TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/1 2004/07/0068

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Veröffentlicht am 01.06.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §1;
VwRallg;
WRG 1959 §103;
WRG 1959 §111 Abs3;
WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde des R S in G, vertreten durch Dr. Adolf Concin und Dr. Heinrich Concin, Rechtsanwälte in 6700 Bludenz, Mutterstraße 1a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 27. Februar 2004, Zl. VIb- 101.02.01/0018, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: A K, xxxx St. G Nr. 18), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B (im Folgenden: BH) vom 3. Jänner 1929 wurde dem Rechtsvorgänger der mitbeteiligten Partei (im Folgenden: MP), Christian N., die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb eines Kleinkraftwerkes am R-bach mit einer Konsenswassermenge von 35 l/sek. bis zum 1. Jänner 1981 befristet erteilt. Diese wasserrechtliche Bewilligung wurde mit Bescheid der BH vom 17. September 1931 abgeändert und die Konsenswassermenge auf 50 l/sek. erhöht.

Mit Eingabe vom 16. April 1980 wurde von den (weiteren) Rechtsvorgängern der MP, Ing. Egon und Melitta D., um die Wiedererteilung dieser wasserrechtlichen Bewilligung angesucht und hiezu ein Projekt zur Durchführung der Behördenverfahren vorgelegt. Hierüber wurde eine mündliche Wasserrechtsverhandlung durchgeführt, und es wurden vom Beschwerdeführer, Manfred S., Margaretha B. und Franz S. Einwendungen erhoben.

Im Jahr 1992 hat die MP die Grundstücke Nr. 4549/4 und .1194, GB St.G., und die mit diesen Liegenschaften verbundenen Rechte (insbesondere die Wasserkraftanlage mit Krafthaus, Maschinen, Zu- und Ableitungen für Wasser und Strom samt allem beweglichen und unbeweglichen Zugehör) von Melitta D. erworben. Auf Grund der genannten Einwendungen wurde von der MP ein überarbeitetes Projekt an die BH vorgelegt und um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb eines Kleinkraftwerkes am R-bach angesucht (Eingaben vom 20. Juni 1992 bzw. 26. August 1992).

Mit Eingabe vom 24. Juni 1992 war bereits vom Beschwerdeführer um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung eines Kleinkraftwerkes am R-bach angesucht worden.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg (im Folgenden: LH) vom 25. Oktober 1996 wurde der Bescheid der BH vom 16. August 1996, soweit mit diesem die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb eines Kleinkraftwerkes am R-bach der MP erteilt, Baufristen festgesetzt, eine Befristung für die Bewilligung ausgesprochen, gemäß § 111 Abs. 3 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 ein privatrechtliches Übereinkommen beurkundet und Einwendungen des Beschwerdeführers und weiterer Berufungswerber als unbegründet abgewiesen bzw. auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden waren, gemäß § 66 AVG in diesem Umfang aufgehoben und die Angelegenheit zur Durchführung eines Widerstreitverfahrens gemäß §§ 17 und 109 WRG 1959 an die BH zurückverwiesen. In der Begründung dieses Bescheides führte der LH u. a. aus, dass das Verfahren über den von den Rechtsvorgängern der MP gestellten Antrag auf Wiederverleihung der bis zum 1. Jänner 1981 befristeten wasserrechtlichen Bewilligung von der BH laut Schreiben vom 13. Juli 1989 "zufolge angenommener Zurückziehung des Antrages" eingestellt worden sei und die BH mit Schreiben vom 12. April 1990 ein Verfahren betreffend die Löschung dieses Wasserrechtes eingeleitet habe, dieses Verfahren jedoch im Jahr 1991 nicht mehr weitergeführt habe, nachdem Melitta D. der BH gegenüber bekannt gegeben habe, dass nun ein neuer Interessent für die Wasserkraftanlage, nämlich die MP, aufgetreten sei, die sodann mit Eingabe vom 20. Juni 1992 mitgeteilt habe, dass das Kraftwerk von ihr erworben worden sei und ein neues Projekt dafür vorgelegt werde. Mit Eingabe vom 28. (richtig: 26.) August 1992 habe die MP ersucht, das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren der Voreigentümer weiterzuführen, und mitgeteilt, dass die bestehende Kraftwerksanlage von ihr nach Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung entsprechend den am 20. Juni 1992 eingereichten Planunterlagen saniert und technisch überholt werde. In rechtlicher Hinsicht führte der LH in seinem Bescheid vom 25. Oktober 1996 dazu aus, dass es sich hiebei nicht um ein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren handle, das auf § 21 Abs. 3 WRG 1959 (betreffend die begünstigte Wiederverleihung von Wasserbenutzungsrechten) gestützt werden könne. Nach der Aktenlage müsse von einer Zurückziehung des ursprünglichen Ansuchens vom 16. April 1980 auf Wiederverleihung des Wasserbenutzungsrechtes ausgegangen werden, sodass das Ansuchen der MP vom 20. Juni 1992 bzw. 26. August 1992 trotz der darin verwendeten Begriffe wie "Wiederinbetriebnahme" bzw. "Wiedererteilung" als Ansuchen um Erteilung einer neuen wasserrechtlichen Bewilligung angesehen werden müsse. Weiters führte der LH in Bezug auf die von der MP und dem Beschwerdeführer gestellten Anträge auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung aus, dass der Fall eines Widerstreites im Sinn des § 17 leg. cit. vorliege, sodass zunächst gemäß § 109 leg. cit. ein Widerstreitverfahren durchgeführt werden müsse.

