TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/8 2004/03/0220

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Veröffentlicht am 08.06.2006
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;

Norm

GGBG 1998 §13 Abs1a;
GGBG 1998 §27 Abs4 idF 2002/I/032;
VStG §37a Abs1;
VStG §37a Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Berger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der R Transport spol s.r.o. in N, Tschechische Republik, vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OEG in 1220 Wien, Wagramer Straße 135, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 27. Oktober 2004, Zl Senat-MI-04-2066, betreffend Verfall einer vorläufigen Sicherheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die durch ein Organ der Bundesgendarmerie am 11. Juni 2004 wegen einer Übertretung nach § 13 Abs 1a GGBG von MD als Vertreter der Beschwerdeführerin eingehobene vorläufige Sicherheit in der Höhe von EUR 1.452,-- gemäß § 37a Abs 5 iVm § 37 Abs 5 VStG für verfallen erklärt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass gemäß einer Anzeige der Bundesgendarmerie von der Beschwerdeführerin als Beförderer ein Gefahrguttransport durchgeführt worden sei, obwohl im Zuge dieses Gefahrguttransportes weder ein ordnungsgemäßes Beförderungspapier, noch die erforderliche schriftliche Weisung mitgeführt worden sei, weshalb eine Sicherheitsleistung in der Höhe von EUR 1.452,-- einbehalten und bis zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes die Unterbrechung der Beförderung angeordnet worden sei. Diese vorläufige Sicherheit sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 20. Juli 2004 gemäß § 37a Abs 5 iVm § 37 Abs 5 VStG für verfallen erklärt worden.

Nach Darlegung des Berufungsvorbringens, der Aussagen des Lenkers des Gefahrguttransportes und des Meldungslegers in der mündlichen Verhandlung sowie Anführung der maßgebenden Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, dass unter den in § 37a VStG normierten Voraussetzungen gemäß § 27 Abs 4 Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG) der Lenker der Beförderungseinheit als Vertreter des Beförderers herangezogen werden könne. Die Sicherheitsleistung sei daher vom Lenker der Beförderungseinheit als Vertreter des Beförderers (der Beschwerdeführerin), einer ausländischen juristischen Person, eingehoben worden. Auch der Verfallsausspruch sei "gegen den nunmehrigen Berufungswerber als Vertreter der genannten ausländischen juristischen Person ergangen". Bei einer Sicherheitsleistung bzw bei der vorläufig eingehobenen Sicherheit handle es sich ausschließlich um Sicherungsmittel des Verwaltungsstrafrechts, durch deren Einsatz die Durchführung des Strafverfahrens und der nachfolgende Strafvollzug gesichert werden sollten. Dem Wesen dieser Instrumente entsprechend bedürfe ihre Anwendung "keines strengen Beweises bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung". Es genüge diesbezüglich das Vorhandensein eines entsprechend konkreten Verdachtes. Diese konkrete Verdachtslage sei zum Zeitpunkt des Verfallsausspruches durch die Erstbehörde auf Grund der dem Verfahren zu Grunde liegenden Anzeige gegeben gewesen. Der meldungslegende Beamte der Bundesgendarmerie, der von der Berufungsbehörde zeugenschaftlich einvernommen worden sei, habe nochmals schlüssig bestätigt, dass die in der Anzeige genannten Delikte vorgelegen seien; "der Berufungswerber" (gemeint: der Lenker der Beförderungseinheit) habe "die durch die Beamten erfolgte Beanstandung hinsichtlich der bezeichneten Delikte" nicht bestritten. Die Einhebung einer Sicherheitsleistung sei daher zu Recht erfolgt. Ausgehend davon, dass mit der Tschechischen Republik kein entsprechendes Rechtshilfeabkommen bestehe und somit weder die Strafverfolgung noch die Vollstreckung der Strafe möglich sei, sei die Erstbehörde daher zu Recht mit Verfallsausspruch im Sinne des § 37 Abs 5 VStG vorgegangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 37a Abs 1 VStG kann die Behörde besonders geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigen, nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen eine vorläufige Sicherheit bis zum Betrage von EUR 180,-- festzusetzen und einzuheben. Besondere Ermächtigungen in anderen Verwaltungsvorschriften bleiben unberührt. Gemäß § 37a Abs 2 Z 2 VStG kann sich die Ermächtigung darauf beziehen, dass das Organ von Personen, die auf frischer Tat betreten werden und bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird, die vorläufige Sicherheit einhebt.

