Index
41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Pelant, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des D C in F, vertreten durch Mag. Dr. Karner und Mag. Dr. Mayer, Rechtsanwaltspartnerschaft in 8010 Graz, Steyrergasse 103/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. Mai 2005, Zl. FA7C - 11-1671/2004-25, betreffend Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. Mai 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde soweit wesentlich aus, der Beschwerdeführer sei vom 5. Dezember 1990 bis 4. April 2000 in Österreich durchgehend gemeldet gewesen. Dann sei eine erste Meldeunterbrechung bis 13. September 2000 und in der Folge eine zweite Meldeunterbrechung vom 29. Jänner 2003 bis 4. August 2003 festzustellen. Ab 5. August 2003 sei der Beschwerdeführer wieder durchgehend in Österreich gemeldet gewesen. Der Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung habe ergeben, dass der Beschwerdeführer vom 26. Juni 1999 bis 23. August 2000 nicht gearbeitet habe. Der Beschwerdeführer habe hiezu angegeben, dass er sich in diesem Zeitraum in Kroatien bei seiner Familie aufgehalten habe. Als Grund für diesen Auslandsaufenthalt habe er angegeben, dass seine Frau mit den beiden Kindern, die mit ihm in Vorarlberg gelebt hätten, wieder nach Kroatien gewollt hätten. Der Beschwerdeführer sei sodann ebenfalls in Kroatien geblieben, um ein Haus für seine Familie wohnbar zu machen. Seine Wohnung in Vorarlberg habe er aufgegeben. Nach seiner Rückkehr nach Österreich habe er sich in der Steiermark wieder eine Wohnung gesucht.
Für den Zeitraum der zweiten Meldeunterbrechung scheine im Versicherungsdatenauszug ein Arbeitsverhältnis des Beschwerdeführers auf; wo der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum wohnhaft gewesen sei, sei nicht bekannt.
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dem Hauptwohnsitzbegriff des StbG müsse das sich aus dem B-VG ergebende Verständnis zu Grunde gelegt werden. Wesentlich sei somit der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Betroffenen. Die Staatsbürgerschaftsbehörde habe eine autonome Beurteilung der Hauptwohnsitzfrage allein nach den Kriterien des Art. 6 Abs. 3 B-VG und ohne Bindung an eine "Hauptwohnsitzmeldung" durchzuführen. Der Beschwerdeführer habe sich seinen eigenen Angaben nach vom 25. Juni 1999 bis 23. August 2000 in Kroatien aufgehalten. Auch wenn es sich nur um eine vorübergehende Abwesenheit gehandelt habe, sei für die Behörde für diesen Zeitraum kein "Mittelpunktcharakter" in Österreich erkennbar, da der Beschwerdeführer während dieses Zeitraumes kein aufrechtes Arbeitsverhältnis in Österreich gehabt habe und seine engsten Familienangehörigen in Kroatien gelebt hätten. Auch während der zweiten Meldeunterbrechung vom 29. Jänner 2003 bis 4. August 2003 sei trotz aufrechten Dienstverhältnisses ein Mittelpunktcharakter in Österreich nicht gegeben, da nicht erkennbar sei, dass der Ausgangspunkt des Weges des Beschwerdeführers zum Arbeitsplatz Österreich gewesen sei bzw. sich der Beschwerdeführer die überwiegende Zeit des Jahres in Österreich aufgehalten habe. Durch die Wohnsitzunterbrechungen vom 4. April 2000 bis 13. September 2000 sowie vom 29. Jänner 2003 bis 4. August 2003 sei die gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 bzw. § 10 Abs. 4 Z 1 StbG erforderliche Mindestwohnsitzdauer von zehn bis bzw. sechs Jahren nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde macht geltend, der Beschwerdeführer habe den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen seit Dezember 1990 in Österreich und es sei unrichtig, wenn die belangte Behörde davon ausgehe, dass der ununterbrochene Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers erst seit 5. August 2003 in Österreich sei. So habe die erste Meldeunterbrechung im Jahr 2000 lediglich einige Monate gedauert und der Renovierung eines Hauses für die Ehegattin bzw. die gemeinsamen Kinder des Beschwerdeführers gedient. Dies hindere jedoch nicht die Annahme, dass der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers dennoch im Bundesgebiet gewesen sei. Die belangte Behörde habe es nämlich verabsäumt zu klären, wie oft der Beschwerdeführer während dieses Zeitraumes im Bundesgebiet gewesen sei. Faktum sei, dass "monatelange Renovierungsarbeiten eines alten Hauses im Ausland" in keinster Weise den Abbruch der Lebensbeziehungen in Österreich begründen würden, wenn der Betreffende zuvor bereits zehn Jahre im Bundesgebiet gemeldet und erwerbstätig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe persönlich immer den Willen gehabt, in Österreich zu verbleiben. Lediglich seine Familie sei nach Kroatien zurückgekehrt und dabei vom Beschwerdeführer unterstützt worden. Dies ergebe sich daraus, dass die Familie des Beschwerdeführers erst im Jahr 2004 wieder in das Bundesgebiet eingereist sei, der Beschwerdeführer selbst allerdings aber nach Abschluss der Renovierungsarbeiten. Hinsichtlich dieses Willens enthalte der angefochtene Bescheid keine Feststellungen, ein solcher sei allerdings zu bejahen, wenn berücksichtigt werde, dass der Beschwerdeführer einen 15-jährigen Aufenthalt in Österreich aufweise, dem lediglich rechtlich unerhebliche Unterbrechungen von nicht einmal 12 Monaten entgegenstünden.
