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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §188;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der L GmbH & Co KG in L, vertreten durch Leitner & Leitner GmbH & Co KEG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in 4040 Linz, Ottensheimerstraße 30, 32 und 36, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 17. Oktober 2003, GZ. RV/1992-L/02, betreffend Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH & Co KG, an deren Ertrag eine nach deutschem Recht gegründete E-AG zu 95% beteiligt ist.
In der Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften für das Jahr 2000 wurde für die E-AG eine fiktive Eigenkapitalzuwachsverzinsung nach § 11 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 106/1999 geltend gemacht. Das Finanzamt stellte die Einkünfte der KG gemäß § 188 BAO fest und erhöhte die erklärten Einkünfte um den Betrag der fiktiven Eigenkapitalverzinsung mit der Begründung, dass ausländische Körperschaften von dieser Begünstigung ausgeschlossen seien.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass die steuerliche Mitunternehmerschaft eine Betriebsstätte für die deutsche AG begründen würde und die AG mit den österreichischen Betriebsstätteneinkünften in Österreich beschränkt steuerpflichtig sei. Der vorliegende Sachverhalt sei eindeutig unter die Bestimmung des § 11 Abs. 2 erster Satz EStG 1988 idgF zu subsumieren. Dem stehe auch der zweite Satz des § 11 Abs. 2 leg. cit. nicht entgegen, weil der Betriebsvermögensvergleich der Mitunternehmerschaft zugleich auch den Betriebsvermögensvergleich für die Betriebsstätte des Gesellschafters darstelle und kein darüber hinausgehendes Betriebsvermögen des Mitunternehmers vorliege.
Die Verweigerung der Steuerbegünstigung sei auch aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 11 Abs. 2 KStG 1988 nicht ableitbar.
§ 11 Abs. 2 leg. cit. regle den Betriebsausgabenabzug für Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften unter Verweis auf § 11 EStG 1988 und bestimme gleichzeitig, dass andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften die Verzinsung nur gemäß § 11 Abs. 2 EStG 1988, das heißt als Mitunternehmer, wenn die Mitunternehmerschaft den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittle, geltend machen können. Aus der Nichterwähnung der beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften könne nicht per se geschlossen werden, dass beschränkt steuerpflichtige Körperschaften jedenfalls von der Eigenkapitalverzinsung ausgeschlossen wären. Der Ausschluss der ausländischen Körperschaften mit inländischen Betriebsstätten von der Geltendmachung der Steuerbegünstigung verstoße gegen die im Gemeinschaftsrecht verankerte Niederlassungsfreiheit. Das Betriebsstättendiskriminierungsverbot verbiete die Schlechterstellung von Betriebsstätten gegenüber gebietsansässigen Steuerpflichtigen. Die Vergleichbarkeit im Sinne der EuGH-Rechtsprechung (u.a. "avoir fiscal", "Saint-Gobain") sei gegeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung mit der Begründung ab, dass nach § 11 Abs. 2 erster Satz EStG 1988 nur die Mitunternehmerin als Gesellschafterin - sofern sämtliche Voraussetzungen erfüllt seien - die Verzinsung als Betriebsausgabe absetzen könne und damit ein Abzug der Eigenkapitalverzinsung im Rahmen des Feststellungsverfahrens nicht zu erfolgen habe.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
§ 11 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 106/1999
(StRefG 2000) lautete auszugsweise:
"Verzinsung des Eigenkapitalzuwachses
§ 11. (1) Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, können die angemessene Verzinsung des in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen betrieblichen Eigenkapitalzuwachses - auch außerbilanzmäßig - als Betriebsausgabe abziehen. Der abgezogene Betrag ist als Sondergewinn anzusetzen. Die Besteuerung des Sondergewinnes richtet sich nach § 37 Abs. 8. Bei der Verzinsung gelten folgende Bestimmungen:
...
(2) Bei Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind und die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, können nur die Gesellschafter die Verzinsung im Sinne des Abs. 1 als Betriebsausgabe abziehen. Der Abzug ist nicht zulässig, wenn der Mitunternehmer die Beteiligung in einem Betriebsvermögen eines Betriebes hält, für den der Gewinn unter Anwendung des Abs. 1 ermittelt werden kann."
Mit der Regelung des § 11 EStG 1988 idF StRefG 2000 wird der Eigenkapitalzuwachs steuerlich somit in der Form begünstigt, dass in dem Ausmaß, in dem sich das Eigenkapital erhöht, eine (einmalige) Minderung des normalen Betriebsgewinnes in Höhe fiktiver Eigenkapitalzinsen erfolgt.