§ 27 Abs 4 Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG) in der Fassung BGBl I Nr 32/2002 legt fest, dass als vorläufige Sicherheit im Sinne des § 37a VStG bei Verdacht einer Übertretung gemäß § 27 Abs 1 GGBG ein Betrag bis EUR 7.267,-- festgesetzt werden kann. Der Lenker der Beförderungseinheit gilt gemäß dieser Bestimmung als Vertreter des Beförderers, falls nicht dieser selbst oder ein von ihm bestellter Vertreter bei den Amtshandlungen anwesend ist.

Gemäß § 27 Abs 1 Z 1 GGBG begeht, wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 13 Abs 1a befördert, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 726,-- bis EUR 43.603,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen, zu bestrafen.

2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass sich § 27 Abs 4 GGBG ausschließlich auf die Einhebung der Sicherheitsleistung beziehe. Da in der Regel bei dem Verdacht der Übertretung einer Gefahrgutbeförderungsvorschrift der Unternehmer (gemeint: Beförderer) nicht auf frischer Tat betreten werde, solle der Lenker als sein Vertreter gelten. Daraus könne allerdings nicht abgeleitet werden, dass auch der Verfallsbescheid gegen den Lenker als Vertreter des Beförderers zu erlassen sei. § 27 GGBG iVm § 37a VStG beziehe sich ausschließlich auf die Einhebung der Sicherheitsleistung und erweitere nicht den Rahmen der strafrechtlich verantwortlichen Personen. Gemäß § 9 VStG seien für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen die zur Vertretung nach außen Berufenen verantwortlich. Ein für das Unternehmen tätiger Lenker sei jedoch sicherlich nicht zu diesem Personenkreis zu zählen. Aus diesem Grund sei festzuhalten, dass "die Verfallsbescheide" zu Unrecht gegen den Lenker als Vertreter der Beschwerdeführerin erlassen worden seien.

3. Wie sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt, wurde die vorläufige Sicherheit vom Organ der Bundesgendarmerie ausdrücklich vom Lenker auf der Rechtsgrundlage des § 37a Abs 2 Z 2 VStG iVm § 27 Abs 4 GGBG "für den Beförderer" eingehoben. Die Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin haben in der Folge gegenüber der Erstbehörde bekannt gegeben, dass sie von der Beschwerdeführerin bevollmächtigt worden seien. Der daraufhin ergangene Verfallsbescheid wurde auf Grund der Vollmachtsbekanntgabe und des ausdrücklichen Zustellantrags, der namens der Beschwerdeführerin von ihren Rechtsvertretern eingebracht worden war, an "MD als Vertreter der Firma R Transport spol s.r.o." zu Handen der Vertreter der Beschwerdeführerin zugestellt. Sowohl die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid als auch die gegenständliche Beschwerde wurde von den Vertretern der Beschwerdeführerin für MD als Vertreter der Beschwerdeführerin eingebracht. Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes erfolgte eine Klarstellung dahingehend, dass Partei bzw Beschwerdeführerin die Firma R Transport spol s. r.o. sei, nicht jedoch MD, der im Bescheid der belangten Behörde als Vertreter der Firma R Transport spol s.r.o. bezeichnet worden sei. Tatsächlich sei nur die Firma R Transport spol s.r.o. Partei.

4. Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, dass aus dem Wortlaut des angefochtenen Bescheides, in dessen Begründung (auch) der Lenker der Beförderungseinheit als Berufungswerber bezeichnet wird, nicht eindeutig hervorgeht, ob die Bescheiderlassung gegenüber dem Lenker oder aber gegenüber dem Beförderer, vertreten durch den Lenker, erfolgen sollte. Die Beschwerdeführerin ist jedoch zutreffend - wie sich auch aus ihrer ausdrücklichen Klarstellung ergibt - davon ausgegangen, dass mit dem angefochtenen Bescheid der Verfall einer von der Beschwerdeführerin - gemäß § 27 Abs 4 GGBG vertreten durch den Lenker der Beförderungseinheit - gestellten vorläufigen Sicherheit ausgesprochen wurde und damit auch die Beschwer bei der Beschwerdeführerin selbst, nicht aber beim Lenker, der gemäß § 27 Abs 4 GGBG als ihr Vertreter gehandelt hat, eingetreten ist.