Dieser Bescheid ist nach Ausweis der Verwaltungsakten in Rechtskraft erwachsen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des LH vom 2. November 1998 wurde der Widerstreit zwischen der Bewerbung der MP gemäß den dieser zu Grunde liegenden und mit Schreiben vom 20. Juni 1992 bzw. 26. August 1992 eingereichten Projektsunterlagen und der Bewerbung des Beschwerdeführers auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung gemäß den der Bewerbung zu Grunde liegenden und mit Schreiben vom 24. Juni 1992 eingereichten Projektsunterlagen gemäß § 17 Abs. 1, §§ 98, 105 und 109 leg. cit. dahingehend entschieden, dass dem Projekt der MP der Vorzug gegenüber dem Projekt des Beschwerdeführers eingeräumt wurde.

Die vom Beschwerdeführer dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2002, Zl. 98/07/0194, als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid der BH vom 23. April 1999 wurde gemäß §§ 9, 11 bis 13, 38, 98, 105 und 111 WRG 1959 der MP die beantragte wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb eines Kleinkraftwerkes unter Erteilung von wasserbautechnischen, wildbachtechnischen, limnologischen und maschinenbautechnischen Vorschreibungen und einer Vorschreibung zu Gunsten des Standes Montafon erteilt (Spruchpunkt I.), eine Bauvollendungsfrist festgesetzt (Spruchpunkt II.), die erteilte wasserrechtliche Bewilligung bis zum 31. Dezember 2020 befristet (Spruchpunkt III.) und gemäß § 111 Abs. 3 leg. cit. ein näher angeführtes, im Zug des Wasserrechtsverfahrens zwischen dem Landeswasserbauamt Bregenz als Verwalter des öffentlichen Wassergutes R-bach und der MP in der mündlichen Wasserrechtsverhandlung vom 23. Mai 1996 abgeschlossenes privatrechtliches Übereinkommen beurkundet (Spruchpunkt IV.). Eine der wasserbautechnischen Vorschreibungen lautet dahingehend, dass die Druckrohrleitung, soweit erforderlich, zu sanieren sei und die beschädigten undichten Stellen auszuwechseln und danach mindestens 0,5 m hoch zu überschütten seien (Spruchpunkt I.A.2). Ferner wurde der MP u.a. vorgeschrieben, die durch das Bauvorhaben entstandenen Flurschäden ordnungsgemäß zu beheben bzw. in ortsüblicher Weise abzugelten (Spruchpunkt I.A.8.).

