TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/1 2004/15/0069

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Veröffentlicht am 01.06.2006
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Index

E3L E09301000;
E6J;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art22 Abs8;
62003CJ0025 VORAB;
UStG 1994 §11 Abs1 Z1;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2004/15/0070 E 1. Juni 2006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der F GmbH in R, vertreten durch Siegl & Choc Rechtsanwälte OEG in 8010 Graz, Kalchberggasse 10/1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 29. März 2004, GZ. RV/0286-G/03, betreffend u.a. Umsatzsteuerfestsetzung für Mai bis Dezember 2001, Jänner 2002 und Mai bis Juli 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der beschwerdeführenden GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) u.a. gegen die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für die Monate Mai bis Dezember 2001, Jänner 2002 und Mai bis Juli 2002 als unbegründet abgewiesen. Im Zuge einer Umsatzsteuersonderprüfung sei festgestellt worden, dass nicht alle Rechnungen die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug hinsichtlich des Rechnungserfordernisses der Adresse des Leistenden erfüllten. Die erklärte Vorsteuer sei um die in den mangelhaften Rechnungen enthaltene Umsatzsteuer zu kürzen.

In der Berufung gegen den den Prüferfeststellungen folgenden Bescheiden habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, die Versagung der Vorsteuerbeträge betreffe die Rechnungen der H-Bau GmbH, A-Bau GmbH sowie J-Bau GmbH. Sowohl bei der H-Bau GmbH als auch bei der A-Bau GmbH seien sämtliche Rechnungen mit der als Sitz- und Geschäftsanschrift im Firmenbuch eingetragenen Adresse ausgestellt worden. Die Beschwerdeführerin habe vor Aufnahme der Geschäftsbeziehungen zu diesen Unternehmen eine sorgfältige Überprüfung durchgeführt. Es seien Firmenbuchauszüge angefordert, Gewerbeberechtigungen eingeholt und die persönliche Identität der Geschäftsführer nachgewiesen worden. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe die Geschäftsräumlichkeiten der A-Bau GmbH besucht. Im Falle der J-Bau GmbH sei zudem ersichtlich gewesen, dass diese bei der zuständigen Abgabenbehörde ordnungsgemäß steuerlich erfasst sei. Im August 2002 sei ein Bescheid über die Pfändung von Geldleistungen durch ein Finanzamt mit der Aufforderung ergangen, die Drittschuldnererklärung abzugeben. Auf sämtlichen Schriftstücken der Finanzverwaltung scheine die nunmehr angezweifelte Geschäftsanschrift der J-Bau GmbH auf.

Eine Einschränkung des Vorsteuerabzuges sei nicht gemeinschaftsrechtskonform. Gemäß Art. 22 Abs. 3 der

6. Mehrwertsteuerrichtlinie müsse die Rechnung getrennt den Preis ohne Steuer und den auf die einzelnen Steuersätze entfallenden Steuerbetrag ausweisen. Weitere Pflichten könnten die Mitgliedstaaten nur insoweit vorsehen, als sie es als erforderlich erachteten, um die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehungen zu vermeiden. Die Ausübung des Rechtes zum Vorsteuerabzug dürfe jedoch nur insoweit von solchen Pflichten abhängig gemacht werden, als dies erforderlich sei, um die Erhebung der Mehrwertsteuer und ihre Überprüfung durch die Finanzverwaltung zu sichern, nicht aber durch die technische Kompliziertheit die Ausübung des Rechtes zum Vorsteuerabzug praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren. Müsste der Unternehmer jedesmal, wenn er von einem anderen Unternehmen eine Rechnung erhalte, Nachforschungen darüber anstellen, ob der Leistungserbringer an der angegebenen Adresse auffindbar sei, so würde dies die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges praktisch unmöglich machen.

