TE Vfgh Erkenntnis 2002/3/7 B2297/00

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Veröffentlicht am 07.03.2002
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Index

L1 Gemeinderecht
L1010 Stadtrecht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung des Satzteiles "und 39e" in §39g Abs3 Z2 des Grazer Statuts 1967 idF LGBl 72/1997 mit E v 07.03.02, G323/01.

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

II. Die Landeshauptstadt Graz ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertreterin die mit 2.143,68 Euro bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer war ehemaliger Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz. Er bezieht neben einem Ruhebezug aus dieser Funktion noch einen solchen als Beamter der Landeshauptstadt Graz.

1.2. Im Anschluss an die Neuregelung der Ruhebezüge ehemaliger Mitglieder des Stadtsenates durch die Novelle zum Statut der Landeshauptstadt Graz (im Folgenden: Statut), LGBl. 1985/11, stellte der Stadtsenat auf Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 26.4.1985 gemäß den §§39, 39a und 39b des Statutes fest, dass der monatliche Ruhebezug des Beschwerdeführers als ehemaliger Bürgermeister unter Anrechnung dessen (damaligen) Bezuges als Bediensteter der Landeshauptstadt Graz in näher bestimmter Weise gekürzt auszuzahlen sei. Die dagegen ergriffene Berufung wies der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz mit einem ohne Datum ausgefertigten Bescheid ab. Aus Anlass einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis VfSlg. 11.309/1987 §39b Abs1 des Statutes, idF LGBl. 1985/11, als verfassungswidrig aufgehoben; mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (vom selben Tag) wurde daraufhin auch der bekämpfte Bescheid aufgehoben.

1.3. In Reaktion auf das Erkenntnis VfSlg. 11.309/1987 wurde das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen oberster Organe, BGBl. 1987/281, (im Folgenden: BezügeBegrenzungsBVG 1987) erlassen, das mit 3.7.1987 in Kraft trat. Dieses Bundesverfassungsgesetz bestimmte, dass gesetzliche Regelungen, die vorsehen, dass Ruhe- oder Versorgungsbezüge an Organe, die bezügerechtlichen Regelungen des Bundes oder der Länder unterliegen, im Falle des Zusammentreffens mit anderen Zuwendungen von Gebietskörperschaften oder von Einrichtungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, nur bis zu einem Höchstausmaß geleistet werden, zulässig sind. Daraufhin wurde mit der Novelle zum Statut LGBl. 1987/71 §39b Abs1 leg. cit., und zwar mit Wirkung vom 1.11.1984, wortgleich wie die oa. Vorgängerbestimmung neu erlassen.

1.4.1. Gestützt darauf wies der Gemeinderat - im zweiten Rechtsgang - mit Bescheid vom 19.5.1988 erneut die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Stadtsenates vom 26.4.1985 ab.

1.4.2. Aus Anlass der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 12.291/1990 §19 Abs4 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz als gesetzwidrig aufgehoben; mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (vom selben Tag) wurde daraufhin auch der bekämpfte Bescheid aufgehoben.

1.5.1. Im folgenden dritten Rechtsgang wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Stadtsenates vom 26.4.1985 mit Bescheid des Gemeinderates vom 28.5.1991 erneut - teilweise - abgewiesen.

1.5.2. Aus Anlass einer dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde stellte dieser an den Verfassungsgerichtshof den auf Art140 B-VG gestützten Antrag, §39b Abs1 des Statutes idF LGBl. 1987/71 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis VfSlg. 15.570/1999 erkannte der Verfassungsgerichtshof die genannte Bestimmung als verfassungswidrig. Im Hinblick darauf hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26.1.2000, 99/12/0319 den bekämpften Bescheid des Gemeinderates vom 28.5.1991 auf.

2.1. In der Folge schränkte der Beschwerdeführer das dem erstinstanzlichen Bescheid vom 26.4.1985 zu Grunde liegende Feststellungsbegehren auf den Zeitraum ab 1.10.1997 ein. Daraufhin hat die - nunmehr auf Grund des §67b des Statutes idF LGBl. 1995/59 iVm ArtX der Novelle zum Statut LGBl. 1995/59 zuständige - Berufungskommission über die nach wie vor anhängige Berufung gegen den Bescheid des Stadtsenates vom 26.4.1985 abweislich entschieden und festgestellt, dass der Ruhebezug des Beschwerdeführers ab 1.10.1997 gemäß §39g Abs3 Z2 iVm §39d und e des Statutes idF LGBl. 1997/72 in dem Ausmaß auszubezahlen ist, um das die Summe des Ruhebezuges als Beamter der Stadt Graz und des Ruhebezuges gemäß §39d Abs1 litb leg. cit. hinter der diesem Ruhebezug zu Grunde liegenden Bemessungsgrundlage zurückbleibt.

2.2.1. Dieser Bescheid ist Gegenstand der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde.

2.2.2. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Satzteiles "und 39e" in §39g Abs3 Z2 des Statutes für die Landeshauptstadt Graz, LGBl. 1967/139, idF LGBl. 1997/72, ein und hob diese Gesetzesstelle mit dem heute gefällten Erkenntnis G323/01 als verfassungswidrig auf.

2.3. Nach der Lage dieses Falles ist es offenkundig, dass die Anwendung der verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Verfassungsgerichtshof hat daher auszusprechen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde sowie dass der Bescheid aufgehoben wird.

3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG; von den zugesprochenen Kosten entfallen 181,68 Euro auf die Eingabegebühr und 327 Euro auf die Umsatzsteuer.

4. Dieses Erkenntnis wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefällt.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B2297.2000

Dokumentnummer

JFT_09979693_00B02297_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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