Der Beschwerdeführer (damals noch nicht als Alleineigentümer, sondern lediglich als Miteigentümer der Grundstücke, über die die Druckrohrleitung verläuft) und die übrigen Miteigentümer, insoweit seine Rechtsvorgänger, erhoben gegen diesen Bescheid die Berufung vom 11. Mai 1999, in der sie u.a. beantragten, die Entscheidung in diesem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren bis zum Vorliegen des Erkenntnisses im hg. Beschwerdeverfahren, Zl. 98/07/0194, (betreffend das Widerstreitverfahren) auszusetzen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des LH vom 27. Februar 2004 wurde der Berufung gegen den Bescheid der BH vom 23. April 1999 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 9, 11 bis 13, 38, 105 und 111 WRG 1959 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass in dem mit dem Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung im Jahr 1992 von der MP vorgelegten überarbeiteten Projekt im Bereich der Wasserfassung keine bauliche Erweiterung gegenüber dem derzeitigen und mit den Bescheiden aus den Jahren 1929 und 1931 bewilligten Bestand beabsichtigt sei. Durch die Verlegung der Druckrohrleitung seien neben dem Grundstück Nr. 4599, welches sich im Eigentum des Standes Montafon befinde, auch die Grundstücke Nr. 4551/2, 4550, 4551/1 und 4549/1 (zum damaligen Zeitpunkt sämtliche im Miteigentum des Beschwerdeführers und von Manfred und Franz S. sowie Margaretha B., derzeit im Alleineigentum des Beschwerdeführers) betroffen. Hinsichtlich der Inanspruchnahme der betroffenen Privatgrundstücke, welche sich im Eigentum des Beschwerdeführers befänden, sei zwischen dem Rechtsvorgänger der MP, Adolf N., und dem seinerzeitigen Eigentümer der genannten Grundstücke und Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers (und der übrigen Berufungswerber), Franz Josef V., der Kaufvertrag vom 29. Juli 1934 abgeschlossen worden, in welchem unter Punkt 2. von Franz Josef V. das Recht zur Erstellung und zum Bau einer Wasserfassung aus dem R-bach auf den Grundparzellen Nr. 4551/2 sowie zur Legung und Durchleitung der Hochdruckleitung auf den Grundparzellen Nr. 4551/2, 4551/1 sowie 4549/1 zu 4549/4 und zur Ableitung des Wassers auf den Grundparzellen Nr. 4544 und 4635 zum S-bach eingeräumt worden sei, wobei mit der Bewilligung zur Legung und Durchleitung die hinkünftige Benutzung verbunden worden sei. Entgegen dem Berufungsvorbringen sei der LH der Ansicht, dass das seinerzeit eingeräumte Dienstbarkeitsrecht nicht erloschen sei. Die Regelung in § 70 Abs. 1 WRG 1959 hinsichtlich des Erlöschens nicht im Grundbuch eingetragener Dienstbarkeiten betreffe nur behördlich eingeräumte Zwangsrechte und andere bestimmte zwangsrechtsvertretende Übereinkommen. Die in Rede stehende Dienstbarkeitseinräumung sei weder im Zwangsweg noch durch ein solches Übereinkommen erfolgt, sondern es sei das Übereinkommen im Jahr 1934 erst fünf Jahre nach Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung abgeschlossen worden. Dieser Dienstbarkeitsvertrag, der nicht im Grundbuch eingetragen sei, sei deshalb nicht nach § 70 WRG 1959, sondern nach den Grundsätzen des Zivilrechts zu beurteilen. Diese eingegangene Verpflichtung treffe den jeweiligen Grundstückseigentümer. Aus diesem Grund könne die Ansicht der Berufungswerber, dass die eingeräumte Dienstbarkeit mit dem seinerzeitigen Erlöschen des Wasserrechtes ebenfalls erloschen sei, nicht geteilt werden, sondern sei davon auszugehen, dass die jeweiligen Rechtsnachfolger des Franz Josef V. durch das seinerzeitige Übereinkommen verpflichtet würden. Insbesondere sei die Auffassung der Berufungswerber verfehlt, dass auf Grund der Passage, "mit der Bewilligung zur Legung und Durchleitung der Hochdruckleitung wird die hinkünftige Benutzung verbunden", vereinbart worden sei, dass das Recht zur Errichtung und Erhaltung der Hochdruckleitung erlösche, sobald die Leitung nicht mehr benutzt werde. In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich auf die zutreffende Rechtsansicht der BH zu verweisen, dass damit zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass der Berechtigte neben der Verlegung und Durchleitung der Hochdruckleitung auch das Recht habe, diese Leitung in Zukunft zu benützen.