Die Begünstigung stand gemäß Abs. 1 leg. cit. Einzelunternehmern (natürlichen Personen), die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, und gemäß § 11 Abs. 2 Mitunternehmern von bilanzierenden Mitunternehmerschaften (also nicht der Mitunternehmerschaft selbst) zu. Im Bereich der Körperschaften sah § 11 Abs. 2 KStG 1988 bis zum BGBl. I Nr. 57/2004 eine Einschränkung auf die Rechtsform der Kapitalgesellschaft und der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft vor. Nach dem zweiten Satz leg. cit. konnten andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften die Verzinsung nur gemäß § 11 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes geltend machen.
Anders als das Finanzamt hat die belangte Behörde zur Frage, ob die an der beschwerdeführenden KG beteiligte nach deutschem Recht gegründete und in Österreich nur beschränkt steuerpflichtige E-AG von der gegenständlichen Steuerbegünstigung Gebrauch machen könne, keine Aussagen getroffen. Im Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO sei darüber nicht abzusprechen, weil nach § 11 Abs. 2 EStG 1988 idgF eine Eigenkapitalzuwachsverzinsung im Falle einer Mitunternehmerschaft nur von den Gesellschaftern als Betriebsausgabe abgezogen werden könne.
Die Einkünfte einer Mitunternehmerschaft sind gemäß § 188 BAO einheitlich, d.h. für alle Mitunternehmer in einem einheitlichen Verfahren, und gesondert, d.h. nicht im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung, sondern in einem gesonderten Verfahren zu ermitteln. Der Bescheid nach § 188 BAO stellt Art und Höhe des einheitlichen Gewinnes bzw. Überschusses - dieser umfasst auch Sonderbetriebsausgaben und Sonderwerbungskosten - fest, der für die Personenvereinigung nach einkommensteuerlichen Vorschriften zu ermitteln ist. Er stellt fest, welcher Anteil am Gewinn bzw. Überschuss jedem Beteiligten zuzurechnen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1995, 95/14/0021).
Im Falle des Vorliegens eines Feststellungsbescheides nach § 188 BAO dürfen (Sonder)Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit der mitunternehmerischen Tätigkeit stehen, aber nicht in den Feststellungsbescheid Eingang gefunden haben, nicht im Einkommensteuerverfahren Berücksichtigung finden (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG III, Tz. 21 zu § 23, sowie für viele das hg. Erkenntnis vom 10. November 1993, 93/13/0108).
Der gegenüber der beschwerdeführenden KG für das Jahr 2000 gemäß § 188 BAO erlassene Feststellungsbescheid stellt einen Grundlagenbescheid für die Körperschaftsteuer der Gesellschafter dar und spricht - wie jeder derartige Bescheid - über die Art der Einkünfte, die Höhe der gemeinschaftlichen Einkünfte, den Feststellungszeitraum, die Namen der Beteiligten und die Höhe ihrer Anteile ab. Da die Eigenkapitalzuwachsverzinsung in Form einer fiktiven Betriebsausgabe konstruiert ist, hat die Geltendmachung der Steuerbegünstigung durch einen einzelnen Mitunternehmer zwangsläufig - als eine Art von Sonderbetriebsausgabe - Auswirkung u.a. auf die Höhe seiner anteiligen Einkünfte dergestalt, dass sich die Einkünfte um die fiktive Betriebsausgabe verringern. Wird nach dem oben Gesagten im Feststellungsverfahren bindend über die Höhe der (auch anteilig erzielten) Einkünfte abgesprochen, hat sich die Abgabenbehörde bereits in diesem Verfahren mit der geltend gemachten Steuerbegünstigung der Eigenkapitalzuwachsverzinsung auseinander zu setzen.
Da die belangte Behörde somit zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass über die Verzinsung des Eigenkapitalzuwachses nicht im Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO abzusprechen sei, erweist sich der angefochtene Bescheid bereits aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig, ohne dass auf die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken gegen die von der Abgabenbehörde erster Instanz vertretene (nicht in den angefochtenen Bescheid Eingang gefundene) Rechtsansicht, ausländische Körperschaften seien von der in Rede stehenden Steuerbegünstigung generell ausgeschlossen, einzugehen war.
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 1. Juni 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006150021.X00Im RIS seit
03.07.2006Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008