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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über den Antrag der D GesmbH in W, vertreten durch Dr. Claus Janovsky, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilferstraße 1c, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 28. Juni 2005, Zl. ABK - 249/02, betreffend Kommunalsteuer für den Zeitraum der Jahre 1996 bis 2000, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit einem am 2. September 2005 beim Verwaltungsgerichtshof überreichten (undatierten) Schriftsatz hat die nunmehrige Antragstellerin gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 28. Juni 2005, Zl. ABK - 249/02, betreffend Kommunalsteuer für den Zeitraum der Jahre 1996 bis 2000, Beschwerde erhoben und in diesem Beschwerdeschriftsatz vorgebracht, dass ihr der angefochtene Bescheid zuhanden ihres steuerlichen Vertreters am 21. Juli 2005 zugestellt worden sei. Dieses Datum findet sich auch auf den der Beschwerde angeschlossen gewesenen Ablichtungen des angefochtenen Bescheides.
Mit Beschluss vom 15. Februar 2006, 2005/13/0131, hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Frist zu ihrer Einbringung angesichts der Bescheidzustellung am 21. Juli 2005 mit Ablauf des 1. September 2005 abgelaufen war, was die am 2. September 2005 überreichte Beschwerde als verspätet erhoben erwiesen hat.
Gegen die Versäumung der Beschwerdefrist richtet sich der am 28. März 2006 beim Verwaltungsgerichtshof überreichte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in welchem der Rechtsvertreter der Antragstellerin vorträgt, er selbst habe durch ein "im Detail nicht mehr nachvollziehbares" Versehen irrtümlicherweise den 2. September 2005 als letzten Tage der Frist vorgemerkt; offensichtlich sei er bei der Ermittlung des Wochentages des 21. Juli 2005 im Übersichtskalender um einen Tag "verrutscht". Da die Mitarbeiterin der Kanzlei auf Urlaub gewesen sei, habe ein näher dargestelltes Kontrollsystem nicht funktioniert. Ein derartiges Versehen sei dem Rechtsvertreter der Antragstellerin in den 26 Jahren der Führung seiner Rechtsanwaltskanzlei noch nie unterlaufen. Zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages wird im Antragsschriftsatz sowohl auf die Darstellung des Wiedereinsetzungsgrundes als auch auf den Umstand der Zustellung des die Beschwerde zurückweisenden Beschlusses am 14. März 2006 verwiesen; "mit diesem Tag datiert meine Kenntnis von der Säumnis", sodass der Wiedereinsetzungsantrag als rechtzeitig erhoben anzusehen sei.
Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Die Frist des § 46 Abs. 3 VwGG beginnt mit dem "Aufhören des Hindernisses". Als Hindernis ist dabei jenes Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Nach den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag bestand es in einem dem Vertreter der Antragstellerin unterlaufenen Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist zur Erhebung der Beschwerde. Mit dem Zeitpunkt, zu welchem dieser Tatsachenirrtum als solcher erkannt werden konnte und musste, hörte auch das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG auf (siehe für viele etwa den hg. Beschluss vom 9. Februar 2005, 2004/13/0094 und 0149, mit weiteren Nachweisen). Für den Wegfall (das "Aufhören") des Hindernisses im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG kommt es auch dann nur auf objektive Sachverhaltselemente an, wenn das "Hindernis" in einem Tatsachenirrtum des Rechtsvertreters besteht.
Ob das Antragsvorbringen einen solchen Sachverhalt schildert, der rechtlich als tauglicher Wiedereinsetzungsgrund gelten könnte, bedarf keiner Prüfung, weil es für die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages nicht auf das im Antrag behauptete (subjektive) Erkennen der Versäumung der Beschwerdefrist durch den Beschwerdevertreter, sondern nur auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem die Versäumung der Beschwerdefrist objektiv erkennbar war.
Dieser Zeitpunkt ist im Beschwerdefall aber viel früher anzusetzen, als die Antragstellerin im Wiedereinsetzungsantrag meint. Schon anlässlich der Unterfertigung der - wie behauptet - für die Überreichung am 2. September 2005 vorgesehenen Beschwerde gegen den Bescheid, dessen Zustellungsdatum auch in der Beschwerdeschrift mit dem 21. Juli 2005 angeführt wurde, lag bei einer Gegenüberstellung dieser beiden Daten die Versäumung der Beschwerdefrist für den (vorgesehenen) Fall der Beschwerdeüberreichung am 2. September 2005 nämlich offen zu Tage, was den beim Beschwerdevertreter bis dahin gegebenenfalls vorgelegenen Irrtum über den Zeitpunkt des Ablaufes der Beschwerdefrist beseitigen und damit das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG "aufhören" lassen musste (siehe die zu vergleichbaren Fallkonstellationen ergangenen hg. Beschlüsse vom 15. Februar 2006, 2005/13/0155 und 2006/13/0009, vom 2. Juni 2004, 2003/13/0130 und 2004/13/0081, und vom 29. Oktober 2003, 2003/13/0098 und 2003/13/0112). Die Wiedereinsetzungsfrist des § 46 Abs. 3 VwGG war zum Zeitpunkt der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses vom 15. Februar 2006, 2005/13/0131, an den Beschwerdevertreter am 14. März 2006 somit schon längst abgelaufen.
Der Wiedereinsetzungsantrag war deshalb zurückzuweisen.
Wien, am 31. Mai 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006130061.X00Im RIS seit
02.10.2006