Auch die Auffassung des Beschwerdeführers, wonach die Behörde nicht befugt sei, zu Lasten des Beschwerdeführers die unter Spruchpunkt 1.A.2. und 3. enthaltenen Vorschreibungen zu erlassen, könne nicht geteilt werden. Die Überschüttung der Druckrohrleitung sei vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen in seinem Gutachten gefordert worden, und es sei die Vorschreibung dieser Auflage somit eine Voraussetzung für die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung nach dem Stand der Technik. Die eingeräumte Dienstbarkeit zur "Legung und Durchleitung der Hochdruckleitung" beinhalte auch die Duldung von Maßnahmen, die aus fachlicher Sicht Voraussetzung für eine behördliche Bewilligung darstellten.

Zutreffend weise die BH auch darauf hin, dass es in der Zuständigkeit der Gerichte liege, zu beurteilen, ob und bejahendenfalls in welchem Umfang die Berufungswerber Ansprüche aus dem seinerzeitigen Vertrag vom 29. Juli 1934 ableiten könnten.

Da somit zusammenfassend durch die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung weder öffentliche Interessen beeinträchtigt noch bestehende Rechte verletzt würden, sei der Berufung keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigten gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Beschwerde bringt vor, dass die Vorfragenentscheidung des LH, dass der Servitutsvertrag vom 29. Juli 1934 noch dem Rechtsbestand angehöre, nicht nachvollziehbar sei, weil das Wasserrecht untergegangen sei, in diesem Zusammenhang "getätigte Stromleitungen" abgetragen worden seien und seit diesem Zeitpunkt kein Leistungsaustausch mehr stattgefunden habe. Weder im angefochtenen Bescheid noch im erstinstanzlichen Bescheid sei über die Einwendungen des Beschwerdeführers und seiner damaligen Miteigentümer, dass die Grundinanspruchnahme infolge der Verlegung und projektsgemäßen Erneuerung der Druckrohrleitung auf den Grundstücken Nr. 4549/1, 4551/1, 4550 und 4551/2 ohne Zustimmung der Grundeigentümer nicht zulässig sei, abgesprochen worden. Diese Einwendung der Grundeigentümer, einer projektmäßigen Beanspruchung der Grundstücke nicht zuzustimmen, habe jedoch zur Folge, dass die beantragte wasserrechtliche Bewilligung nur dann erteilt werden dürfe, wenn ein entsprechendes Zwangsrecht begründet worden sei. Mit dieser Frage habe sich offensichtlich die Behörde nicht ausreichend auseinandergesetzt. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides § 111 WRG 1959 zitiert sei, welche Bestimmung offenbar bei extensiver Interpretation als gesetzliche Grundlage für die stillschweigende Einräumung von Dienstbarkeiten gemäß § 111 Abs. 4 leg. cit. zu dienen habe. Auch habe es die Behörde unterlassen, den Umfang der Grundinanspruchnahme detailliert zu beschreiben und zu konkretisieren. Da keine gütliche Übereinkunft im Sinn des § 60 Abs. 2 WRG 1959 zustande gekommen sei, sei die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung ohne gleichzeitige Begründung eines Zwangsrechtes nicht zulässig.

Faktum sei, dass hinsichtlich der Grundinanspruchnahme durch die Verlegung der Druckrohrleitung auf fremdem Grund die zivilrechtliche Grundlage des Bestehens einer allfälligen ausreichenden Dienstbarkeit in rechtlicher Hinsicht bestritten werde. Die Behörde habe in unzulässiger Weise die dem Privatrecht zuordnende Frage als Vorfrage gemäß § 38 AVG selbst entschieden. Dabei habe die Behörde auch übersehen, dass schon durch die im Projekt vorgesehenen Aufschüttungsmaßnahmen der Umfang der Dienstbarkeit sich erweitere, wofür im Kaufvertrag vom 29. Juli 1934 der Parteiwille gefehlt habe.

