde geltend gemacht wird, es seien "sämtliche wirtschaftlichen Belange dem Zugriff und der Einsicht" des Beschwerdeführers entzogen gewesen, zumal er "sämtliche diesbezügliche Kompetenzen" dem weiteren Geschäftsführer Lemezan M. übertragen gehabt habe und es ihm auch gar nicht möglich gewesen wäre, die gegenständlichen Abgaben zu begleichen, weil er für das Firmenkonto nicht zeichnungsberechtigt gewesen sei, vermag ihn dies nicht zu entschuldigen. Ein für die Haftung relevantes Verschulden liegt nämlich auch dann vor, wenn sich der Geschäftsführer mit der Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen, insbesondere den Abgabenbehörden gegenüber, unmöglich macht (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2005, 2001/13/0168). Eine konkrete Kompetenzaufteilung in Bezug auf die Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen wird im Übrigen auch in der Beschwerde nicht dargestellt.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde
gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 31. Mai 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006130022.X00Im RIS seit
28.06.2006