Weiters führte die Beschwerdeführerin in der Berufung aus, dass hinsichtlich der H-Bau GmbH und der A-Bau GmbH im Prüfungszeitraum Gegenrechnungen ausgestellt worden seien. Wenn das Finanzamt einerseits einer Vorsteuer die Abzugsfähigkeit versagen möchte, da diese vom leistenden Unternehmen nicht abgeführt worden sei, so müsste im Sinne einer Gleichmäßigkeit einer Besteuerung Mehrwertsteuer, die dann offensichtlich auch nicht als Vorsteuer konsumiert worden sein könne, in Anrechnung gebracht werden.

Das Finanzamt habe die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen.

Es habe zu den Rechnungen der A-Bau GmbH Folgendes ausgeführt:

Im August 2001, zum Zeitpunkt der Aufnahme der Geschäftsbeziehungen mit der Beschwerdeführerin, sei ein Wechsel der Gesellschafter und der Geschäftsführer eingetreten und eine Sitzverlegung an die Adresse des Geschäftsführers nach Wien Klosterneuburgerstraße vorgenommen worden. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe anlässlich einer Befragung keine näheren Angaben zu den von ihm besuchten Räumlichkeiten machen können. Nach den amtlichen Erhebungen habe es sich dabei um eine 31 m2 große Wohnung gehandelt, die bis längstens Dezember 2001 genutzt worden sei. Ein Geschäftsbetrieb habe nicht wahrgenommen werden können. Nach Auskunft des Vermieters habe eine vom Mieter verschiedene Person mit zwei Kindern die Wohnung genutzt. Am 14. Jänner 2002 sei die Wohnung zwangsweise aufgesperrt und dabei festgestellt worden, dass die Wohnung bis auf einen kleinen Couchtisch, ein Bürokästchen und einen Schreibtisch leer gestanden sei. Dass spätestens ab Jänner 2002 der Sitz und die Geschäftsleitung der A-Bau GmbH nicht an der offensichtlichen Privatadresse ihres Geschäftsführers vorhanden gewesen sei, liege damit auf der Hand. Es seien daher die Vorsteuerbeträge für die Monate Dezember 2001 und Jänner 2002 entsprechend zu kürzen gewesen.

Zu den Rechnungen der H-Bau GmbH habe das Finanzamt Folgendes ausgeführt:

Erhebungen der zuständigen Finanzämter hätten ergeben, dass diese GmbH weder in Wien noch in Graz unter den angegebenen Adressen über einen Firmensitz oder Ort der Geschäftsleitung verfügt habe. Die Adresse Wien L-Straße sei lediglich eine Postadresse gewesen, an welcher ein Dienstleistungsunternehmen alle Telefonate an eine Unternehmensberatungsfirma in Graz weitergeleitet habe. An der Adresse des Geschäftsführers in Graz Lastenstraße, befinde sich ein Fremdenheim, welches an Ausländer Zimmer zu Wohnzwecken vermiete. Der Geschäftsführer dieser GmbH sei für kurze Zeit dort wohnhaft gewesen, dann aber - unbekannt wohin - verschwunden. Die Vorsteuern für die Monate Juni bis November 2001 seien auf Grund der formalen Rechnungsmängel zu kürzen gewesen. Die H-Bau GmbH verfüge ebenso wie die A-Bau GmbH über einen ausländischen handelsrechtlichen und einen inländischen gewerberechtlichen Geschäftsführer.

Auch die J-Bau GmbH habe nach den Erhebungen an der in den Rechnungen angegebenen Adresse Wien L-Gasse über keinen Betriebssitz oder Ort der Geschäftsleitung verfügt. Der Erhebungsdienst habe festgestellt, dass laut Auskunft der Hausverwaltung weder eine J-Bau GmbH noch der handelsrechtliche Geschäftsführer, ein kroatischer Staatsbürger, an dieser Adresse bekannt gewesen seien und auch kein diesbezüglicher Mietvertrag existiere oder existiert habe. Für die Zeiträume Mai bis Juli 2002 könnten daher keine Vorsteuerbeträge anerkannt werden.