Die Vorgangsweise der Behörde finde keine gesetzliche Deckung, verpflichte doch § 111 Abs. 1 WRG 1959 die Behörde, über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang von Zwangsrechten bereits im Bewilligungsbescheid abzusprechen, was sie jedoch nicht getan habe.

Der LH legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Mit dem am 18. Oktober 2004 zur Post gegebenen Schreiben ergänzte der Beschwerdeführer das Beschwerdevorbringen.

Die MP hat sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 WRG 1959 ist das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung derart zu bestimmen, dass das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

Nach § 12 Abs. 2 leg. cit. sind als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

Werden durch ein wasserrechtlich bewilligungspflichtiges Vorhaben bestehende Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 leg. cit. betroffen, dann ist die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung - vom Fall der Einräumung von Zwangsrechten abgesehen -

nur zulässig, wenn der Inhaber des betroffenen bestehenden Rechtes dem Eingriff in sein Recht zustimmt (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 8. April 1997, Zl. 96/07/0195, mwN).

Im angefochtenen Bescheid vertrat der LH die Auffassung, dass die Inanspruchnahme der Grundstücke des Beschwerdeführers durch die projektsgegenständliche Druckrohrleitung von der mit dem obgenannten Vertrag vom 29. Juli 1934 vereinbarten (privatrechtlichen) Servitut gedeckt sei. Gegen diese Ansicht wendet sich die Beschwerde mit dem Vorbringen, dass der Servitutsvertrag vom 29. Juli 1934 nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre, weil das (bis 1. Jänner 1981 befristet erteilte) Wasserbenutzungsrecht erloschen sei. Dazu ist Folgendes auszuführen:

Der LH stützte sich bei seiner Beurteilung auf Punkt 2. des obgenannten Vertrages, der zwischen den Rechtsvorgängern des Beschwerdeführers und der MP abgeschlossen worden war. Dieser Vertragspunkt lautet:

"(V.( gestattet die Erstellung und den Bau der Wasserfassung aus dem R-bache auf seiner Gp. Nr. 4551/2, sowie die Legung und Durchleitung der Hochdruckleitung auf der Gp. Nr. 4551/2, 4551/1 sowie 4549/1 zu Gp. Nr. 4549/4 und die Ableitung des Wassers auf der Gp. Nr. 4544 und 4635 zum S-bach. Mit der Bewilligung zur Legung und Durchleitung wird die hinkünftige Benützung verbunden. An der Hochdruckleitung ist die Anzapfung zu Gunsten und zur freien Benützung für (V.( einzubauen, welcher das Recht erhält, für sich dort Wasser abzuleiten."

Der Einwand, dass die MP das Projekt schon mangels der erforderlichen privatrechtlichen Zustimmung nicht realisieren könne, weil die behauptete Dienstbarkeit für die Druckrohrleitung weggefallen sei, wurde vom Beschwerdeführer bereits im obgenannten Widerstreitverfahren erhoben. Diesbezüglich vertrat der LH in seinem Berufungsbescheid vom 2. November 1998 unter Verweisung auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid vom 22. Jänner 1998 die Auffassung, dass sich diese Dienstbarkeit aus dem zwischen den Rechtsvorgängern des Beschwerdeführers und der MP geschlossenen rechtsgültigen Vertrag vom 29. Juli 1934 ergebe, wobei sich daraus nicht ableiten lasse, dass das Druckrohrleitungsrecht über die Grundstücke Nr. 4551/1, 4551/2, 4549/1 und 4544 mit einem Wegfall der Wasserbenutzungsbewilligung erlöschen sollte. Das vom Beschwerdeführer vorgelegte Schreiben vom 16. September 1995 habe weder ein Datum noch eine Unterschrift aufgewiesen und könne nicht als rechtswirksame Vereinbarung angesehen werden. Der Eigentümer der genannten Liegenschaften habe daher die Verlegung der Druckrohrleitungen auf Grund der mit Vertrag vom 29. Juli 1934 eingeräumten Dienstbarkeit zu dulden, und es sei von der nach wie vor aufrechten Dienstbarkeitsregelung für das von der MP eingereichte Projekt auszugehen.