Im Zusammenhalt mit der im Verwaltungsverfahren erfolgten Vollmachtsbekanntgabe, die sich ausdrücklich auf die Beschwerdeführerin bezogen hat und der Angabe des Bescheidadressaten, nach der sowohl im erstinstanzlichen als auch im angefochtenen zweitinstanzlichen Bescheid der Lenker als Vertreter der Beschwerdeführerin bezeichnet wurde, lässt sich im vorliegenden Fall ableiten, dass der Bescheid gegenüber der Beschwerdeführerin ergangen ist und diese daher zur Erhebung der Beschwerde berechtigt ist.

Vor diesem Hintergrund kann die Beschwerdeführerin auch nicht dadurch in ihren Rechten verletzt sein, dass der Lenker der Beförderungseinheit im angefochtenen Bescheid als ihr Vertreter bezeichnet wurde, zumal sowohl der erstinstanzliche als auch der angefochtene Bescheid jedenfalls den ausdrücklich (nur) als Vertreter der Beschwerdeführerin eingeschrittenen Rechtsanwälten zugestellt wurde.

5. Als weiteren Beschwerdegrund macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die belangte Behörde auf die Gesetzesbestimmungen des § 13 Abs 1, 1a und 2 GGBG gar nicht eingegangen sei, obwohl diese entscheidungswesentlich gewesen wären, da entsprechend dieser Bestimmungen der Beförderer und der Lenker des Gefahrguttransportes darauf vertrauen dürften, dass die vom Absender zur Verfügung gestellten Informationen und Daten stimmten. Da es im gegenständlichen Sachverhalt noch nie vorher zu einer Beanstandung gekommen sei, wären diese Gesetzesbestimmungen anzuwenden gewesen und die Beschwerdeführerin hätte darauf vertrauen können, dass die vom Absender erteilten Informationen ordnungsgemäß gewesen seien.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass im Hinblick auf die verfahrensgegenständliche Sicherheitsleistung ausschließlich die Übertretungen des Beförderers relevant sind und daher die Bestimmungen des § 13 Abs 1 und Abs 2 GGBG, welche besondere Pflichten des Absenders normieren, jedenfalls nicht in Betracht kommen.

Gemäß § 13 Abs 1a GGBG kann der Beförderer in den Fällen der Z 1, 2, 5 und 6 auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen.

Für die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit ist gemäß § 37a Abs 2 Z 2 Voraussetzung, dass eine Betretung auf frischer Tat erfolgt. Auf frischer Tat betreten wird eine Person im Wesentlichen dann, wenn sie beim Setzen einer Handlung wahrgenommen wird, von der das Organ mit gutem Grund annehmen kann, dass es sich um eine Verwaltungsübertretung handelt (vgl Wessely, ZfV 2000, 391, hier: 393). Der Lenker der Beförderungseinheit hat nach den im Verfahren unbestritten gebliebenen Angaben in der Anzeige anlässlich der Betretung keine relevanten Angaben zum Sachverhalt geben können. In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde hat der Lenker der Beförderungseinheit eingestanden, dass ihm bereits anlässlich der Ladung des Gutes bewusst war, dass im Beförderungspapier die UN-Nummer nicht ausgewiesen gewesen sei und auch die Bezeichnung des beförderten Gutes falsch gewesen sei; auch habe er die schriftlichen Weisungen mitgeführt, auf denen eine falsche Bezeichnung des beförderten Gutes angegeben gewesen sei, wobei er nach seinen Angaben anlässlich der Beladung den Absender darauf hingewiesen habe, diesem sei das jedoch "mehr oder weniger egal" gewesen. Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen ist, dass die in der Anzeige bezeichneten Delikte vorgelegen sind. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes konnten sich auf Grund der zitierten Aussagen nicht ergeben, zumal die aufgetretenen Mängel der Beschwerdeführerin bei Bestehen eines ordnungsgemäßen Kontrollsystems jedenfalls hätten zur Kenntnis kommen müssen.

6. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 8. Juni 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004030220.X00

Im RIS seit

14.07.2006

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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