Die angesprochene Forderungspfändung habe ihren Grund in der im Zuge einer versuchten Umsatzsteuersonderprüfung gewonnenen Erkenntnis der Abgabenbehörde, dass die J-Bau GmbH an der angeführten Rechnungsadresse nicht existent gewesen sei und ihrer umsatzsteuerlichen Verpflichtung zur Meldung von Umsatzsteuerzahllasten zur Gänze nicht nachgekommen sei, obwohl Geschäftsbeziehungen zu verschiedenen Firmen, u.a. zur Beschwerdeführerin, unterhalten worden seien.

Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz habe die Beschwerdeführerin zur A-Bau GmbH ausgeführt, es könne nicht entkräftet werden, dass diese sehr wohl an der angeführten Adresse Sitz und Räumlichkeiten gehabt habe. Hinsichtlich der H-Bau GmbH werde unterstellt, dass diese Firma weder in Wien noch in Graz unter den angegebenen Adressen über einen Betriebssitz verfügt habe. Auch hier werde jedoch außer Zweifel gestellt, dass eine ordnungsgemäße Anmeldung an der angegebenen Adresse durch den Geschäftsführer erfolgt sei und nur auf Grund eines ordnungsgemäßen Meldezettels eine Eintragung ins Firmenbuch habe erfolgen können.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde nach Gesetzeszitaten und Wiedergabe von Rechtssätzen aus der Judikatur aus, unter der Anschrift im Sinne des § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 sei nicht eine bloße Zustelladresse zu verstehen, sondern eine Geschäftsanschrift, an der das leistende Unternehmen eine Geschäftstätigkeit entfalte. Nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen sei als erwiesen anzunehmen, dass die A-Bau GmbH, die H-Bau GmbH und die J-Bau GmbH an den in den Rechnungen angeführten Anschriften zu keinem der in den jeweiligen Rechnungen angegebenen Datumsangaben eine Geschäftstätigkeit entfaltet habe. Diesen in der Berufungsvorentscheidung auf Grund der Ermittlungen des Prüfers getroffenen Feststellungen sei die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag nicht entgegengetreten.

Ergänzend sei zur A-Bau GmbH Folgendes auszuführen:

Aus Rechnungen für die Zeiträume bis einschließlich November 2001 sei der Vorsteuerabzug zugelassen worden. Die Rechnungen, auf Grund derer ein Vorsteuerabzug nicht anerkannt worden sei, betreffen die Zeiträume Dezember 2001 und Jänner 2002. Ab Dezember 2001 sei nach den Erhebungen kein Betriebssitz mehr feststellbar gewesen. Laut Auskunft des Vermieters sei die Wohnung in Wien Klosterneuburgerstraße bis längstens Dezember 2001 von einer Person mit zwei Kindern benutzt worden. Ab November 2001 seien keine Mietzinszahlungen mehr geleistet worden. Bei der zwangsweisen Aufsperrung der Wohnung seien im Postkasten bis etwa Mitte November 2001 datierte Poststücke gefunden worden. Dies würde die Wahrnehmungen des Vermieters hinsichtlich einer Nichtnutzung ab spätestens Dezember 2001 bestätigen.

Die Geschäftsanschrift und Rechnungsanschrift der H-Bau GmbH sei nach den Erhebungen eine reine Zustelladresse, also keine Geschäftsanschrift gewesen, an welcher das Unternehmen eine Geschäftstätigkeit entfaltet habe. Ebenso wenig sei die Privatadresse des Geschäftsführers, der in einem Ausländerheim ein Zimmer benutzt habe, automatisch als Firmenadresse zu werten.

An der in den Rechnungen der J-Bau GmbH angeführten Adresse sei Anfang April 2002 das Türschloss ausgetauscht worden. Seit Mai 2002 sei die Wohnung neu vermietet. Die J-Bau GmbH und ihr Geschäftsführer seien der Hausverwaltung völlig unbekannt gewesen. Die Rechnungen, aus denen der Vorsteuerabzug verwehrt worden sei, betreffen die Zeiträume Mai bis Juli 2002.