Die gegen den Bescheid des LH vom 22. November 1998 an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit dem obgenannten Erkenntnis, Zl. 98/07/0194, als unbegründet abgewiesen. In diesem Erkenntnis führte der Verwaltungsgerichtshof zum Beschwerdeeinwand, dass sich der LH mit dem bezweifelten Bestand der Dienstbarkeit nicht ernsthaft auseinandergesetzt habe und seit dem 1. Jänner 1981 keine Wasserbenutzungsbewilligung für die bestehende Anlage mehr bestanden habe, (u.a.) aus, dass sich die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gezogene rechtliche Schlussfolgerung bereits nach den Normen des Privatrechtes nicht nachvollziehen lasse, und billigte er den genannten Rechtsstandpunkt des LH.

Der Beschwerdeführer bringt zwar in der nunmehr vorliegenden Beschwerde vor, es sei "Faktum, dass hinsichtlich der Grundinanspruchnahme durch die Verlegung der Druckrohrleitung auf fremdem Grund die zivilrechtliche Grundlage des Bestehens einer allfälligen ausreichenden Dienstbarkeit in rechtlicher Hinsicht bestritten wird". Mit den weiteren Beschwerdeausführungen zeigt er jedoch nicht auf, aus welchem zivilrechtlichen Grund die im Vertrag vom 29. Juli 1934 vereinbarte Dienstbarkeit erloschen sei. Zutreffend hat der LH im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass gemäß § 70 Abs. 1 erster Satz WRG 1959 mit dem Erlöschen einer wasserrechtlichen Bewilligung (lediglich) die nach den §§ 63 bis 67 leg. cit. eingeräumten oder aus Anlass des wasserrechtlichen Verfahrens durch Übereinkommen bestellten, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten, soweit sie durch das Erlöschen des Wasserrechtes entbehrlich geworden sind, erlöschen. Bei der im Vertrag vom 29. Juli 1934 getroffenen Dienstbarkeitsvereinbarung handelt es sich, wie auch der LH im angefochtenen Bescheid von der Beschwerde unwidersprochen ausgeführt hat, weder um ein im Zwangsweg begründetes noch um ein aus Anlass des wasserrechtlichen Verfahrens durch Übereinkommen bestelltes Recht.

Die vom LH vertretene Auffassung, dass der obgenannte, den Beschwerdeführer als Grundeigentümer zur Duldung der Druckrohrleitung verpflichtende Privatrechtstitel nach wie vor aufrecht sei, begegnet daher keinem Einwand.

Auch dem weiteren Beschwerdevorbringen, dass die Zitierung des § 111 WRG 1959 im Spruch des angefochtenen Bescheides "offenbar in der Folge bei extensiver Interpretation als gesetzliche Grundlage für die stillschweigende Einräumung von Dienstbarkeiten gem. § 111 Abs. 4 WRG zu dienen hat", kann nicht gefolgt werden, ergibt sich doch weder aus dem sonstigen Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides noch dem damit bestätigten erstinstanzlichen Bescheid oder der Begründung des angefochtenen Bescheides, dass die erforderliche Dienstbarkeit im Sinn des § 111 Abs. 4 leg. cit. als eingeräumt anzusehen sei.

Wenn die Beschwerde rügt, dass es der LH unterlassen habe, den Umfang der Grundinanspruchnahme detailliert zu beschreiben und zu konkretisieren, so geht auch dieser Einwand fehl. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde nicht eine Dienstbarkeit eingeräumt, sondern (lediglich) eine Beurteilung getroffen, ob die Inanspruchnahme der Grundstücke des Beschwerdeführers durch den bereits bestehenden Privatrechtstitel gedeckt sei. In dem mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid bestätigten Bescheid der BH vom 23. April 1999 wurde (u.a.) festgestellt, dass das im Jahr 1992 von der MP eingereichte Projekt gegenüber der derzeitigen und mit den Wasserrechtsbescheiden vom 3. Jänner 1929 und 17. September 1931 bewilligten Kleinkraftwerksanlage keine baulichen Änderungen vorsieht und auch bei der Druckrohrleitung keine Änderungen vorgesehen sind. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung hat der Beschwerdeführer (wie auch die übrigen Berufungswerber) nicht behauptet, dass das gegenständliche Projekt einen anderen Verlauf der Druckrohrleitung vorsehe, sondern hat sich die Berufung insoweit dagegen gewandt, dass die Leitung nach ihrer Sanierung 0,5 m hoch zu überschütten sei. Auf Grund der obgenannten, insoweit nicht bestrittenen Feststellungen ist daher davon auszugehen, dass das eingereichte Projekt denselben Verlauf der Druckrohrleitung vorsieht, wie dieser bereits in den früheren Jahrzehnten bestanden hat und im Servitutsbestellungsvertrag vereinbart worden war. Eine detaillierte Beschreibung der Grundinanspruchnahme im angefochtenen Bescheid war daher - entgegen der Beschwerdeansicht - nicht erforderlich.