2. Der Beschwerdeführer hat - nach der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage - vor der belangten Behörde selbst vorgebracht, dass er sich im Zeitraum vom 25. Juni 1999 bis 23. August 2000 - und somit ein Jahr und nahezu zwei Monate - in Kroatien aufgehalten habe.
Ausgehend (auch) von diesem Auslandsaufenthalt des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 1 sowie § 10 Abs. 4 Z 1 StbG nicht vorlägen.
3. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 21. März 2006, Zl. 2004/01/0266, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, mit den Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung eines "ununterbrochenen" Hauptwohnsitzes in Fällen dieser Art auseinander gesetzt und hervorgehoben, es bedürfe dazu - neben subjektiven Voraussetzungen - auch objektiver Anknüpfungspunkte im Sinne der Aufrechterhaltung von Beziehungen zum Inland, die bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensumstände den Schluss rechtfertigen, der Einbürgerungswerber habe seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in Österreich.
Im Hinblick auf derartige objektive Anknüpfungspunkte hat der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis vom 21. März 2006 die "Aufrechterhaltung einer Wohnmöglichkeit im Inland" als ein bedeutsames Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung erwähnt, in Bezug auf saisonal bedingte Auslandsaufenthalte aber auch der Frage, ob der Einbürgerungswerber über eine beruflich gesicherte Stellung im Bundesgebiet verfügte, rechtliche Bedeutung beigemessen (vgl. zuletzt auch das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 2006, 2003/01/0252).
4. Dem Vorbringen, der Beschwerdeführer habe während seines Auslandsaufenthaltes in Kroatien immer den Willen gehabt, in Österreich zu verbleiben, ist daher nach dieser Rechtsprechung entgegen zu halten, dass der bloße Wille, seinen Lebensmittelpunkt in Österreich zu erhalten, oder die Absicht, (irgendwann) nach Österreich zurückzukehren, zur Beibehaltung eines Hauptwohnsitzes nicht ausreicht, wenn objektive Anknüpfungspunkte für einen solchen in Österreich nicht (mehr) gegeben sind (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 21. März 2006).
Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer während seines Auslandsaufenthaltes in Kroatien seine Wohnung (in Vorarlberg) aufgegeben und erst nach seiner Rückkehr in Österreich eine neue Unterkunft gesucht. Weiters hat der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum in Österreich nicht gearbeitet. Die Beschwerde bringt gegen diese Feststellungen lediglich vor, die belangte Behörde habe verabsäumt zu klären, wie oft der Beschwerdeführer während dieses Zeitraumes im Bundesgebiet gewesen sei und es unterlassen, diesbezüglich eine Ermittlungsverfahren zu führen. Dem ist entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer im Verfahren (anlässlich einer Vorsprache des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde - vgl. den im Verwaltungsakt aufliegenden AV vom 1. Februar 2005) zu seinem Auslandsaufenthalt in Kroatien befragte und der Beschwerdeführer dabei keine Angaben über eine allfällige Anwesenheit in Österreich gemacht hat. Vielmehr hat der Beschwerdeführer bei dieser Vorsprache angegeben, er sei in Kroatien geblieben, um ein Haus für seine Familie bewohnbar zu machen. Weiters hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer (auch) im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit gegeben, zu seinem Auslandsaufenthalt in Kroatien Stellung zu nehmen. In seiner niederschriftlich aufgenommenen Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs hat der Beschwerdeführer lediglich zur zweiten Meldeunterbrechung Stellung genommen und keine weiteren Angaben zu seinem Auslandsaufenthalt in Kroatien gemacht (vgl. die im Verwaltungsakt aufliegende Niederschrift vom 4. April 2005). Daher ist der von der Beschwerde behauptete Verfahrensfehler nicht zu erkennen.
Vielmehr durfte die belangte Behörde - ausgehend von ihren Feststellungen im angefochtenen Bescheid - zu Recht annehmen, dass jedenfalls während des ersten Auslandsaufenthaltes des Beschwerdeführers objektive Anknüpfungspunkte, die den Schluss rechtfertigten, er habe während dieses Zeitraumes seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in Österreich gehabt, nicht bestanden haben, sodass die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung eines "ununterbrochenen" Hauptwohnsitzes während dieser Zeit nicht vorgelegen sind. Auf die Beurteilung der zweiten "Meldeunterbrechung" kommt es davon ausgehend nicht mehr an.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 8. Juni 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005010252.X00Im RIS seit
12.07.2006