Der Umstand, dass die Finanzbehörde in ihrem Pfändungsbescheid diese falsche Adresse übernommen habe, weil ihr eine andere Adresse nicht bekannt gewesen sei, mache diese falsche Anschrift noch nicht zur richtigen im Sinne des § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 und könne die fehlenden Formalerfordernisse der Rechnungen nicht ersetzen.

Aus dem Einwand der Beschwerdeführerin, es sei immer die im Firmenbuch eingetragene Adresse auf den Rechnungen verwendet worden, sei nichts zu gewinnen. Es gebe keinen wie immer gearteten, sich auf steuerliche Belange ausdehnenden Vertrauensschutz hinsichtlich einer im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsadresse, die nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche.

Auf Grund der vorliegenden Beweise sei als erwiesen anzunehmen, dass die in den Rechnungen aufscheinenden Anschriften der leistenden Unternehmer keine Anschriften im Sinne des § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 seien.

Dem Einwand der Beschwerdeführerin, dass Gegenrechnungen an die H-Bau GmbH und die A-Bau GmbH ausgestellt worden seien, aus welchen die Umsatzsteuer im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung mit den versagten Vorsteuern gegenzuverrechnen sei, weil hier offenbar diese Umsatzsteuer von den besagten Firmen nicht als Vorsteuer beansprucht worden sei, sei nicht zu folgen. Die Umsatzsteuerpflicht einer Leistung sei nicht davon abhängig, ob der Empfänger der Leistung einen Vorsteuerabzug vornehme, diesen vergesse oder darauf verzichte.

Auch das Argument der Beschwerdeführerin, die vorgenommene Vorsteuerversagung sei europarechtswidrig, gehe ins Leere. Art. 22 Abs. 3 lit. b 5. Gedankenstrich der 6. Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer sehe vor, dass Rechnungen den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen und seines Kunden enthalten müssen. Dass damit nur die richtige Adresse und nicht nur irgendeine Anschrift gefordert sein könne, ergebe sich schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung. Der EuGH habe in seinem Urteil vom 14. Juli 1988, Rs 123/87, festgehalten, dass es den Mitgliedstaaten gestattet sei, die Ausübung des Rechts zum Vorsteuerabzug vom Besitz einer Rechnung abhängig zu machen, die über das von der genannten Richtlinie verlangte Mindestmaß hinaus bestimmte Angaben enthalten müsse, die erforderlich seien, um die Erhebung der Mehrwertsteuer und ihre Überprüfung durch die Finanzverwaltung zu sichern. Solche Angaben dürften jedoch nicht durch ihre Zahl oder technische Kompliziertheit die Ausübung des Rechtes zum Vorsteuerabzug unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Das Erfordernis der richtigen Adresse des Leistenden sei als Sicherungsmaßnahme zur Erhebung der Mehrwertsteuer zu sehen und sei nicht als technisch kompliziertes Rechnungsmerkmal zu werten, das den Vorsteuerabzug übermäßig erschwere. § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 und die von der Rechtsprechung klar stellende Interpretation im Sinne der Angabe der richtigen Anschrift sei damit jedenfalls europarechtskonform. Das Abstellen auf eine ordnungsgemäße Rechnung im Sinn des § 11 UStG 1994 solle eine verwaltungsökonomische und praktikable Kontrolle der Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges beim Leistungsempfänger einerseits und der steuerlichen Entlastung beim Leistungserbringer andererseits sicherstellen. Name und Anschrift des Leistenden sollten zu dessen Identifizierung und zur Sicherung des Steueranspruches dienen, d.h. die Anschrift müsse auch nach außen hin mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht werden können. Die Bindung des Vorsteuerabzuges an eine ordnungsgemäße Rechnung sei nicht unsachlich, der Leistungsempfänger könne eine solche Rechnung bzw. eine Berichtigung derselben verlangen. Die "Ungreifbarkeit eines Leistungserbringers" sei das Risiko des Leistungsempfängers, der sich auf eine Rechtsbeziehung mit einem solchen Partner eingelassen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin hält unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes ihren im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Standpunkt aufrecht. Die Feststellungen der belangten Behörde, insbesonders, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung der strittigen Rechnungen die leistenden Bauunternehmer dort nicht existierten, also an der angegebenen Adresse keine Geschäftstätigkeit entfalteten, wird nicht bestritten.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Nach § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 müssen Rechnungen den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch bereits zur inhaltsgleichen Bestimmung des UStG 1972 - dient diese Angabe nicht nur der Kontrolle, ob der Leistungsempfänger eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistung von einem anderen Unternehmer erhalten hat, sondern auch der Sicherstellung der Besteuerung beim leistenden Unternehmer. Diesem Sinn des Gesetzes entsprechend begnügt sich das Gesetz nicht mit Angaben, aus denen im Zusammenhalt mit dem übrigen Sachverhalt hervorgeht, dass ein Unternehmer die in Rechnungen ausgestellten Lieferungen oder Leistungen erbrachte; es muss der Rechnung vielmehr eindeutig jener Unternehmer zu entnehmen sein, der tatsächlich geliefert oder geleistet hat. § 11 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. erfordert daher für die eindeutige Feststellung des liefernden oder leistenden Unternehmers bei Rechnungslegung nicht nur die Angabe des Namens, sondern auch der Adresse. Es kann somit auch die Angabe "nur" einer falschen Adresse nicht als "kleiner", dem Vorsteuerabzug nicht hinderlicher Formalfehler angesehen werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 14. Jänner 1991, 90/15/0042, vom 24. April 1996, 94/13/0133, vom 26. September 2000, 99/13/0020, und vom 25. April 2001, 98/13/0081). Auf den "guten Glauben" des Rechnungsempfängers an die Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers kommt es nicht an. Eine "Ungreifbarkeit des Leistungserbringers" ist das Risiko eines Leistungsempfängers, der sich auf eine Rechtsbeziehung mit einem solchen Partner eingelassen hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. April 2001, 98/13/0081). Rechnungen, die zwar den richtigen Namen, aber nicht die richtige Adresse des leistenden Unternehmers enthalten, reichen zum Vorsteuerabzug nicht aus (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 26. September 2000, 99/13/0020). Gleiches gilt, wenn unter der angegebenen Adresse nie eine Geschäftstätigkeit entfaltet wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. April 1996, 94/13/0133, und vom 28. Mai 1997, 94/13/0230).