Auch der Beschwerdeeinwand, dass für die vorgesehenen Schüttungsmaßnahmen der Parteiwille im Vertrag vom 29. Juli 1934 gefehlt habe, ist nicht zielführend. Wie bereits erwähnt, ist auf dem Boden der im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen, in der dagegen erhobenen Berufung insoweit nicht bestrittenen Feststellungen davon auszugehen, dass das eingereichte Projekt keine baulichen Änderungen und auch bei der Druckrohrleitung keine Änderungen vorsieht. Die in der Berufung angeführte wasserbautechnische Vorschreibung (Spruchpunkt I.A.2. des erstinstanzlichen Bescheides), dass nach Sanierung der Druckrohrleitung durch Auswechslung der beschädigten undichten Stellen diese mindestens 0,5 m hoch zu überschütten seien, wurde vom wasserbautechnischen Sachverständigen nach dem Stand der Technik gefordert und im angefochtenen Bescheid daher aufgenommen. Wenn in diesem Zusammenhang der LH die Ansicht vertreten hat, dass "die eingeräumte Dienstbarkeit zur Legung und Durchleitung der Hochdruckleitung" auch die Duldung von Maßnahmen, die aus fachlicher Sicht Voraussetzung für eine behördliche Bewilligung darstelle, beinhalte, so begegnet diese Ansicht keinem Einwand. Dieser Vertragsauslegung steht weder der Wortlaut des Vertrages vom 29. Juli 1934 entgegen, noch sind im Verwaltungsverfahren Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass eine der Vertragsparteien mit einer Überschüttung der Druckrohrleitung in der genannten Höhe, wäre diese bei Abschluss des Dienstbarkeitsbestellungsvertrages bereits erforderlich gewesen, nicht einverstanden gewesen wäre. Vielmehr ist die Annahme gerechtfertigt, dass vernünftige und redliche Vertragsparteien bei Kenntnis dieser wasserbautechnischen Vorschreibung mit einer solchen Überschüttung der Druckrohrleitung als Voraussetzung für die Benützung dieser Leitung einverstanden gewesen wären.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen, dass der LH die Frage des aufrechten Bestandes des Privatrechtstitels nicht als Vorfrage hätte beurteilen dürfen, ist Folgendes zu erwidern:

Die Beurteilung, ob die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde oder die der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über einen Antrag gegeben ist, hängt davon ab, welche Art von Streitigkeit mit diesem Antrag an die Behörde herangetragen wurde bzw. was Ziel des verfahrensgegenständlichen Antrages war. Die MP begehrte von der Wasserrechtsbehörde die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung. Hiebei hat die Wasserrechtsbehörde (u.a.) zu beurteilen, ob der Eingriff in ein fremdes Recht durch die Zustimmung des Berechtigten gedeckt ist oder ob bestehende Rechte verletzt werden. Daraus ergibt sich, dass die Beurteilung im vorliegend angefochtenen Bescheid, ob der genannte Privatrechtstitel nach wie vor bestehe und im Hinblick darauf nicht in bestehende Rechte im Sinn des § 12 Abs. 1 und 2 WRG 1959 eingegriffen werde, keine von den ordentlichen Gerichten zu entscheidende Angelegenheit, sondern eine solche des Wasserrechtes ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 1. Juni 2006

Schlagworte

Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1 Verhältnis zu anderen Materien und Normen Zivilrecht sachliche Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004070068.X00

Im RIS seit

29.06.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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