Dass der in den jeweiligen Rechnungen genannte Leistungserbringer an der in den Rechnungen genannten Anschrift zum Zeitpunkt der Ausstellung dieser Rechnungen nicht existiert hatte, ist eine behördliche Feststellung, welcher auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten wird. Damit aber wiesen die strittigen Rechnungen eine falsche Anschrift auf, und eigneten sich allein schon aus diesem Grund nicht mehr dazu, die Beschwerdeführerin zum Vorsteuerabzug zu berechtigen. Der Auffassung der Beschwerdeführerin, sie habe sich im guten Glauben darauf verlassen dürfen, dass ein Unternehmen, welches Rechnungen ausstelle, an der angegebenen Adresse etabliert sei, ohne dass dem Abgabepflichtigen eine Oblegenheit dahingehend auferlegt werden dürfe, die Richtigkeit solcher Angaben zu kontrollieren, hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt eine klare Absage erteilt (vgl. etwa das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0230).

Dass § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 und seine Interpretation im dargestellten Sinne der genannten Mehrwertsteuerrichtlinie und auch der Rechtsprechung des EuGH entspricht, hat die belangte Behörde zutreffend und ausführlich dargestellt. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der EuGH auch in seiner jüngeren Judikatur (vgl. das Urteil vom 21. April 2005, C-25/03) daran festhält, dass Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten nach Art. 22 Abs. 8 dieser Richtlinie (i.d.F. 91/680) setzen, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, nicht über das hinausgehen dürfen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist. Das Erfordernis der richtigen Anschrift des Leistungserbringers im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung dient diesen Zielen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 1. Juni 2006

Gerichtsentscheidung

EuGH 62003J0025 VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004150069.X00

Im RIS seit

04.07.2006

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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